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Sichtweise zum Buddhismus

  • Asod55
  • 28. Dezember 2024 um 01:51
  • Zum letzten Beitrag
  • Asod55
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    Buddh. Richtung
    Mahayana
    • 28. Dezember 2024 um 01:51
    • #1

    Hallo zusammen,

    was mögt ihr am Buddhismus?

    Womit hab ihr Probleme? Ich zum Beispiel kann mich mit Reinkarnation nicht anfreunden, obwohl ich schon glaube, dass einige Lama’s reinkarnieren wie der 14. Dalai Lama oder der 17. Karmapa.

    Wie seit ihr zum Buddhismus gekommen?

    Als ich zum ersten Mal von der Erleuchtung gehört habe, wusste ich, dass will ich.

    Das Leben ist Leiden. Und ein Rinpoche meinte, alle Wesen leiden. Aber leider ist mein Mitgefühl für alle Wesen schwach. Muss es kultivieren.

    Ich mag auch die Anatman Lehre vom Nicht-Ich. Leerheit verstehe nur bisschen. Nur theoretisch. Realisiert hab ich sie nicht.

    Was haltet ihr von Karma?

    Waren wir so untugendhaft, dass das Leben Leid ist?

    Glaubt ihr, Buddha versucht uns jetzt zu helfen? Oder sind wir auf uns alleine gestellt und müssen die Unwissenheit selbst überwinden?

    Habt ihr die formelle Zuflucht genommen bei einem Lehrer?

    Was versteht ihr unter Mara?

    May all beings benefit

  • Hendrik 28. Dezember 2024 um 07:07

    Hat das Thema aus dem Forum Allgemeines zum Buddhismus nach Anfängerbereich verschoben.
  • Online
    void
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    Buddh. Richtung
    Zen
    • 28. Dezember 2024 um 10:02
    • #2
    Asod55:

    Hallo zusammen,

    was mögt ihr am Buddhismus?

    Buddha hat die Welt mit einem brennenden Haus verglichen und dann ist der Buddhismus der Notausgang.

    Wenn einem ein Notarzt das Leben retter, dann ist man ja erstmal dankbar. Und die Details - was der für eine Frisur hat, ob er schwarz oder weiß, dick oder dünn, jung oder alt ist, werden unerheblich.

    Hauptsache er macht seinen Job.

  • sigala
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    • 28. Dezember 2024 um 12:13
    • #3

    Das mit dem Leiden ist halt so, dass dukkha, also das Word, das meist mit "Leiden" übersetzt wird, einen viel weiteren Bedeutungsumfang hat als es beim Wort "Leiden" der Fall ist. Genau genommen ist alles, was nicht perfekt ist, bereits dukkha. Alles, was nicht dauerhaft gut und schön ist, und das ist bei nichts der Fall, ist dukkha.

    Reinkarnation setzt etwas voraus, irgendeine Substanz oder Seele, das nach dem Ableben erneut in die Welt kommt. Laut Buddhismus gibt es so eine Substanz einfach nicht, sondern was wir als unser Sebst empfinden, ist ein Knäuel von Prozessen, den khandhas (Körper, Gefühl, Wahrnehmung, Geist und Bewusstsein), die alle selber nicht das Selbst sind und sich ununterbrochen verändern und nicht von Dauer sind. Genauso wie wir dadurch bereits im Hier und Jetzt ständig wiedergeboren werden, passiert das nach dem Tod auch, nur ist die Veränderung dann wesentlich drastischer.

    Karma ist im Buddhismus eher mit einem Naturgesetz vergleichbar. Es bedeutet, dass alles eine Ursache und selber wiederum Wirkungen hat. Es kommt dabei auf die Absicht an. Wenn die Bedingungen passen, können sich karmische Handlungen ihre Wirkung entfachen. Wie das genau aussieht, kann laut Buddha nicht durchschaut werden, sofern man nicht selber Buddha ist. Wer also in konkreten Fällen derartige Schlüsse zieht, wie das nicht wohl nicht selten passiert, der handelt nicht korrekt.

  • JoJu91
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    • 28. Dezember 2024 um 13:48
    • #4

    Mara ist für mich die Personifizierung der Dummheit, der Verblendung.

    Dummheit verschafft Wissen und damit Sicherheit, Komfort, Bequemlichkeit.

    Ich weiss, wie die Welt funktioniert und wie ich die Zukunft planen, gestalten und leben muss.

    dukkha ist das karmische Resultat meines Wissens.

    Es stellt mein Wissen in Frage und zerstört meine Sicherheiten.

    Durch zuviel dukkha bin ich zum Buddhismus gekommen.

    Irgendwann erkannte ich, dass ich (fast ;) ) im Paradies gelebt habe, aber das Paradies nicht erkannt habe.

    Meine Freundin wird oft wütend, wenn ich ihr erzähle, ich sei ein gefallener Engel, der vom Astral-Planeten Myriel rausgeschmissen worden ist:

    "Jetzt reichts, JoJu91, wir haben die Schnauze voll von Deinen Eskapaden.

    Es gibt da einen Planeten in unserer Milchstrasse, der ist unsere Irrenanstalt und unser Heim für Schwererziehbare. Da drehst Du jetzt mal ne Runde und dann erhälts Du bei uns vielleicht ne neue Chance ..."

    Aber nimm das mit Myriel bitte nicht zu ernst (:

    :cry:

  • Maha
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    Buddh. Richtung
    Interesse an tibetischem Buddhismus / bisher eher säkularer Hintergrund
    • 28. Dezember 2024 um 14:45
    • #5
    Asod55:

    was mögt ihr am Buddhismus?

    Dass der Buddhismus so ausführlich untersucht wie der Geist funktioniert und einen Weg aufzeigt zu Frieden im Geist zu finden.

    Asod55:

    Womit hab ihr Probleme?

    Mit der Leerheit habe ich so einige Probleme. Ich versuche sie auf der Ebene der logischen Analyse zu verstehen. Und hier war ich von der Logik zunächst seht enttäuscht, da ich bisher nur eine philosophische Logik kannte, die versucht Wahrheit zu beweisen und Fehler in Argumentationen aufzuzeigen. Vor kurzem wurde mir klar, dass es bei der buddhistischen Logik etwa in der Analyse weniger um den Beweis einer Wahrheit geht als um den therapeutischen Zweck, den Weg zur Befreiung zu eröffnen.

    Ich denke, es ist lohnend sich auch analytisch mit den Themen wie Leerheit zu befassen, um vielleicht auch später zu einer Erfahrung in der Praxis zu kommen.

    Mit Karma habe ich auch meine Probleme, insofern es in meinen Augen manchmal dazu benutzt wird, gesellschaftliche Ungleichheiten zu begründen und zu legitimieren. Wenn man mit Karma meint, dass Handeln immer Konsequenzen hat, dann habe ich keine Probleme damit.

    Asod55:

    Wie seit ihr zum Buddhismus gekommen?

    Ich bin tatschlich durch eine Pfarrerin das erste Mal so richtig in Kontakt mit der buddhistischen Lehre gekommen. Sie hat mir voller Bewunderung von Thich Nhat Hanh und Ayya Khema erzählt und das ist bei mir hängen geblieben.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • mukti
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    • 28. Dezember 2024 um 19:02
    • #6
    Asod55:

    Hallo zusammen,

    was mögt ihr am Buddhismus?

    Womit hab ihr Probleme? Ich zum Beispiel kann mich mit Reinkarnation nicht anfreunden, obwohl ich schon glaube, dass einige Lama’s reinkarnieren wie der 14. Dalai Lama oder der 17. Karmapa.

    Wie seit ihr zum Buddhismus gekommen?

    Als ich zum ersten Mal von der Erleuchtung gehört habe, wusste ich, dass will ich.

    Das Leben ist Leiden. Und ein Rinpoche meinte, alle Wesen leiden. Aber leider ist mein Mitgefühl für alle Wesen schwach. Muss es kultivieren.

    Ich mag auch die Anatman Lehre vom Nicht-Ich. Leerheit verstehe nur bisschen. Nur theoretisch. Realisiert hab ich sie nicht.

    Was haltet ihr von Karma?

    Waren wir so untugendhaft, dass das Leben Leid ist?

    Glaubt ihr, Buddha versucht uns jetzt zu helfen? Oder sind wir auf uns alleine gestellt und müssen die Unwissenheit selbst überwinden?

    Habt ihr die formelle Zuflucht genommen bei einem Lehrer?

    Was versteht ihr unter Mara?

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    Kurz gesagt ist das bei mir so:


    Ich habe einen Weg gesucht, der aus Unwissenheit und Leid hinausführt und ihn über einen hinduistischen Umweg schließlich im Buddhismus gefunden.

    Wiedergeburt und Karmawirkung halte ich für sehr wahrscheinlich.

    Der Buddha hilft bis heute mit seiner Lehre und den Schülern, die sie befolgen. So ist das meine dreifache Zuflucht, eine formelle Bestätigung finde ich nicht notwendig.

    Unter Mara verstehe ich jene Kraft, welche die Wesen in Unwissenheit und Begehren festhält.

    Mit Metta, mukti.


  • PRI
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    Buddhistische Psychologie
    • 29. Dezember 2024 um 07:47
    • #7

    Hallo Asod,

    Deine Fragen waren Anlass für mich, mich hier mal zu registieren, anstatt nur still mitzulesen.

    Zitat

    Wie seit ihr zum Buddhismus gekommen?

    Mein Leben, und die aus diesem gewonnenen Erkenntnisse, haben vor einem halben Jahr dazu geführt, dass ich auf buddhistischen Internetseiten gelandet bin und mich zum ersten Mal im Leben verstanden fühlte.

    Ich habe mich Zeit meines Lebens mit meinen Selbsterkenntnissen wie ein Alien in dieser westlichen Denkwelt gefühlt. Das, was mir meine Selbsterkenntnisse sagten, passten nicht zu der westlichen Denkweise, insbesondere zu dem Menschenbild, das in westlichen Psychotherapien vertreten wird.

    Ich dachte all die Jahre, dass ich mit meiner Einstellung über Leid, Nicht-Ich usw. alleine bin. Vor einem halben Jahr jedoch fand ich heraus, dass meine Selbsterkenntnisse buddhistischen Vorstellungen entsprechen.

    Mit Ausnahme der Wiedergeburt. An Wiedergeboren werden kann ich nicht glauben, aber ich kann aus dieser buddhistischen Theorie etwas für mich im Alltag gewinnen, nämlich die Tatsache, dass meine Vergangenheit solange meine Gegenwart und Zukunft beeinflusst, wie ich es zulasse.

    Leerheit, ... Es gab einige Schlüsselereignisse in meinem Leben, die mir bewusst gemacht haben, dass mein Ich, mein Selbst, meine Persönlichkeit immer wieder aufs Neue buchstäblich ausgelöscht und neu beschrieben wird.

    Das vielleicht verständlichste Beispiel ist: Jahre lang fuhr ich zur Universität, identifizierte mich mit der Rolle der Studentin, der Mitstudentin, ... lernte von morgens bis abends, ... Doch an dem Tag, an dem ich mein Diplom in der Hand hielt, fühlte ich mich plötzlich völlig leer. Ich hatte kein Ich mehr, kein Selbst mehr, ... und dachte, "Du musst Dir eine neue Struktur schaffen". Zugleich jedoch hinterfragte ich dieses Gefühl der Leerheit und mir wurde bewusst, dass mein vergangenes Ich nur eine Frage der Identifikation war. Das, womit ich mich identifizierte, nahm ich als Ich wahr. Als ich mir eine neue Struktur schuf wurde mir bewusst, dass ich mein Ich, mein Selbst nun ganz anders definiere und wahrnehme.

    Ein anderes Beispiel aus meinem Leben ist: Ich habe eine seltene neurologische Erkrankung, die 50 Jahre lang nicht erkannt wurde. Die Symptome dieser Erkrankung werden gerne mit einer psychischen Persönlichkeitsstörung verwechselt. Ich landete also immer wieder in Psychotherapien, in denen an meiner "Persönlichkeit" gearbeitet wurde. Zeit meines Lebens habe ich mich gefragt, warum ich so eine "Persönlichkeit" bin, Doch dann stellte sich heraus, dass das, was alle, auch ich selber, für meine "Persönlichkeit" hielten, eine neurologische Erkrankung ist.

    Als ich eine neurologische Diagnose erhielt, bekam all das, was ich für meine "Persönlichkeit", für mein Ich, mein Selbst, hielt, einen anderen Namen. Plötzlich war meine "Persönlichkeit" weg und ich musste mich komplett neu finden.

    Als ich das erste Mal auf Dukkha stieß, war das wie ein Befreiungsschlag.

    Ich habe zwar aufgrund der Psychologisierung meiner nicht erkannten neurologischen Erkrankung mehrere westliche Psychotherapien gemacht, aber in diesen nicht lernen können, zu akzeptieren, dass Leben nicht nur Freude, Spaß und Lachen bedeutet, sondern auch Leid. In der westlichen Psychotherapie geht es nur um, alles Negative aus dem Leben entfernen und dem Positiven nachjagen. Eine Akzeptanz und ein Umgang mit Leid habe ich in dieser nicht lernen können. Ist ein Problem gelöst, dann kommt das nächste Problem und mensch sitzt wieder in der Psychotherapie.

    Psychotherapeutische Sätze wie "Erzählen sie, was man ihnen angetan hat", "Bleiben sie bei ihren negativen Gefühlen", ... halfen mir nicht dabei loszulassen, sondern führten zum "In der Vergangenheit leben".

    Menschen in Opfer und Täter Kategorien einzuteilen, Patienten in der Opferrolle festnageln, keine anderen Perspektiven zulassen, als das eigene Leid, ... Das alles sind so Erfahrungen mit der westlichen Psychologie, die mich auf Abstand gehen ließen. Es hilft mir weit aus mehr, mein eigenes Problem auch mal aus der Perspektive des anderen zu sehen, als mich nur um mich selbst zu drehen.

    Je mehr Erfahrungen ich mit der theoriengeleiteten und in Krank-Diagnosen-denkenden westliche Psychotherapie gemacht habe, desto mehr Zweifel bekam ich an der westlichen Psychologie. Ich fühlte mich nicht als Mensch gesehen, sondern wie ein Objekt, das mit Theorien erklärt wird und in Diagnosen-Schubladen gepackt wird.

    In der westlichen Psychotherapie saß ich Psychotherapeuten gegenüber, die selber über Burnout klagten, aber ihren Patienten die Ideologien der Leistungsgesellschaft vermittelten; das vermittelten, was sie selber krank gemacht hat, ... immer höher, immer schnell, immer weiter.

    Ich könnte noch unendlich viel dazu schreiben, wie ich zum Buddhismus fand.

    Letztendlich war es, kurz gesagt, mein Leben, meine Erfahrungen, meine Selbsterkenntnisse, .. die mich andere Wege finden ließen als die westlichen.

  • pano
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    • 29. Dezember 2024 um 12:48
    • #8
    Asod55:

    Wie seit ihr zum Buddhismus gekommen?

    Ich habe schon als Teenager gemerkt dass ich mit Gleichmut meiner Nervosität entgegen wirken kann. Als Student hatte ich mich ein bisschen in Zen eingelesen aber es hat nicht „klick“ gemacht. Als erwachsener bin ich dann auf die Stoa gestoßen. Das hat einiges an eigenen Einsichten nochmal sortiert. Während einem MBSR bin ich dann nochmal in Kontakt zum Buddhismus gekommen und war neugierig wegen der parallelen zur Stoa. Nun würde ich mich als säkularen Buddhisten bezeichnen (auch wenn ich das Wort säkular seltsam finde, aber so wird denke ich am ehesten verstanden), oder als philosophischen Buddhisten (im griechischen Verständnis von Philosophie als Lebenspraxis).

    Das Thema Wiedergeburt war auch für mich lange ein „Stein im Schuh“. An eine persönliche Wiedergeburt glaube ich auch heute nicht. Das stünde auch im Widerspruch zu anatta. Aber im Kontext von bedingtem entstehen glaube ich schon, dass mein sein in der Welt eben Ausgangspunkt für weiteres bedingtes entstehen ist. Wenn man die Wiedergeburt also eher metaphorisch sieht, so ist relativ klar dass meine Taten auch Konsequenzen über mein ableben hinaus haben werden. Und ob diese Taten nun mein möglicherweise wiedergeborenes ich negativ oder positiv beeinflussen ist dann garnicht mal mehr so wirklich unterschiedlich von dem anderen Denkmodell dass sie zukünftige Generationen negativ oder positiv beeinflussen.

  • Igor07
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    • 29. Dezember 2024 um 14:18
    • #9
    Panta rhei:

    Das vielleicht verständlichste Beispiel ist: Jahre lang fuhr ich zur Universität, identifizierte mich mit der Rolle der Studentin, der Mitstudentin, ... lernte von morgens bis abends, ... Doch an dem Tag, an dem ich mein Diplom in der Hand hielt, fühlte ich mich plötzlich völlig leer. Ich hatte kein Ich mehr, kein Selbst mehr, ... und dachte, "Du musst Dir eine neue Struktur schaffen". Zugleich jedoch hinterfragte ich dieses Gefühl der Leerheit und mir wurde bewusst, dass mein vergangenes Ich nur eine Frage der Identifikation war. Das, womit ich mich identifizierte, nahm ich als Ich wahr. Als ich mir eine neue Struktur schuf wurde mir bewusst, dass ich mein Ich, mein Selbst nun ganz anders definiere und wahrnehme.


    Ein anderes Beispiel aus meinem Leben ist: Ich habe eine seltene neurologische Erkrankung, die 50 Jahre lang nicht erkannt wurde. Die Symptome dieser Erkrankung werden gerne mit einer psychischen Persönlichkeitsstörung verwechselt. Ich landete also immer wieder in Psychotherapien, in denen an meiner "Persönlichkeit" gearbeitet wurde. Zeit meines Lebens habe ich mich gefragt, warum ich so eine "Persönlichkeit" bin, Doch dann stellte sich heraus, dass das, was alle, auch ich selber, für meine "Persönlichkeit" hielten, eine neurologische Erkrankung ist.

    Als ich eine neurologische Diagnose erhielt, bekam all das, was ich für meine "Persönlichkeit", für mein Ich, mein Selbst, hielt, einen anderen Namen. Plötzlich war meine "Persönlichkeit" weg und ich musste mich komplett neu finden.

    Hi, PRI :)

    Deine Schilderung hat mich sehr tief berührt. Ist es nicht so, dass wir uns alle in dieser Konsum- und Leistungsgesellschaft manchmal wie Fremde( Alien) fühlen? Wer bin ich? Man steckt uns in bestimmte Schubladen – so wie bei deiner Odyssee mit der Diagnose. Bin ich Vater, Sohn, Deutscher, Ausländer? Bin ich depressiv oder paranoid? Und so weiter. Ich übertreibe bewusst, aber der normale Mensch wird tatsächlich oft zu einem Produkt eines Systems degradiert, das einzig und allein auf Profit ausgerichtet ist, koste es, was es wolle.

    Aber du stellst die richtigen Fragen, so wie ich es vor langen Zeit auch tat. Doch ich wusste keine Antworten darauf. Alles, was uns ausmacht, scheint oft nicht mehr zu sein als bestimmte Masken – soziale Skripte und Rollen. Aber wer organisiert oder veransteltet diesen ganzen Film? Wer ist der Regisseur? Und kann ich diesen Film, in dem ich mich mit dem Darsteller identifiziere, nicht ein wenig umgestalten?

    Ich hatte einst Medizin studiert, in einem anderen Leben, in einem anderen Land. Doch dann wurde ich selbst zum Patienten. Das Heimtückische an dieser Geschichte ist, dass man blind den Ärzten oder Psychotherapeuten vertraut, als wüssten sie die endgültige Wahrheit.

    Am Ende, wie auch deine Erzählung zeigt, leidet der normale Mensch unter der Entfremdung vom eigenen Inneren, vom echten „Ich“. Das meine ich metaphorisch. In der modernen Gesellschaft haben wir verlernt, auf unser eigenes Herz zu hören. Wir sind durch die Medien so überreizt und rund um die Uhr berieselt, dass uns der letzte Rest des Verstandes weggepustet wird. Wir haben Angst vor der Freiheit, das Leben so zu sehen, wie es ist – ohne es in bestimmte Schubladen oder Kategorien zu stecken.

    Es macht mich traurig, das alles zu erkennen. Doch zugleich bin ich froh, deinen Beitrag zu lesen, weil ich mich in so vielen Punkten wiedererkenne. Wir versuchen, eine andere Perspektive zu finden – eine, die uns nicht geistig versklavt. Doch wir sind oft gefangen in dem Drang nach dem neuen PC, dem neuen Handy, dem besten Job, der perfekten Beziehung … Als ob es die echte "Lösung" wäre..

    Und dennoch, das finde ich besonders wichtig: „Alles fließt“ – Panta rhei. Was gehört eigentlich wirklich mir? Was macht mich aus?

    Es ist schön zu sehen, dass ich nicht allein mit meinen Gedanken bin. Alles erdenklich Gute und herzliche Grüße auf deinen Weg! :heart:

    LG

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Qualia
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    • 29. Dezember 2024 um 16:08
    • #10

    Es wäre tatsächlich mal eine Erkenntnis der Psychohelfer, wenn sie erkennen könnten, dass die Psyche, die sie heilen wollen, genau das ist, das krank macht. Sie können aber nicht, weil dann wäre ihre Persönlichkeit genauso unerklärbar wie die jedes Menschen. Und wer will schon wie die anderen sein, die sind doch krank.

  • PRI
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    • 29. Dezember 2024 um 18:25
    • #11

    Hallo Igor,

    Zitat

    Das Heimtückische an dieser Geschichte ist, dass man blind den Ärzten oder Psychotherapeuten vertraut, als wüssten sie die endgültige Wahrheit.

    Das ist in der Tat etwas, woran ich derzeit noch sehr zu knabbern habe.

    Ich habe viele buddhistische Texte zum Thema "Umgang mit Wut und Emotionen" gelesen. Denn, wenn man 50 Jahre lang anstatt Hilfe nur über 70 falsche Diagnosen bekommt, und die Persönlichkeit eines Menschen nur auf Diagnosen reduziert wird und mit diesen erklärt wird, ..., das kann ganz schön wütend machen. Da entstehen so viele "negative" Emotionen, die sehr belastend sind.

    Am hilfreichsten im Umgang mit meiner Wut war der Appell, das Große und Ganze zu sehen. Also, nicht nur bei mir und meiner Wut und meinen Endlos-Gedanken verweilen, sondern das System zu verstehen, das zu meinem Leid führte. Das Leistungsdenken in unserer Gesellschaft, der unhinterfragte Glaube an (psychologische) Theorien, Theoriendenken, Zeitmangel, das eigene Burnout der Helfer, das Diagnosendenken in der westlichen Welt, ...

    Ich landete beim Thema "Lernen mit Wut umzugehen" immer wieder beim Thema "Toxische Menschen", die ich meiden sollte, die mir nicht gut tun.

    Im Privatbereich würde ich keinen Umgang mit Menschen pflegen wollen, die mir nicht gut tun. Doch in der Medizin, und auch im psychologischen Bereich, brauche ich genau diese Menschen. Ich bin aufgrund meiner Erkrankungen auf deren Hilfe angewiesen. Ich bin von deren Hilfe abhängig. Zugleich jedoch schadet mir dieses Helfer-System.

    Ich befinde mich somit in einem Konflikt, einerseits eine Fürsorge für mich selber und meinem Körper zu haben. Anderseits jedoch von toxischen Menschen abhängig zu sein, die mir und meinem Körper, meiner Gesundheit schaden.

    Ich versuche derzeit, mich als buddhistisch denkender Mensch in einem westlichen toxischen System zurechtzufinden, so dass ich so wenig psychischen und körperlichen Schaden wie möglich erleide.

  • Hendrik
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    Buddh. Richtung
    säk. Buddhismus
    • 29. Dezember 2024 um 21:10
    • #12
    Asod55:

    Womit hab ihr Probleme? Ich zum Beispiel kann mich mit Reinkarnation nicht anfreunden…

    Dann ist der säkulare Buddhismus vielleicht das richtige für dich:

    Was ist säkularer Buddhismus?
    Säkularer Buddhismus ist immer wieder Gegenstand von Kontroversen. Doch, was ist säkularer Buddhismus eigentlich und ist die Kritik an ihm berechtigt? Ein…
    www.ursachewirkung.com

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬 – 焉知非福

  • Wetering
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    1. April 2011
    • 11. Juni 2025 um 11:59
    • #13
    Asod55:

    ...

    Als ich zum ersten Mal von der Erleuchtung gehört habe, wusste ich, dass will ich.

    ...

    May all beings benefit

    Nun gut, konzentrieren wir uns auf das Wichtigste ;)

    Seung Sahn hat auf die Frage einer Schülerin, was Erleuchtung sei, geantwortet (Nur Weiß-Nicht, gesammelte Lehrbriefe):

    " ...

    Das Herzsutra sagt, dass es kein Erreichen gibt, weil es nichts zu Erreichen gibt. Also musst Du Nicht-Erreichen erreichen.

    Das ist alles.

    ..."

Ausgabe №. 133: „Rausch"

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