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  1. Buddhaland Forum
  2. Thorsten Hallscheidt

Posts by Thorsten Hallscheidt

  • Nichts erreichen vs. Disziplin und Ziele

    • Thorsten Hallscheidt
    • November 9, 2025 at 9:08 AM
    Quote from muk4455

    Wenn von meiner Existenz eh nichts übrig bleibt, dann kann ich doch einfach nur sein und überhaupt nichts erreichen?

    Ja, mach das doch. Aber wahrscheinlich ist es nicht so einfach, oder? Außerdem gibt es eine starke Strömung, eine innere Zwangslage, die immer irgendetwas will oder ablehnt, die befürchtet, etwas zu verlieren oder möchte, dass etwas anders ist als es ist. Alter, Krankheit und Tod in Bezug auf die eigene Person und in Bezug auf andere, machen es schwer, einfach nur zu sein oder nichts zu wollen, zumindest möchte ich ja nicht leiden, und ich möchte auch nicht, dass andere leiden. Nicht zu reden von all den anderen Dingen, von denen ich glaube, ich brauchte sie unbedingt und müsste die erreichen, um endlich mal "einfach nur sein zu können".


    Wie komme ich da raus? Der erste Schritt: Sich Klarheit verschaffen, die Wirklichkeit wahrnehmen und begreifen, wie sie ist. Die Wirklichkeit meines Seins, die Wirklichkeit meiner Gewohnheiten und Ansichten, die Wirklichkeit meiner Wünsche und Ängste, die Wirklichkeit von Ursache und Wirkung, die Wirklichkeit der Vergänglichkeit. Das erfordert sehr genaues Hinschauen und Hinfühlen. Das erfordert einen gewissen Abstand, einen gewissen konzentrierten Blick, der nicht so leicht zu finden ist, wenn man von starken Begierden, Neid, schlechtem Gewissen, Wut, und Ängsten dauernd hin und hergeworfen wird. Also versuche ich, das Leben etwas zu beruhigen, damit ich einen klaren Kopf zumindest von Zeit zu Zeit bekommen kann. Ich wende den Blick nach innen, um mal einen Blick auf das zu werfen, was da eigentlich los ist. Disziplin (oder ethisches Verhalten) und Meditation können gute Wege dazu sein, sich Klarheit zu verschaffen: Was ist das Leiden? Was sind die Ursachen des Leidens? Gibt es einen Ausweg? Und wenn ja, wie sieht dieser Ausweg konkret aus.


    Es gibt nichts zu erreichen, aber ist nicht so leicht und bedarf einiger Erkenntnis und Wandlung des Herzens, das wirklich zu begreifen.

  • Ohne Einübung der Sila gibt es keine buddhistische Praxis

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 27, 2025 at 9:07 AM

    Wenn ich meine eigene tägliche Verwirrung und Verblendung betrachte, die dauernd wechselnden Zustände und Stimmungen, mal von dem einen, mal von dem anderen Geistesgift getragen, so sind die Sila ein guter Kompass, mit dem ich – wenn es gelingt – in diesen Situationen meinen Geist etwas heilsamer für mich und andere ausrichten kann. Damit kann ich im Laufer der Jahre langsam neue Gewohnheiten etablieren und alte Gewohnheiten, wenn möglich, ablegen. Zudem habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Gesellschaft und das Miteinander, ganz konkret im nächsten Umfeld, Familie, Freunde, etc., umso besser funktioniert, je stärker die Sila das Denken, Reden und Tun von allen Beteiligten durchdringen. Man kann einfach nicht davon ausgehen, dass wir alle auch nur mittelfristig erwachen werden, also sind die Geistesgifte, also ist Samsara das, womit wir wohl oder übel umgehen müssen.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 25, 2025 at 11:51 AM
    Quote from Jetzt

    Zugegeben über diese Formulieren muss ich etwas raten. Es müsste doch heißen: Außer man bildet sich die Meisterschaft ein.

    Nein, nein... Ist schon richtig: Die Meisterschaft ist einfacher als das Praktikum, wenn man (sofern man) sich die Meisterschaft einbildet. Es ist sehr leicht, sich alles Mögliche einzubilden. Am Ende fällt das dann oft zusammen wie ein Berg aus Schaum, z.B. wenn sich Widerstände auftun, z.B. Alter, Krankheit, Tod, Verlust oder ein paar kräftige unheilsame Geistesfaktoren.

    Aber mukti hat das noch besser ausgedrückt

    Quote from mukti

    Man muss halt aufpassen, dass man nicht vom Verstand ausgetrickst wird und vorzeitig in geistige Pension geht.

    Vom Verstand, dem Narzissmus oder der Einbildung würde ich ergänzen.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 25, 2025 at 10:29 AM
    Quote from Jetzt

    Die Meisterschaft (Essenz) ist einfacher als das Praktikum.

    Richtig: sofern man sich die Meisterschaft einbildet.

  • Ohne Einübung der Sila gibt es keine buddhistische Praxis

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 25, 2025 at 6:51 AM
    Quote

    "Möge mir der Erhabene die Lehre in Kurze zeigen, möge mir der Willkommene die Lehre in Kürze zeigen. Vielleicht werde ich den Sinn der Lehre verstehen. Vielleicht werde ich doch noch ein Erbe des vom Erhabenen Gesprochenen werden."

    "Da hast du denn, o Mönch, dich von Anfang an in den heilsamen Dingen zu läutern. Und was ist der Anfang der heilsamen Dinge? Gut geläuterte Tugend und gradlinige Ansicht. Und wenn, o Mönch, deine Tugend gut geläutert sein wird und deine Ansicht gradlinig, dann magst du, auf Tugend gestützt, in den Tugenden gefestigt, die vier Pfeiler der Achtsamkeit in dreifacher Weise entfalten. Welche vier?

    Da wache, o Mönch,

    • beim Körper über den Körper,
    • bei den Gefühlen über die Gefühle,
    • beim Bewusstsein über das Bewusstsein,
    • bei den Geistesformationen über die Geistesformationen,

    und zwar nach innen, nach außen, nach innen und außen: Unermüdlich, klar bewußt, achtsam, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Trübsinns. Wenn du, o Mönch, auf Tugend gestützt, in den Tugenden gefestigt, diese vier Pfeiler der Achtsamkeit derart dreifach entfaltest, dann ist bei dir, o Mönch, bei Tag und Nacht ein Wachsen heilsamer Dinge zu erwarten, kein Rückfall".

    Quelle

    Dazu noch ein Text von Bhikkhu Bodhi:

    Quote

    Unser heutiger Begriff von der Moral und ihrer Auslegung, gibt eine Deutung von Verpflichtungen und Zwängen, die dem buddhistischen Begriff sila fremd ist. Diese Deutung entstand wahrscheinlich auf dem schöpfergottgläubigen Hintergrund der westlichen Ethik. Frei von diesem Hintergrund, gründet sich die Ethik des Buddhismus nicht in Begriffen des Gehorsams, sondern in denen der Harmonie. Tatsächlich sagt eine andere Auslegung der Kommentare zum Begriff sila im Pali samadhana, was soviel bedeutet wie „Harmonie" oder „Gleichordnung."

    Die Einhaltung der silas führt auf verschiedenen Ebenen zur Harmonie: sozial, psychologisch, karmisch und kontemplativ. In sozialer Hinsicht verhelfen die Regeln der silas zu harmonischen zwischenmenschlichen Beziehungen; die Mengen an verschiedenen Interessen von anerkannten Mitglieder einer Gesellschaft, mit ihren eigenen privaten Vorlieben und Zielen, werden eingefügt in eine zusammenhängende soziale Ordnung, wodurch Konflikte, falls nicht gänzlich vernichtet, so doch reduziert werden. Auf der psychologischen Ebene bringen die silas Harmonie in den Geist und schützen vor innerer Zerrissenheit, die durch Schuldgefühle und Gewissensbisse über moralisches Fehlverhalten entsteht.

    Auf der karmischen Ebene stellen die silas den harmonischen Gleichklang mit dem Gesetz des kamma sicher und verhelfen damit zu einem besserem Wirken, das zu helleren Daseinsformen im unendlichen Kreislauf der Wiedergeburten führt, Und auf der vierten, der kontemplativen Ebene, verhelfen die silas dazu, die eingeleitete Reinigung des Geistes zu vervollständigen, auf einem tieferen und vollkommeneren Weg, in der methodischen Entwicklung von Ruhe und Einsicht.

    Quelle: Bhikkhu Bodhi, Der achtgliedrige Heilsweg, S. 59

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 14, 2025 at 5:19 PM
    Quote from ykxjbk1

    Wenn es also nur darum geht, ist es genau wie beim E-Auto fahren, ganz darauf verzichten. Landwirtschaft ab jetzt in Sensenmanier. Denn das Tierleid bleibt bei einer Umstellung auf reine oder mehr Landwirtschaft, was der Nachfragedeckung beim Verzicht auf Tiere oder Einschränkung derer die Konsequenz wäre, wird garantiert nicht weniger. Weitere Konsequenz wäre das verschwinden von Menschen und/oder Tieren aufgrund von fehlendem Angebot oder eben Nachfrage, gerade beim verstärkten Bio-Aufgebot. Auch unklar ist es wie sich eine solche Ernährungsumstellung auf den Menschen auswirkt, da man auf gewisse Vitamine angewiesen ist.

    Man merkt an diesen Aussagen, dass Du nur ganz wenig Ahnung hast und Dich mit diesen Themen auch nicht ernsthaft beschäftigen willst. Hast Du wenigstens die in Nature veröffentlichte Studie gelesen? An dem gemessen, was Du oben geschrieben hast, vermutlich nicht. Egal.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 14, 2025 at 4:16 PM
    Quote from ykxjbk1

    Was du nicht verstehst ist, dass das auch bedeutet, indirekt Leben zu nehmen, denn um solche Lebensweisen realistisch umzusetzen braucht es auch weniger Menschen, weil sonst die Nachfrage nicht gedeckt werden kann.

    1 Drittel weniger Fleisch und weniger Lebensmittelverschwendung, und mal könnte auch 9 Milliarden Menschen ernähren:

    https://www.nature.com/articles/s41467-017-01410-w.pdf

    Von den ungefähr fünf Milliarden Hektar weltweit verfügbarer landwirtschaftlicher Nutzfläche werden etwa 80 Prozent in Form von Weide- oder Ackerland allein für die Tierhaltung in Anspruch genommen. Und es wird immer mehr Land benötigt - mit gravierenden Auswirkungen auf natürliche Lebensräume.

    Der Appetit auf Fleisch und seine Folgen
    Die massenhafte Fleischproduktion hat enorme Auswirkungen auf das Klima. Wie viel Fleisch können wir uns in Zukunft noch erlauben?
    www.wwf.de

    Biologische Landwirtschaft hilft, die Artenvielfalt zu erhalten, denn ohne die ist auch die konventionelle Landwirtschaft bald am Ende. Es wird eh nie alles Bio sein. Aber jedes bisschen hilft die Ökosysteme stabil zu halten. Das ist der Punkt, nicht, dass JEDER Bio kauft.

    Bio vs konventionell - Rodale Institute
    Erfahren Sie den Unterschied zwischen traditionellem und ökologischem Landbau und warum die Vorteile des ökologischen Landbaus einen solchen Einfluss auf…
    rodaleinstitute.org

    Mit der Natur, nicht gegen die Natur. Es ist genug für alle da.

    Wir werden eh zu Lebzeiten noch die Konsequenzen unseres derzeitigen Handelns zu spüren bekommen. Darum ist es müßig, hier rumzudiskutieren: Wer möchte, mag sich einfach informieren. Es gibt mehr als genug seriöse Quellen.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 11, 2025 at 6:24 PM

    Anna Panna-Sati

    Ich finde, dass dieses Emoji ein bisschen so aussieht, als würde es sich das Lachen verkneifen. Dabei versuchte es, die Contenance zu bewahren. Dieses Lachen kann unterschiedliche Qualitäten haben: ein heiteres, ein böses, ein depressives Lachen. Hier ist es eher ein gutmütiges Schmunzeln.

    :|

    Ich glaube, dass Künstler zu Depressionen neigen, liegt vor allem daran, dass ihre Imagination zu stark ausgeprägt ist. Wenn man sich alles vorstellen kann und muss, was an üblen Dingen passiert und passieren könnte, kann die Welt die Leichtigkeit schnell verlieren. Auch Angstpatienten können ein Lied davon singen. Das mag aber auch daran liegen, dass Künstler nicht selten über ein zu sensitives Sensorium verfügen, das schon Schmerzen bereitet, wo andere noch das Leben feiern. Zudem gibt es Abgründe, die große Verwirrung stiften, bis man merkt, dass man selbst dieser Abgrund ist. Diese Verwirrung bedarf der Kontrolle, zumindest scheint es so. Hier kann der Buddhismus ein schönes Framework bieten, über die Abgründe hinweg zu meditieren. Mittelfristig ist es natürlich zum Scheitern verurteilt. Denn dann zerschießen dir die Abgründe dein schönes, heiles Buddhistendasein. Letzteres ist wahrscheinlich das Wertvollste an dieser Praxis.

    Der Eingangs zitierte Satz hat mich, trotz aller möglicher Fehleinschätzungen anderer Ursache, kalt erwischt, weil er mir die Janusköpfigkeit meiner Praxis sichtbar gemacht hat. Wenn mein Denken und Fühlen "einrastet", und sich der Alltag nur noch um wenige schlimme Dinge dreht, denen die reale Grundlage fehlt oder zumindest zu fehlen scheint, wird die Praxis zum Gefängnis. Das Einrasten, das ins Stocken geraten der lebendigen Quellen, scheint Kontrolle umso wichtiger zu machen, damit das, was da vor sich hin tobt – ungesehen und ungefühlt, aber schon wetterleuchtend am Rande des Bewusstseins – nicht an die Oberfläche kommt. Diesen Hang zur Kontrolle habe ich schon häufiger bei Praktizierenden des Zen beobachtet. Die daraus resultierende, fehlende Lebenslust wird dann als weise Abkehr von den Schleiern der Maya fehlgedeutet. Der Buddhismus in seiner pessimistischen Fehlinterpretation bietet ideale Wachstumsbedingungen für solche Sackgassen. Darauf wollte ich hinweisen.

    Kurz: die buddhistische Praxis kann die Lebensfreude rauben und depressive Zustände verstärken, weil und wenn sie als Instrument der Kontrolle wo Loslassen geboten wäre missbraucht wird.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 9, 2025 at 7:21 AM
    Quote from MaKaZen

    Heute mache fast ausschliesslich instrumentale Stücke mit SUNO.

    Verstehe.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 9, 2025 at 7:06 AM

    Und offenbar auch mit Band:

    External Content soundcloud.com
    Content embedded from external sources will not be displayed without your consent.
    Through the activation of external content, you agree that personal data may be transferred to third party platforms. We have provided more information on this in our privacy policy.


    Macht ihr auch Auftritte?

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 8, 2025 at 6:28 PM
    Quote from MaKaZen

    Als Musiker

    Welche Musik machst Du denn? Hast Du Beispiele?

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • July 1, 2025 at 7:09 AM
    Quote from MaKaZen

    Es fällt mir auf, dass du auf manche Beiträge achtsam eingehst, während andere scheinbar von dir mit avijjā (Unwissenheit) oder vielleicht mit einer Form von dosa (Abneigung) übersehen werden. Im Geist von sati (Achtsamkeit) und samma-vācā (rechter Rede) möchte ich dich einladen, auch den Stimmen Gehör zu schenken, die vielleicht nicht sofort mit deinen Ansichten in Einklang stehen.

    Im Sangha ist es eine wertvolle Praxis, mit upekkhā (Gleichmut) und mettā (liebender Güte) allen Beiträgen offen zu begegnen, um gemeinsam Weisheit (prajñā) zu entfalten und nicht in selektiver Wahrnehmung oder Anhaftung an eigene Sichtweisen (ditthi-upādāna) zu verharren.

    Mögen wir alle im Austausch wachsen und voneinander lernen.

    Da bekommt man ja gleich noch einen Nachhilfekurs in buddhistischer Terminologie. Vielen Dank!

    _()_

    Ich habe Deinen Beitrag (vacana) nicht übersehen (anavalokita) und wollte damit auch keine Missachtung (tiraskṛti) zum Ausdruck bringen. Da es mir manchmal an Zeit (kāla-abhāvaḥ) fehlt oder aber ich nachdenken (cintayati) muss, um eine angemessene Antwort (uttara) zu finden, kann es manchmal etwas dauern. Aber es kommt auch vor, dass ich nichts zu erwidern (virodhayati) habe.

    :|

    Was Deinen Beitrag angeht. Hm, was soll ich dazu sagen? Mir sind diese Fakten schon lange bekannt. Allerdings ging es mir in diesem Thread mehr darum, die unter religiöser Praxis verborgene Depression zu besprechen, die mir nicht selten im buddhistischen Kontext, nicht zuletzt auch in Bezug auf meine eigene Person immer wieder mal begegnet ist. Depression als allgemeines Phänomen ist auch interessant, hier soll es aber um die Gefahr gehen, buddhistische Texte im Falle einer depressiven Grundverfassung misszudeuten. Zum Beispiel das hier:


    [lz]

    Wird dem Begehrlichen zuteil, was er begehrt,

    Gewiß ist er dann frohgestimmt,

    Wenn, was er wünscht, der Sterbliche erlangt.

    Doch wenn dem Lüstenden, erfüllt von Willensdrang,

    Die Gegenstände seiner Lust entschwinden,

    Gleichwie vom Pfeil durchbohrt, so ist er dann gequält.

    Wer Lüste, wie der Fuß den Schlangenkopf, vermeidet,

    Das Hängen an der Welt wird achtsam er verwinden.

    Nach Feldern, Land und Schätzen, nach Rindern, Pferden, Dienervolk,

    Nach Frauen, Freunden, vielen Lustobjekten wer da giert,

    Was machtlos scheint, das übermächtigt ihn, die Fährnisse bezwingen ihn.

    Hieraus dringt Leiden in ihn ein, wie Wasser in ein leckes Schiff.

    Daher soll, achtsam stets, der Mensch die Lüste meiden,

    Hat er sie aufgegeben, kreuzen kann er dann die Flut,

    Wie man hinübersetzt auf ausgeschöpftem Schiff.

    Quelle[/lz]

    Die Haltung, schöne und lustvolle Dinge zu meiden aus Angst vor dem Pfeil des Verlustes führt in eine enge, ängstliche Haltung der Welt gegenüber. Zugleich ist die Analyse, die sich in diesem Vers bietet, richtig. Sobald ich mein Herz an etwas hänge, laufe ich Gefahr, Leid zu erfahren. Wenn ich aber mein Herz an nichts hänge, höre ich in gewissen Maßen auch auf zu leben. Hier liegen die Untiefen, die ich in den Jahren der Praxis immer wieder einmal wahrgenommen habe, die auch den Anlass für diese Diskussion gegeben haben. Im Zustand der Freiheit (oder was ich dafür halte) fließen Lust, Freude, Angst und Leid, ohne ins Stocken zu geraten. Das Stocken, dieses Nicht-Mehr-Fließen assoziiere ich mit depressiven Episoden. Und die können sehr tugendsam wirken – nach außen wie nach innen. Ein Trugschluss.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 30, 2025 at 9:56 AM
    Quote from MaKaZen

    obwohl eigentlich klar sein müsste, dass da was Grundlegendes nicht stimmt.

    Dieses Gefühl lässt sich sehr leicht als "Dukkha" deuten.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 30, 2025 at 9:37 AM
    Quote from MaKaZen

    Worum geht es deiner Meinung nach?

    Um das hier:

    RE: Tugend und Depression

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 30, 2025 at 9:28 AM

    [lz]

    Aber man wird ja nicht wirklich moralisch und auch nicht tugendhaft sondern bildet sich das nur ein, oder?[/lz]

    Ich denke, von außen wie innen ist das manchmal nicht zu unterscheiden. Der Geist ist da schon sehr einfallsreich.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 30, 2025 at 8:30 AM
    Quote from MaKaZen

    Krishnamurtis Aussage mag philosophisch anregend sein, aber sie bleibt an der Oberfläche. Sie blendet das Leid und die Not der Betroffenen aus und bietet keine echte Unterstützung. Wahre Spiritualität sollte nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch Mitgefühl zeigen und praktische Hilfe bieten.

    Darum geht es doch hier gar nicht.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 30, 2025 at 8:19 AM

    Beispiel: Ich verliere das Interesse an "sinnlichen Freuden" jeder Art und deute das als erfolgreiche Durchdringung der Realität als vergänglich und leidhaft. Ich werde leise und ruhig, und erzeuge eine äußere wie innere Maske der Freundlichkeit und Freigebigkeit, die aber im Kern eine neurotische Reaktion auf diese innere Zwangslage ist, mit dem Ergebnis, dass das Gefühl des Ausgenutzt-Werdens und der Erschöpfung auftritt, statt der Freude an der "selbstlosen Handlung". Dieses Charakterbild erscheint nach außen freundlich und tugendhaft – wenn auch etwas hölzeren. Und auch im Inneren kann dieser Eindruck entstehen. Unterdrückte Energien, Wünsche oder Triebe erzeugen oft eine mitunter zwanghafte Haltung zu Ordnung und Kontrolle. Auch das kann nach außen wie innen als Tugend der Ordnung und Selbstdisziplin aufgefasst werden. Die buddhistische Lehre kann hier leicht eine fruchtbare Basis für diese Fehleinschätzungen (Symptomatik) bieten.

  • Tugend und Depression

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 30, 2025 at 7:57 AM

    [lz]

    Wenn etwa ein Mensch aufgrund einer Depression hochmoralisch und tugendhaft wird, dann sagen Sie, was ist das für ein netter Mensch, wie hat er sich verändert!

    Krischnamurti, vollkommene Freiheit, S.46[/lz]


    Eine beliebte Falle – für alle Seiten. :|

  • Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 26, 2025 at 8:42 AM

    Krishnamurti verfolgt im Grunde folgende Auffassung:

    Wenn ich mich auf die Suche nach etwas (Wahrheit, Erlösung, Rettung, etc.) begebe, werde ich auch etwas finden, das dem entspricht, was ich suche, weil die Suche immer schon das impliziert, was dann gefunden werden soll. (Joseph Beuys: Nicht suchen, finden!)

    Wenn ich etwas suche, ist damit zugleich auch eine ganze Vorstellungswelt verbunden, wie das, was ich finden möchte, beschaffen sein soll. Diese Erwartungen erfüllen dann verschiedene religiöse und spirituelle Systeme, indem sie anhand der Konstanten Alter, Krankheit, Tod und Leiden Wege suggerieren, die die als beängstigend und unzufriedenstellend erlebte Wirklichkeit gegen eine andere Seinsebene einzutauschen vorgeben. Wie sehr diese neue Ebene auf Autosuggestion und Abhängigkeit beruht, kann man anhand der Gewaltbereitschaft messen, wenn diese Systeme durch andere, konkurrierende Systeme infrage gestellt werden. Mit der Wirklichkeit haben sie jedenfalls meist nicht viel zu tun. Es sind tröstliche Spiele, Halluzinationen.

    Ich fand es immer schon sehr merkwürdig, dass ich Elemente tibetischer, japanischer oder thailändischer Kultur und Tradition übernehmen und lernen hätte sollen, um meine höchst unmittelbare Wirklichkeit zu begreifen. Nicht anders geht es mir mit dem christlichen Budenzauber, mit den Metaphern und Bildern, die kaum noch zu meiner Lebensrealität passen wollen. Ich kann sie passend machen, aber oft genug sind gewagte Denk-Konstrukte und Verrenkungen dazu notwendig.

    Religion jeder Art ist vollkommen unwirksam, solange sie sich nicht im alltäglichen Leben in völlig alltäglicher Form ereignet, dann ansonsten ist es eine private Theateraufführung, die man als Hauptdarsteller für sich selbst aufführt. Aber ist es dann noch Religion, wenn ich alles Institutionalisierte, Formalisierte, Traditionelle und Hierarchische weglasse?

    Für Krishnamurti speist sich Denken immer aus der Vergangenheit. Mit Denken sind auch alle Vorstellungen, Pläne, Hoffnungen, Strategien und "Pfade" gemeint, die institutionalisierte Religionen erzeugen und vermitteln. Die Ergebnisse oder Erfahrungen, die dieses Denkens hervorbringt, sind ebenso tot, wie auch die Vergangenheit tot ist, aus denen sich das Denken speist. Lebendig ist allein die Wirklichkeit, die sich in diesem Augenblick, im Jetzt ausbreitet.

    Denken ist eine gute und hilfreiche Sache, aber, so Krishnamurti, sie führt einen nicht zur Erfahrung der Wahrheit/Wirklichkeit. Religionen helfen oft genug, nicht mehr so genau hinzuschauen, weil sie Sicherheit, Tröstung und Identifikation versprechen. Wenn ich wütend werde, wenn jemand daran kratzt, wird schnell klar, dass diese Sicherheit trügerisch ist und die Identifikation voller Anhaftungen ist.

    Mit dem, was ich hier schreibe, möchte ich mich nicht gegen die Erfahrung dessen aussprechen, woraus Religionen ihre Erzählungen speisen. Im Gegenteil. Es ist nur fatal, wenn die Institutionen und ihre Erzählungen diese Erfahrungen vergessen, formalisieren, verdecken, verhindern oder in Hierarchien einbetten, die dann zu Machtmissbrauch unterschiedlicher Art führen.


    [lz]

    Die Erfahrung des Heiligen oder das Unbedingten oder des Religiösen kann man nicht auf ein spezielles Segment beschränken, entweder Religion ist ethisch oder ästhetisch oder was immer. Sondern Religion ist ein Inbegriff, ein Element und eine Komponente jedes Wirklichkeitsbereiches.

    Quelle[/lz]


    Letztlich kann nur jeder seinen eigenen "Pfad" finden. Aber auch hier ist schon die Metapher "Pfad" irreführend, denn das, wohin all das Suchen und Streben nicht führt, ist immer schon anwesend, und es wäre alles schon "da" also Wirklichkeit, wenn wir nicht dauernd anhand exotischer oder heimischer Choreografien irgendwelche Pirouetten drehen würden, die sich Wahrheitssuche nennen.

    Der "Pfad" besteht also darin, nicht mehr zu laufen und zu suchen. Was nach Stillstand klingt, ist eine echte Bewegung, im Gegensatz zum Stillstand des Umherirrens.

    Religiöse Texte können inspirieren, sie zu vergessen. Und das wäre schon sehr viel.

    Das Besondere an der buddhistischen Lehre ist ja gerade, dass sie ihre eigene Auflösung zum Programm hat und jeden Wahrheitsbegriff in Zweifel zieht. Darum wurde Krishnamurti auch immer wieder dem Zen zugeordnet, was natürlich völliger Unsinn ist.

  • Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 23, 2025 at 10:08 PM

    Solange ich einen Schutz vor der Wirklichkeit suche, gehe ich in die falsche Richtung.

    Es ist dann eher ein Handel: Wenn ich A,B,C befolge, wird es mit besser gehen. Damit es mir gut geht, muss ich A,B,C befolgen. Und wenn Meister X,Y oder Z sagt, dass ich A,B,C nur machen muss, damit es mit besser geht, dann mache ich das. Hauptsache es geht mir besser als jetzt.

  • Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 21, 2025 at 6:55 AM

    Die "Unbestechlichkeit des Selbst" ist für mich der zentrale Begriff. Sich nicht korrumpieren lassen. Sich selbst nicht verarschen. Sich nichts einbilden. Die Verantwortung nicht delegieren, um sich schlafen legen zu können.

  • Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 20, 2025 at 1:01 PM
    Quote from JoJu91

    Bist Du ins libertäre Lager der "Österreicher" (*) übergewechselt ?

    Wäre dumm, oder? Von einem Lager zum anderen...

    Ich denke, die Lehre des Buddha ist mein letztes Lager. So Gott will! :party:

  • Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 20, 2025 at 9:18 AM
    Quote from void

    So aus dem Kontext genommen ist die von Krishnamurti geäußerte Idee aber nicht sehr hilfreich.

    Diese Idee durchzieht das gesamte Lebenswerk von Krishnamurti, es ist der zentrale Punkt seiner Lehre, insofern von Bedeutung auch und vor allem außerhalb des historischen Kontextes.

    Quote from void

    Auch wenn die Wahrheit ein pfadloses Land ist, führen Pfade hin.

    Eben nicht. Pfade (von anderen gegangen) führen immer daran vorbei. Im Zen ist das bekannt, und das macht auch einen guten Teil der darin verkörperten Schizophrenie aus.

    Quote from void

    Der edle achtfache Pfad ist eine gute Sache.

    Wenn er zu seiner Auflösung führt.

  • Die Wahrheit ist ein pfadloses Land

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 20, 2025 at 8:19 AM
    Quote

    Ich behaupte, dass die Wahrheit ein pfadloses Land ist, und Sie können sich ihr auf keinem Pfad nähern, durch keine Religion, durch keine Sekte. Das ist meine Ansicht, an der ich absolut und bedingungslos festhalte. Die WAHRHEIT, die grenzenlos, unbedingt, unnahbar ist, auf welchem Pfad auch immer, kann nicht organisiert werden; auch sollte keine Organisation gebildet

    den, um Menschen auf einen besonderen Pfad zu führen oder zu nötigen.

    [...]

    Wenn Sie eine Autorität suchen, die Sie zur Spiritualität führt, dann müssen Sie automatisch eine Organisation um diese Autorität herum aufbauen. Doch allein durch die Gründung dieser Organisation, von der Sie glauben, dass sie dieser Autorität helfen wird, Sie zur Spiritualität zu führen, sind Sie bereits in einem Käfig gefangen.

    [...]

    Sie wollen Ihre eigenen Götter haben - neue Götter an Stelle der alten, neue Religionen anstelle der alten, die alle gleichermaßen wertlos, alle Hindernisse, alle Begrenzungen, alle Krücken sind. Anstelle der alten spirituellen Rangordnungen haben Sie neue spirituelle Rangordnungen, anstelle der alten Gottesdienste haben Sie neue Gottesdienste. Sie alle sind in Ihrer Spiritualität abhängig von jemand anderem, für Ihr Glück von jemand anderem, für Ihre Erleuchtung von jemand anderem;

    [...]

    Noch einmal, Sie haben die Vorstellung, dass nur gewisse Menschen den Schlüssel zum Reich der Glückseligkeit besitzen. Niemand besitzt ihn. Niemand ist ermächtigt, diesen Schlüssel zu besitzen. Der Schlüssel ist Ihr eigenes Selbst, und in der Entwicklung und der Reinigung und der Unbestechlichkeit des Selbst allein ist das Reich der Ewigkeit.

    Sie werden sehen, wie absurd das ganze Gebäude ist, dass Sie errichtet haben, dass Sie Hilfe von außerhalb suchen, dass Sie für Ihr Wohlbefinden, Ihr Glück, Ihre Kraft von anderen abhängig sind. Das alles können Sie nur in sich selbst finden.

    Sie sind daran gewöhnt, dass man Ihnen sagt, welche Schritte Sie gemacht haben, was Ihr spiritueller Status ist. Wie kindisch! Wer außer Ihnen selbst kann Ihnen sagen, ob Sie innerlich schön oder hässlich sind? Wer außer Ihnen selbst kann Ihnen sagen, ob Sie unbestechlich sind?

    Es ist Ihnen nicht ernst genug damit.


    Jiddu Krishnamurti, aus der Rede zur Auflösung der Sekte "Orden des Sterns im Osten", 1929

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  • Unwissenheit beseitigen

    • Thorsten Hallscheidt
    • June 19, 2025 at 7:04 PM
    Quote from Asod55

    Wie beseitige ich Unwissenheit?

    Keine Ahnung.

Ausgabe №. 133: „Rausch"

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