Hat Buddha das Leben auf Erden als vollkommen Erleuchteter je gelobt?
Alles ist Leiden - Das glückliche Leben des Erleuchteten auf der Erde
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Der Begriff "auf Erden" ist ja das Produkt einer ganz spezifischen Geschichte: Im Christentum gab es ja den Gegensatz zwischen dem als ewig und geordneten Welt des Himmels und der irdischen und vergänglichen Welt der Menschen. Teilweise sah man die Umlaufbahn des Mondes als die Grenze zwischen der vergänglichen sublunaren Welt und dem Bereich des Ewigen. Flammarions Holzstich stellt das gut dar:
Der Inhalt kann nicht angezeigt werden, da du keine Berechtigung hast, diesen Inhalt zu sehen. Diese Grenze und damit der ganze Begriff des Irdischen wäre Buddha eher fremd gewesen.
Im Buddhismus gibt es die Idee der "Sachs Daseinsbereiche". In buddhistische Terminologie übersetzt wurde man also eher fragen, ob Buddha je die "Geburt als Mensch" gegenüber anderen Formen der Geburt lobend erwähnt hat.
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Herzlich willkommen Alexander,
was gibt es denn denn da zu loben?
Der Buddha hielt das Leben als Mensch für wertvoll, weil nur der Mensch die Lehre verstehen und umsetzen kann.
Er schätzte die Natur und alle Lebewesen, deswegen sollte auch nicht getötet werden.
Wer lobt denn das Leben auf Erden. Wir alle spüren doch schnell unsere Grenzen, manche von Geburt an.
Die Erde für sich allein, die Natur ... ist wunderschön. Diese Geschenke werden aber nur vom Menschen misshandelt.
Davon wollte uns der Buddha ja befreien - vom Leiden - mehr nicht.
Monika
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Hat Buddha das Leben auf Erden als vollkommen Erleuchteter je gelobt?
Ein Erleuchteter lebt glücklich in der Welt:
ZitatEr weiß: 'Einstmals bestand Begehren, und das war von Übel; das besteht jetzt nicht mehr, und so ist's gut. Einstmals bestand Hass, und das war von Übel; das besteht jetzt nicht mehr und so ist's gut. Einstmals bestand Verblendung, und das war von Übel; das besteht jetzt nicht mehr, und so ist's gut.'
So verweilt er schon bei Lebzeiten gestillt, erloschen, abgekühlt, in seligem Gefühle, heilig gewordenen Herzens. A.III.67
ZitatSchon bei Lebzeiten lebt er glücklich, ohne Verdruß, Verzweiflung und Qual; schon bei Lebzeiten erreicht er die Erlösung. A.III.70
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Hat Buddha das Leben auf Erden als vollkommen Erleuchteter je gelobt?
Nein, denn etwas loben ist etwas lieben, etwas lieben ist Leid erzeugend, denn die Emotion des Liebens vergeht.
Vor seiner Erleuchtung hat er vorwiegend das Asketentum gelobt, bis das Asketentum ihn fast umgebracht hat. Dadurch hat er sich zum Erreichen der Leidfreiheit hingesetzt. Als „Erleuchteter“ Mensch auferstanden.
Nichts Besonderes für ihn, für andere ein Grund, ihn zu verehren und zu loben. Sich in das Leiden zu begeben, von dem er sich befreit hatte. Sein Lächeln zeigt sein Mitgefühl mit den sich selbst fesselnden Menschen, die glauben, dass er, der Buddha, ihr Befreier ist, für die er nichts tun konnte. Denn jeder Mensch kann sich nur selbst von seinen Leiden befreien. -
Liebe Monika! Danke für den Willkommensgruß! Ich war auf der Suche nach einer digitalen Fassung der Majjhimma Nikaya von Bhikku Mettiko, da fand ich dieses Forum. Und bin gleich beigetreten. Und freu mich darüber sehr.
In Deinen Sätzen schwingt so viel mit, dass es schwer wird, dem schriftlich und in Kürze gerecht zu werden. Ist alles Leiden? Ist Körper und Bewusstsein an sich durch Unwissen bedingt und notwendig leidhaft, so dass nur das Ende der Geburten vom Leiden befreit, oder sind sie nur in ihrer leidhaften Verfasstheit durch Unwissen bedingt und leidhaft?
Für mich gilt Zweiteres und Erleuchtung ist so ein Zustand, der in diesem Leben restlos erfüllt werden kann, und das Leben als Mensch auf der Erde eine von vielen Weisen, diese Erleuchtung zu erfahren. Eine Weise, die gelobt werden kann. Ich “lobe” das Leben, das das ist, was von Unwissen befreit ist, (...) was Erkenntnis der Shunyata ist. Aber ich fand nie heraus, ob der historische Buddha in der Paticcasamuppada eindeutig den zweiten Fall meint. Darum fragte ich nach den Quellen.
Liebe Monika, viel schwieriger wird es, wenn man sich fragt, ob man die paticcasamuppada zu sehr in einem materialistischen Weltbild interpretiert.
Und wichtig scheint mir, wie tief metaphysisch ein Mensch die Erste Edle Wahrheit meint, wenn er sie ausspricht. Was ist dieses >Alles< ? Die Summe meiner Erfahrungen oder meine alles durchdringende Erkenntnis des Seins?
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Liebe/er Void!
Was ist, wenn man die paticcasamuppada zu sehr in einem materialistischen Weltbild interpretiert? Was ist, wenn man das als per se leidhaft bestimmte Leben nicht auf eine materialistische Vorstellung von Rupa, Leben und Erde bezieht, sondern auf eine bloße Illusion? Wenn die durch Unwissenheit bedingte rupa, nicht die Körperlichkeit der Materiaisten ist, sondern selbst, wie alles, geistig ist? Und was ist dann mein Körper, wenn ich mich/ihn von Unwissen befreit habe? Wenn rupa geistig ist und ich das Leersein aller Dinge erkannt habe, ist dann rupa und alle Welt und alles Leben und alle Wiedergeburt und alle Wiederholung verschwunden? Dann hieße das aber, das rupa in Erkenntnis nicht bestehen kann. Vielleicht ist ja Buddha auf der Erde gewandelt und hat, ähnlich wie Jesus, gesagt: >"Ich bin nicht von dieser Welt." Ich bin glücklich<. Vielleicht ist das Nirwana mitten auf der Erde und jenseits davon. Wenn die Erde als Materie keine Substanz hat, aber als geistige Illusion von Materie verschwunden ist, was ist dann die Erde noch? Ist sie dann nicht nur eine Weise des Absoluten? Wesentlich aber ist das Absolute, ob es sich nun in der Erde oder jenseits von Ich und Du manifestiert. Aber schön sind alle Weisen und jede kann “gelobt” werden.
Genauso schwer wie es ist, die materielle Vorstellung der Welt loszulassen, genauso schwer ist es sich vorzustellen, wenn man es nicht erfährt, dass es nicht wesentlich ist, ob sich das Absolute im Nirvana oder in der Welt manifestiert.
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Aber ich fand nie heraus, ob der historische Buddha in der Paticcasamuppada eindeutig den zweiten Fall meint. Darum fragte ich nach den Quellen.
Liebe Monika, ich meinte natürlich: eindeutig den ersten Fall meint...
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Lieber Alexander,
Ist alles Leiden?
Wenn der Buddha sagt,
Geburt ist Leiden
Alter, Krankheit und Tod ist Leiden,
dann kann ich das seit 40 Jahren mit zunehmender Erfahrung bestätigen.
Alles, was auch Freude bereitet, ist mit der Schattenseite behaftet.
Was ich liebe, kann ich wieder verlieren, was ich nicht mag, werde ich vielleicht nie los usw.
Ist Körper und Bewusstsein an sich durch Unwissen bedingt und notwendig leidhaft, so dass nur das Ende der Geburten vom Leiden befreit, oder sind sie nur in ihrer leidhaften Verfasstheit durch Unwissen bedingt und leidhaft?
Wir können durch das Befolgen der Lehre Unwissenheit, Gier und Hass beenden.
Das nenne ich Befreiung. Meines Erachtens ein besserer Begriff für Erleuchtung, denn Erleuchtung ist ja bereits vorhanden, wenn ich von Buddhas Lehre überzeugt bin und ihr folge.
(Aber das ist nur meine Sicht.)
Eine Weise, die gelobt werden kann. Ich “lobe” das Leben, das das ist, was von Unwissen befreit ist, (...) was Erkenntnis der Shunyata ist. Aber ich fand nie heraus, ob der historische Buddha in der Paticcasamuppada eindeutig den zweiten Fall meint. Darum fragte ich nach den Quellen.
Liebe Monika, viel schwieriger wird es, wenn man sich fragt, ob man die paticcasamuppada zu sehr in einem materialistischen Weltbild interpretiert.
Und wichtig scheint mir, wie tief metaphysisch ein Mensch die Erste Edle Wahrheit meint, wenn er sie ausspricht. Was ist dieses >Alles< ? Die Summe meiner Erfahrungen oder meine alles durchdringende Erkenntnis des Seins?
Es tut mir leid, aber das ist mir einfach zu kompliziert. Sicher wird Dir durch andere User geholfen werden können.
Viel Erfolg
Monika
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Hi Alexander B.
Liebe/er Void!
Was ist, wenn man die paticcasamuppada zu sehr in einem materialistischen Weltbild interpretiert? Was ist, wenn man das als per se leidhaft bestimmte Leben nicht auf eine materialistische Vorstellung von Rupa, Leben und Erde bezieht, sondern auf eine bloße Illusion?
Ich sehe Dukkha als etwas was aus der Diskrepanz zwischen unserem subjektiven Wollen und der Realität kommt. Wenn man sich aller Formen von Gier und Hass entledigt, dann ist es weg. Sonst muß nichts verschwinden. Buddha lief nach seiner Befreiung 40 Jahre herum, er aß, trank, sprach und schlief. Und manchmal hatte er Rückenschmerzen.
Was man loslassen muß, ist also nicht so sehr die Welt sondern die Anforderungen an sie. "Das sollte so sein/das sollte anders sein. Weil man dadurch ja die Bedingungen für das eigene Glücklichsein einschränkt. Und da ist ja gerade das "Loben" immer ein Werten.
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Wenn der Buddha sagt,
Geburt ist Leiden
Alter, Krankheit und Tod ist Leiden,
dann kann ich das seit 40 Jahren mit zunehmender Erfahrung bestätigen.
Alles, was auch Freude bereitet, ist mit der Schattenseite behaftet.
Was ich liebe, kann ich wieder verlieren, was ich nicht mag, werde ich vielleicht nie los usw.
Ich nenne drei Arten des Leidens: 1. Das Leiden des in Unwissen, Gier und Haß Verstrickten. Krankheit, Schmerz, Alter, Einsamkeit, Tod im Unwissen. 2. Das große Mitgefühl. Der Erleuchtete kennt in seiner Allwissenheit das Leid der Unwissenden. Auch ohne Körper kennt er das ganze Leid aller Unwissenden mit Körper und ohne Körper, in allen sechs Daseinsbereichen, in allen Äonen der Zeit.
3. …. Was aber ist Krankheit, Schmerz, Vergänglichkeit, Alter, Tod für den mit einem Körper auf der Erde wandelnden Buddha/Erleuchteten? D.h. wie relativ ist das Leiden in Bezug auf den Erleuchtungzustand eines Menschen?
Heißt zu sagen >das Leiden hat ja nur für den unwissenden Menschen Bestand<, die Leidhaftigkeit der menschlichen Existenz und die Bedingtheit der Kette der bedingten Entstehung zu bagatellisieren? Oder heißt >der von Unwissen, Gier und Hass Befreite wandelt schon auf Erden glücklich<, zu sagen für ihn hat der Tod keine Relevanz mehr, er erträgt selbst Schmerzen getröstet in seinem Geist und geduldig?
Ich nehme das Leiden im Bodhisattvaversprechen ernst und lobe das Leben auf Erden der Wissenden.
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Oder heißt >der von Unwissen, Gier und Hass Befreite wandelt schon auf Erden glücklich<, zu sagen für ihn hat der Tod keine Relevanz mehr, er erträgt selbst Schmerzen getröstet in seinem Geist und geduldig?
Ich nehme das Leiden im Bodhisattvaversprechen ernst und lobe das Leben auf Erden der Wissenden.
Moin Alexander,
so sehe und erlebe/erahne ich es auch gemäß meiner Praxis/Fortschritt..
Und das Loben bleibt Dir unbenommen. Ich lobe nicht, denn das Leiden zu besiegen, bedeutet ja auch, etwas zu bevorzugen, anderes abzulehnen, also noch voll im "Ring".
Und das Bodhisattvaversprechen (aus dem tibetischen? Buddhismus) kümmert mich nicht.
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Nein, denn etwas loben ist etwas lieben, etwas lieben ist Leid erzeugend, denn die Emotion des Liebens vergeht.
Ja, liebe/r Qualia, das ist so wahr, das Vergängliche ist leidhaft. Weil es vergeht, weil es die Qualität des Endlichen hat. Für mich ist Liebe aber nur im vergänglichen Bewusssein eine Emotion. Im vergänglichsten Sinn ist Liebe zwischen zwei Menschen das glückliche, interaktive Zusammenspiel angenehmer Gefühle. Im vom Vergänglichen am befreitesten Sinn ist Liebe eine Weise des mit sich selbst identischen Geistes. Vielleicht weil die Liebe auch in ihrer vergänglicheren Form von ihrer geistigeren Form etwas ahnt, empfinden wir sie jederzeit als eine der schönsten und tröstlichsten aller Gefühle.
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Nein, denn etwas loben ist etwas lieben, etwas lieben ist Leid erzeugend, denn die Emotion des Liebens vergeht.
Nein, denn ein Etwas loben ist ein Etwas lieben. Ein Etwas zu lieben, ist leidserzeugend, denn ein Etwas vergeht. Weil man an ein Etwas, das sich verändert, liebend, lobend, ablehnend festhält, erscheint Leiden, Dukkha.
Für„ein Etwas“ kann ein Objekt, ein Lebewesen, ein Gefühl, eine Meinung eingesetzt werden.
Liebe ist vollkommen frei von lieben, loben, ablehnen. Einfach, aber schwer zu verstehen. Wie Mitgefühl frei ist von lieben, loben, ablehnen.
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Wenn der Buddha seinen Bodhisattva Weg als den Ultimaten und einzig gültigen Weg zum Nirvana und zur vollen Frucht der Buddhaschaft ernannt hat, ein Bodhisattva aber nicht ins Nirvana eintritt, dann kann der vollendete Weg der Buddhaschaft folglich auch kein Ausweg aus dem Leiden sein, eher ist es eine missverstandene Metapher an die absolute Wahrheit, die sich als Mensch allerdings nicht realisieren lässt, da sie schon immer realisiert ist. Allerdings bringt das deinem Schmerz keine Linderung.
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Nein, denn ein Etwas loben ist ein Etwas lieben. Ein Etwas zu lieben, ist leidserzeugend, denn ein Etwas vergeht. Weil man an ein Etwas, das sich verändert, liebend, lobend, ablehnend festhält, erscheint Leiden, Dukkha.
Für„ein Etwas“ kann ein Objekt, ein Lebewesen, ein Gefühl, eine Meinung eingesetzt werden.
Liebe ist vollkommen frei von lieben, loben, ablehnen. Einfach, aber schwer zu verstehen. Wie Mitgefühl frei ist von lieben, loben, ablehnen.
Ja, das sehe ich auch so. Ein >etwas lieben< wäre kamadhatu (Bewußtsein der sinnlich begrenzten, begierdegebundenen Form). Wenn ein Mensch von kamadhatu zu rupadhatu (reine Form) zu arupadhatu (Nicht Form) zum überweltlichen Bewußtsein (lokuttara-citta) in seiner Erkenntnis fortschreitet, zurückkehrt und seine Augen wieder öffnet ist er frei von kamadahatu, von einem Ich das einem Etwas gegenübersteht, er liebt nicht ein Einzelnes, sondern ein-fach. Aber die Grammatik der Sprache bleibt gleich.
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Ein Erleuchteter lebt glücklich in der Welt:
ZitatEr weiß: 'Einstmals bestand Begehren, und das war von Übel; das besteht jetzt nicht mehr, und so ist's gut. Einstmals bestand Hass, und das war von Übel; das besteht jetzt nicht mehr und so ist's gut. Einstmals bestand Verblendung, und das war von Übel; das besteht jetzt nicht mehr, und so ist's gut.'
So verweilt er schon bei Lebzeiten gestillt, erloschen, abgekühlt, in seligem Gefühle, heilig gewordenen Herzens. A.III.67
Danke für die Quellenangabe.
Vielleicht habe ich ja die paticcasamuppada zu kausal gedacht, wenn es um die notwendige, per se Leidhaftigkeit des Bewusstseins und der Körperlichkeit geht. Wenn man sich an den Begriff der Bedingtheit erinnert, wäre nur das leidhaft bedingte Bewusstsein zur leidhaften Wiedergeburt genötigt.
Das Wort “loben” habe ich poetisch gebraucht. Ich meinte damit nicht >im Ich des kamadhatu ein Etwas loben<. Sondern: einen möglichen Ausdruck dafür, dass ich als schon zu Lebzeiten Eröster und Glücklicher freiwillig wiedergeboren werden könnte. Nicht nur aus Mitgefühl. Ich bin glücklich, die Berge sind schön… warum nicht ins Nirwana gehen oder! auf der Erde wiedergeboren werden? - das meinte ich mit “das Leben auf Erden loben”. Helfen werde ich als Erlöster anderen Menschen, selbst wenn ich nicht lehre.
Wenn Wissen heißt zu erkennen, dass ich das Leidhafte nicht begehren kann, der Daseinsbereich des Menschen aber nur durch Unwissen bedingt, nicht aber verursacht ist und das Leidhafte nicht wesenhaft in diesen Daseinsbereich eingeht und vom Leiden befreit werden kann, kann ich den leidbefreiten Daseinsbereich des Menschen doch wollen.
Wenn wollen per se leidhaft ist - und nicht nur das, das von aufhebbarem avijja (Unwissen) und sankhara (Handlungsabsicht) ausgeht - wie kann der Erleuchtete zu Lebzeiten (ganz) glücklich sein? Wie kann er überhaupt wahrnehmen, handeln, zb zu den Bhikkhus sprechen? Oder erlischt im Tode der letzte für den Lebensvollzug notwendige Wille des Erleuchteten, ob er nun mein Glück eingeschränkt hat oder nicht? Vernichtet sich in der Dynamik des sich selbst erkennenden Geistes auch der karmisch neutrale Wille, so, dass ich gar nicht wiedergeboren werden kann, sondern per Gesetz der Erkenntnis ins Nirwana eingehe? Und kann man, wenn man der Dynamik des Geistes gefolgt ist, aus dem Nirwana nicht zurückkehren?
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Wenn Wissen heißt zu erkennen, dass ich das Leidhafte nicht begehren kann, der Daseinsbereich des Menschen aber nur durch Unwissen bedingt, nicht aber verursacht ist und das Leidhafte nicht wesenhaft in diesen Daseinsbereich eingeht und vom Leiden befreit werden kann, kann ich den leidbefreiten Daseinsbereich des Menschen doch wollen.
Wenn wollen per se leidhaft ist - und nicht nur das, das von aufhebbarem avijja (Unwissen) und sankhara (Handlungsabsicht) ausgeht - wie kann der Erleuchtete zu Lebzeiten (ganz) glücklich sein? Wie kann er überhaupt wahrnehmen, handeln, zb zu den Bhikkhus sprechen? Oder erlischt im Tode der letzte für den Lebensvollzug notwendige Wille des Erleuchteten, ob er nun mein Glück eingeschränkt hat oder nicht? Vernichtet sich in der Dynamik des sich selbst erkennenden Geistes auch der karmisch neutrale Wille, so, dass ich gar nicht wiedergeboren werden kann, sondern per Gesetz der Erkenntnis ins Nirwana eingehe? Und kann man, wenn man der Dynamik des Geistes gefolgt ist, aus dem Nirwana nicht zurückkehren?
Nachdem ich nicht erleuchtet bin, kann ich nur mit Überlegungen antworten.
Vermutlich kann kein Mensch vollkommen frei von Leid (dukkha) sein, das ist nur das Nirvana. Kein Mensch oder sonstiges Wesen kann buchstäblich in das Nirvana eingehen, weil dann ja die Vorstellung "Ich bin" erlischt. Damit kann es auch keinen Willen nach Rückkehr aus dem Nirvana mehr geben.
Das Glück des Erleuchteten ist das höchstmögliche Glück, weil er an nichts anhaftet, aber erst nach dem Tod fallen alle Begrenzungen weg und entstehen nie wieder.
Wenn ich das alles im Detail analysiere, komme ich an kein Ende. Aber hinter dem denkenden Geist ist etwas, das seine Tätigkeiten wahrnimmt, das auch alles andere nur wahrnimmt, ohne es zu ergreifen. Wenn dieses Gewahrsein vollkommen entfaltet ist, wird das alles klar sein.
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Ich verstehe, was du mit dem Loben meinst. Es gibt da eine sehr unterschiedliche Herangehensweise in Theravada und Mahayana von denen jede ihre Vor- und Nachteile hat.
Im Theravada wird zuerst mal von der Sicht des verblendeten Menschen ausgegangen - und da kann man feststellen, dass alles leidhaft ist. Es ist eine Herangehensweise der es darum geht, sich keine Form des Atman zu schaffen, an der subtil angehaftet wird. Der Nachteil dieses Wegs der Verneinung ist natürlich eine gewisse Negativtät
Der Mahayana zäumt das Pferd von einer ganz anderen Seite auf, indem es sozusagen das Ende des Wegs ( die Sucht eines befreiten Wesens) an den Anfang setzt. Aus der Sicht eines Befreiten ist die Welt ohne Selbst und ohne Leid. Befreiung ist quasi schon da, aber wir ruinieren sie beständig - durch das Aufkommen von Gier und Hass - jeden Moment wieder. Der Vorteil dieser Sicht ist zum einen aus Wegfallen so einer Zielorientierung als wäre die Befreiung etwas zu Erreichendes. Zweitens ist es eine positivere und optimistischer Sicht. Der Nachteil ist, dass daraus wie vom Theravada befürchtet, Illusionen erwachsen können, die das Anhaften rechtfertigen. Und man sich aus "Buddhanatur" und Buddhas etwas Göttliches zimmert - einen positiven Urgrund oder so etwas
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Das Problem was hier gemacht wird ist, dass angenommen wird, es gebe in der Leerheit noch eine Sicht oder jemanden der diese Sicht hätte. Im Leiden ist aber das Nirvana begründet, das heißt, Leiden, Gier, Hass etc. selbst sind Nirvana. Das hat der Mahayana sehr klar gemacht. Ein vollendeter auf dem Weg des Mahayana geht allerdings nicht ins Nirvana ein (was meiner Meinung nach auch gar nicht möglich ist, aber ein Fakt der Anhängern wahrscheinlich missfällt) und ist folglich auch gar nicht ohne Sicht, ohne Leid und ohne Glück (im Mahayana bedeutet Leerheit, das alles Leer ist, nicht nur "Leid"). Nirvana = Samsara im Mahayana bedeutet also folglich, wenn wir hassen, dann ist das auch Leer, bloß bringt uns diese Leerheit nichts. Es sind immer 2 Seiten einer Münze. Wenn man im Zen also sagt, die Stadt ist ein netter Ort, aber kein Platz für einen langen Aufenthalt, dann meint man damit, dass die Erleuchtungserfahrung kurz nett ist, zu "sehen", da ist kein Leid, kein Glück, kein Ich, keine Sicht, aber eben nur diese Erfahrung ist. Die eigentliche Aufgabe im Mahayana ist die Kultivierung des geradlinigen Geistes, wie es Hui-neng weitergeführt hat. Im absoluten gibt es aber kein relatives und im relativen kein absolutes. Entweder man beleuchtet die eine, oder die andere. Wenn man versucht relatives mit absolutem zu begründen, dann fällt man ganz automatisch in den Dualismus, weil man ja nur vom relativen redet. Das kann aber dann keine Leerheit sein. Die Ansicht man könnte Leerheit beeinflussen zeugt von solcher Dualen Sicht. Leerheit kann nicht zerstört werden, du kannst rein gar nichts tun um Leerheit zu "beschädigen". Eine Erleuchtungserfahrung wird ganz automatisch damit auch zur Dualität und hat damit wieder nichts mit Leerheit zu tun.
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Ich beginne mit einer Nagationsformulierung. Das Nicht-ich (anatta) ist nicht die Negation des Ich vom Ich aus.
Das wäre, da ja das Ichbewusstsein (kamadhatu, Dualität) alles ist, was dem Ichbewusstsein bewusst ist, nur die Vorstellung, dass das, was für das Ich ist, nicht ist. Das Nichtichbewußtsein (von rupadhatu bis Nirwana) aber ist eine Erfahrung.
Nur weil die Wörter und die Grammatik von >Etwas< und >Ich< identifiziert werden mit den Erfahrungen des Ich Bewusstseins, heißt das nicht, dass die Erfahrung im Nichtichbewußtsein mit der Negation dieser so verstanden Wörter bezeichnet wären.
Als positive Formulierung eine Erfahrung: Mein duales Ichbewusstsein, das ich aus der Blase, die ich im Geist selbst gebaut habe und die ein Widerstand gegen mich selbst und ein sich seiner selbst nicht bewusstsein ist, durch unbedingte Liebe befreit hatte, erfuhr ein geistiges Dasein, dessen Intensität nicht in der Differenzierung von Objekten, sondern in einer Uniformität unvorstellbarer Präsenz lag, das so stark in sich ruhte, als ob eine Säule in allen Planeten des Universums verankert wäre, es schien unverrückbar. Da war nichts von einem Ich und doch wusste ich, das ich das erfahre. Und obwohl die Dualität aufgehoben war, wusste ich die sinnliche Welt ohne Sinneswahrnehmung. Man entkommt dem Wort >ich< und >etwas< nicht, wenn man das anatta beschreibt. Vielleicht ist es gut, sie vom Ichbewusstseins aus zu verneinen, besser ist es “hinzuhören” und offen zu sein, sich an sein tiefstes Insight zu erinnern und an seiner spirituellen Praxis festzuhalten. Die Geisteshaltung eines gegenwärtigen Buddhas kann durch Sprache und Grammatik nicht verborgen werden.
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Meine Grenze meines realen Wissens ist zwischen meinem körperlichen Sinnesbewusstsein (skandha) und meinem Ichbewusstsein (atta). Mein körperliches Sinnesbewusstsein zeigt mir immer das Reale, mein Ichbewusstsein bildet daraus meine Gedanken-Bewertungswelt, Vorstellungen.
Die Folgen meiner Handlungen aus meinen Vorstellungen werden immer durch meine Körpersinne gezeigt. Das Ergreifen der Skandha durch das Ichbewusstsein ermöglicht erst Dualität. Die Abspaltung von Körper durch das Ich. Ich bin nicht, oder ich bin Körper. Ich ist Ich und Körper ist Körper ist eine Trennung, die immer falsch ist. Ein Ergreifen von entweder Körper oder Ich.
In Welt der Formen (rupadhatu) und Welt des Bewusstseins (vinnana). Das sind die Extreme, an keinem darf ich anhaften, wenn ich Leiden (dukkha) vermindern will. Das Dao (Nirvana) ist dieses Nicht-Anhaften an eines der Extreme. Erkenne ich mein Anhaften an eine Vorstellung und lasse sie los, so erzeugt diese Befreiung genau das Leiden, das unbewusst erzeugt wurde durch das Unwissen des Festhaltens an einem Extrem. Das Nirvana ist tatsächlich die Zeit nach einer Befreiung, in der alles gelähmt ist und keine Zeit ist. Rechtes Samadhi ist erreicht, wenn kein Bewusstsein von Zeit ist. Das Wahrnehmen, dass selbst Zeit nicht mehr wahrnehmbar ist.
Weil das so ist, geben viele Menschen ihr sich von Vorstellungen befreien auf und bleiben lieber in ihren Anhaftungen. Am Ende des Lebensabschnittes erscheint immer Trauer des Ichs, die sich lähmend auf den Körper auswirkt. Glaube ich, dass der Körper krank ist, kommt es zu weiteren Schäden.
Weiß ich, dass sich der Körper repariert, weil er nicht mehr meine Vorstellungen erfüllen muss, ist die Trauer nur im Ich, die durch das Aufgeben von Anhaftungen bei der Reinigung des Ichs erscheint.
Trägheit des Körpers ist sich reparieren, um wieder aktiv zu werden. Liegenbleiben, sich der Trägheit hingeben, führt zum Tod.
Melancholie ist immer die Trauer des Bewusstseins, dass etwas zu Ende ist. Sich der Melancholie hingeben führt in den Tod, Depression.
Heilung ist, dem Körper und dem Ich Zeit zu geben, sich zu reparieren. Zerstörerisch ist es immer zu glauben, dass man immer und zu jeder Zeit zu funktionieren hat. Burn-out ist eine Art, sich in scheinbar voller Funktionsfähigkeit umzubringen.