Obwohl sie den Wunsch haben, dem Leiden zu entgehen, rennen sie
geradezu in ihr Leiden hinein; und obwohl sie Glück wünschen, zerstören
sie ihr eigenes Glück, als wäre es ihr Feind.
Was versteht ihr unter dem?
May all beings benefit
Obwohl sie den Wunsch haben, dem Leiden zu entgehen, rennen sie
geradezu in ihr Leiden hinein; und obwohl sie Glück wünschen, zerstören
sie ihr eigenes Glück, als wäre es ihr Feind.
Was versteht ihr unter dem?
May all beings benefit
Der Wunsch, dem Leiden zu entgehen, ist das Problem.
Der Wunsch nach Glück ist das Problem.
Die Jagd nach der Wunscherfüllung zerstört das eigene Glück.
Obwohl sie den Wunsch haben, dem Leiden zu entgehen, rennen sie
geradezu in ihr Leiden hinein; und obwohl sie Glück wünschen, zerstören
sie ihr eigenes Glück, als wäre es ihr Feind.
Die Menschen wünschen sich Leidfreiheit. Aufgrund ihrer Unwissenheit kennen sie nicht das Gesetz von Handlung und Wirkung. Sie meinen, dass sie durch Lügen, Betrügen, Stehlen, Zwietracht säen, Habgier usw. die Ursachen für ihr Glück schaffen können. Tatsächlich sammeln sie aber unheilsame Prägungen in ihrem Geisteskontinuum an. Damit schaffen sie die Ursachen für Leid.
Obwohl sie kein Leiden wollen, sammeln sie durch ihre Unwissenheit einerseits Ursachen für zukünftiges Leid an und zerstören dadurch andererseits das Glück, das sie anstreben. Weil ihr Handeln durch Unwissenheit geprägt ist, sammeln sie die Ursachen für das Gegenteil ihrer Wünsche an und erreichen so weder die gewünschte Leidfreiheit noch das angestrebte Glück.
Der Wunsch nach Glück ist das Problem.
Das oder doch eher die Suche an der falschen Stelle?
Das Streben nach Glück ist nicht das Problem. Buddha hat ja mit seiner ersten Lehrrede indirekt gesagt, dass es angemessen ist, sich Glück zu wünschen und es anzustreben und dass es auch möglich ist, in Samsara Glück zu verwirklichen. Dieses samsarische Glück hat allerdings den Nachteil, dass es vergänglich ist. Erkennt man dieses Glück als vergänglich und hält nicht mehr wie bisher an der Beständigkeit des erlebten Glücks fest, dann macht das Erleben von Glück kein Problem.
Auch im Vers 28 des 1.Kapitels geht es nicht darum, dass es falsch ist, nach Glück zu streben. Das wird auch deutlich, wenn man Vers 29 hinzuzieht in dem es heißt:[lz]
Wo gibt es einen guten Menschen wie diesen*, der die an Glück Armen und die von Leiden vielfach geplagten mit allen Glücksgütern zufriedenstellt, all ihre Schmerze besänftigt.[/lz]
In Vers 28 wird nicht das Streben nach Glück negiert, sondern darauf hingewiesen, dass wir unser eigenes samsarisches Glück zerstören, weil wir aus Verblendung nicht die Handlungen durchführen, die zu Glück führen. Aufgrund unserer Verblendung begehen wir unheilsame Handlungen, von denen wir glauben, dass sie für unser Glück förderlich sind, obwohl sie Umstände sind, die unser Glück zerstören und stattdessen unser Leid bewirken.
[hr]
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* Damit ist ein Bodhisattva gemeint. Im Bodhicaryavatara geht es ja um die Praxis eines Bodhisattvas.
Obwohl sie den Wunsch haben, dem Leiden zu entgehen, rennen sie
geradezu in ihr Leiden hinein; und obwohl sie Glück wünschen, zerstören
sie ihr eigenes Glück, als wäre es ihr Feind.
Das ist eine wunderbare Definition von Tragik, wie wir sie auch beispielsweise aus der griechischen Tragödie kennen. Ödipus bekommt vom Orakel gesagt, dass er seinen Vater töten und seine Mutter heiraten wird. Gerade durch seine Anstrengung dieses Schicksal zu vermeiden trägt Ödipus mit seinem Handeln zur Verwirklichung des Orakelspruchs bei und blendet sich schließlich in seiner Verzweiflung selbst als er dies erkennt.
Ödipus bekommt vom Orakel gesagt, dass er seinen Vater töten und seine Mutter heiraten wird.
Nicht ganz. Der Vater ist es, der mit dem Orakel spricht und die Tragödie in Gang setzt.
Liebe Grüße,
Aravind.
Nicht ganz. Der Vater ist es, der mit dem Orakel spricht und die Tragödie in Gang setzt.
Stimmt. Hätte der Vater nicht mit dem Orakel gesprochen, hätte er Ödipus nicht als Neugeborenen im Gebirge aussetzen lassen. Später erfährt Ödipus vom delphischen Orakel den selben Orakelspruch, der den Vater dazu veranlasste seinen Sohn auszusetzen ,und verlässt darauf seine Adoptiveltern, die er für seine richtigen Eltern hält, um Schlimmeres zu verhindern. Und so nimmt die Tragödie ihren Lauf.
Mephistopheles könnte man auch anführen, wobei es sich hier genau spiegelverkehrt verhält:[lz]
[Ich bin] ein Teil von jener Kraft,
Die stets das Böse will und stets das Gute schafft. ...[/lz]
Und was hat dies alles mit Bodhicaryavatara 1.Kapitel Vers 28 zu tun? Bleibt doch mal beim Thema. Über die griechischen Tragödien sollte man wohl besser einen eigenen Thread eröffnen! Aber warum sollten sie auf einem buddhistischen Forum eine Rolle spielen?
Und was hat dies alles mit Bodhicaryavatara 1.Kapitel Vers 28 zu tun? Bleibt doch mal beim Thema. Über die griechischen Tragödien sollte man wohl besser einen eigenen Thread eröffnen! Aber warum sollten sie auf einem buddhistischen Forum eine Rolle spielen?
Die Struktur der in Frage stehenden Aussage aus dem Bodhicaryavatara und der griechischen Tragödie sind gleich. Der Protagonist möchte in beiden Fällen etwas Gutes erreichen und verstrickt sich dadurch ins Böse. Oder bei Mephisto umgekehrt: Er ist die Kraft die stets verneint und das Böse will und gerade dadurch das Gute schafft. Es könnte sich lohnen sich durch diese Beispiel anregen zu lassen und über diese kulturübergreifende Struktur zu kontemplieren.
Der Wunsch, dem Leiden zu entgehen, ist das Problem.
Der Wunsch nach Glück ist das Problem.
Die Jagd nach der Wunscherfüllung zerstört das eigene Glück.
Treffend auf den Punkt gebracht.
Die von der Buddhistischen Gemeinschaft Triratna veröffentlichte Übersetzung des Verses (28) deutet in dieselbe Richtung:
ZitatIn der Hoffnung, dem Leid zu entfliehen, rennen die Wesen geradewegs in das Leiden hinein. Aus dem Wunsch nach Glück zerstören sie aus Verblendung ihr eigenes Glück, als wären sie ihr eigener Feind.
(Quelle: http://www.triratna-buddhismus.de/fileadmin/user…caryavatara.pdf)
Da hab ich andere Erfahrungen gemacht: Glück ist ein vergängliches Ding, das erscheint beim Loslassen und dann erscheinen die anderen Unglücke, die dann Loslassen erfordern. Erst, wenn es nichts mehr loszulassen gibt, erscheinen die vier Unermesslichen und die haben keinen Begriff. Innerer Frieden und Gleichmut sind nicht genug, auch nur loszulassendes verblendetes Glück.
Abseits des weltlichen Glückes - auf dem Achtfachen Pfad (Theravada), sowie zusätzlich (Mahayana) in dem Wunsch, anderen Wesen bei der Befreiung vom Leid zu helfen.
Ein Wunsch, der sich zum (Ego-behafteten) Verlangen steigert, wird aber wohl immer zu Leiden führen, daher ist Achtsamkeit geboten, um keine starke Anhaftung an dem Wunsch zu entwickeln.
Beispiel:
Wenn ich (mir!) stark wünsche, dass ein anderes Wesen nicht leidet, werde ich leiden, falls dieses Wesen dann doch nicht glücklich werden sollte...
Die Jagd nach der Wunscherfüllung zerstört das eigene Glück.
Genau, "Jagd" impliziert schon starkes Anhaften, brennendes Verlangen und hat damit destruktive Auswirkungen auf das angestrebte Glück.
Glück ist das, was bleibt, wenn ich loslasse, und steht für mich für Leichtigkeit, inneren Frieden und Gleichmut.
Ich nehme an, du meinst nicht das sogenannte "weltliche Glück", das ja leider meist ein kurzes Verfallsdatum hat, sondern jenes, wovon der Buddha sprach...?
Liebe Grüße
Ich nehme an, du meinst nicht das sogenannte "weltliche Glück", das ja leider meist ein kurzes Verfallsdatum hat, sondern jenes, wovon der Buddha sprach...?
Jo.
Innerer Frieden und Gleichmut sind nicht genug, [...]
... aber doch eine gute Basis im alltäglichen Leben.