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  1. Buddhaland Forum
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Thread zum Austausch über Mißbrauch in Zen- Zusammenhängen

  • Xyz
  • 7. Februar 2022 um 05:31
  • Zum letzten Beitrag
  • Christopher
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    • 8. Februar 2022 um 10:11
    • #26
    Festus:

    Wie läuft denn dein "Zen-Abend" so ab?

    Momentan ist bei uns noch "karger" als sonst. Wegen Corona bieten wir weder Tee an, noch machen wir Kinhin oder Rezitationen. Das heißt gibt es nur drei Runden Zazen, je 25 Minuten mit kurzen Lüftungspausen dazwischen. Danach gehen wir oft gemeinsam ein Bier bzw. Samstag morgens einen Kaffee trinken. Jikijitsus wechseln sich ab, ich bin nur Samstags für Zazen zuständig.

    Einmal im Monat haben wir ein halbtags-Zazenkai und dann halte ich auch einen Vortrag. Immer wieder ersetzen wir eine Runde Zazen mit gemeinsames Samu. Zweimal im Jahr gehen wir auf Sesshin, fünf Nächte mit gemeinsamen Kochen, usw. Dann biete ich jeden Abend zusätzlich "Zwiegespräche" an, wo man mich individuelle Fragen stellen kann. Ist aber freiwillig.

  • Christopher
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    • 8. Februar 2022 um 11:39
    • #27

    Übrigens ist ein alter Beitrag von mir zu diesem Thema im Buddhismus Aktuell neulich wieder online. Der letzte Absatz fasst mein Gesichtspunkt gut zusammen:

    Zitat


    Nach alledem bin ich der Meinung, dass eigentlich in jeder Zen-Gemeinschaft zumindest die latente Gefahr von Missbrauch besteht. Selbst wenn die allermeisten Lehrer ehrlich und aufrichtig sind, sollten wir uns davon nicht den Blick trüben lassen, denn meines Erachtens sind wir gerade im Zen gehalten, die Dinge so anzuschauen, wie sie sind. Und dazu gehört auch das Erkennen, dass nicht alles, was zur gewohnten Zen-Praxis zählt, immer zielführend und gesund ist. Folglich werden wir uns früher oder später von solchen Bestandteilen, wie
    z. B. der oben erwähnten Geheimniskrämerei, trennen müssen. Nur so wird Zen im Westen weiter wachsen und gedeihen können – und dies liegt im Interesse von uns allen.

  • Festus
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    • 8. Februar 2022 um 16:13
    • #28

    Ich möchte mich für den Austausch mit dir bedanken, Christopher.
    Ich denke zwischen uns ist alles gesagt. Ich habe diesen Austausch als informativ und angenehm empfunden.

    Vielleicht gibt es ja noch andere, die in einer Gemeinschaft praktizieren und darüber sprechen wollen.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Hendrik 3. Juni 2022 um 13:33

    Hat das Thema aus dem Forum Kontroversen nach Buddhismus kontrovers verschoben.
  • Bebop
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    Chan
    • 27. Juni 2022 um 17:09
    • #29
    Zitat

    Es ist tatsächlich auffällig: Shimano, Zernickow, Sasaki und Döring waren alle Rinzai. Allerdings gibt es Fehltritte natürlich auch in anderen Zen-Traditionen. Hier fallen mir spontan Richard Baker (Soto), Jiyu Kennett (Soto - und eine Frau, auch eine absolute Ausnahme) und Taezen Maezumi (Soto) ein. Zum Fall Deshimaru/AZI (Soto) nehme ich auch immer wieder Bezug in der Studie

    So geht das aber m.E. nicht. Mir sind die meisten Fälle im Detail bekannt. Ein Genannter hatte vornehmlich Alkoholprobleme. Ich weiß aber z.B. nicht, ob Zernickow verheiratet war. Jedenfalls war er für mich nicht Rinzai, da er überhaupt nicht autorisiert war. Aus buddhistischer Sicht ist z.B. wichtig, ob es sich um Ehebruch handelt, wenn man eine traditionell-ethische Wertung vornehmen will (wobei der Ehebruch gerade dann statffindet, wenn das Gegenüber verheiratet ist). Shimano und Sasaki haben wohl zudem ihre jeweiligen japanischen Ehefrauen emotional verletzt durch ihre Affären. Das Ausmaß ist allerdings schon sehr unterschiedlich, da Sasaki z. B. offenbar vor allem ein Fummler war, während weitergehende Affären wie bei Shimano mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Leiden erzeugten. Döring hingegen hat sich pädosexuell betätigt außerhalb seiner Sangha, er ist als einziger der Genannten verurteilt worden. Das kann man nicht alles in einen Topf werfen. Ich würde z.B. behaupten, dass Döring seiner Sangha - jedenfalls unmittelbar - womöglich weniger geschadet hat als diese im Nachgang ihm, während andere Genannte ihre Gemeinschaft beschädigten (da die Betroffenen ein Teil davon waren). Dadurch ergibt sich strafrechtlich eine andere Bewertung als inner-buddhistisch.

    Ich halte die Koan-Schulung unter vier Augen auch für ein Risiko, das man aber durch noch mehr anwesende Augen einschränken könnte, oder ganz einfach durch Kameras, die das aufzeichnen und bei Beschwerden oder Verdachtsmomenten herangezogen werden können.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Christopher
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    • 27. Juni 2022 um 21:10
    • #30

    Dass die genannten Fällen nicht alle exakt gleich sind, ist mir schon klar. Das ändert aber nichts an der Feststellung, dass der Zen-Buddhismus insgesamt anfällig für Missbrauch ist. Insofern verstehe ich ehrlich gesagt nicht ganz, was Du mit Deinem Einwand aussagen möchtest.

    Bebop:

    Ich würde z.B. behaupten, dass Döring seiner Sangha - jedenfalls unmittelbar - womöglich weniger geschadet hat als diese im Nachgang ihm, während andere Genannte ihre Gemeinschaft beschädigten (da die Betroffenen ein Teil davon waren). Dadurch ergibt sich strafrechtlich eine andere Bewertung als inner-buddhistisch.

    OK, aber wozu dient diese Unterscheidung? Du wirst doch kaum behaupten, dass Döring etwa "buddhistischer" gehandelt hat, weil seine Opfer überwiegend - aber nicht ausschließlich - außerhalb der Sangha war?

  • Bebop
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    Chan
    • 28. Juni 2022 um 07:38
    • #31
    Zitat

    wozu dient diese Unterscheidung?

    Es ist klar, dass es nicht viel mit der Tatsache zu tun hat, dass jemand Zen-Lehrer ist, wenn er fremdgeht oder promiskuitiv ist. Schaut man sich ein bisschen auf der Welt um, wird man im Büro und unter Arbeitskollegen das gleiche Phänomen finden. Hier geht es ja mehr darum zu fragen, wie man die Strukturen und die Erwartungshaltungen (Illusionen) gegenüber den Lehrern verändern kann, damit diese Lehrer nicht gezielt nach Positionen streben, in denen sie das machen können (wobei manche wohl erst im Laufe ihrer Tätigkeit auf dumme Gedanken kommen). Genpos Übergriffe findet man hingegen in allen denkbaren pädagogischen Bereichen, es ist völlig nebensächlich, dass er im Rinzai war, Sozialpädagogen, Jugendbetreuer, Schullehrer, sie alle werden da auffällig. Der zweite Grund, warum man seinen Fall unterscheiden soll, ist der, dass er als einziger strafrechtlich relevant war. Bei den anderen Fällen geht es im Wesentlichen um eine moralische Entrüstung, die man teilen kann oder auch nicht (denn die Beteiligten waren Erwachsene, denen eine Mitverantwortung nicht abzusprechen ist, was ein Grund ist, warum es in all diesen Fällen eben nicht zu stafrechtlicher Relevanz kam). Meines Erachtens sollte Dir das mit juristischer Vorbildung klar sein. Ich persönlich finde Schüler/innen recht dämlich, die sich auf Sex mit Shimano und Sasaki eingelassen haben, statt sich zu weigern. Und ich finde diejenigen, die wahrscheinlich Z. beizeiten hätten anzeigen können, haben da auch etwas versäumt. Nicht dämlich finde ich hingegen, sich mit den Lehren dieser Leute zu beschäftigen. All das sollte unterschieden werden.

    "Buddhistisch" gelten nach der Regel gegen den Missbrauch der Sexualität natürlich auch Vergehen gegen diejenigen, die noch "in der Obhut der Eltern" sind, als falsch. Mir waren da aus der Presse nur Fälle außerhalb der Sangha von Genpo bekannt. Es wäre hier also denkbar gewesen, dass die Sangha sich selbst nicht so beschädigt sieht, wie sie das offenbar tat, und sich um das "verlorene Schaf" kümmert, statt es auszugrenzen. Das sollte eigentlich schwieriger sein, wenn Mitglieder der Sangha selbst in sexuelle Untreue verwickelt sind. Die Gemeinschaften von Shimano, Sasaki etc. haben diese Skandale ja alle in Schrumpfform überlebt, inklusive der Lehrer. Eine Sangha um Genpo, der glaube ich gerade frei kam, gibt es aber offenbar nicht mehr. Auch das deutet an, dass es hier um unterschiedliche Vorgänge geht. Die Taten Genpos sind gesellschaftlich stark geächtet (was sie buddhistisch sind, spielt da gar keine große Rolle), die Taten der anderen deutlich weniger.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

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    Zen
    • 28. Juni 2022 um 09:59
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    • #32

    Ich denke, dass die großen Qualitäten von Zen , also dass man weniger auf explizite Worte Wert legt und das Intuitive, Implizite und Spontane betont, nicht nur positive Auswirkungen hat, sondern es Situationen gibt wo genau das das missbraucht und instrumentalisiert werden kann. Ebenso wie ja auch eine intensive Beziehung zu einem Lehrer etwas Positives sein kann aber intensive Beziehungen eben auch immer die Gefahr des Machtmißbrauchs beinhalten.

    Es sind also spezifische "Risiken und Nebenwirkungen", denen man auch allerdings auch gezielt begegnen kann ohne dass Kind mit dem Bad auszuschütten. Man muss ja nicht gleich auf Dokusan verzichten.

    Auch in anderen Situationen z.B beim Psychotherapeuten, ist es ja wichtig, dass es einerseits einen vertraulichen Raum der Möglichkeiten gibt in der man sich gegenseitig unverstellt begegnen kann was tiefgreifende Wandlungen ermöglicht.

    Dieser wird a aber dadurch nicht gemindert sondern sogar gestärkt, dass die Rahmenbedingungen festgelegt sind. So dass innerhalb des geschützten Rahmen vieles an intensiver Kommunikation und auch Wandlung stattfinden kann, gleichzeitig aber auch felsenfest klar ist, was da nicht passiert z.B dass man sich gegenseitig an die Wäsche geht - auch nicht einvernehmlich.

    Und ebenso sollte es auch bei Dokusan möglich sein , den Rahmen so fest zu zimmern, dass die eigentliche Aufgabe erfüllt wird, dabei aber kein Nimbus "verrückter Weisheit" entsteht in dem spirituelle Autorität im Sinne eines Missbrauchs ausgenutzt werden kann.

  • Aravind
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    • 28. Juni 2022 um 10:25
    • #33
    Bebop:

    Ich persönlich finde Schüler/innen recht dämlich, die sich auf Sex mit Shimano und Sasaki eingelassen haben, statt sich zu weigern.

    Mir scheint, Du weißt recht wenig, wie solche Abhängigkeitsverhältnisse funktionieren. Und wie manipulativ manche Menschen in Machtpositionen sein können, die es ja gerade ausnutzen, dass es Menschen gibt, die auf Grund ihrer Veranlagung, Geschichte oder momentaner psychischer Situation schwer nein sagen können oder wollen. Die Männer am oberen Ende des Machtgefälles suchen sich ihre Zielgruppe ja danach aus.

    Dass Du den Menschen am unteren Ende des Machtgefälles Dämlichkeit unterstellst, das sehen die meisten Betroffenen selbst so. Diese Scham verhindert noch zusätzlich die Lösung aus missbräuchlichen Verhältnissen, und erst recht die Aufarbeitung. Und der oder die Nächste wird dann erst recht die Klappe halten, weil er oder sie nicht als dämlich dastehen will.

    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Bebop
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    Chan
    • 28. Juni 2022 um 11:07
    • #34
    Zitat

    Mir scheint, Du weißt recht wenig, wie solche Abhängigkeitsverhältnisse funktionieren.

    Wenn jemand weiß, dass er/sie dämlich in solchen Situationen ist, sollten sie gemieden werden. Es gibt aber auch den Aspekt der Zustimmung, eine Sasaki-Schülerin hat dazu ein Buch geschrieben, sie war freiwillig seine Geliebte. Unter denen, die zustimmten, waren nicht alle manipulierbar, sondern sie machten sich teils Illusionen, für die sie mit verantwortlich sind (die einzige für den Meister zu sein, eine langfristige Beziehung zu haben, besondere Weisheiten vermittelt zu bekommen etc.). Es gibt sogar Belege für eindeutige Warnungen an Frauen vor dem Dokusan, die sie in den Wind schlugen. Diesen Typ kennen wir doch, der arbeitet später gern mit Schuldzuweisungen, weil das Schlampenimage droht. Das ist also ein viel komplexeres Thema als in der Studie und in den Archiven dargestellt. Jeder kann sehen, was für ein alter und kleiner Mann Sasaki war. Jeder kann nachlesen, wie man Shimano mit Geld gepampert hat. Da haben etliche Leute über Jahrzehnte Fehler gemacht, und im Falle Sasaki wussten die Frauen genau, was ihnen blühte, seit Jahrzehnten. Man muss dann auch schauen, wer diese Vorgänge besonders herausstellte und sich da reinsteigerte, das waren ja oft gar nicht die Frauen, sondern Männer, in Shimanos Fall ein eifersüchtiger Mönch, der dann Sasaki gleich noch in einem "Archiv" mit "betreute".

    Dabei hat fast keiner auf dem Boden buddhistischer Ethik argumentiert, sondern beiläufig im Raum schweben lassen, es handele sich um sexuelles Fehlverhalten, und dann den Moralapostel gegeben. Im Zen z.B. kann ein Lehrer im Grunde mit seiner kompletten Sangha Orgien feiern (auch wenn ich das nicht empfehlen würde), dagegen gibt es nicht eine einzige Regel, denn die bezieht sich nur auf Ehebruch, es genügte also, eine Sangha voller Singles zu haben. Es wurde also auch ethisch unsauber argumentiert, vor allem vom amerikanischen Konservatismus her, der voraussetzt, das alle sich darüber einig ist, was sexuell okay ist, oder dass ein Zen-Lehrer keine intimen Beziehung zu Schülern haben sollte (unabhängig davon, dass ich zustimme, ist das vom Zen aus nicht herleitbar, da werden regelmäßig nebulöse Umwege über Bodhisatta-Gelübde und andere subjektive Interpretationen gegangen).

    Bei der Gleichschaltung all dieser Fälle besteht zudem die Gefahr, dass man gar nicht mehr auf die Zen-Überlieferung schaut. Sasaki und der sogar aus irgendwelchen Gründen erwähnte Deshimaru sind eben ein ganz anderes Kaliber als Zernickow, das ist Premier League gegen Kreisliga. Oder plötzlich nennt man Leute in einem Atemzug als Rinzai-Vertreter, nur weil sie sich beide sexuell übergriffig verhielten. Der unbedarfte Leser wird dann beide gleich für sich abhaken. Das wird dem Leben der Einzelnen nicht gerecht.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Christopher
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    • 28. Juni 2022 um 12:15
    • #35

    Hier ist einiges falsch oder verzerrt dargestellt. Dem verstorbenen Kobutsu Malone zum Beispiel als "eifersüchtiger Mönch" abzutun ist eigentlich niveaulos.

    Ich möchte aber nur auf einen anderen Punkt eingehen, den Du jetzt zweimal erwähnt hast, und zwar dass Zernickow angeblich kein Rinzai-Vertreter gewesen sei. Der Einwand, dass er ein Hochstapler war - was ich natürlich auch in der Studie thematisiert habe - ist aber alles andere als eine Legitimierung der Rinzai-Schule. In Gegenteil, Zernickow hat das ganze institutionelle "Macht-Apparat" im Rinzai für sich erfolgreich ausgenutzt - und tut es nach wie vor, siehe seine Reaktion auf das Urteil. Um mit Stuart Lachs zu sprechen, bietet das ganze Brimborium über die Dharma-Übertragung eine Belohnung. die "Ready to Mine" ist, d.h. die steht nur da, um ausgebeutet zu werden. Und wenn Du behauptest, dass Zernickow etwa Regionalliga im Vergleich mit Sasaki ist, verstärkst Du ja gerade das Problem. Die gleiche Schutzbehauptung hat man auch im Falle Shimano benutzt, weil es dann später Zweifel auch an seine Dharma-Übertragung von Soen Nakagawa gab. Es ist aber in beiden Fällen genauso lächerlich, im Nachhinein zu behaupten, dass sie "eigentlich" nicht Rinzai waren. Wo waren also die ganzen kritischen Rinzai-Stimmen während dem ganzen Missbrauch geblieben?

  • Bebop
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    Chan
    • 28. Juni 2022 um 14:00
    • #36
    Zitat

    Kobutsu Malone zum Beispiel als "eifersüchtiger Mönch" abzutun ist eigentlich niveaulos.

    Der Verdacht liegt nahe, da nach seinen eigenen Angaben Shimano ein Verhältnis mit Malones Frau hatte - vor und während der Ehe mit Malone.

    Zitat


    Zernickow hat das ganze institutionelle "Macht-Apparat" im Rinzai für sich erfolgreich ausgenutzt

    Welchen Machtapparat? Die Rinzai-Schule wird von Japan aus legitimiert, und von da hatte er nix, der hat doch alles erfunden. Das wäre ja so, wie dem Markenamt vorzuwerfen, es sei mitschuldig, wenn einer einfach vor eine schon registrierte Marke sein eigenes Copyrightzeichen setzt.

    Der Myoshinji-Zweig schämt sich im Stillen und schweigt, etwa zu Sasaki. Ja, das ist bedauerlich, ein unschönes Symptom unter den vielen bewundernswerten japanischen Eigenschaften.

    Shimano hingegen war von Soen autorisiert, genauso wie der Genpo von seinem jap. Meister, dem offenbar auch nix Besseres einfiel als ihn fallenzulassen. Im Nachhinein über eine mangelnde Lehrbefugnis Übergriffe kleinreden zu wollen, geht natürlich nicht. Es ist darum festzuhalten: Offiziell legitimierte Zen-Meister können Charakterdefizite in allen Bereichen haben. Keine besondere Überraschung. Mit der Frage, ob sie dann überhaupt Zen-Meister sind, macht man ein ganz anderes Fass auf.

    Mir bedeuten diese Übertragungen aber nichts, von mir aus kann man sie abschaffen. Aber eines sollte man verstehen: Sie waren auch historisch nie der Garant für sexuell akzeptables Verhalten. Die Dharma-Übertragung war, wenn nicht sowieso korrupt (oder bloß Familienerbe oder Belohnung fürs Ab-Sitzen), im Idealfall ein Ausweis des Erwachens. Sie hat also einen mentalen Durchbruch bestätigt, und der ist gewissermaßen "reversibel" oder auch zu Zeiten unmanifestierbar. Die Illusion, das man damit auf immer unfehlbare Lehrer bekommt, muss man den Schülern anlasten, ich habe das nicht einen Tag geglaubt, seit ich das erste mal von Zen hörte.

    Und dann kommt die andere Frage ins Spiel: Was lehrt jemand ohne Ansehen seiner offiziellen Qualifikation? Die "Kreisliga" ist eine Wertung meinerseits, da ich die Schriften von beiden Genannten kenne. Für mich ist bei Zen-Lehrern eben in erster Linie nicht wichtig, wen jemand vögelte, sondern was jemand erkannt hat. Das interessiert mich. Das andere geht mich nur bedingt an.

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  • Christopher
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    • 28. Juni 2022 um 15:32
    • #37

    Du sprichst viele interessante Aspekte an; ich bin bei vielen sogar Deiner Meinung. Allerdings:

    1. K. Malones persönliche Bewegungsgründe sind absolut irrelevant zur Frage seines Verdienstes im Aufbau beiden Archiven. Dass Shimano Malones Ehe kaputt gemacht hat, scheint für Dich aber sogar zu Malones Lasten zu gehen.

    2.

    Bebop:

    Es ist darum festzuhalten: Offiziell legitimierte Zen-Meister können Charakterdefizite in allen Bereichen haben. Keine besondere Überraschung.

    Es ist vielleicht für Dich und mich keine besondere Überraschung - mehr. Aber Shimano, Sasaki und Co. haben jahrzehntelang von dem gegenteiligen - mal unausgesprochen, mal sogar explizit behauptet (s. Einführung zu Zen Geist, Anfänger Geist) - "Missverständnis" profitiert. Dass Du dafür auch noch die Schüler mitverantwortlich machst ist besonders problematisch: wenn ein Lehrer nicht imstande oder gewollt ist, diesen fundamentalen Fehler zu korrigieren, ist er m.E. schon deshalb nichts wert. Insofern ist auch hier die "bedauernswerte" japanische Zurückhaltung ein fundamentales Problem.

    3.

    Bebop:

    Die Rinzai-Schule wird von Japan aus legitimiert, und von da hatte er nix, der hat doch alles erfunden. Das wäre ja so, wie dem Markenamt vorzuwerfen, es sei mitschuldig, wenn einer einfach vor eine schon registrierte Marke sein eigenes Copyrightzeichen setzt.

    Mit dem entscheidenden Unterschied, dass, wenn das Markenamt bzw. der legitime Inhaber die Verletzung jahrzehntelang duldet, die registrierte Marke verfällt.

    Ich fahre aber jetzt fünf Tage auf Sesshin und muss also erstmal pausieren.

  • Bebop
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    • 28. Juni 2022 um 17:04
    • #38
    Zitat

    Dass Shimano Malones Ehe kaputt gemacht hat, scheint für Dich aber sogar zu Malones Lasten zu gehen.

    Das ist so ein Punkt, wo man die Kritik am pauschalen Verdammen des Ehebruchs ansetzen müsste. Ich kenne Beispiele, wo der Ehebruch das zähe Leiden einer kaputten Beziehung beendete. Der Ehebruch ist da nur der Ausdruck für etwas bereits Gescheitertes. Darum ist auch diese Regel, wenn man sie nur wörtlich nimmt, kein brauchbarer Maßstab. Ich kannte die Umstände im Fall Malone nicht. Allerdings erwarte ich von einem Zen-Lehrer mehr Coolness, wenn ihm eine Frau abhanden kommt. Wofür übt er denn das Loslassen?

    Zitat


    Mit dem entscheidenden Unterschied, dass, wenn das Markenamt bzw. der legitime Inhaber die Verletzung jahrzehntelang duldet, die registrierte Marke verfällt.

    Das ist gut. Also betrachten wir einfach die Marken Rinzai und Soto als "verfallen". Und sind wir skeptisch, wenn sich da noch jemand dranhaftet.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

Ausgabe №. 133: „Rausch"

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