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Kreativität, Niederwerfungen und Rabattmarken

  • Simo
  • 11. Juli 2011 um 00:46
  • Zum letzten Beitrag
  • GaliDa68
    Gast
    • 11. Juli 2011 um 15:58
    • #26

    Lieber Mingyur,

    danke für Deine Ausführungen.

    Ich möchte erst einmal auf einen Punkt eingehen, dem Ngöndro, den Vorbereitenden Übungen.
    Ich bin bei den Drikung-Kagyüs, auch wir haben diese Übungen. Aber nicht jeder praktiziert sie. Sie sind also keine Pflicht, sondern werden als nützlich eingeschätzt. Wie das bei den Ordinierten ist, weiß ich nicht. Da kann ich mir vorstellen, dass sie alle diese durchlaufen. Ich als Laie muss das nicht. Von daher greift Dein Argument nicht, dass diese nur zum Zwecke der Bindung an die Schule dienen. Persönlich habe ich auch noch nie den Eindruck gehabt oder vermittelt bekommen, dass ich rekrutiert werden soll. Ich bewege mich völlig frei und ohne Zwänge in meiner Sangha, kann fragen so viel ich möchte und werde ganz individuell betreut, ich kann kommen und gehen wann ich will und so oft ich will. Ich bin diejenige, die bestimmt, was ich wann mache und zu wem ich gehe – es gibt keine schiefen Blicke. Ich kann natürlich nicht von Deiner Erfahrung sprechen, aber vielleicht möchtest Du selbst Dich dazu äußern.

    Wie schon gesagt, "vorbereitend" bedeutet meiner Meinung nach nicht, dass das "Große" erst am Ende der Prozedur stattfinden muss. Aber sie helfen wohl dabei eine immer klarere Einsicht zu bekommen. Ich finde es auch logisch, dass man Anfänger nicht sofort mit Mahamudra konfrontiert, da es wohl fast niemanden gibt, der ad hoc zu einem Ergebnis kommen wird, außer dass er verwirrt da steht. Meiner Meinung nach ist es ein klassischer und tausendfach bewährter Weg, der aufgezeigt wird, aber der nicht immer exakt so ablaufen muss. Das mit den Stufen ist wohl eher ein Modell, die Realität sieht fließend aus. So sehr traditionell geht auch nicht mehr zu, jedenfalls nicht bei uns, obwohl unsere Linie traditionell ist. Der Wandel findet aber nicht von einem Moment zum anderen statt. Ich denke, man sollte sich auch Zeit lassen, bevor man Vorgehensweisen über Bord wirft, die sich seit Jahrhunderten bewährt haben und zu Erfolgen geführt haben.

    Noch einmal zum Individuum.
    Ich erfahre den Buddhadharma als etwas, das mich zur Selbstständigkeit auffordert. Also muss ich auf einen Lehrer zugehen und ihn bitten mich zu unterweisen, mir Anweisungen zu geben, meine Fragen zu beantworten. Ohne diese grundlegende Bereitschaft ist man dort am falschen Ort. In dem Moment, wenn ich mich dazu entscheide den Weg zu gehen, habe ich mich für die Freiheit und die Eigenverantwortung entschieden. Wenn ich erwarte, die Lehrer lesen meine Gedanken und Wünsche, dann habe ich ein Problem und es fehlt an Reife. Das ist kindliches Verhalten und führt nur zu Enttäuschungen. Ich muss bereit sein, mir zu holen, was ich brauche, und sei es, dass ich die Sangha wechsle. Nehme ich diese Haltung ein, dann werde ich nicht linientreu, werde nicht Gefolgschaft, sondern bin Praktizierender. Dass ich meinen Lehrern gegenüber, die mir so freigiebig und viel vermitteln, mir so viel Geduld entgegenbringen, dankbar bin, das ist etwas anderes und hat nichts mit Gefolgschaft zu tun. Dankbarkeit und Vertrauen haben nichts mit devotem Verhalten zu tun, im Gegenteil, sie entstehen nur in Freiheit.

    Liebe Grüße
    Knochensack

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    • 11. Juli 2011 um 16:53
    • #27

    GaliDa68

    wenn du das alles so wahrnimmst wie du schreibst, dann ist das gut und du solltest dabei bleiben und meine Kommentare sollten dich dann in keinster Weise irritieren.

    Obwohl ich glaube, dass es ohne Lehrer nicht geht (die Bedeutung "Lehrer" sehe ich dabei als unbestimmt an), so sehe ich "Lehrer" doch mehr als einen Impulsgeber an, als etwas z.T. momentanes, nur kurze Zeit gegenwärtiges und ich denke, dass die gesamte Struktur tibetischer Linien und Schulen und deren Praxisanleitungen zu sehr auf Bewahrung, Beibehaltung und Kontinuität in Relation auf den Praktizierenden ausgelegt ist. Man praktiziert entweder in dieser Linie oder in einer anderen. Es ist von Anfang an auf Bindung ausgelegt. Dies scheint mir bzgl. der Zielsetzung "Befreiung" kontraproduktiv und es scheint mir als ob Äußerungen von Praktizierenden darauf hindeuten, dass sie eher Selbständigkeit aufgeben als dass sie diese gewinnen würden.
    Ich habe beinahe grenzenloses Vertrauen in die Fähigkeiten jedes Einzelnen und ich kann nicht erkennen, dass diese Fähigkeiten in irgendeiner Weise kultiviert und dazu ermutigt werden würde in tibetischen Schulen. Das Gegenteil scheint mir der Fall zu sein.

    Aber egal ... die Augen des einen sind nicht die Augen des anderen ...

    Inhaltlich, Mahamudra und das ganze Vajrayana-Gedöns (meine lockere Ausdrucksweise bitte entschuldigen) ... kann ich nicht erkennen, dass die Tibeter irgendwas "anbieten" würden, was nicht bereits im sutta pitaka enthalten ist. Sie plustern bestimmte Aspekte auf und fügen die eine oder andere Girlande hinzu ... Was mich aber extrem irritiert ist die ungeschickte Wortwahl bei den Tibetern. Sprache und die Nachvollziehbarkeit von Aussagen auf der Grundlage direkter Wahrnehmung - und eben nicht auf der ausschließlichen Grundlage von Denken - ist mir extrem wichtig. Und hier erscheint mir der tibetische Buddhismus wie ein papanca-yana. Unendliches Gesülze vernebelt das Wesentliche. Metaphern werden verdinglicht und tauchen plötzlich als Argumentation in dialektischen Darlegungen auf ... Ganz fürchterlich das. Sorry ... ich gebe hier nur meine Eindrücke wieder und ich stehe auf eine klare eindeutige Ausdrucksweise da, wo es mir um wichtige Unterscheidungen geht.
    Nun kann es sein oder es ist sogar sehr wahrscheinlich, dass ich - von den Tibetern kommend - und zwischen Grenzen hin- und herwandelnd - im Sutta Pitaka Dinge erkenne, die ein anderer so gar nicht erkennt. Aber das kümmert mich eigentlich nicht weiter, denn das, was ich darin erkenne, ist verdammt gutes Zeug ... was ich Tibetern zu verdanken habe, welche mir praktisch einen Arschtritt gegeben haben ... einen heilsamen Arschtritt, an den ich mit Dankbarkeit zurückdenke ... wenn ich an bestimmte Lehrer zurückdenke, dann ist das durchaus sehr liebevoll ... auch wenn sie mich vielleicht verdammen würden, würden sie erfahren was ich aus ihren Belehrungen "gemacht habe" ... meiner Dankbarkeit würde das keinen Abbruch tun.


    Grüße
    TM

  • Simo
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    • 11. Juli 2011 um 17:23
    • #28

    An TMingyur:

    Danke :) So ergibt sich eine vernünftige Gesprächsgrundlage. :D

    Kein "Ich" - keine Probleme.

Ausgabe №. 134: „Keine Angst vor der Angst"

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