Religion und Politik in Tibet

  • Religion und Politik in Tibet


      Zusammenfassung
      Religion und Politik sind nicht zwei getrennte Bereiche menschlichen Handelns, sondern voneinander abhängige Aspekte gesellschaftlicher Kommunikationsprozesse, denn Herrschaft und politisches Handeln erfahren durch Religion Legitimierung, und umgekehrt prägen sich politische Interessen in religiösen Ideen und im Kultus aus. Religionen wollen das Wesen hinter den Erscheinungen der Welt im Kult sichtbar machen und im symbolischen Ausdruck sowie durch systematisierte Lehren deuten, und diese Symbole und Deutungen haben Einfluß auf die individuellen und gesellschaftlichen Lebensformen. Durch gesellschaftliche Gestaltungsprozesse wird Religion in politische Praxis umgesetzt und nicht selten auch instrumentalisiert.


      Erst seit der europäischen und amerikanischen Neuzeit geht Macht „vom Volke“ aus, zuvor war sie immer und in allen Kulturen in eine religiöse Sphäre eingebunden und strahlte von dort auf die menschlichen Repräsentanten aus, auf Könige, Bischöfe, Priester, Lamas usw. Inwieweit auch der tibetische Buddhismus in diesem Weltbild wurzelt, untersucht d er vorliegende Band, der erstmals 1999 erschien und hier in einer Neuausgabe als Taschenbuch vorgelegt wird.


      Deutlich wird der Widerspruch von Anspruch und Wirklichkeit, der jeder politischen Geschichte, auch der tibetischen, innewohnt. Dieser Widerspruch aber treibt zu immer neuen Gestaltungen politischer Prozesse, zu Reformen und Neubildungen, durch die Kreativität freigesetzt wird. Dies geschieht nach den Maßgaben eines kulturellen Grundmusters, das in Tibet durch das tantrische Weltbild und die buddhistische Philosophie gegeben ist. Erst durch die Kenntnis dieser Traditionen wird es möglich, das Land, seine Kultur und Religion und auch seine besondere politische Situation angemessen zu begreifen.


    So, das muss reichen. Kenn ich übrigens auch nicht.
    Alles Liebe,
    Ji'un Ken

  • Ich lese gerade folgendes, mit großem Gewinn:


    http://www.press.uchicago.edu/…e=synopsis&bookkey=168250


    Gendun Chopel is considered the most important Tibetan intellectual of the twentieth century. His life spanned the two defining moments in modern Tibetan history: the entry into Lhasa by British troops in 1904 and by Chinese troops in 1951. Recognized as an incarnate lama while he was a child, Gendun Chopel excelled in the traditional monastic curriculum and went on to become expert in fields as diverse as philosophy, history, linguistics, geography, and tantric Buddhism. Near the end of his life, before he was persecuted and imprisoned by the government of the young Dalai Lama, he would dictate the Adornment for Nagarjuna’s Thought, a work on Madhyamaka, or “Middle Way,” philosophy. It sparked controversy immediately upon its publication and continues to do so today.
    The Madman’s Middle Way presents the first English translation of this major Tibetan Buddhist work, accompanied by an essay on Gendun Chopel’s life liberally interspersed with passages from his writings. Donald S. Lopez Jr. also provides a commentary that sheds light on the doctrinal context of the Adornment and summarizes its key arguments. Ultimately, Lopez examines the long-standing debate over whether Gendun Chopel in fact is the author of the Adornment; the heated critical response to the work by Tibetan monks of the Dalai Lama’s sect; and what the Adornment tells us about Tibetan Buddhism’s encounter with modernity. The result is an insightful glimpse into a provocative and enigmatic work that will be of great interest to anyone seriously interested in Buddhism or Asian religions.


    Ein sehr politisches Buch und Donald S. Lopez Jr. ist ein profunder Kenner Tibets.
    Und der Autor von Prisoners of Shangri-La Tibetan Buddhism and the West
    http://www.press.uchicago.edu/Misc/Chicago/493105.html
    7 Things You Didn't Know about Tibet


  • Tja - das ist eine Folge seiner Haft in Tibet gewesen. Offensichtlich sind die Haftbedingungen dort derart inhuman gewesen, daß er daran verzweifelt ist. Er hatte ziemlich Angst davor, daß man ihm die Augen ausstechen würde oder die Hand abschneidet.


    Mich hat diese Suff-Geschichte auch zunächst gestört, aber als ich die Gründe dafür erfuhr - tja, da muß ich schon sagen, wer weiß schon, wie man selbst in dieser Situation mit diesen Unständen klar käme. Und ob man nicht gebrochen wird.
    Er hat auch das Kama-Sutra ins tibetische übersetzt und das hat eine Empörung ausgelöst.
    Und außerdem war er wohl den Briten wegen seiner Verbindungen zu revolutionären Gruppen nicht genehm und die herrschenden Tibeter haben zusammen mit den Briten und deren Dienste ihn gefangen genommen.


  • Grüss Dich Ganz Rechtherzlich Mingyur


    Vielleicht hat Gendün Chopel mehr realisiert als Du "jemals" theoretisch auf die Reihe bekommst ? ( Dont know ? )
    More JIDAM PRAXIS . a lot of fun , ach bevor ich es vergesse ,
    Milarepas Angebot an Gampopa , die Schale Tshang ? na .... ?


    Mit Ganz Lieben und Freundlichen Grüssen
    Dorje Sema

  • Besonders interessant ist wohl auch die "karmische" Verbindung von Gendun Choepel mit dem Dalai Lama 8)


    Zitat

    Viele Jahre nachdem ich in meinem indischen Exil eingetroffen war, stieß ich auf einen offenen Brief aus den 1940er Jahren, der an die buddhistischen Denker Tibets gerichtet war. Sein Verfasser war Gendün Chöpel*, ein tibetischer Gelehrter, der nicht nur Sanskrit beherrschte, sondern, was für einen tibetischen Intellektuellen seiner Zeit ganz ungewöhnlich war, auch sehr gut Englisch sprach. In den 1930er Jahren hatte er ausgedehnte Reisen durch Britisch Indien, Afghanistan, Nepal und Sri Lanka unternommen. Der Brief, den er gegen Ende seiner zwölfjährigen Reise geschrieben hatte, erstaunte mich. In ihm werden viele Themen für einen fruchtbaren Dialog zwischen dem Buddhismus und den modernen Naturwissenschaften benannt. Ich stellte fest, dass Gendün Chöpels Beobachtungen oftmals in einer überraschenden Weise mit meinen eigenen übereinstimmten. Leider fand dieser Brief nicht die Aufmerksamkeit, die er verdient hätte. Zum Teil lag dies daran, dass er in Tibet keine größere Öffentlichkeit erreichte, bevor ich 1959 ins Exil ging. Es freut mich jedoch sehr, dass meine Entdeckungsreisen in die Welt der Wissenschaften einen Vorläufer in meiner eigenen tibetischen Tradition hatten. Meine herzliche Verbundenheit mit Gendün Chöpel ist sicherlich auch deshalb so tief, weil er aus meiner Heimatprovinz Amdo stammt. Die Entdeckung dieses Briefes, so viele Jahre nachdem er geschrieben wurde, war für mich ein beeindruckender Moment.


    Dalai Lama
    Die Welt in einem einzigen Atom
    Meine Reise durch Wissenschaft und Buddhismus


    Bemerkenswert ist tatsächlich seine Renaissance und die wachsende Bedeutung seines Werkes.
    Auch wenn sein Lebenswandel nicht nach deinem Geschmack ist - was ist schon der Geschmack!
    Seine Gedanken, Gedichte und Kunstwerke sind da um vieles langlebiger.

  • Ergänzend möchte ich noch sein Werk zur Liebeskunst hier anzeigen, da diese Schrift auch Einfluß auf den Tantrayana heutzutage hat.


    Dieses Buch ist auch eine Empfehlung von Eva Neumaier in: Tibet und Buddhismus Nr. 85, 2/2008
    Vierteljahresheft des Tibetischen Zentrums e.V. Hamburg
    Zur Diskussion: Eine buddhistische Sexualmoral für unsere Zeit


    http://www.schattenblick.de/in…gion/buddha/rbpre684.html

  • Mingyur:


    Er ist einfach ein gutes Beispiel für das unergründliche Wirken von Karma. Hochintelligent, viel Intuition und doch ... die Umstände, Eltern, tibetische Konventionen ... was sein muss, muss eben sein ...


    xyz:


    Ein Buddha und ein Verwirrter leben am selben Vulkan. Wenn dieser ausbricht können beide sterben oder verletzt werden. Der Verwirrte behauptet nun, daß er am Vulkan lebt und diesen Tod oder Verletzung oder materiellen Verlust zu erleiden hat, sei sein "Karma". Da nun aber der Buddha kein Karma hat, wie kann denn nun das von Dir angenommene "unabhängige Objekt" zweierlei Gegensätzliches sein: Karma und nicht Karma? Geht natürlich nicht, sondern es existiert "so", einmal als "Karma" einmal nicht, nur im Geiste des Betrachters. Speziell für den Verwirrten "ist die Welt aus Karma gemacht" wenn er von "Karma" redet, dann zeigt dieses Wort auf nichts außerhalb von ihm, sondern ausschließlich auf die von ihm produzierten Geistobjekte, was natürlich für ihn nicht minder real/wirklich ist.


    Mir scheint - du gehörst zu den Verwirrten :lol: Pass also auf, daß du nicht kippst :D auf deiner schiefen Ebene. 8)


    Der Dalai Lama bzw. sein Schreiber ( nach Leonidas ) hat ja diese nette Geschichte mit dem Beitrag von Gendun Chöpel in seinem Vorwort nicht einfach nur so erzählt, sondern damit eine Absicht verbunden.

  • Mingyur:
    Taishan:


    Mir scheint - du gehörst zu den Verwirrten :lol: Pass also auf, daß du nicht kippst :D auf deiner schiefen Ebene. 8)


    Schon klar. Du willst wieder mit mir kuscheln. :)


    Hab' ich dich wieder mal getroffen? Aber im Ernst - ich mag lieber harte Sachen.

  • Mingyur:
    Taishan:

    Aber im Ernst - ich mag lieber harte Sachen.


    Rohatsu? :lol:


    Nein. Das Rohatsu Sesshin ist für mich keine harte Sache - im Gegenteil. Ich freue mich jedes Jahr darauf. Es ist zwar nicht so streng, wie in einem japanischen Zendo, aber auch da ist es kein Problem, wenn man die innere Bereitschaft hat sich ganz darauf einzulassen. Für mich ist die äußere Strenge immer auch eine Hilfe.

  • Mingyur:


    Mir gefiel seine Erlebnisschilderung über Rohatsu in einem jap. Kloster sehr gut:
    Janwillem van de Wetering


    Er war 18 Monate als Gast im Daitoku-ji und zwar 1958 - . Da waren die autoritären Strukturen in den Klöstern noch ganz lebendig. Abt Muho vom Antai-ji hat noch Reste dieser Strukturen im japanischen Rinzai erfahren. Und sie auch in seinem Buch geschildert. DAS hat mit Zen eigentlich nichts zu tun, sondern ist ein Ergebnis der feudalen Verhältnisse und auch des Verhaltens von Menschen, denen Autorität über andere zugestanden wird. Sicherlich ist dies auch ein Grund, weshalb der Zen-Buddhismus in Japan an Bedeutung verloren hat und noch verliert.


    Die Erlebnisse von de Wetering sind seine Erlebnisse und von seiner Persönlichkeit gefärbt. Was hat das mit Zen zu tun?
    Wie man etwas erlebt - u.a. auch die Zen Praxis - hat immer etwas mit den Beweggründen zu tun, aus denen heraus man etwas tut und mit den Alternativen, die sich sonst noch so ergeben.
    Ich hatte glücklicherweise nie eine Alternative zum Zen.
    Aber - Zen kam zu mir und nicht umgekehrt.