Ende der Meditation

  • Bei Ajahn Brahm lese ich:
    "Vom Eintritt in den Jhana-Zustand an haben Sie nichts mehr in der Hand. Sie können nichts mehr beschließen und anordnen. ... Da im Jhana keinerlei
    Zeitgefühl mehr besteht... Sie können nicht einmal selbst bestimmen, wann Sie diesen Zustand wieder verlassen. Es (das Bewußtsein) weiß nur noch
    eines, nämlich unbewegte, zeitlose Seligkeit."
    Nun stellt sich mir die Frage: Wie kommt man dann überhaupt aus diesem Zustand wieder heraus? Und wie kann man die Meditation zeitlich so eingrenzen, dass man nicht viele Stunden oder gar Tage meditiert, was man sich als Berufstätiger ja nicht erlauben kann.
    Diese Frage fand ich bisher seltsamerweise in keinem Buch erwähnt oder gar beantwortet, obwohl sie doch naheliegt. Auch ein Mönch der Gelugpa-Tradition konnte sie mir nicht beantworten.
    Zwar bin ich leider noch Ewigkeiten von solchen Zuständen entfernt (deswegen stelle ich diese Frage auch im Anfängerbereich), aber ich könnte mir
    vorstellen, dass die Angst vor einem "Versinken" in der Meditation ein Hindernis für das Erreichen der Jhanas sein könnte.


    Kennt sich jemand damit praktisch oder wenigstens theoretisch aus?


    Robert

  • Tja, das ist so nicht richtig.


    Übt man die Jhanas muss man immer genau wissen wo man ist und wie man dahin gekommen ist. Achtsam sein.


    Kommt man in den Bereich wo keine Wahrnehmung mehr ist, gibt es da ein Phänomen.
    Man sagt sich......."Ich sitze jetzt 20 Minuten (30,40 usw.)." Nach genau 20 Minuten kommt man aus diesem Zustand heraus.


    devadatta777:

    zeitlose Seligkeit."


    Das bedeutet höchstens 2. Jhana (piti)


    Da sind alle Sinne noch da. Da hört man auch nen Wecker, sofern man das möchte.

  • Das nennt sich auch Autosuggestion oder Selbsthypnose. Am besten VORHER eine Zeit festlegen, dann klappt das mit dem Wiederaufwachen. :)
    Also ich würde das mal bei einem Spezialisten für Hypnose erfragen -. Was das allerdings mit buddhistischer Meditation noch zu tun hat, ist mir rätselhaft.

  • Vielen Dank für die schnellen Antworten.


    Zitat

    Man sagt sich......."Ich sitze jetzt 20 Minuten (30,40 usw.)." Nach genau 20 Minuten kommt man aus diesem Zustand heraus.


    Das wäre ja beruhigend. Aber warum erwähnt Ajan Brahm das nicht?


    Zitat

    Was das allerdings mit buddhistischer Meditation noch zu tun hat, ist mir rätselhaft


    Und wie beendet man nun die buddhistische Meditation?


    Ajan Brahm berichtet von einem Meditierenden, der vom Notarzt ins Krankenhaus gefahren wurde, weil man glaubte, er sei im Koma.
    Weiß nicht, ob er etwa die Leute abschrecken will.
    Wie dem auch sei, bis ich mal solche Tiefen erreiche, bin ich sowieso im Rentenalter, dann kann mir die Zeit egal sein. Und da ich alleinstehen bin, wird auch niemand den Notarzt rufen. Meinem Stromeintritt steht also nichts im Wege....
    Meine Befürchtung war eben, dass solche Unsicherheiten tiefere Meditation verhindern könnten.


    Robert

  • Zitat


    Das wäre ja beruhigend. Aber warum erwähnt Ajan Brahm das nicht?


    Diese Versenkung ist etwa wie einen Ball hochzuwerfen, die Zustandsdauer ist abhängig von einer Art Anfangskraft. Ajahn Brahm beschreibt dies auch, eventuell allerdings in einem anderen Text / einer anderen Rede.

  • Tatsächlich erwähnt Ajahn Brahm den Trick mit der Autosuggestion, also der "Programmierung" deines Geistes auf eine vorher festgelegte Zeit, auch. Ich kann dir leider nicht sagen, in welchem seiner Vorträge ich das gelesen bzw. gehört habe aber es ist mir jetzt schon öfters untergekommen. Auch Alan Wallace schreibt davon kurz in seinem Buch "Die Achtsamkeits-Revolution". Vielleicht ist dir schonmal aufgefallen, dass du auch ohne Wecker ganz gut aufwachst, wenn du dir vor dem Einschlafen vornimmst, zu einer bestimmten Zeit aufzuwachen. Das funktioniert meistens ganz gut und beschreibt im Prinzip das gleiche Phänomen.


    Achja, ich glaube übrigens nicht, dass er die Leute mit dieser Geschichte abschrecken wollte. Ganz im Gegenteil! Ist es nicht inspirierend zu sehen, dass auch Laien so tiefes Jhana erfahren können? Andererseits besteht natürlich auch die Gefahr, dass man das Handtuch wirft, weil Ajahn Brahm die Latte so hoch (unereichbar?) ansetzt. Hier ist es vielleicht hilfreich, sich zu vergegenwärtigen, dass Jhanas Stufen des Loslassens sind und man, solange man unbedingt diese Zustände erreichen will, davon ausgehen kann, sie so schnell nicht zu erreichen.

    Aus Ursprüngen, die einander bedingen,
    entstehen alle Dinge
    und vergehen alle Dinge.
    So lehrt der
    Vollkommen Erleuchtete.

  • Keine Angst vor jhanas.
    Man entwickelt die jhanas so wie man sich "selbst" entwickelt.

  • Legionär:

    Im Buddh. lassen sich grundsätzlich 2 Meditationstypen unterscheiden:


    1. die samatha-M., die der Geistesberuhigung, der Beruhigung von Leidenschaften und der Sinneswahrnehmungen und Empfindungen dient,


    2. und die vipassana-M., die zu Klarblick, Perspektivenwechsel des Blicks auf die Welt und das Sein verhelfen will und Verblendung bekämpft und beseitigt.


    praktiziert man (besser) beide formen, oder spezialisiert man sich?
    wie macht ihr das?


  • Die Empfehlung der Sutras ist in Theravada und Mahayana gleich.
    Jhanas und besondere Einsicht
    Shamata und Vipassana müssen kombiniert werden und werden vereinigt als Einheit von Samadhi und Einsicht außerhalb des Begierdebereiches.
    Nur-Shamata bringt keinerlei Einsicht und bewegt sich außerdem bei der gewöhnlichen Praxis eines Laien noch innerhalb des Begierdebereiches und Nur-Vipassana bringt - weil im Begierdebereich stattfindend - keine tiefgreifende wirklich nachhaltig verändernde Einsicht (besondere Einsicht), sondern bewegt sich idR nur im Bereich des "Intellektuellen".

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • melong:
    ole:

    praktiziert man (besser) beide formen, oder spezialisiert man sich?
    wie macht ihr das?


    Die Empfehlung der Sutras ist in Theravada und Mahayana gleich.
    Jhanas und besondere Einsicht
    Shamata und Vipassana müssen kombiniert werden und werden vereinigt als Einheit von Samadhi und Einsicht außerhalb des Begierdebereiches.
    Nur-Shamata bringt keinerlei Einsicht und bewegt sich außerdem bei der gewöhnlichen Praxis eines Laien noch innerhalb des Begierdebereiches und Nur-Vipassana bringt - weil im Begierdebereich stattfindend - keine tiefgreifende wirklich nachhaltig verändernde Einsicht (besondere Einsicht), sondern bewegt sich idR nur im Bereich des "Intellektuellen".


    shamata ist die beobachtung des atems, vipassana die der körperempfindungen?
    kann man das so vereinfacht sagen?

  • ole:

    shamata ist die beobachtung des atems, vipassana die der körperempfindungen?
    kann man das so vereinfacht sagen?


    Das ist jeweils eine Methode von vielen um a. Versenkung zu erreichen (Beobachtung des Atems) und b. Einsicht zu gewinnen (Körperempfindungen). Wobei mir die Beobachtung von "Körperempfindungen" etwas sehr speziell vorkommt und ich mir nicht so recht die Vereinigung von Samadhi mit "Beobachtung von "Körperempfindungen" vorstellen kann :?
    Ich würde mit Vipassana die "denkende analytische Untersuchung/Kontemplation" verbinden.


    Nach der Lehre der Sutren, ist die Basis aber die Übung der Versenkung (Shamata-Meditation). Im oben verlinkten Thread wurde erwähnt wie schwer es ist, wirkliche "jhanische" Versenkung zu erreichen (ausdauerndes, langes und intensives Training). Ein Lehrer ist auf jeden Fall zu empfehlen.

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • ole:


    praktiziert man (besser) beide formen, oder spezialisiert man sich?
    wie macht ihr das?


    Zitat


    To tell it as a story, as he is wont to do, a happily married couple, Mr Sam Atha and Mrs Vi Passana, decide to go on a walk up a hill. Sam wanted to go to the top because it was so peaceful up there. Vi accompanied him, but she wanted to go up there for the beautiful view. They also took their little dog called Metta. So Sam, Vi and Metta walked up the hill. The higher they got, the more Metta wagged his tail. When they got to the top, Sam enjoyed the beautiful peace, but as he had eyes, he also saw the amazing view. Vi enjoyed the view, her original purpose, but she could also feel the calm. And Metta was running around happily. In meditation, insight, calm, and compassion always go together.


    http://www.buddhanet.net/budsas/ebud/ebmed099.htm


    Ansonsten schließe ich mich dem an, was melong bereits sagte.

    Aus Ursprüngen, die einander bedingen,
    entstehen alle Dinge
    und vergehen alle Dinge.
    So lehrt der
    Vollkommen Erleuchtete.

  • Moggalana:
    Zitat


    To tell it as a story, as he is wont to do, a happily married couple, Mr Sam Atha and Mrs Vi Passana, decide to go on a walk up a hill. Sam wanted to go to the top because it was so peaceful up there. Vi accompanied him, but she wanted to go up there for the beautiful view. They also took their little dog called Metta. So Sam, Vi and Metta walked up the hill. The higher they got, the more Metta wagged his tail. When they got to the top, Sam enjoyed the beautiful peace, but as he had eyes, he also saw the amazing view. Vi enjoyed the view, her original purpose, but she could also feel the calm. And Metta was running around happily. In meditation, insight, calm, and compassion always go together.


    http://www.buddhanet.net/budsas/ebud/ebmed099.htm


    Das ist eine schöne Parabel. Die "Absorption" bringt den Überblick, der erforderlich ist, das so Überblickte zu erkennen. Der Überblick kann ohne einen wohlwollenden Geist nicht erreicht werden und also auch keine wirkliche (besondere) Einsicht.
    Oder auch: Das (temporäre) aber vollständige Ausschalten der störenden Trübungen des Begierdebereiches erst ermöglicht diesen Überblick und also die besondere Einsicht.
    Man mag sich fragen, was das eigentlich "Besondere" dieser Einsicht denn ist und ob es vielleicht die Aufhebung der im Begierdebereich gefühlten illusorischen Trennung/Dualität zwischen "Sein und Denken" ist? Da "Denken" ein Aspekt von "Sein" ist, kann es ohne Beteiligung des Denkens (Analyse und Schlussfolgerung) keine wirkliche, d.h. "besondere" Einsicht geben? Ein Ablehnen des Denkens läuft also auf eine Ablehnung eines wesentlichen Aspekts des Mensch-Seins hinaus ohne den es keine wirkliche Einsicht geben kann, weil der Mensch "als Ganzes" diese Einsicht hervorbringen muss?

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • Zitat

    Verrate mir mal, wenn man sich praktisch damit auskennt, wie man Dir das im Forum nicht-theoretisch vermitteln soll?


    Diese Frage verstehe ich nicht.
    Gemeint war, dass jemand, der praktische Erfahrung mit den Jhanas hat, mir aus seiner Erfahrung etwas über die Beendigung der Meditation sagen kann.
    Wer aber keine hat, hat vielleicht mehr theoretisches Wissen, also mehr gelesen, als ich, und kann mir sagen, was die Autoren dazu meinen.
    Weil ich eben bisher in der Literatur - weder bei Ajan Brahm noch sonstwo - etwas darüber gefunden habe.