Liebes Forum,
dies ist mein erster Beitrag hier und ja, ich habe mich angemeldet, damit ich wahrscheinlich bloß dieses eine neue Thema erstellen kann.
Ich habe gesehen, dass es hier bereits einige Beiträge gerade auch zum Thema Wiedergeburt gibt, so dass ich schon einmal präventiv um Verzeihung bitte, wenn dies für viele hier die x-te Wiederholung darstellen sollte.
Für mich persönlich geht es aktuell (und nach über 15 Jahren, in denen ich den Buddhismus als meine Religion betrachtet habe) ganz konkret um die Frage: Buddhismus ja oder nein. Daher versuche ich einfach meine Gedanken mit euch zu teilen, in der Hoffnung, jemand hier kann meine Zweifel auflösen, mindern oder auch teilen.
Und hier sind meine Zweifel zum Buddhismus:
1. Wiedergeburt und Karma
Hier wird sich mMn darüber gestritten, was Buddha genau gelehrt hat: Keine Seele, so etwas ähnliches, gar nichts dergleichen überdauert.
Fraglich ist:
Wie kann es sein, dass die Menschen immer mehr werden (Bevölkerungswachstum)? Werden gleichzeitig immer neue Seelen erschaffen?
Wenn es keine Seelen gibt, aber so etwas ähnliches, wie eben das karmische "Guthabenkonto", welches den Tod überdauert:
Wie kann die Karmalehre hier sinnvoll sein? Wenn meine nächste Existenz gar nichts mehr vom vorherigen Leben weiß, welchen Sinn macht es dann, wenn sie für die Taten eines Fremden büßt. Wenn das Karma nach dem Tod auf mehrere Lebewesen aufgeteilt wird (siehe wieder Argument Bevölkerungswachstum), wie kann das gerecht sein?
Auch umgekehrt muss man sich ja fragen: Wenn ich in diesem Leben spirituell große Mühen auf mich nehme und mich weiterentwickele, was bringt das, wenn ich entweder nichts mehr von diesen Anstrengungen weiß und ggf. nur eine angenehmere Wiedergeburtsform bekomme oder aber das Potential auf mehrere Wesen verteilt wird, so dass de facto das angesammelte gute Karma mindestens halbiert wird und die notwendige Anstrengung fürs Nirvana mindestens verdoppelt (da ggf. mehrere Wesen)?
Warum hat Buddha die Wiedergeburtslehre überhaupt in ähnlicher Form aus Veden bzw. Hinduismus übernommen? Wollte er nur eine Art Druckmittel schaffen? Sehr durchdacht ist diese Lehre nämlich offenbar nicht. Das führt zu den nächsten Zweifeln:
2. Sinnhaftigkeit der buddhistischen Anstrengungen
Natürlich können wir durch Befolgen des achtfachen Pfades alle eine bessere Welt schaffen und bessere Menschen werden. Im Sterbeprozess haben wir es einfacher, wenn unser Anhaften möglichst weit abgebaut wurde zu Lebzeiten.
Was aber, wenn es wie oben suggeriert keine Wiedergeburt geben wird? Oder zumindest nicht unter den angenommenen Voraussetzungen? Dann sind wir einer Lehre gefolgt, die im Idealfall vom Einzelnen maximale Anstrengung (da Kostbarkeit der menschlichen Existenzform) verlangt und dem analog der biblischen Höllendrohungen entsprechend Nachdruck verleiht, am Ende aber u.a. "nur" als bessere Herzinfarktvorsorge taugt.
Stellt euch bitte mal folgendes vor:
Noch heute beschließen alle Menschen der buddhistischen Lehre zu folgen und verwenden all ihre Anstrengungen auf das Erreichen der Erleuchtung. Und tatsächlich: irgendwann sind alle Wesen auf diesem Planeten erleuchtet. Und dann?
Findet ihr diese Vorstellung nicht auch unglaublich traurig? Wenn all das hier verschwindet? Warum ist überhaupt Leben entstanden? Waren wir einmal alle im Nirvana und nun nicht mehr? Warum nicht? Oder sollen wir alle einmal dorthin? Wird irgendwann zeitlich eng, wenn sich unser Universum weiterhin so entwickelt, wie die vorhandene Dunkle Energie es vermuten lässt.
Natürlich gibt es hier viel Leid. Und unter der Prämisse, dass Vergänglichkeit leidvoll ist und damit letztendlich alles eine leidvolle Natur besitzt könnte man auch argumentieren. Aber dieses Argument hebt sich selbst auf: ebenso heißt das nämlich, dass die größte Qual einmal ein Ende nimmt und es wieder glückliche Zeiten geben wird, ergo alles insgesamt glücklich wäre.
Dass die leidvolle Vergänglichkeit am Ende das Entscheidende ist kann ich nicht gelten lassen, denn:
Würde das Leben/ die Existenz endlos sein und ohne Wandel, dann wäre sie nichts wert. Das Leben wäre vielmehr gar nicht möglich ohne Progress und Prozess.
3. Aberglauben
Zuletzt frage ich mich, ob ein ganz großer Teil des Buddhismus nicht einfach Aberglauben darstellt. Damit meine ich konkret das rezitieren von Mantras, die angeblichen Erscheinungen in den Bardos nach dem körperlichen Tod, das Umrunden von sprirituellen Stätten, wie z.B. des Mt. Kailash, "Regenbogenkörper" usw. usf.
In Bezug auf das Christentum können wir heute über vielen nur noch schmunzeln und hier nehmen viel von uns ganz ähnliche Märchen für bare Münze.
Gut. Ich denke, das war schon einiges jetzt zu Lesen. Puh! Ich kann es niemandem verübeln, der das ignoriert
Leider war selbst das noch nicht alles, nur ich merke, es fällt mir gerade schwer meine Gedanken auf den Punkt zu bringen. Eventuell ergibt sich das ja in einer guten Diskussion.
Ich muss vielleicht noch klarstellen:
Für mich ist der Buddhismus nach wie vor das Konstrukt, dass es am wahrscheinlichsten schafft, die Realität abzubilden. Nur einfaches glauben reicht mir gerade deshalb nicht mehr. Zumindest die Kernaussagen sollten logisch nachvollziehbar sein, auch wenn tiefere Erkenntnisse sicher nur über eigene Erfahrung generierbar sind.
Es wäre schön, wenn ihr mir ein wenig weiterhelfen könntet bezüglich dieser Zweifel.