Der Punkt an dem ich in der Zen Praxis stets scheitere

  • Hallo Zusammen,


    vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich und könnte mir einen Tip geben? Dafür wäre ich wirklich sehr dankbar. Ich scheitere nun schon seit Jahren beim immer selben Punkt in der Zen Praxis - nämlich dann, wenn ich auch im Alltag auf einmal komplett aufmerksam bin für die Vorgänge in meinem Kopf. Gerade abends im Bett ist es besonders anstrengend - worauf soll ich da meine Aufmerksamkeit richten? Auf das Bett? Auf die Atmung? Ich bin dann richtig froh, wenn mich Gedanken fortragen aber sobald es mir bewusst ist, bin ich wieder bei mir und weiss nicht mehr was ich jetzt tun soll. Es ist dann einfach anstrengend und das Einschlafen wird unmöglich. Gerade zu abends schocken mich die Vorgänge, wenn ich Gedanken und Bilder sehe, welche ganz anders sind als die Vorgänge untertags... Es ist halt die Ablenkung wie untertags nicht gegeben. Ich muss auch dazu sagen, dass ich durch eine jahrelange Angststörung zum Buddhismus gestossen bin und daher alles in meinem Kopf mehr oder weniger noch als negativ betrachte, ausser wenn ich versuche bewusst zu praktizieren... Wenn ich nun wieder aufhöre zu praktizieren erledigt sich das Thema binnen ein paar Tagen von selbst - allerdings sind dann die positiven Effekkte binnen kurzer Zeit auch wieder verschwunden. Hat jemand eine Ahnung was ich ungefähr meine? :) Für jeglichen Input wäre ich sehr dankbar.


    Liebe Grüße

  • Hallo,


    ich glaube ich weiß was du meinst und erlebe es manchmal ähnlich. Diese Aufmerksamkeit bzw. Achtsamkeit ist ja auch eine Übung im Theravada.
    Eine Lösung sehe ich darin, alles was da vorgeht in die Achtsamkeit mit einzubeziehen. Bei deinem Beispiel abends im Bett, wenn die Frage auftaucht worauf die Aufmerksamkeit richten, diese Frage auch nur wahrnehmen ohne was damit machen zu wollen. Einfach alle Vorgänge nur bewusst wahrnehmen.
    Eine andere Lösung ist die Fixierung auf ein Meditationsobjekt, eben etwa den Atem, auf einen Körperteil, den Körper als Ganzes, ein Mantra oder sonst irgendwas das einem leicht fällt. Dann ist da ein Halt, ein Fixpunkt von dem aus alles andere nur beobachtet werden kann ohne sich hineinzuziehen zu lassen.
    Oder bei starker Gedankenaktivität lenke ich die Gedanken bewusst in eine bestimmte Richtung, nehme ein bestimmtes Thema vor das mit dem Dhamma zu tun hat und denke intensiv darüber nach.
    Diese drei Methoden wende ich an je nach Situation, sie funktionieren nur dann nicht wenn ich gerade zu nachlässig bin und keine Lust zum Üben habe.

  • Back einen Kuchen, fahr was Fahrrad oder lies was, tu was dich entspannt würde mir jemand aus dem Zen sagen.


    Ruhe oder Entspanntheit scheint sehr wichtig zu sein als Basis. Gerade wenn man zu Ängsten tendiert.


    Ich finde die Sitzpraxis und die Alltagspraxis bedingen sich gegenseitig.
    Die Gedanken oder Bilder die du nur abends bemerkst sind ja auch tagsüber da, nur bemerkt man das nicht so. Zumindest bei mir so. Mit der Zeit wird’s ja weniger. Und diese sind damit auch leichter zu erkennen sogar mitten in der Hektik des Alltags. Weil ist ja nur Kopfkino irgendwie.
    Mehr Zenmäßig ausgedrückt: Bewegt sich die Fahne oder bewegt sich der Wind? Huineng so: Der Geist bewegt sich.

  • ThomasBu:

    Hallo Zusammen,


    vielleicht hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich und könnte mir einen Tip geben? Dafür wäre ich wirklich sehr dankbar. Ich scheitere nun schon seit Jahren beim immer selben Punkt in der Zen Praxis - nämlich dann, wenn ich auch im Alltag auf einmal komplett aufmerksam bin für die Vorgänge in meinem Kopf. Gerade abends im Bett ist es besonders anstrengend - worauf soll ich da meine Aufmerksamkeit richten? Auf das Bett? Auf die Atmung? Ich bin dann richtig froh, wenn mich Gedanken fortragen aber sobald es mir bewusst ist, bin ich wieder bei mir und weiss nicht mehr was ich jetzt tun soll. Es ist dann einfach anstrengend und das Einschlafen wird unmöglich. Gerade zu abends schocken mich die Vorgänge, wenn ich Gedanken und Bilder sehe, welche ganz anders sind als die Vorgänge untertags... Es ist halt die Ablenkung wie untertags nicht gegeben. Ich muss auch dazu sagen, dass ich durch eine jahrelange Angststörung zum Buddhismus gestossen bin und daher alles in meinem Kopf mehr oder weniger noch als negativ betrachte, ausser wenn ich versuche bewusst zu praktizieren... Wenn ich nun wieder aufhöre zu praktizieren erledigt sich das Thema binnen ein paar Tagen von selbst - allerdings sind dann die positiven Effekkte binnen kurzer Zeit auch wieder verschwunden. Hat jemand eine Ahnung was ich ungefähr meine? :) Für jeglichen Input wäre ich sehr dankbar.


    Liebe Grüße

    Überprüfe mit deinem Körper und den Sinnes des Körpers ob das was da als Gedanken auftaucht den Sinnen des Körpers(Khandha) entspricht. Sei nur da wo auch die Sinne deines Körpers sind.

  • Wieso habe ich das "Gefühl", das manche "sitzen" als Praxis und den Alltag als nicht Praxis sehen.
    Für mich ist da der Fehler ...

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • jianwang:

    Wieso habe ich das "Gefühl", das manche "sitzen" als Praxis und den Alltag als nicht Praxis sehen.
    Für mich ist da der Fehler ...

    Das ist nicht nur ein Gefühl das ist das empfinden des Glauben das da eine Trennung ist. Darum bringt sitzen ja auch nichts, weil es als Praxis gesehen wird die nichts mit Alltag zu tun hat.

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube der Punkt liegt auch in dem Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit.


    Mit Aufmerksamkeit wird eine Wachsamkeit verbunden, die zu den Dingen hingeht. Was sehr anstrengend sein kann. Wenn ich z.B ein Journalist bin, der einen Artikel über ein Krankenhaus schreiben will, kann ich so einen Ort besuchen und alles in mich aufsaugen: Die Farbe der Wände, die Frisuren der Schwestern, den Sprachstil der Oberärzte, die eigenen Wartezimmergefühle und und und. So das ich es verinnerlicht und durchdrungen und verstanden habe und danach einen genialen Artikel schreiben kann.


    Jemand der Achtsamkeit mit so einer Aufmerksamkeit assoziiert, würde ähnlich denken. Er würde versuchen, dauernd von Detail zu Detail zu springen und wäre näher fertig weil es natürlich anstrengend ist, viel aufzunehmen. Es ist ja auchein Prozess der Kartierens und Kontrollierend.


    Aber Achtsamkeit ist ja nicht Aufmerksamkeit in dem Sinne, das man viel merkt und sehr viel aufnimmt.


    Mir hat mal jemand gesagt Achtsamkeit ist eher so wie durch ben Dschungel voller wilder Tiere zu gehen. Wo man nicht zu den Details hingeht, weil man dadurch von wo anders weggeht und sich dadurch da eine Blösse gibt. Zu sehr auf den Ast konzentriert und der Tiger springt dir in den Rücken. ( Achtsamkeit klebt also nicht - nicht mal am Atem, so wichtig der auch immer genommen wird.)


    Mir scheint das einen sehr wichtigen Punkt zu enthalten - wobei ich selber da auch nicht so weit bin.

  • ThomasBu:

    ... Gerade abends im Bett ist es besonders anstrengend - worauf soll ich da meine Aufmerksamkeit richten?...


    Moin Thomas,
    Abends im Bett sollst du schlafen, Thomas, einfach nur schlafen. :)


    Und generell, Achtsamkeit im Alltag ist nicht schlecht, so lange sie nicht zwanghaft wird. Und Buddhismus ist keine Therapie. Ich hoffe, du hast deine Angststörung therapeutisch aufarbeiten können.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Was ist denn Achtsamkeit? Wenn man nach dem Stehenpinkeln die Spritzer wegwischt?
    Wenn man zu seinen Verpflichtungen steht?
    Wenn man verspricht, dass morgens die Sonne aufgeht?


    Achtsamkeit ist nicht davon.