Warum Gier, Hass und Unwissenheit?

  • Ich lese ständig davon, dass man diese 3 Eigenschaften/Gefühle/Zustände: Gier, Hass und Unwissenheit überwinden muss, um Erleuchtung finden zu können...das ist doch so, oder? Bei Gier und Hass ist das für mich absolut nachvollziehbar, aber was hat es mit der Unwissenheit auf sich? Warum Unwissenheit, was genau ist mit Unwissenheit gemeint und wie kann man es schaffen, kein bisschen unwissend mehr zu sein?

  • Die Sichtweise des Vajrayana:
    Der Gedanke dahinter ist, dass Unwissenheit ein aktives Störgefühl ist, das die natürliche Weisheit verdeckt oder verhindert. Das Gegenstück zu Unwissenheit ist die Raumweisheit, das direkte Wissen, wie es ein Buddha hat.

  • antelatis:

    Ich lese ständig davon, dass man diese 3 Eigenschaften/Gefühle/Zustände: Gier, Hass und Unwissenheit überwinden muss, um Erleuchtung finden zu können...das ist doch so, oder? Bei Gier und Hass ist das für mich absolut nachvollziehbar, aber was hat es mit der Unwissenheit auf sich? Warum Unwissenheit, was genau ist mit Unwissenheit gemeint und wie kann man es schaffen, kein bisschen unwissend mehr zu sein?


    Eigentlich heißt es: Gier, Haß und Verblendung.
    Aber Unwissen avijjā gehört dazu.
    Wobei Unwissen nicht nur ein Mangel an Wissen bedeutet,
    sondern auch (für die Befreiung vom Leiden) falsches,
    vermeintliches und ungeeignetes Wissen bedeutet.

    • Offizieller Beitrag
    antelatis:

    Warum Unwissenheit, was genau ist mit Unwissenheit gemeint


    Ich finde den Begriff "Ignoranz" ganz gut. Eben weil in ihm nicht so sehr das Nicht-Wissen betont wird sondern das Nicht-Wissen-Wollen.


    antelatis:

    und wie kann man es schaffen, kein bisschen unwissend mehr zu sein?


    Das Gegenteil dieser Ignoranz ist nicht Wissen sondern die "Weisheit" (Prajna) Und so wie Ignoranz mit einer Haltung des Verschliessens vor der Welt verbunden ist, ist Prajna mit einer Offenheit verbunden, die einem erlaubt einerseits zu sehen, wie die Welt das eigene Ich hervorbringt und wie man selbst die Wertvorstellung hervorbringt.


    Während "Ignoranz" eine Haltung, ist wo man gegenüber der Welt verkapselt ist. Hier Ich - dort Welt. Einerseits bereitet diese Haltung für die anderen Geistesgifte den Boden -andererseits ist eben such eine gleichgültige Ignoranz ( ohne Gier und Hass) denkbar.

  • void:


    Das Gegenteil dieser Ignoranz ist nicht Wissen sondern die "Weisheit" (Prajna)

    :like:


    Ignoranz ist dabei nicht wertend gemeint.


    Ich geb mal zwei Beispiele dazu, mit Theorie und Semantik kennen sich andere viel besser aus:


    Viele von uns bekommen als Kinder beigebracht: "Wenn ich fleißig bin, dann verdiene ich viel Geld". Das glauben wir dann auch als Erwachsene. Vergleicht man diesen Glaubenssatz mit der Realität, dann sieht man: Das ist einfach nicht wahr. Die beste Voraussetzung, viel Geld zu verdienen, sind wohlhabende Eltern (auch immer noch bei uns in Mitteleuropa). Trotzdem an diesem Glauben festzuhalten, ist Ignoranz (psychologisch: Eine Trübung).


    Etwas buddhistischer: Viele beginnen, sich für Meditation und Buddhismus zu interessieren, um ihren Stresslevel zu senken, um Ruhe zu entwickeln. Nicht der schlechteste Grund, finde ich. Im Laufe der Reise erkennt man dann (=Weisheit): Mein innerer Frieden ist ja immer da, ich muss den gar nicht entwickeln, ich muss gar nicht besser, perfekter werden. Es reicht, die Dinge weg zu lassen, mit denen ich meinen Inneren Frieden verdecke. Beispielsweise darauf zu verzichten, mich von meinem Stress bestimmen zu lassen.


    Dieses Erkennen ist der Übergang von Ignoranz (=falschen Glaubenssätzen) zu Weisheit (=intuitives Wissen), das man erfahren muss und sich nicht anlesen kann. Meditation hilft dabei.


    Liebe Grüße,
    Aravind.

  • Unwissenheit scheint ja irgendwie das Nichtbegreifen der Realität zu sein, wenn ich mir die Links und Kommentare durchlese. Also wenn man versteht bzw. weiß, wie die Dinge wirklich sind, dann ist man nicht mehr unwissend. Aber ist das nicht das eigentliche Ziel, kann man dieses Wissen nicht erst erlangen, wenn man erleuchtet ist? Das macht für mich nicht so ganz Sinn, wenn man Unwissenheit ablegen muss, um damit das große Ziel zu erreichen, nicht mehr unwissend zu sein...also man müsste eigentlich etwas schaffen, dass man erst schaffen kann, wenn man es geschafft hat ;)


    Noch mal anders ausgedrückt: Gier und Hass kann man lernen zu vermeiden, indem man daran abreitet, diese Gefühle nicht mehr wichtig zu nehmen. Aber die Erkenntnis, um die Unwissenheit zu vermieden, kann man ja nicht durch Training erlernen, sondern sie muss einen praktisch überkommen oder von jemandem beigebracht werden.

  • antelatis:

    Unwissenheit scheint ja irgendwie das Nichtbegreifen der Realität zu sein, wenn ich mir die Links und Kommentare durchlese. Also wenn man versteht bzw. weiß, wie die Dinge wirklich sind, dann ist man nicht mehr unwissend. Aber ist das nicht das eigentliche Ziel, kann man dieses Wissen nicht erst erlangen, wenn man erleuchtet ist? Das macht für mich nicht so ganz Sinn, wenn man Unwissenheit ablegen muss, um damit das große Ziel zu erreichen, nicht mehr unwissend zu sein...also man müsste eigentlich etwas schaffen, dass man erst schaffen kann, wenn man es geschafft hat ;)


    Noch mal anders ausgedrückt: Gier und Hass kann man lernen zu vermeiden, indem man daran abreitet, diese Gefühle nicht mehr wichtig zu nehmen. Aber die Erkenntnis, um die Unwissenheit zu vermieden, kann man ja nicht durch Training erlernen, sondern sie muss einen praktisch überkommen oder von jemandem beigebracht werden.


    Eine Form Unwissenheit teilweise zu überwinden kann auch mittels Kontemplation erreicht werden.
    Man kann sich das Thema durchstudieren und danach im Alltag darüber kontemplieren. Das ist eine der Methoden, wie es gemacht wird.

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • antelatis:

    Unwissenheit scheint ja irgendwie das Nichtbegreifen der Realität zu sein, wenn ich mir die Links und Kommentare durchlese. Also wenn man versteht bzw. weiß, wie die Dinge wirklich sind, dann ist man nicht mehr unwissend. Aber ist das nicht das eigentliche Ziel, kann man dieses Wissen nicht erst erlangen, wenn man erleuchtet ist? Das macht für mich nicht so ganz Sinn, wenn man Unwissenheit ablegen muss, um damit das große Ziel zu erreichen, nicht mehr unwissend zu sein...also man müsste eigentlich etwas schaffen, dass man erst schaffen kann, wenn man es geschafft hat ;)


    Zu verstehen wie die Dinge wirklich sind ist noch kein gründliches Durchschauen. Z.B. ist es nicht allzu schwer einzusehen dass alles vergänglich bzw. in ständiger Veränderung ist, dennoch versuchen wir etwas aufzubauen und festzuhalten, unsere Welt zu gestalten wie wenn man auf Treibsand baut, und sind überrascht und entsetzt wenn es weggespült wird. Es bedarf tiefer Kontemplation über die Unbeständigkeit des Daseins, um loslassen zu können. Die ist wiederum nur durchführbar wenn Sittlichkeit entwickelt ist, die zu einem ausgeglichenen Geist beiträgt. Und auch alle anderen Glieder des achtfachen Pfades müssen entwickelt werden um die Unwissenheit aufzulösen.


    antelatis:

    Noch mal anders ausgedrückt: Gier und Hass kann man lernen zu vermeiden, indem man daran abreitet, diese Gefühle nicht mehr wichtig zu nehmen. Aber die Erkenntnis, um die Unwissenheit zu vermieden, kann man ja nicht durch Training erlernen, sondern sie muss einen praktisch überkommen oder von jemandem beigebracht werden.


    Wenn man Gier und Hass vermeiden will dann hat man schon ein gewisses Maß an Weisheit, und je mehr sie zunimmt desto besser gelingt das. Gier, Hass und Verblendung hängen zusammen und nehmen durch die Übungen ab.

  • antelatis:

    Unwissenheit scheint ja irgendwie das Nichtbegreifen der Realität zu sein, wenn ich mir die Links und Kommentare durchlese. Also wenn man versteht bzw. weiß, wie die Dinge wirklich sind, dann ist man nicht mehr unwissend.


    Hallo Antelatis,
    wenn man begriffen hat, dass das, was allgemein als Realität verstanden wird, eine Illusion ist, dann ist das ein großer Schritt, aber noch lange nicht Erleuchtung im Sinne des Buddha.


    Zitat

    Aber ist das nicht das eigentliche Ziel, kann man dieses Wissen nicht erst erlangen, wenn man erleuchtet ist? Das macht für mich nicht so ganz Sinn, wenn man Unwissenheit ablegen muss, um damit das große Ziel zu erreichen, nicht mehr unwissend zu sein...also man müsste eigentlich etwas schaffen, dass man erst schaffen kann, wenn man es geschafft hat ;)


    Dann fängt die eigentliche Arbeit erst an. Denn mit dem Begreifen der grundsätzlich vorliegenden Unwissenheit wird Dir vielleicht klar, was Du für ein ICH und ICH BIN gehalten hast, dass da eine Instanz ist, die Dir einflüstert, Du hättest Recht oder Du wärest bereits wissend. Und das ist ein Prozess, der sich über eine lange Zeit erstreckt, je nach Veranlagung und Erfahrung. Allein das intellektuelle Wissen reicht nicht.


    Ein weiser Mensch etwa ist sicher in der Lage unheilsames Denken und Handeln zu vermeiden, aber sein Ego wird ihn vielleicht immer noch dazu verführen, seine Weisheit durch Bücherschreiben oder Vorlesungen an der Uni kundzutun, oder Meinungen zu äußern, wie die Welt eine bessere werden könnte.


    Der Buddha unterscheidet sich für mich insofern, als er alle Meinungen und Ansichten verworfen hat. Er wollte die Welt nicht verbessern, er hat erkannt, dass seine Einsicht nicht für die Allgemeinheit geeignet ist. Auch wenn sie heute massenhaft verwässert in Umlauf ist. Man denke dabei auch z.B. an das buddhistische Land Myanmar.


    Zitat

    Noch mal anders ausgedrückt: Gier und Hass kann man lernen zu vermeiden, indem man daran abreitet, diese Gefühle nicht mehr wichtig zu nehmen. Aber die Erkenntnis, um die Unwissenheit zu vermieden, kann man ja nicht durch Training erlernen, sondern sie muss einen praktisch überkommen oder von jemandem beigebracht werden.


    Gier und Hass sind so tief in uns verankert, dass es ein weites Feld ist, das beackert werden muss/kann. Wo fängt es an? Und wie Lucky schon schrieb:


    Zitat

    Eine Form Unwissenheit teilweise zu überwinden kann auch mittels Kontemplation erreicht werden.
    Man kann sich das Thema durchstudieren und danach im Alltag darüber kontemplieren. Das ist eine der Methoden, wie es gemacht wird.


    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es möglich ist, Einsichten zu erhalten nur dadurch, dass Du immer wieder in Stille darüber reflektierst und es (egal welches Problem) irgendwann durchdringst.


    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich bleib mal bei den praktischen Schritten:


    antelatis:

    Aber die Erkenntnis, um die Unwissenheit zu vermieden, kann man ja nicht durch Training erlernen, (...)


    Nein, aber Methoden, um Erkenntnis zu erlangen (z.B: absichtsloses Sitzen im Zen).


    antelatis:

    ... sondern sie muss einen praktisch überkommen (...)


    Genau, aber stell Dir das nicht so riesig und erleuchtend vor. Das passiert fast jeden Tag, dass Du Vorurteile über die Welt erkennst und korrigierst, auch ohne Meditation. ("Oh, mein Kind will gar nicht nicht ins Bett gehen, weil es mich ärgern will, sondern weil es vor YYY Angst hat.")
    Mit Einsichtsmeditation kannst Du diesen Prozess aber enorm intensivieren.


    antelatis:

    oder von jemandem beigebracht werden.


    Nein, niemand kann Dir Weisheit beibringen, höchstens nahebringen, und Methoden zeigen. Erkennen kannst nur Du; "überkommen", wie Du so schön geschrieben hast, kann es nur Dich höchstselbst.


    Liebe Grüße,
    Aravind.

  • Monikadie4.:

    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es möglich ist, Einsichten zu erhalten nur dadurch, dass Du immer wieder in Stille darüber reflektierst und es (egal welches Problem) irgendwann durchdringst.


    _()_


    Aber dafür muss man ja vorher schon wissen, dass es da was gibt, das man durchdringen kann/muss. Bei Gier und Hass ist das anders, da merkt man schnell für sich selber, dass diese Gefühle einem eigentlich nichts bringen, man kann es also selbständig verstehen und mit der Vernunft herbeiführen. Bei dieser Unwissenheits-Sache muss man allerdings schon Informationen haben, wie man sie vermeiden kann und dass sie existiert, denn sonst könnte man von selber niemals darauf kommen. Die unreale Welt muss einem also selber irgendwie auf zwangsläufig unrealem Wege mitteilen, dass es diese Unrealität gibt. Das ist so, als würde der ewige Lügner dir verraten, wie du der Lüge entkommen kannst.

  • antelatis:
    Monikadie4.:

    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es möglich ist, Einsichten zu erhalten nur dadurch, dass Du immer wieder in Stille darüber reflektierst und es (egal welches Problem) irgendwann durchdringst.


    _()_


    Das ist so, als würde der ewige Lügner dir verraten, wie du der Lüge entkommen kannst.


    Nein, Du selbst verrätst Dir das, indem Du Stille zulässt, und genau hinsiehst, so wie Monika es beschreibt. Nichts externes wird gebraucht. (Dass das geht, kann man ruhig als Glück oder Wunder ansehen).


    Ich versuch's noch mal: Ich finde, Du denkst viel zu großartig. Kennst Du das gar nicht aus Deinem Leben, dass sich felsenfeste Vorstellungen, wie die Welt funktioniert, von einer Sekunde auf die andere auflösen? (Kleiner Tipp: Hast Du als Kind mal an den Weihnachtsmann geglaubt?)


    Alles Gute,
    Aravind.

  • antelatis:


    Aber dafür muss man ja vorher schon wissen, dass es da was gibt, das man durchdringen kann/muss. ... Bei dieser Unwissenheits-Sache muss man allerdings schon Informationen haben, wie man sie vermeiden kann und dass sie existiert, denn sonst könnte man von selber niemals darauf kommen.


    Niemand ist in der Lage, ohne zuvor Gehörtes/Entdecktes auf irgend etwas zu kommen. Zumindest muss es einen Anstoß geben. Auch der Buddha hat nicht einfach so angefangen zu meditieren. Er kannte das, es ist seit Jahrtausenden in Indien üblich, er hat Lehrer aufgesucht, viele Fragen gestellt und ist immer weiter gegangen, wenn ihn das noch nicht ganz zufrieden gestellt hat.


    Und da hat der Buddha halt erkannt, dass es Leiden gibt, eine Ursache dafür, ein Ende davon und einen Weg daraus. Das war zuvor offenbar noch nicht bekannt. Und wir haben das Glück, darüber informiert worden zu sein. Das wir in einer illusionären Welt leben, dazu braucht es heute noch nicht einmal mehr das Wissen aus der Lehre Buddhas. Das füllt Bände von Büchern in Bibliotheken - aber selbstverständlich alles aus derselben Quelle, nur möglicherweise anders interpretiert. Insofern kann sich heute niemand in unserer westlichen Welt mehr darauf rausreden, er müsste so etwas erst vermittelt bekommen. Informieren können wir uns überall - eben auch hier.
    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

    • Offizieller Beitrag
    antelatis:


    Aber dafür muss man ja vorher schon wissen, dass es da was gibt, das man durchdringen kann/muss.


    Ignoranz bedeutet ja, sich auf ne gewisse Fallhöhe zur Realität zu bringen, die man dann auf die Schnauze fällt. Und das merkt man dann ja (Wenn man nicht Trump ist)

  • antelatis:

    Ich lese ständig davon, dass man diese 3 Eigenschaften/Gefühle/Zustände: Gier, Hass und Unwissenheit überwinden muss, um Erleuchtung finden zu können...das ist doch so, oder? Bei Gier und Hass ist das für mich absolut nachvollziehbar, aber was hat es mit der Unwissenheit auf sich? Warum Unwissenheit, was genau ist mit Unwissenheit gemeint und wie kann man es schaffen, kein bisschen unwissend mehr zu sein?


    Das Gegenteil von Unwissenheit ist Allwissenheit. Allwissend ist tatsächlich nur ein Buddha.
    Er sieht die Dinge so wie sie sind, Im Vajrayana gibt es dazu den schönen Begriff der "spiegelgleichen Weisheit". Der Grund, die Dinge nicht so zu sehen wie sie sind, ist das Ego.
    Egoistische Denkweisen sind voll von Unwissenheit, denn sie betrachten jeweils nur einen Teilaspekt der Realität. Sie negieren Aspekte wie die "Leerheit aller Phänomene" oder dass die Dinge in Abhängigkeit entstanden sind bzw. immer noch entstehen (und vergehen). In der Shamatha/Vipassana Meditation kann man versuchen, den Schleier der Unwissenheit langsam und Schritt für Schritt abzubauen. Intellektuell funktioniert das nur begrenzt. Dazu eine Literaturempfehlung vom Dalai Lama: "Wie die Dinge sind!".

  • Die Allwissenheit eines Buddha würde ich eher mit der Raumweisheit in Bezug bringen. Allerdings sind die tibetisch-buddhistischen Quellen da unterschiedlich. Im System der Dhyani-Buddhas sind nämlich mal der blaue Akshobya (spiegelgleiche Weisheit) und mal der weisse Vairocana (Raumweisheit) im Zentrum des Mandalas, aus dem die anderen 4 hervorgehen. Vairocana ist dabei auch die Ebene der Umwandlung von Unwissenheit in Raumweisheit und Akshobya die Ebene der Umwandlung von Zorn in spiegelgleiche Weisheit. Unabhängig davon, wer im Zentrum gesehen wird, würde ich daher trotzdem in diesem Zusammenhang die Raumweisheit vor der spiegelgleichen sehen: Erst muss man etwas ungehindert sehen können, direkt und unmittelbar (Raumweisheit). Wenn man es dann sieht, kann man es so lassen wie es ist (spiegelgleiche). Das sind natürlich Subtilitäten.

  • Hallo antelatis


    Die Konfusion entsteht durch die Begriffe.


    Nicht jeder Mensch ordnet gleichen Begriffen gleiche Bedeutung zu. Besonders dann nicht, wenn die von Begriffen bezeichneten Dinge oder Erfahrungen nicht erfahren wurden.


    Selbst ganz alltägliche Begriffe wie z.B. "Laufen" haben von Mensch zu Mensch ganz verschiedene Bedeutungen.
    Ein passionierter Marathonläufer hat aufgrund seiner Erfahrung ein ganz anders Bild von Begriff "Laufen" als ein an Kinderlähmung erkrankter Mensch mit einer Gehbehinderung.


    Wer kennt schon ein Hasenhorn ?
    Niemand, denn es ist ein Kunstwort ohne Entsprechung in der Realität.
    Jede stellt sich deshalb etwas anderes darunter vor.


    Wenn wir nun diskutieren würden, wozu ein Hasenhorn gebraucht wird, gäbe es x-Meinungen.



    Nun zum Thema:


    Statt "Unwissenheit" erachte ich die Übersetzung "Verblendung" besser, denn dies trifft (nach meinem gegenwärtigen Stand an Verblendung, resp Nicht-mehr-Verblendung) die buddh. Begiffe "moha" oder "avijja" besser.


    Was ist nun Verblendung ?


    Über Hasenhörner zu streiten ist Verblendung, da diese nicht existieren, es sind nur Ausgeburten unserer Phantasie.
    Beim Hasenhorn ist die Verblendung ja vergleichsweise leicht zu durchschauen. Bei anderen Dingen, die wir als selbstverständlich hinnehmen, hingegen weniger.


    Jede Gewissheit könnte eine Verblendung sein, jede Meinung, jede Ansicht eine Träumerei, jede Wahrnehmung eine Fatamorgana.


    Dies ist gemeint mit Verblendung/Unwissenheit. Oft messen wir unseren Erfahrungen, unseren Wahrnehmungen falsche Bedeutungen zu, ziehen falsche Schlüsse und handeln entsprechend unvernünftig:



    d.h. Wer verblendet ist:


    Hat nicht die rechte Ansicht
    Hat nicht die rechte Gesinnung
    Pflegt nicht die rechte Rede
    Handelt ohne heilsame Wirkung
    Pflegt keinen rechten Lebenswandel
    Strebt nicht nach den rechten Werten
    Achten nicht auf die rechten Dinge
    Entwickelt seine Geist nicht richtig


  • Das Problem ist nur, dieses Verhalten kann man nicht selber erfahren oder mit Vernunft herleiten, und damit auf sein Richtigkeit überprüfen, sondern man muss es einfach blind glauben.


    Bei der Vermeidung von Hass und Gier, merkt man schnell, dass es richtig ist und einen Sinn hat, aber dass da eine Unwissenheit oder Verblendung ist, merkt man nicht, sondern muss es sich sagen lassen und dann einfach glauben. Und zu allem Überfluss muss man es sich auch noch von dem sagen lassen, was Teil der Verblendung ist (Bücher, andere Menschen, Internet, usw.). Fällt mir schwer, das zu akzeptieren.

  • antelatis:

    Das Problem ist nur, dieses Verhalten kann man nicht selber erfahren


    Doch

    antelatis:


    oder mit Vernunft herleiten,

    stimmt

    antelatis:


    und damit auf sein Richtigkeit überprüfen, sondern man muss es einfach blind glauben.

    nein. Das unterscheidet gerade den Buddhismus von anderen 'Religionen'. Durch fortwährende Praxis kann man alles überprüfen.


    Vielleicht hast Du Lust, die Antworten hier noch einmal aufmerksam zu lesen. Weisheit als Gegensatz zu Verblendung entwickelt sich durch Meditation und Stille. Es gibt nichts zu glauben, Du musst nur anfangen. Niemand kann Dir Weisheit von außen einimpfen, Du kannst nur selbst erkennen.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • antelatis:


    nicht selber erfahren oder mit Vernunft herleiten, und damit auf sein Richtigkeit überprüfen, sondern man muss es einfach blind glauben.


    Auf gar keinen Fall !


    Es gibt nichts zu glauben. Es gibt einen Weg sich zu entwickeln. Der Rest folgt von alleine. Dazu muss man nicht mal Buddhist sein, funktioniert auch so. :)


  • Gier und Hass sind nur dann zu überwinden, wenn die Verblendung aufgegeben wird das man das nicht mit Verstand auflösen kann. Was Glaube erschafft kann nur mit klarem Verstand erkannt und vermindert werden. Verblendung tritt nur auf wenn der Verstand vernachlässigt wird und den Emotionen blind gefolgt wird.

  • antelatis:

    Bei der Vermeidung von Hass und Gier, merkt man schnell, dass es richtig ist und einen Sinn hat, aber dass da eine Unwissenheit oder Verblendung ist, merkt man nicht, sondern muss es sich sagen lassen und dann einfach glauben. Und zu allem Überfluss muss man es sich auch noch von dem sagen lassen, was Teil der Verblendung ist (Bücher, andere Menschen, Internet, usw.). Fällt mir schwer, das zu akzeptieren.


    Gier und Hass entstehen aufgrund von Verblendung. Wenn sie vollkommen ausgelöscht sind, dann ist auch die Verblendung weg. Unverblendung bzw. rechte Erkenntnis bedeutet Gierlosigkeit und Hasslosigkeit.