Hallo und ein paar Fragen

  • Hallo liebe Menschen,


    ich beschäftige mich zur Zeit sehr mit Buddhismus und hab vor allem an Zen großes Interesse. Während meiner "Studien" habe ich festgestellt daß die Unterschiede der einzelnen Richtungen ja zum Teil erheblich sind. Daher meine erste Frage:


    1. Mir erscheint als ob es viele Buddhismen gibt. Liege ich da richtig?
    2. Der tibetische Buddhismus erscheint mir eher als ein System Menschen zu unterdrücken und gefügig zu machen ähnlich wie die Inquisition der Kirche bei uns. Wie seht ihr das?
    3. Das führt zur dritten Frage: Mir erscheint vieles im Buddhismus also die theoretische Lehre (oder wie immer man das nennen mag) oft auch als Werkzeug zur Legitimation "unheilsamer" Zustände da eigentlich niemals bestehende gesellschaftliche Verhältnisse in Frage gestellt werden (z.B. Kapitalismus der den Planeten und Mensch und Tier ausbeutet und an den Rand der Vernichtung treibt)
    4. Zen ist die "einfachste" Form im Sinne von wenig "Schnörkel" und großer Konzentration auf das Wesentliche (Zazen) also Meditaion etc. habe ich das richtig begriffen?
    5. Mir ist gerade am Diamantweg bzw. am tibetischen Buddhismus eine Art "Menschenverehrung" (z.B. Dalai Lama oder Ole Nydahl) aufgefallen. Ist das nicht eigentlich das Gegenteil von Buddhas Lehre? Wenn jeder ein Buddha sein kann und dafür sein innerstes Selbst finden sollte um Nirvana Samadi Erleuchtung oder wie immer man es nennt zu erlangen, wäre Menschenverehrung doch eher kontraproduktiv, richtig? Oder sehe ich da etwas falsch?
    6. Wie verhält sich Buddhismus im allgemeinen zum Yoga. Bzw. welchen Stellenwert nimmt der physische Körper im Buddhismus ein?

  • suchender23:

    Mir erscheint als ob es viele Buddhismen gibt. Liege ich da richtig?


    Das Wort viel ist relativ :)


    suchender23:

    Der tibetische Buddhismus erscheint mir eher als ein System Menschen zu unterdrücken und gefügig zu machen ähnlich wie die Inquisition der Kirche bei uns. Wie seht ihr das?


    Warum sollte es Aufgabe irgendeiner Art von Buddhismus sein, den Menschen zu unterdrücken ? Im Gegenteil. Es geht bei jeder buddhistischen Schule um "Befreiung", also um ein Erkennen der Ursachen des menschlichen Leids und um deren Beseitigung.


    suchender23:

    Mir erscheint vieles im Buddhismus also die theoretische Lehre (oder wie immer man das nennen mag) oft auch als Werkzeug zur Legitimation "unheilsamer" Zustände da eigentlich niemals bestehende gesellschaftliche Verhältnisse in Frage gestellt werden


    Buddhismus ist sehr viel Praxis. Das zeigt sich im Alltag.
    Allerdings hat Buddhismus wenig mit Politik zu tun. Der sogenannte "engagierte Buddhismus" ist da eine Ausnahme.


    suchender23:

    Mir ist gerade am Diamantweg bzw. am tibetischen Buddhismus eine Art "Menschenverehrung" (z.B. Dalai Lama oder Ole Nydahl) aufgefallen. Ist das nicht eigentlich das Gegenteil von Buddhas Lehre? Wenn jeder ein Buddha sein kann und dafür sein innerstes Selbst finden sollte um Nirvana Samadi Erleuchtung oder wie immer man es nennt zu erlangen, wäre Menschenverehrung doch eher kontraproduktiv, richtig? Oder sehe ich da etwas falsch?


    Der Buddha war ja auch ein Mensch. Was ist daran verkehrt, die guten Qualitäten eines Buddha zu verehren bzw. selbst danach zu streben ?


    suchender23:

    Wie verhält sich Buddhismus im allgemeinen zum Yoga. Bzw. welchen Stellenwert nimmt der physische Körper im Buddhismus ein?


    Man spricht im tibetischen Buddhismus von der kostbaren menschlichen Existenz. Diese zu erlangen ist verhältnismäßig selten. Von daher ist es eine große Chance wenn man als Mensch auf den Dharma trifft. Das hat aber nichts (oder nur am Rande) mit Yoga zu tun. Soweit ich weiß kommt Yoga aus dem Hinduistischen.

  • Hallo,
    die Leitbeitrag entwickelten Ideen sind teilweise ja gut.
    Was mir daran nicht gefällt ist, dass man solche Sachen wie die buddh. Lehre nur kritisieren kann, falls man sie kennt.
    Die drei Bände des Pali-Kanon sind in einem Umfang von fast 1000 Seiten keine einfache Sache.
    Neumann, Karll-Eugen: Die Reden Gotamo Buddhos, Wien-Zürich, 1957


    sakko

  • Zitat

    1. Mir erscheint als ob es viele Buddhismen gibt. Liege ich da richtig?


    Der Eindruck ist richtig, und die Schulen sind sich nicht immer einig darum, was denn nun den "richtigen Buddhismus" ausmacht. Da aber der Buddha gelehrt hat, selbst zu denken und nicht blind irgendwelchen Lehren zu folgen, ist der Streit nicht so fundamental und zerstörerisch, wie man das von anderen Religionen kennt. Auch wenn der Eindruck im Forum manchmal ein anderer ist - hier sind halt die Leute, die diskutieren wollen - die meisten Buddhisten finden im breiten Angebot ihren Weg und stören sich nicht grossartig an den anderen Schulen, mit denen sie nicht so viel anfangen können.


    Zitat

    2. Der tibetische Buddhismus erscheint mir eher als ein System Menschen zu unterdrücken und gefügig zu machen ähnlich wie die Inquisition der Kirche bei uns. Wie seht ihr das?


    Wie kommst Du darauf? Du verwechselst glaube ich spirituelle Hingabe mit Unterdrückung; der wesentliche Unterschied ist, dass die Hingabe völlig freiwillig ist und dazu dient, sich mithilfe eines "Spiegels" der eigenen Buddhanatur anzunähern. Das Ziel ist letztendlich Freiheit, also genau das Gegenteil.


    Zitat

    3. Das führt zur dritten Frage: Mir erscheint vieles im Buddhismus also die theoretische Lehre (oder wie immer man das nennen mag) oft auch als Werkzeug zur Legitimation "unheilsamer" Zustände da eigentlich niemals bestehende gesellschaftliche Verhältnisse in Frage gestellt werden (z.B. Kapitalismus der den Planeten und Mensch und Tier ausbeutet und an den Rand der Vernichtung treibt)


    Es gibt den sog. "engagierten Buddhismus" - also wenn man den Wunsch hat, den Überschuss, den man aus der Meditation erlangt, in der Welt nutzbringend einzubringen, ist das sehr gerne gesehen. Oft ist es aber so, dass man besser die eigene Kraft und Befreiung erstmal in den Fokus nimmt, weil man danach viel mehr sinnvolles mit Weisheit tun kann. Gerade der Mahayana mit dem Bodhisattva-Ideal zielt ja darauf ab, dass man sich für andere Wesen engagiert. Nur dass es effektiver ist, die Leute zur Erleuchtung zu führen, während es Dinge und Entwicklungen auf der Welt gibt, wo man sich sehr verausgaben kann, ohne etwas zu erreichen. Das mit Gleichmut zu akzeptieren ist auch Teil des Weg, und Gleichmut darf nicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden.


    Zitat

    4. Zen ist die "einfachste" Form im Sinne von wenig "Schnörkel" und großer Konzentration auf das Wesentliche (Zazen) also Meditaion etc. habe ich das richtig begriffen?


    Das könnte man so sagen. Ich habe durch Deine Fragen den Eindruck, dass Zen für die der passende Weg sein könnte. Vielleicht konzentrierst Du Dich im Forum in erster Linie darauf, mehr über das zu erfahren, mit dem Du was anfangen kannst, und weniger darauf, in Fragen verpackte Vorveruteilungen in die Welt zu setzen?!


    Zitat

    5. Mir ist gerade am Diamantweg bzw. am tibetischen Buddhismus eine Art "Menschenverehrung" (z.B. Dalai Lama oder Ole Nydahl) aufgefallen. Ist das nicht eigentlich das Gegenteil von Buddhas Lehre? Wenn jeder ein Buddha sein kann und dafür sein innerstes Selbst finden sollte um Nirvana Samadi Erleuchtung oder wie immer man es nennt zu erlangen, wäre Menschenverehrung doch eher kontraproduktiv, richtig? Oder sehe ich da etwas falsch?


    Ja, da verstehst Du einiges falsch. Es geht nicht darum, den Menschen zu verehren, sondern sich dem zu öffnen, wofür im Vajrayana der Lama stellvertretend steht: die Buddhanatur. So wie ja auch die Buddhastatuen und Bilder der Gottheiten keine Götzenverehrung sind - wie es manche Leute missverstehen - sondern die geistige Arbeit mit Symbolen für erleuchtende Eigenschaften, genauso wenig soll ein Lehrer als Mensch verehrt werden. Was natürlich ein paar Leute nicht davon abhält, das dennoch zu tun. Aber das ist nicht so gedacht und von authentischen Lehrern auch nicht so gewünscht.


    Du kannst Dir das an einem Bild klarmachen: wenn Du Fussball spielen willst, dann kommst Du nicht weit, wenn Du nur Bücher darüber liest. Etwas schneller geht es, wenn Du auf einen Platz gehst und es ausprobierst. Noch besser ist es, sich einen Lehrer zu suchen, der Erfahrung hat und Dir zeigt wie man mit dem Ball umgeht. Und wenn man ein Idol hat, einen Fussballstar, der einen inspiriert und den man nachahmt, dann wird man schnell selbst zum Meister und findet seinen eigenen Stil. Dann kann man Bücher, Lehrer und Idole loslassen und einfach spielen.


    Das muss natürlich passen, so eine Verbindung zum Lehrer. Wenn Du nicht so eine natürliche Offenheit z.B. dem Dalai Lama gegenüber hast, dann ist das einfach nicht Dein Ding und da stört sich auch keiner dran.


    Zitat

    6. Wie verhält sich Buddhismus im allgemeinen zum Yoga. Bzw. welchen Stellenwert nimmt der physische Körper im Buddhismus ein?


    Der Körper spielt zumindest im tibetischen Buddhismus da eine Rolle, wo es einige Übungen gibt, die richtig körperlich sind oder mit den Energiebahnen arbeiten. Den Körper gesund zu halten, ist generell angeraten, denn der Körper wird als "ein Tempel von Millionen Buddhas" gesehen. So ein ausgefeiltes System wie im hinduistischen Yoga, wie man es hier kennt, gibt es aber nicht. Es spricht aber nichts dagegen, buddhistisch zu meditieren und einfach Yoga aus einer andereren Tradition zu machen.


    kilaya