Die Ökonomie von Gaben



  • Die Ökonomie von Gaben
    von
    Thanissaro Bhikkhu
    © 1997–2011

    frei aber nicht fehlerfrei ins Deutsche übersetzt *schmunzel*


    Entsprechend dem buddhistisch klösterlichen Kodex ist es Mönchen und Nonnen nicht erlaubt Geld anzunehmen, als auch in Tauschgeschäfte oder in Handel mit Laien verwickelt zu sein. Sie leben gänzlich in der Ökonomie von Gaben. Unterstützende Laien versorgen die Klösterlichen mit materiellen Gaben, während die Klösterlichen ihre Unterstützer mit dem Geschenk des Lehrens versorgen. Idealer Weise – und zu einem großen Maß in angewandter Praxis – ist es ein Austausch der von Herzen kommt; etwas völlig freiwilliges. Es gibt in den Texten viele Geschichten, die den Punkt des Nutzens dieser Ökonomie, man mag sie auch Ökonomie der Verdienste nennen, die nicht auf den materiellen Wert des gegebenen Objektes, sondern auf die Reinigung des Herzens des Gebenden und jenem der Erhält abzielt, unterstreichen Du gibst wenn immer es zu einem Anlaß angebracht ist und in deinen Möglichkeiten, wann immer und wo immer sich dein Herz dich dazu inspiriert. Für einen Klösterlichen bedeutet dass, das man aus Mitgefühl lehrt, was immer gelehrt werden sollte; unabhängig davon ob es sich auch verkauft. Für den Laien heißt dies, das du gibst was immer du teilen kannst und du auch zum Teilen neigst. Es gibt keinen Preis für die Belehrungen, nicht einmal eine „vorgeschlagene Spende“. Jeder der den Akt der Lehrdarbietung oder den Akt der Gabe von Requisiten als Vergütung für eine besonderen Gefälligkeit ansieht, wird als habgierig verspottet werden. Statt dessen gibst du, weil geben gut für dein Herz ist und weil das überleben des Dhammas, als ein gelebtes Prinzip, von dem täglichen Akt der Großzügigkeit abhängt.


    Das primäre Symbol dieser Ökonomie ist die Bettelschale. Wenn du ein Klösterlicher bist, repräsentiert sie deine Abhängigkeit von anderen und den Bedarf Großzügigkeit zu akzeptieren, in welcher Form sie auch kommt. Es mag sein, dass du nicht das was du möchtest in deine Bettelschale bekommst, aber du bekommst was du brauchst, selbst wenn es ohne dem eine schwere erlernte Lektion sein mag. Einer meiner Schüler in Thailand zog in die Berge in Norden des Landes um dort in Einsamkeit zu praktizieren. Seine bergseitige Hütte war ein idealer Platz um zu praktizieren, aber er war von Almosen des nahegelegenen Dorfes eines Bergvolkes und einer Diät von zumeist einfachem Reis mit etwas gekochtem Saisongemüse, abhängig. Nach zwei Monaten dieser Diät wurde dies zum Thema seiner Meditation und einem Konflikt, ob er gehen solle oder bleiben, in seinem Geist. Eines verregneten Morgens kam er auf seiner Almosenrunde an eine Hütte, gerade als dort der Morgenreis fertig war. Die Frau des Hauses rief heraus und bat etwas um Geduld während sie etwas Reis aus dem Topf nahm. Als er dort im strömenden Regen stand, könnte er seinem inneren Murren, dass es hier nichts zum mitnehmen als Reis gab, nicht entgegen helfen. Doch war es, daß die Frau einen Säugling hatte, der nahe bei der Feuerstelle saß und vor Hunger schrie. Sie schöpfte einen etwas Reis aus dem Topf und stopfte einen kleinen Klumpen in seinen Mund. Sofort hörte der Junge auf zu weinen und begann zu grinsen. Mein Schüler sah dies und es war als würde eine Glühbirne in seinem Kopf angehen. „Da stehst du nun, darüber klagend was dir die Leute frei geben“, sagte er zu sich selbst. „Du bist nicht mal diesem Baby gewachsen. Wenn er mit einem Klumpen Reis glücklich sein kann, warum kannst du das nicht?“ Das Ergebnis dieser Lehre die meinem Schüler mit diesem Schöpfer Reis bekam, gab ihm die Kraft die er benötigte um weitere drei Jahre in diesen Bergen zu bleiben.


    Für einen Klösterlichen repräsentiert die Almosenschüssel auch die Möglichkeit für andere sich im Praktizieren des Dhammas, nach ihrem Vermögen, zu üben. In Thailand wird dies in dieser Redensart reflektiert: proad sat, Lebewesen einen Gefallen tun. Während meiner Almosengänge durch das ländliche Thailand gab es Situationen, an denen ich an kleinen winzigen Strohhütten vorbei kam und jemand angelaufen kam, um mir Reis in meine Schale zu geben. Jahre zuvor, als Laie, war meine Reaktion ein momentanes Verlangen diesen Hilfe zu geben, wenn ich so eine ärmliche winzige Hütte sah. Aber jetzt war ich auf der empfangenden Seite ihrer Großzügigkeit. In meiner neuen Position mag ich wenig in materiellen Fragen unterstützen, als ich es als Laie hätte tun können, aber letztlich könnte ich ihnen die Möglichkeit der Würde die durch das Spender sein entsteht, geben.


    Für den Spender wird die Almosenschale des Mönches zum Symbol des Guten, welches er getan hat. Zu verschiedenen Anläßen hatten mir Thailänder erzählt, dass sie von einem Mönch geträumt hätten, der den Deckel seiner Schale öffnet. Die Details welche die Täumenden in den Schalen sahen waren verschieden, aber in allen Fällen war die Interpretation des Traumes gleich: Des Träumenden Verdienste waren dabei ihre Früchte, in einer besonderen positiven Art, zu tragen.


    Der Almosengang selbst ist ebenfalls ein Geschenk das in beide Richtungen geht. Zum Einen erinnert der tägliche Kontakt des Klösterlichen mit den Laien, das seine Praxis nicht nur eine individuelle Sache ist sondern eine Angelegenheit der gesamten Gemeinde. Sie sind dem anderen für das Recht und die Möglichkeit zu praktizieren verpflichtet und sollten, um dieser Schuld gerecht zu werden, ihr Bestes geben eifrig zu praktizieren. Auf der anderen Seite gibt die Möglichkeit früh Morgens durch die nahen Dörfer, vorbei an Häusern der Reichen und der Armen, der Fröhlichen und der Unfröhlichen, zu wandern, zahlreiche Gelegenheiten, um über die Bedingungen der Menschen und der notwendigen Suche nach einem Weg aus diesem mühsamen Kreis von Tod und Wiedergeburt, zu reflektieren.


    Für den Spender ist der Almosengang eine Erinnerung, das die wirtschaftliche Ökonomie alleine, nicht der Weg zu Glück ist. Wenn die Klösterlichen jeden Morgen in die Siedlungen strömen, verkörpern sie eine ganz andere Ethik, abseits von der dominierenden wirtschaftlichen Ökonomie, welche der Gesellschaft hilft gesund zu bleiben. Diese sanfte feindlich und fremd wirkende Art, die mit diesem Brauch einhergeht, hilft den Menschen ihre Werte aufrecht zu erhalten.


    Über allen, dass die Ökonomie des Gebens durch die Almosenschüssel und die Almosengänge symbolisiert, erlaubt sie eine Spezialisierung, eine Art der Beschäftigung von der beide Seiten profitieren. Jene die gewillt sind, können die vielen Privilegien des häuslichen Lebens aufzugeben und bekommen im Gegenzug freie Zeit, die erforderliche Unterstützung und das Training der Gemeinschaft, um sich gänzlich der Praxis des Dhammas zu widmen. Jene die in einem häuslichen Leben bleiben, können von den Vollzeitdhammapraktizierenden um sich herum in ihrem täglichen Bedarf profitieren. Ich fand es stets ironisch, dass die moderne Welt jede Art der Spezialisierung in nahe zu allen Bereichen honoriert – selbst in Dingen wie Laufen, Springen oder einen Ball zu werfen – aber nicht im Dhamma, wo es oft als „Dualismus“, „Elitismus“ oder schlimmer herunter gemacht wird. Buddha gründete mit dem ersten Tag seiner Lehrerkarriere den klösterlichen Orden, da er den Nutzen, den dieser Spezialisierung bringt, sah. Ohne ihn tendiert die Praxis eingeschränkt, wässrig und der wirtschaftlichen Ökonomie unterworfen, zu werden. Das Dhamma wird zu dem was sich verkauft limitiert, und etwas das in den Plan, den die Notwendigkeiten der Familie und des Jobs diktieren, passen muß. In so einer Situation endet jeder ärmer, was die Dinge des Herzens anbelangt.


    Der Fakt, dass alle handfesten Güter in der Ökonomie des Gebens stets nur in eine Richtung laufen, bedeutet das diese Art des Austausches offen für jede Art des Missbrauches ist. Dies ist der Grund, warum es so zahlreiche Regeln im klösterlichen Kodex gibt, um Klösterliche davon abzuhalten unfaire Annehmlichkeiten von Großzügigkeit durch Laien anzunehmen. Da gibt es Regeln gegen das Erbeten von Spenden zu unangemessene Umständen, für Ansprüche wie die aus eigenen spirituellen Errungenschaften und auch gegen das Bedecken der guten Speisen in der Schale mit Reis in der Hoffnung, daß der Spender sich dazu geneigt fühlt, vielleicht etwas nährenderes zu geben. Die meisten Regeln wurden in Wirklichkeit aufgrund von Anfragen von unterstützenden Laien, oder als Reaktion auf deren Beschwerden, eingeführt. Sie investierten in die Ökonomie der Verdienste und waren am Schutz ihrer Investition interessiert. Diese Betrachtungsweise gilt nicht nur für das antike Indien, sondern auch für die moderne Zeit im Westen. Beim ersten Kontakt mit der Sangha neigen viele Leute dazu wenig Notwendigkeit für die disziplinären Regeln zu sehen und erklären diese als altertümliches Überbleibsel antiker indischer Befangenheit. Wenn diese aber, wie auch immer, die Regeln im Zusammenhang mit der Ökonomie des Gebens sehen und beginnen an dieser Ökonomie selbst teilzunehmen, tendieren sie dazu auch eifrige Vertreter dieser Regeln und aktive Beschützer „ihrer“ Klösterlichen zu werden. Diese Ausrichtung mag die Freiheit von Klösterlichen in gewisser Weise limitieren, aber sie bedeutet auch, daß die unterstützenden Laien nicht nur ein aktives Interesse an dem was die Klösterlichen lehren, sondern auch wie sie leben, nehmen – ein nützlicher Beschützer um sicher zu gehen, dass die Lehrenden ihren Reden auch folgen. Dies, noch einmal erwähnt, sichert, daß die Praxis eine Angelegenheit der Gemeinde bleibt. Wie Buddha sagte:


    Mönche, Haushälter sind sehr hilfreich für euch, da sie euch mit den Notwendigkeiten von Robe, Almosenspeise, Behausung und Medizin versorgen. Und ihr, Mönche, seit sehr hilfreich für Haushälter, als ihr ihnen das Dhamma lehrt, vortrefflich zu Beginn, vortrefflich in der Mitte und vortrefflich zum Ende, so wie ihr mit euem heiligen Leben in beidem, in Einzelheiten und im Kern darlegt, vollkommen komplett, unübertroffen rein. In dieser Art wird das heilige Leben in gegenseitiger Abhängigkeit gelebt, zum Zwecke die Flut zu überschreiten, um dem Leiden und Streß ein rechtes Ende zu bereiten.


    — Iti 107


    In der Geschichte des Buddhismus, brach die Ökonomie des Gebens zeitweilig ab; meist wenn die eine oder andere Seite zu fixiert an der materiellen Seite des Austausches wurde und auf die Qualitäten des Herzens, die der Grund dafür waren, vergaß. Und zeitweilig wurde sie, wenn Menschen sensitiv gegenüber den Belohnungen im Sinne des gelebten Dhammas wurden, belebt. In seiner Natur ist die Ökonomie des Gebens ähnlich einer Treibhauskultur, welche achtsame Pflege und ein sensitives Einsichtsvermögen benötigt. Ich finde es erstaunlich, dass sich so eine Ökonomie für mehr als 2600 Jahre gehalten hat. Sie wird niemals mehr als eine Alternative zur finanziellen Ökonomie sein, hauptsächlich weil ihr Nutzen nur schwer sichtbar und begreiflich ist und viel Geduld, Vertrauen und Disziplin erfordern um geschätzt werden zu können. Jene die umgehenden Bedarf einer Vergütung für spezielle Dienste und Güter erwarten, werden immer ein marktwirtschaftliches System beanspruchen. Aufrichtige buddhistische Laien haben, wie auch immer, die Gelegenheit eine amphibische Rolle zu spielen: verbunden mit der marktwirtschaftlichen Ökonomie um ihren Lebensunterhalt zu verdienen und an der Ökonomie des Gebens teilnehmend wenn immer sie sich dazu geneigt fühlen. In dieser Weise können sie direkten Kontakt mit ihren Lehrern aufrecht erhalten, versichert, dass sie die best mögliche Anleitung zu ihrer Praxis, in einer Atmosphäre in der gegenseitiges Mitgefühls und Interesse das Medium des Austausches sind, bekommen; wie auch Reinheit des Herzens, als Endresultat.

  • Bishafu_2:

    Mit anderen Worten sind die Mönche Schmarotzer der menschlichen Gesellschaft.


    Für vordergründige Materialisten die nur das vor
    Augen liegende sehen, kein Diesseits und kein Jenseits
    kennen, waren sie das schon immer.

  • Bishafu_2, wenn du Angst hast etwas zu geben, von dem du glaubst, das es dir gehört, deines ist, für dich bestimmt ist, ist das ganz normal. Du kannst es auch so betrachten, das dir besondere Bettler niemals etwas wegnehmen werden, weder Grundstück, noch Geld, noch deine Kinder, auch nicht deinen Arbeitsplatz, selbst dein Essen und deine Kleidung würden sie dir nie nehmen. Ganz und gar nichts, würden sie anfassen, auf dass du bestehst und um das du fürchtest.
    Wegnehmen tun sie nicht, erbeten tun sie nicht, streitig machen tun sie nicht...


    Sie nehmen sich zurück, dass dir mehr bleibt. Was nehmen sie was du gerne möchtest obwohl du doch alles und viel mehr als sie hast?
    Aber manchmal hat man eben nie genug.


    Was ist es, was du ihnen neidisch bist? ich bin mir sicher, sie würden es, wenn sie es haben, auf der Stelle teilen.


    Ich dachte Ohne Bedingungen hilft vielleicht weiter diese fleckenfreie Ökonomie zu erklären (was nicht heißt, dass sie immer fleckenfrei ist). Vielleicht ist dies hilfreich.

  • Bishafu_2:

    Mit anderen Worten sind die Mönche Schmarotzer der menschlichen Gesellschaft.


    Hahaha... und Du bist ein Schmarotzer des Dhamma?
    Oder wer hat dafür gesorgt, das er bis jetzt, bis zu Deiner Existenz, weitergegeben wurde?



    Alles Gute
    :) _()_