Hallo,
wenn ich gerade nicht besonders entsagungsfreudig bin, besinne ich mich auf Zeiten in denen das besser war. Da war durch weitgehende Enthaltung von Sinnesfreuden aller Art eine Zunahme an Kraft zu bemerken, sowie geistige Klarheit, emotionale Ausgeglichenheit und Freude. Es entsteht ein Bewusstseinszustand der sich selbst genügt, ein Glück im bloßen Hier und Jetzt, verbunden mit der Erkenntnis wie dumm und lächerlich es ist, die innere Freiheit und Unabhängigkeit durch kleinliche Sinnesfreuden zu verdunkeln oder gar zu beenden. Das Glück das sich durch die Sinne gewinnen lässt ist mit Belastung, Verwirrung und Leid verbunden und weitaus geringer als das Glück durch Entsagung.
Obwohl diese Erkenntnis und Erfahrung ein hinreichender Grund wäre auf Sinnesfreuden fortan zu verzichten, schleichen sich allerhand kleine Verlangen langsam und harmlos wieder ein, dann darf es auch ein bisschen mehr sein, mit ihrem Anwachsen schwindet die Erkenntnis, und schon ist man wieder eingefangen in der Wechselwirkung von Lust und Leid.
Wie in der Lehrrede M.45, wo ein Baum von einer Schlingpflanze befallen wird. Der Baumgeist denkt:
`...süß ist es ja, von dieser jungen, geschmeidigen, flaumigen Liane umrankt zu werden´
Und sie schlängelt sich um den Prachtbaum herum, um den Prachtbaum herumgeschlängelt, verzweigt sie sich oben, oben verzweigt wirkt sie einen Rankenschleier herab, und mit diesem Rankenschleier erstickt sie dann die mächtigen Stämme des Prachtbaumes.
Je größer die Schlingpflanze wird, desto schwieriger ist sie zu beseitigen. Deshalb ist kein Zeitpunkt besser sie abzuschneiden als genau jetzt.