chronischer Tinnitus

  • Halle alle zusammen,


    Wie im Betreff steht,habe ich eine Frage an Euch.
    Zunächst möchte ich mich kurz vorstellen :


    Ich bin 47 Jahre alt,stark schwerhörig geboren. Im Alter von etwa 16 Jahren bekam ich meinen ersten Hörsturz mit Tinnitus. Durch Infusion wurde mein Geör wieder verbessert. Dann kam nach 2 Jahren wieder derselbe Hörsturz. Leider wollte ich keine Infusion mehr nutzen,da ich glaubte,mein Gehör wird auch so wieder besser werden. Nun sind ganze 30 Jahre vergangen. Ich habe mich damit "abgefunden",daß der Tinnitus mein ständiger Begleiter ist. Von morgens bis Abends,mal lauter,mal leiser,mal Piepsen mit Summen,mal nur Summen,mal alles auf einmal.
    Seit meinem 2.Hörsturz ist mein Gehör wieder um einiges schlechter geworden.


    Nun zu meiner Frage : Ich praktiziere ab und zu Zazen in normaler Sitzposition. Ich weiß,daß allein Zazen nicht ausreicht,irgendwelche Symptome bzw. Krankheiten auflösen zu können. Es bedarft schon ein tiefes Erlangen zum eigenen Sein,so meine Meinung.
    Daher suchte ich seit wenigen Jahren nach einer Lösung für mein Tinnitus-Leiden. Verschieden Bücher habe ich schon gelesen und tat dies nur halbherzig,weil ich bemerkte,dass alle Methoden für mich nicht besonders eigneten.
    Doch diesmal scheint eine Methode für mich ganz gut zu funktionieren.
    Die wäre eine Selbsthypnose( hat hier mit diesem Forum nichts zu tun,will euch auch nicht sagen dies oder das wäre besser),um eine Suggestion zu erreichen,die besagt,daß ich während ich meditetiere,tiefer und tiefer zu meinem Sein gelange. Gerade dann,wenn ich zum Sein gelange,kann ich durch die Suggestion erreichen,bewusst bleiben und den Tinnitus "als Freund" beobachten. Solange ich ihn beobachte und erkenne,daß ich dann zum Schluß sagen kann : Es kann losgelassen werden.


    Kann diese Möglichkeit funktionieren?


    Für mich ist wichtig zu wissen,egal welche Methode man da anwendet,daß der Tinntus aufgelöst werden kann.
    Der Tinnitus ist für mich eine Plage,ständig faselt mein Verstand herum und schickt mir geistige Bilder im Nonstop-Format. Wenn da nicht der Tinnitus wäre...


    Kann mir jemand was dazu sagen?


    Wäre dankbar!!


    Gruß
    Christoph2

  • Herzlich willkommen, Christoph!


    Christoph2:

    Kann diese Möglichkeit funktionieren?


    Keine Ahnung. Probier´s aus und berichte!

  • Hallo Christoph,


    Ich selbst habe immer wieder chronische organische Schmerzen.


    Ich sage mir da immer: "Der Schmerz fühlt sich an wie ein Druck. Es ist ja kein Phantomschmerz!" oder mache mir anders Mut. Habe ich auch schon gehabt und persönlich als schlimmsten aller Schmerzen empfunden.
    Dann was noch besser hilft ist zu mir selbst zu sagen: "Ich akzeptiere Dich ganz und gar Schmerz (nicht mein Schmerz) Du machst mich wach. So lange Du da bist weiß ich, ich bin sowas von lebendig. Danke dafür."


    Und wenn es wieder erwarten gar zu arg wird. Suche ich mir ein ruhiges Plätzchen und schaue mir Naturbilder aus Büchern an.


    Herzlichen Gruß
    Und einen guten Umgang mit dem Tinitus.


    PS: Sag einfach: "Sumsele ruhig", "Brum ruhig", "Piepse ruhig" wie es sich für Dich gerade anhört (Du wirst sehen das beruhigt Dich selbst) und schau Dir vielleicht immer mal wieder Fotos an. Oder noch anders geh öfters in die Natur. Vögel pfeifen doch so schön. Ich wünschte mir Du könntest Vogelgezwitscher geniesen. Wenn nicht dann vergiss diesen Rat mit den Vögeln.


    gbg

  • Hallo Christoph
    Ich leide selber an einem Tinnitus seit Jahrzehnten. Kann deine Frage nicht umfassend beantworten aber Dir meine Erfahrungen mitteilen.
    Meine eigene Erfahrung ist, daß die Akzeptanz der beste (weil nach derzeitigem Stand auch der einzige) Weg ist damit umzugehen.
    Ob der Tinnitus gänzlich aufzulösen ist, weiß ich nicht.


    Meine Erfahrung ist, daß mit zunehmender Übung, aber auch mit zunehmender Tiefe der einzelnen Meditation der Tinnitus immer mehr an
    den Rand der Aufmerksamkeit gelangt.
    Er kann so weit an die Peripherie der Wahrnehmung gelangen, daß ich im Nachhinein zwar weiß das er da war, ich aber in der Meditation auf
    meinem Objekt focussiert war und ihn kaum oder nur randständig oder gar nicht mehr wahrgenommen habe.
    Es ist also möglich, trotz Tinnitus gute Meditationen durchzuführen.
    Ob die Qualität /Tiefe meiner Meditationen ohne Tinnitus noch besser wäre weiß ich letztlich nicht.


    Von meinen Patienten denen ich Achtsamkeitsmeditation beibringe (Arbeit in einer psychiatr. Klinik) höre ich entweder, daß ein
    Tinnitus während der Meditation leiser werden oder verschwinden kann, aber auch (selten) daß er erst einmal störender wird.
    Rückmeldungen, ob ein Tinnitus sich ganz "auflösen" kann habe ich noch nicht erhalten, dafür ist die Behandlungsdauer auch zu kurz.


    Von einer erfahrenen Meditierenden kenne ich noch die Möglichkeit, ganz intensiv in das Geräusch hineinzugehen, sozusagen damit zu
    verschmelzen, den Focus voll und ganz darauf zu richten.
    Hab ich allerdings selber noch nie gemacht weil ich mich nicht wirklich traue.
    Hier wäre ich sehr interessiert, ob andere damit Erfahrungen haben.


    Das sind meine Erfahrungen mit dem Thema. Kurz: Ein Tinnitus bleibt ein Handicap, verhindert aber nicht die Möglichkeit der Meditation.
    Meditation kann hilfreich sein, ob sie die Beschwerde letztlich auflösen kann weiß ich nicht.


    LG Rolf

  • Hallo Christoph,


    ich kann mich etwas in dich hineinversetzen, weil ich auch viele Jahre Probleme mit Tinnitus hatte. Jetzt ist es nur noch ein Rauschen und kaum ein Problem. Manchmal habe ich ziemlich Schmerzen. Die sind jetzt das Problem ... ;-).


    Zitat

    Dann kam nach 2 Jahren wieder derselbe Hörsturz. Leider wollte ich keine Infusion mehr nutzen,da ich glaubte,mein Gehör wird auch so wieder besser werden.


    Das mit den Infusionen ist eigentlich nur die Verzweiflung der Schulmedizin irgendwas machen zu müssen. Ich habe früher viel in Tinnitus-Foren gelesen und dort wird über die Infusionen nur gelacht. Bei kaum jemanden hat es etwas gebracht. Ich glaube von daher nicht, dass du etwas verpasst hast, weil du beim 2.Hörsturz keine Infusion hast machen lassen.


    Zitat

    Von morgens bis Abends,mal lauter,mal leiser,mal Piepsen mit Summen,mal nur Summen,mal alles auf einmal.


    Genieß die Zeiten, wenn es nur summt. Das meine ich jetzt ernsthaft. Es verschaft dir auch den Eindruck, dass es auch gute Zeiten gibt. Diese guten Zeiten gibt es bei dir mit dem schwachen Summen ja real und sind nicht fiktiv.


    Zitat

    Nun zu meiner Frage : Ich praktiziere ab und zu Zazen in normaler Sitzposition. Ich weiß,daß allein Zazen nicht ausreicht,irgendwelche Symptome bzw. Krankheiten auflösen zu können. Es bedarft schon ein tiefes Erlangen zum eigenen Sein,so meine Meinung.


    Tinnitus wird in den allermeisten Fällen durch psychischen Stress verursacht. Hat damals der HNO gemeint und kann man auch oft lesen, dass dies von Medizinern gesagt wird. Geht der Stress zurück, geht auch der Tinnitus zurück. Bei dir ist der Tinnitus soweit ich das verstehe nicht durch Stress bedingt. Bei organischer Schädigung (z.B. Knallgeräusch sehr nahe am Ohr), geht der Tinnitus dagegen selten weg. Manchmal wird er schwächer. Von dem her glaube ich nicht, dass man bei organischer Schädigung mit Meditation am Tinnitus selbst was machen kann. Aber man kann durch Meditation trainieren den Tinnitus besser in den Hintergrund treten zu lassen oder ihn besser aus der Wahrnehmung fallen zu lassen genauso wie Wut und Ärger.


    Zitat

    Der Tinnitus ist für mich eine Plage,ständig faselt mein Verstand herum und schickt mir geistige Bilder im Nonstop-Format. Wenn da nicht der Tinnitus wäre...


    Versteh ich nicht. Der Tinnitus schickt geistige Bilder? Das tut nur der unkonzentrierte Geist. Du meinst das wahrscheinlich anders.


    Zitat

    Die wäre eine Selbsthypnose( hat hier mit diesem Forum nichts zu tun,will euch auch nicht sagen dies oder das wäre besser)


    Es kann gut sein, dass Hynose/Selbsthypnose was bringen könnte. Ich war letzte Woche bei einem Meditationsabend. Der Leiter, ein älterer schon pensionierter Mann, der schon seit langer Zeit meditiert, meinte, dass Hypnose gut hilft, wenn es einem schlecht geht. U.U. ist Hypnose in manchen Fällen besser als Meditation. Meditation braucht einen langen Anlauf und hilft eher langfristig. Das ist jedenfalls mein Eindruck. Meditation ist gut um einen klaren Geist zu behalten. Denn braucht mit oder ohne Tinnitus ;-).


    Zitat

    Von meinen Patienten denen ich Achtsamkeitsmeditation beibringe (Arbeit in einer psychiatr. Klinik) höre ich entweder, daß ein
    Tinnitus während der Meditation leiser werden oder verschwinden kann, aber auch (selten) daß er erst einmal störender wird.


    Ich denke, dass dies bei psychisch bedingtem Tinnitus v.a. so ist. Durch das Mediteiren wird irgendeine körperliche Wirkkette unterbrochen, die durch den psychischen Stress angestoßen wird. Drücken die Muskeln auf Nervenstränge, sind die Nervenstränge quasi zugedrückt (v.a. vom Unterkiefe hoch zu den Ohren). Entspannen sich die Muskeln, werden die Nervenstränge nicht mehr zugedrückt und es "schießt" plötzlich wild durch die Nervenstränge los wie bei einem Gartenschlauch, auf dem man mit dem Fuß stand und den dann wieder wegnimmt. Ob Achtsamkeitsmeditation bei Tinnitus bei organischer Schädigung was bringt, ist was anders. Kann ich nicht sagen.


    Zitat

    Von einer erfahrenen Meditierenden kenne ich noch die Möglichkeit, ganz intensiv in das Geräusch hineinzugehen, sozusagen damit zu
    verschmelzen, den Focus voll und ganz darauf zu richten.


    Auf die Idee bin ich auch mal gekommen: statt sich auf den Atem zu konzentrieren, konzentrier ich mich auf den Tinnitus. Ich habe es irgendwann nicht mehr weiter verfolgt und dann nicht mehr damit angefangen. Ich weiß nicht mehr wie es war. Ich denke der Tinnitus wird dadurch lauter, da die Wahrnehmung sich darauf konzentriert. Die Frage ist, ob das sinnvoll ist. Naja, müsste man mal ausprobieren. Vielleicht hilft es dir Wahrnehmung des ganzen "Tinnitus-Komplexes" besser wahrzunehmen, was mental zu einer verbesserten Aufnahme des Problems führt und damit zu einem besseren Umgang. Könnte sein. Wie gesasgt: sollte man mal probieren.


    Grüße, Ananadasa

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Ach ja, was ich noch vergessen habe: Tinnitus/Schmerzen ist auch eine Chance um beim Meditieren weiter zu kommen. Das ist kein Scherz! Meine Schmerzen sind meistens recht gut auszuhalten, wenn ich regelmäßig meditiere. Über irgendeinen körperlichen Zusammenhang ist irgendwie das Ganze weniger gereizt und Tinni+Schmerzen sind kleiner. Meditiere ich 2 oder mehr Tage nicht, kommt es dann ganz schnell richtig dick und ist nicht lustig. Ich meditiere die letzen 2 Jahre daher fast ohne Ausnahme jeden Tag. Das ist eine gute Sache, auch wenn vielleicht nur 5% wirksam sind oder "richtig" meditiert sind. Es kommen trotzdem Einsichten und eine allgemeine Beruhigung, die heilsam ist. Den Tinnitus als seinen Lehrmeister sehen, der einen beim Meditieren halten will. So kann man den Tinni für sich nutzen, baut die Wut über ihn ab und kommt auch beim Meditieren weiter.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn