Schnelle Erleuchtung

  • bibo:

    Weil ich so schnell wie möglich Erleuchtung will ist meine ehrliche Antwort (jedenfalls die ehrlichste, die ich momentan finde).


    Ich bin oft statements wie, :" Wenn man diese tantrische Praxis ausführt erlangt man innerhalb von 7 Leben Erleuchtung", oder " Wenn man Dzogchen ausübt erlangt man innerhalb eines Lebens Erleuchtung." oder "Man kann innerhalb von 2 Jahren Shine verwirklichen" etc begegnet.
    Ich möchte diese Aussagen ein wenig relativieren. Wenn im tibetischen Buddhismus von "schnell" geredet wird sind ganz andere Zeiträume gemeint als viele westlich aufgewachsenen Menschen sich bewust sind. Die Voraussetzungen für diese Aussagen sind oft nicht mit angeführt. Ich denke sie wurden ursprünglich für im Kloster lebende Mönche gemacht, welche ihre gesamte Zeit auf buddhistische Praxis verwenden können. Ich könnte mir zB vorstellen, dass die 2 Jahre Shine in einer Retreatsituation stattfinden, wo die Person ausser ein wenig Essen und Schlafen sonst nichts anderes macht ausser Shine zu üben, das sind dann sagen wir einmal 16 Stunden Shine am Tag. Das sind dann 500.000 Stunden Shine-Praxis. Ich führe diese Zahl auf um die Größenordnung klarzumachen. Keinesfalls glaube ich, dass das Ergebnis dann mit der 500.001ten Stunde eingetreten sein muss. Aber wenn ich zB nur 1 Stunde Shine am Tag praktiziere, dann ergäbe das einen Zeitraum von 1300 Jahren bis ich auf die 500.000 komme.
    Vor der tantrischen Praxis kommt normalerweise die Vorbereitenden Übungen, das Ngondro. Bei uns den Karma Kaguys sind das 4 Teile. Den erste Teil, die Niederwerfungen, kann man wenn man 200 die Stunde macht in 555 Stunden schaffen. Das sind dann 1,5 Jahre, bei einer Stunde täglich. Dann kommen aber noch 3 weitere Teile. Und danach kann man mit der tantrischen Praxis anfangen. Davor ist man wohl erst einmal ein paar Jahre mit den Vorbereitenden beschäftigt. Ich glaube die Tibeter meinen mit "schnell" Zeiträume von mehreren Jahrzenten intensivster Praxis. Hier im Westen hat man, finde ich, schon einiges erreicht wenn man sich sein Leben so eingerichtet hat, dass man mehr als 1 Stunde täglich praktiziert. An die Intensität, die die großen Meister aufgewendet haben, werden wir hier im Westen nur in absoluten Ausnamefällen herankommen.


    Ich sehe die obigen Zahlen nicht als Richtwerte, aber die Beschäftigung damit hat mir klar gemacht, dass eine normale westliche herangehensweise wie zB
    "ich mache ein paar Kurse, dann übe ich noch ein zwei Jahre lang, und dann will ich Ergebnisse sehen" eher zu Enttäuschugen als zu tatsächlichen Ergebnissen führt. Bei mir hat es auch irgendwie den Druck etwas erreichen zu wollen, herausgenommen. Ich kann einfach nur versuchen, jeden Tag, so gut es geht zu üben.

  • nyalaana:

    Hier im Westen hat man, finde ich, schon einiges erreicht wenn man sich sein Leben so eingerichtet hat, dass man mehr als 1 Stunde täglich praktiziert.


    Wobei es wichtig ist, langsam anzufangen, zur Zeit mache ich jeden morgen nach dem Yoga eine 10-15 minütige Meditation.
    Zur Zeit wäre für mich 1 Std. zu viel, langfristig könnte ich mir das sehr gut vorstellen...

  • Matthias65:

    Zur Zeit wäre für mich 1 Std. zu viel, langfristig könnte ich mir das sehr gut vorstellen...


    Hi Matthias


    natürlich sollte sich keiner quälen (wie bei echtem Schmerz)


    dennoch ist so eine Aussage in der Regel (nicht immer) nur eine Ausrede und Hinauszögerung

    am Anfang fand ich eine Stunde auch heftig, mein Geist war wie ein brodelnder Vulkan: brennend, stechend, zuckend, juckend usw


    aber dann habe ich ein paar Dinge in Erinnerung gerufen:


    • Ursache dafür ist nicht die aktuelle Übung, sondern vorangegangenes


    • wenn ein Mensch vor der Flimmerkiste sitzt, vergehen schnell zwei, drei, vier oder 10 Stunden (zB Herr der Ringe-Marathon)


    • andere haben's auch geschafft


    • da draußen sind viele 'Schuldeneintreiber': unnötige Verpflichtungen, Krankheiten, Ablenkungen, falsche Hoffnungen die nur darauf warten, dass einer die Übung abbricht und einen 'umzingeln'


    als ich mir das in Erinnerung rief, kam der Gedanke auf "ich war schon da, ich will nicht nochmal dahin"


    das hat mir die nötige Dringlichkeit verklickert um den unbequemen und unangenehmen Teil durchzustehen


    als der unangenehme Teil durchgestanden war, fiel das Brennen, Stechen, Zucken und Jucken von einem Moment auf den anderen ab und Ruhe kehrte ein

    sobald der Geist die Ruhe der Meditation kennt wird er von selbst dahin geneigt sein und eine Stunde ist kein Problem mehr


    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Klar braucht man ein bissschen Ausdauer, aber wenn man das so zahlenmäßig angeht wie im Eingangsposting, dann ist das
    mMn zu materialistisch-kalkulierend gedacht. Fortschritte in der Meditationspraxis setzen ja vorraus, dass man eben nichts
    erwartet, weder nach einer noch nach 500.000 Stunden.
    Das finde ich an diesen 111.111er-Ngöndro-Wiederholungen auch immer ein wenig gefährlich, dass der Geist daraus so
    eine Art spirituelles Bodybuilding macht (obwohl die Übungen an sich fantastisch sind).


    Grüße und alles Gute!
    Yeshe

  • Für Dein Ego brauchst Du vielleicht 500.000 shine, damit es nach dieser beschäftigungstherpapie endlich bereit ist zu sterben. Für die Erleuchtung brauchst Du überhaupt keine Zeit, denn sie ist immer nur im jetzt zu erkennen. Wenn das Ego nun so groß, dass man komplizierte techniken braucht, dann macht es sicher sinn sich eine mit einem spannenden Namen auszusuchen damit man der spirituellen konkurenz auch etwas beweisen kann warum man sich jeden tag mit so seltsamen sachen abgibt, anstatt einfach im jetzt zu leben.Insofern gilt wie immer , dass Du solange Zeit brauchst, bis Du erkennst Das Du keine mehr brauchst bzw. keine mehr hast... ;)

  • Naja, was man so "Ego" nennt...
    Wodurch wird es denn kleiner, das Ego? :) Hm?


    Ist es nicht möglich, dass da verschiedene Leute verschiedene funktionierende Wege haben?
    Hast Du denn schon mal versucht, nur 10.000 Shine anzusammeln, um Dir ein Urteil darüber erlauben zu können?
    Und ( ich meine diese Frage völlig offen und ehrlich ) :


    Warum ist es Dir wichtig, ein Urteil über anderer Leute Praxis zu fällen, karmahain?

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Shine = Meditation mit Aufmerksamkeit auf ein Beobachtungsobjekt. Wenn man merkt dass man etwas anderes denkt, kehrt man zum Objekt zurück.
    10000 = 10000 Stunden an Shine Praxis.

  • Wie kann man denn Stunden und Mediationen "sammeln"?
    Und wo fängt Shine an von wegen der Zeit ? Wenn überhaupt, dann hat
    man als Nicht-Profi von einer Stunde Shamata/Zazen 5 Minuten Samadhi.
    Ein Profi geht nach wenigen Minuten ins Samadhi über. Aber richtet sich das noch an Profis ?

  • Onyx9:

    Wie kann man denn Stunden und Mediationen "sammeln"?
    Und wo fängt Shine an von wegen der Zeit ? Wenn überhaupt, dann hat
    man als Nicht-Profi von einer Stunde Shamata/Zazen 5 Minuten Samadhi.
    Ein Profi geht nach wenigen Minuten ins Samadhi über. Aber richtet sich das noch an Profis ?


    Ich verstehe deine Frage nicht.

  • Losang Lamo schreibt: "Shine sammeln"
    Was ist Shine ? Stille Meditation, oder ? Lassen wir mal Samadhi, Shikantaza und Versenkung weg,
    obwohl stille Meditation darauf hinauslaufen muß: Mahamudra.
    Bleibt die Frage, wie s dazu kommt, daß Vajrayana von "anhäufen" und "ansammeln" spricht.
    Ist das Volkssprache ?

  • Keine Ahnung, wo es herkommt. Es wird aus dem Tibetischen so übersetzt. Man sagt so.


    Man muss bedenken, wenn man eine spirituelle Praxis "ansammelt", ist es nicht das Gleiche, wie Münzen sammeln oder irgendwas Materielles. Die Praxis hat dann genug Zeit, mit einem den Kontakt aufzunehmen. Da findet etwas statt, weit ab von Sammeln und Zählen.


    Man KANN das nicht von außen beurteilen. Und ich kann's auch nicht gut erklären. :)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Syia:

    Shine: http://www.buddhismus-schule.d…/meditationpraktisch.html


    Wir sammeln auch keine Medis oder Verbeugungen an, sondern Verdienst.


    Wie auch immer man es nennt, man tut es vor allem für die leidenden Wesen. Das ist von innen heraus ein befreiendes und motivierendes Gefühl. Somit tut man es dann auch für sich selbst... Das hängt alles zusammen.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Guti: so ungefähr, wie die früher ihre Kathetralen gebaut haben,
    nur nach innen ? Jetzt sagt ihr mir mal noch das tibetische Wort für Verdienste.
    Dankeschön. :)

  • Das Prinzip des Verdienst-Ansammelns basiert auf dem Karma-Konzept.


    Das ist aber nicht mal "tibetisch", sondern Mahayana.
    Die Tibeter nennen es "bsod nams" (ausgesprochen: "sönam").


    Grüße
    Yeshe

  • Satipaṭṭhāna Sutta


    46. "Ihr Bhikkhus, sollte jemand diese vier Grundlagen der Achtsamkeit auf solche Weise sieben Jahre lang entfalten, kann eine von zwei Früchten für ihn erwartet werden: entweder letztendliche Erkenntnis hier und jetzt, oder, wenn noch eine Spur von Anhaften übrig ist, Nichtwiederkehr."


    "Aber von sieben Jahren ganz zu schweigen, Bhikkhus. Sollte jemand diese vier Grundlagen der Achtsamkeit auf solche Weise sechs Jahre lang entfalten...


    "Aber von sechs Jahren ganz zu schweigen, ...
    "Aber von fünf Jahren ganz zu schweigen, ...
    "Aber von vier Jahren ganz zu schweigen, ....
    "Aber von drei Jahren ganz zu schweigen, ...
    "Aber von zwei Jahren ..
    "Aber von einem Jahr ganz zu schweigen,..
    "Aber von sieben Monaten ganz zu schweigen, ..
    "Aber von sechs Monaten ganz zu schweigen,..
    "Aber von fünf Monaten ganz zu schweigen,..
    "Aber von vier Monaten ganz zu schweigen, ..
    "Aber von drei Monaten ganz zu schweigen, ..
    "Aber von zwei Monaten ganz zu schweigen,--
    "Aber von einem Monat ganz zu schweigen,..


    Aber von einem halben Monat ganz zu schweigen, Bhikkhus. Sollte jemand diese vier Grundlagen der Achtsamkeit auf solche Weise sieben Tage lang entfalten, kann eine von zwei Früchten für ihn erwartet werden: entweder letztendliche Erkenntnis hier und jetzt, oder, wenn noch eine Spur von Anhaften übrig ist, Nichtwiederkehr."


    47. "Also geschah es bedingt durch dies, daß gesagt wurde: 'Ihr Bhikkhus, dies ist der Pfad, der ausschließlich zur Läuterung der Wesen führt, zur Überwindung von Kummer und Klagen, zum Verschwinden von Schmerz und Trauer, zum Erlangen des wahren Weges, zur Verwirklichung von Nibbāna - nämlich die vier Grundlagen der Achtsamkeit.'"

  • yeshe_222:

    Das Prinzip des Verdienst-Ansammelns basiert auf dem Karma-Konzept.


    Das ist aber nicht mal "tibetisch", sondern Mahayana.
    Die Tibeter nennen es "bsod nams" (ausgesprochen: "sönam").


    Grüße
    Yeshe


    Das ist aber nicht die Zen-These von "gutem" Karma, von daher kann man nicht allgemein von Mahayana sprechen.

  • Syia:

    Deutsch : verdienstvolle Handlung
    Tibetisch : bsod nams
    Grammatik : Subst.
    Kategorie : Dharma
    Notiz : Skt. punya


    Dann geht es um das nächste Leben ?


  • Was ist denn die Zen-These von "gutem" Karma bzw. wie ist der Standpunkt zur Widmung des Verdienstes?


    Ergänzung:
    Am Ende jeder "Ansammlungspraxis" widmen wir ja den Verdienst dem Wohl aller Wesen, damit das eben
    nichts persönliches wird bzw. ist. Die Funktionsweise der eigenen Praxis ist dann auf dieser Ebene ähnlich
    der einer Stupa, einer Gebetsmühle oder von Lungta.


    Grüße
    Yeshe

  • Syia:

    Eigentlich eher darum kein nächstes Leben mehr zu haben.


    Uuuups, jetzt verwirrst Du mich aber :)
    Geht es beim Bodhisattvaideal nicht darum so oft wieder zu erscheinen bis alle Wesen erlöst sind?


    ()