Ich habe gerade im Forum gelesen, dass Satoris "kleine Einblicke und keine Erleuchtung sind". Dazu möchte ich einen Beitrag verfassen.
Zunächst möchte ich sagen, dass es mich immer wieder wundert, wie erleuchtet ein Mensch doch sein muss, der so viel über Erleuchtung weiß. Solche Aussagen wie "Satori ist keine Erleuchtung" haben vielleicht Bestand im Rahmen einer gewissen Glaubensrichtung, die etwas ganz anderes unter Erleuchtung versteht als es im Zen verstanden und als Satori beschrieben wird. Aber das sollte dann auch fairerweise in diesem "offenen Rahmen" hier mit sachlichen Argumenten unterfüttert werden. Das ist eine sachliche Kritik an dieser Aussage und keine persönliche. Ich bitte, das zu unterscheiden!
Zur Erleuchtung aus Sicht des Chan/Zen:
Im Chan/Zen ist Satori das, was im Buddhismus Bodhi, im Hinduimus Moksha und von den Mystikern "Gottesschau" genannt wird.
Im Theravada wird da noch unterschieden zwischen "Erwacht sein" und "Einblick ins Erwachtsein". Das gibt es in manchen Zen-Richtungen auch, wo der Einblick ins Erwachen Kensho und das Erwachsen selbst Satori genannt wird.
ZitatAlles anzeigenSatori zu erfahren bedeutet, zum Ursprung allen Lebens zurückgekehrt zu sein und tiefe Einsicht in die wahre Natur aller Dinge erfahren zu haben. Das beinhaltet:
Du kannst nicht sterben, weil es kein Ich gibt, das sterben kann.
Du warst, bevor du geboren wurdest.
Durch das Erlebnis des Satori ist dein Glaube dahin.
Du glaubst nicht mehr, dass du unsterblich bist.
Du glaubst nicht mehr, dass es Gott gibt.
Du glaubst nicht mehr, dass du für immer frei bist.
Du weißt es - weil du es erlebt hast.
Der Glaube ist erloschen und unerschütterlicher Gewissheit gewichen.
Die Welt ist gleich geblieben und doch ganz anders.
Du bist nicht mehr der, der du warst.
Nichts mehr, dem du hinterherlaufen müsstest.
Ewige Ruhe mitten im Leben.
Nur noch Sein.
Du hast die Dunkelheit durchschritten.
Du bist gestorben und hast für einen kurzen Moment Gott bei der Arbeit gesehen.
Du wurdest zurückgeschickt und wiedergeboren.
Nun weißt du, dass die Leere schon seit Anbeginn aller Zeiten da war.
Sie wohnt allezeit in dir und du bist unsterblich.
(Quelle)
Daisetz T. Suzuki hat folgende Merkmale als wesentlich für die Satori-Erfahrung beschrieben:
ZitatAlles anzeigen1. Irrationalität
Damit meine ich, daß man zum Satori nicht durch Schlußfolgerungen gelangt und daß es sich aller intellektuellen Bestimmungen entzieht. Alle, die Satori erfahren haben, fanden sich außerstande, es logisch und schlüssig zu erklären. Sobald es erklärt wird, sei es in Worten oder Gesten, wird es mehr oder weniger stark entstellt. Wer es noch nicht erfahren hat, kann es nicht anhand von irgend etwas äußerlich Sichtbarem erfassen. Wer es erfahren hat, weiß das Echte vom Unechten zu unterscheiden.
2. Intuitive Einsicht.
Daß mystischer Erfahrung eine noetische Qualität eignet, hat William James in seinem Buch "Die Vielfalt religiöser Erfahrung" aufgezeigt, und es gilt auch für die Zen-Erfahrung, die "Satori" genannt wird. Ein anderer Ausdruck für Satori (wörtl.: "Erkennen") ist Kenshō (chin. chienhsing), "Wesensschau", und dieser Begriff scheint zu besagen, daß es im Satori ein Sehen oder Wahrnehmen gibt. Daß dieses "Sehen" jedoch von ganz anderer Art ist als das, was wir normalerweise unter "Erkennen" verstehen, muß nicht eigens hervorgehoben werden.
3. Unabweisbarkeit
Das im Satori verwirklichte Erkennen ist endgültig, durch keine logische Argumentation zu widerlegen. Es ist direkt und persönlich und von unabweisbarer Evidenz. Die Logik vermag hier nichts mehr zu erklären; sie kann nur versuchen, dieses Erkennen vor dem Hintergrund unserer Vernunfterkenntnis zu interpretieren. Satori ist also eine Form der Wahrnehmung, eine innere Wahrnehmung, die im innersten Bewußtsein stattfindet. Daher dieser Geschmack von Unabweisbarkeit und Endgültigkeit. Zen, so heißt es, ist wie Wassertrinken: Man weiß selbst, ob es warm oder kalt ist. Und wer die Erfahrung nicht selbst macht, kann über sie nicht urteilen.
4. Bejahung.
Was unabweisbar und endgültig ist, kann niemals negativ sein. Verneinung hat keinen Wert für unser Leben, führt uns nirgendwohin; sie ist keine Kraft, die vorwärtsdrängt, und sie bietet keinen Ruhepunkt. Obgleich der Satori-Erfahrung manchmal auf negative Weise Ausdruck gegeben wird, ist sie in ihrem Wesen eine bejahende Einstellung gegenüber allen existierenden Dingen; sie akzeptiert sie so, wie sie sich bieten, ganz unabhängig von ihrem moralischen Wert. Im Buddhismus nennt man dies kshānti, "Geduld" oder besser "Annehmen" - das Annehmen der Dinge in ihrem über-relativen oder transzendenten Sein, worin keinerlei Dualität besteht.
5. Das Ganz-Andere.
Die Terminologie mag in den verschiedenen Religionen unterschiedlich sein, doch in einer Erleuchtungserfahrung ist immer das, was wir - so wertfrei wie möglich - als "Empfinden des Ganz-Anderen" bezeichnen könnten. Die Erfahrung ist gewiß meine eigene, doch ich empfinde, daß sie in etwas anderem wurzelt. Die individuelle Schale, in die ich so fest verkapselt bin, zerbirst im Augenblick des Satori. Es muß nicht unbedingt so sein, daß ich mich mit einem höheren Wesen vereinige oder in ihm aufgehe; aber meine Individualität, die sich strikt gegen alle anderen Einzelexistenzen abgegrenzt hatte, lockert irgendwie ihr verkrampftes Festhalten an sich selbst und schmilzt in etwas Unbeschreibliches ein, das von ganz anderer Art ist als alles, was ich gewohnt bin. Dem folgt ein Gefühl von Erlösung, von vollkommener Ruhe - das Gefühl, man sei endlich am Ziel angekommen. "Heimkommen und still ruhen" lautet der Ausdruck, der im Zen dafür gebraucht wird.
6. Unpersönlichkeit.
Das Bemerkenswerteste an der Zen-Erfahrung ist vielleicht, daß sie keine persönliche Färbung aufweist, wie wir sie etwa bei der mystischen Erfahrung im Christentum antreffen. Im buddhistischen Satori deutet nichts auf solche persönlichen und häufig erotischen Gefühle hin, wie sie uns aus den folgenden Ausdrücken entgegenschlagen: Flamme der Liebe, Umarmung, Geliebter, Braut, Bräutigam, geistige Ehe, Gottvater, Gottes Sohn und so weiter. Man kann natürlich sagen, daß all diese Ausdrücke Interpretationen aufgrund eines bestimmten Denksystems sind und nichts mit der Erfahrung selbst zu tun haben. Jedenfalls aber ist Satori in Indien, China und Japan vollkommen unpersönlich geblieben, etwas, das eher dem Bereich des reinen Intellekts zugehört als dem der Person.
7. Gefühl der Erhobenheit
Kein Satori, das nicht von diesem Gefühl begleitet wäre, denn schließlich wird hier alles Beengende aufgesprengt, das uns durch den Glauben an unsere Individualität auferlegt war; und dieses Aufbrechen ist kein negatives Geschehen, sondern ein sehr positives, denn es bedeutet eine unendliche Weitung des Individuellen. Die nicht immer bewußte Unterströmung aller unserer Bewußtseinsfunktionen besteht in einem Gefühl von Beschränkung und Abhängigkeit, denn das Bewußtsein selbst ist das Produkt zweier Kräfte, die einander bedingen und beschränken. Satori besteht dem gegenüber wesenhaft darin, daß alle Gegensätze ausgeräumt werden, welcher Art sie auch sein mögen - und diese Gegensätzlichkeit, wie gesagt, ist das Prinzip des Bewußtseins, während Satori das Unbewußte realisiert, das über allen Gegensätzen steht.
8. Augenblickscharakter
Satori kommt jäh über uns und ist eine Augenblickserfahrung. Wenn es sich nicht plötzlich und in einem Augenblick ereignet, ist es nicht Satori. Diese Plötzlichkeit ist charakteristisch für Hui-nengs "südliche Schule" des Zen, während sein Gegenspieler, Shen-hsiu, auf der allmählichen Entfaltung des Zen-Bewußtseins beharrte. Die plötzliche Satori-Erfahrung eröffnet in einem Augenblick einen vollkommen neuen Ausblick, und das gesamte Dasein stellt sich unter einer ganz neuen Perspektive dar.
(Quelle)
Palikanon schön und gut, aber die alten Palmblätter stauben schon über 2000 Jahre vor sich hin. Eine wirkliche Lehre des Erwachens lebt. Die gelebte Lehre ist meiner Ansicht nach die Entwicklung des Dharma von Theravada (Mönch) zu Mahayana (Bodhisattva bzw. Wandermöch), zu Chan (Bodhi-dharma ["erwachte Lehre"]), zu Zen (Zen und die Kunst des Spülens oder Autowaschens).
Die Lehre des Buddha manifestiert sich z.Z. als "das Zen des 21. Jahrhunderts" in den USA und schwappt mehr und mehr zu uns rüber. Der Kreis der Lehre schließt sich.
Eines von vielen Beispielen der erblühenden Lehre des Buddha ist Genpo Merzel, siehe http://bigmind.org/teachings
Buddha lebt!
In uns und ich bin sicher, dass er sich freut, wenn er dort nach so vielen Jahren mal wieder erwachen darf.
Einer der größten Hindernisse auf dem Weg zum Erwachen ist der Glaube "nur ein Buddha kann erwachen". Jeder von uns kann zu einem Buddha erwachen und das ist der einzige Grund, warum Buddha 40 Jahre lang Erwachen gepredigt hat. Buddhismus ist der Glaube daran, noch in diesem Leben erwachen zu können und es nicht weiter aufzuschieben. Die Zeit dazu ist "reif", nutze sie! Die Welt wird es uns danken und das gesamte Universum wird vor Freude in den hellsten Farben strahlen.