Selbstmoderiert- Tag für Tag...

  • ein guter Tag- meine Signatur hier. Heißt das, jeder Tag hat ein guter zu sein, sonst wird der bescheuerte passend gemacht?


    _()_Werte Sangha:


    Nein, ich verstehe das so:
    Wenn ich Ereignisse nicht bewerte, sondern sie so annehme wie sie sind und nicht wie ich sie gerne hätte, wird es ein sog. " guter " Tag- natürlich scheint das auch wieder eine Bewertung zu sein.
    Da ich aber nur diesen einen Tag zur Verfügung habe- gestern und morgen existieren nicht- widme ich mich ganz und ohne Bewertung meinen Aufgaben, den Ereignissen und stelle abends immer fest- der Tag war gut wie er war.
    Bei Schwierigkeiten lasse ich mich nicht von meinen Gefühlen verführen, sondern betrachte stattdessen das Problem: Was kann ich tun, es zu beheben, zu minimieren? Die dann übrigbleibende Rest-Situation nehme ich dann an, wie sie ist. Dadurch löse ich sie weitgehend bis ganz auf. Mehr kann ich nicht tun, dann widme ich mich wieder konzentriert meiner derzeitigen Aufgabe.


    _()_ c.d.

    Tag für Tag ein guter Tag

  • Meine Signatur "Ich hole Wasser, ich trage Brennholz" bedeutet, dass ich mich den ganzen Tag damit abschleppe :lol:


    Nein, natürlich nicht. Sie hat für mich die gleiche Bedeutung wie "Tag für Tag guter Tag"
    Für mich ist das die Beendigung jeglichen Bewertens und Beurteilens, zumindest da, wo dies sinnlos ist. Selbstverständlich ist "gut" eine Bewertung, da ich sie aber nicht ergreife, sondern sie einfach so lasse, bleibt einfach ein ausgeglichener, wunschloser Zustand, frei von Gedanken wie "ach, hätte ich doch, ach, wäre ich doch, ach, wäre es doch, er doch, sie doch ..."
    _()_ Monika

  • Tag für Tag,
    wenn ich mit etwas nicht fertigwerde,
    meinen Geist hemmt,
    mein Gedankenkarussel überhand nimmt
    und eine Affenherde nicht nur meinen Kopf,
    sondern auch Körper heimsucht,
    lasse ich mich fallen
    in etwas Größeres,
    was ich nicht sehen, fühlen, riechen oder hören kann.


    ;)

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Moin Crazy Dragon,
    der Satz stammt aus dem 6. Fall des Hekigan Roku

    Code
    FALL 6: Unmons "guter Tag"
    Unmon sagte in einer Unterweisung: "Ich frage euch nicht nach der Zeit vor dem
    fünfzehnten Tag; bringt mir einen Satz über die Zeit nach dem fünfzehnten Tag." Unmon
    selbst antwortete an Stelle der Mönche: "Jeder Tag ist ein guter Tag."


    Also ein Satz aus einem Koan.
    Unmon sagt: "Ich frage Euch nicht nach den Tagen vor dem Erwachen. Sagt etwas über die Zeit nach dem Erwachen."


    Also, verrückter Drache, sag was. :lol:


    Liebe Grüße
    Ji'un Ken

  • crazy-dragon:

    Da ich aber nur diesen einen Tag zur Verfügung habe- gestern und morgen existieren nicht- widme ich mich ganz und ohne Bewertung meinen Aufgaben, den Ereignissen und stelle abends immer fest- der Tag war gut wie er war.


    Auf einer Betrachtungsebene existiert der Tag, der gut war wie er war, genau so wenig wie gestern oder morgen. Was also stellst Du Abends fest? Mit der gleichen Berechtigung kannst feststellen dass gestern besser war als vorgestern oder hoffen das morgen besser wird als das heute was bislang vergangen ist.


    Für mich existiert ein gestern. Und das ist wichtig, weil ich mich an meine Handlungen und Gedanken erinnern kann, daraus lernen kann. Und es existiert ein morgen in dem ich mich bemühen möchte die Fehler des gestern nicht zu wiederholen.


    Es existiert nur ein jetzt. Und selbst das ist nur eine Illusion. Ja, das erfasse ich (vermeintlich und teilweise) intellektuell. Aber leben kann ich es (noch) nicht. Vielleicht morgen :D


    brigittefoe:

    lasse ich mich fallen
    in etwas Größeres,
    was ich nicht sehen, fühlen, riechen oder hören kann.


    Ich beneide Dich um Dein Vertrauen an etwas Größeres. Ganz ehrlich. Und ich freue mich für Dich, dass Du es (offenbar) ganz natürlich und selbstverständlich besitzt.
    Wie gerne hätte ich es auch. Es würde (vermeintlich) mein Leben einfacher machen. Das habe ich gestern gedacht, denke es heute und hoffe morgen zu erkennen ob es tatsächlich hilfreich wäre oder nicht.

    Von mehreren Theorien, die die gleichen Sachverhalte erklären, ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.


    Die Leute von denen Du am meisten lernen kannst sind die mit denen Du nicht einer Meinung bist.

  • Es ist ein Tag, die Polizei und so ein Notfallseelsorger kommen vorbei und überbringen von der Autobahn die schreckliche Nachricht ...


    ... ich glaube, mehr muss ich gar nicht ausführen. Die Frage ist aber: Wie sieht dieser "gute Tag" aus? Was ist damit?


    Das ist die entscheidende Frage, an denen sich die Geister scheiden.
    Was sagt Ihr?


    () Brücke


  • Hi Brücke,
    es geht ja nicht darum, "hurra schöner Tag guter Tag" zu fühlen, sondern eben ohne Bewertung den Tag, so wie immer er "erscheint" zu akzeptieren.
    Hier eine kleine Geschichte, die das veranschaulichen könnte:


    Zitat

    Ein Bauer hat einen Sohn, der bricht sich ein Bein und kann seinem Vater nicht mehr auf dem Acker helfen. Da sagen die anderen Bauern: "oh, wie schrecklich". Der Bauer antwortet "mag sein". Da kommen die Soldaten des Königs und wollen junge Bauern rekrutieren. Da der Sohn aber ein gebrochenes Bein hat, bleibt dieser davon verschont. "Oh, welch ein Glück für Dich", sagen die anderen Bauern. "Mag sein" sagt da der Bauer. Da läuft ihm das Pferd davon, "oh, wie schrecklich", da kommen die Soldaten und wollen die Pferde der Bauern, "oh, was für ein Glück" "Mag sein", die Soldaten sind fort, das Pferd kommt plötzlich wieder und bringt eine ganze Herde mit "oh welch ein Glück" "Mag sein", doch die Herde zertrampelt die Felder "oh, wie schrecklich" "Mag sein". Der Sohn ist wieder gesund und fängt die Herde ein und verkauft sie "oh welch ein Glück" "Mag sein", er nimmt das Geld und verlässt seinen Vater "oh wie schrecklich" "mag sein". Der Sohn kauft ein großes Haus und viel Land, holt seinen Vater zu sich "oh welch ein Glück" "Mag sein". Das Haus wird durch einen schrecklichen Erdrutsch in den Fluss geschoben "oh wie schrecklich" "Mag sein". Die Familie überlebt "oh welch ein Glück" und kehrt in das Dorf zurück, dort blühen wieder die zertrampelten Felder "oh, welch ein Glück" ...


    Diese Geschichte wurde nicht so erzählt, wie ich sie jetzt wiedergebe, aber so ähnlich (jedoch viel besser), jedoch veranschaulicht sie, dass wir nicht wissen, was für ein Tag für uns wirklich gut ist. Vielleicht gerade der, an dem uns das Leiden besonders traf, weil wir dann offen wurden, um uns der Lehre Buddhas zuzuwenden.
    _()_ Monika

  • Ji'un Ken:


    Unmon sagt: "Ich frage Euch nicht nach den Tagen vor dem Erwachen. Sagt etwas über die Zeit nach dem Erwachen."
    Also, verrückter Drache, sag was. :lol:
    Liebe Grüße
    Ji'un Ken


    _()_ Ji`un Ken-san:
    Der Antwort Unmon`s soll ich etwas hinzufügen? Da ich sicher keine bessere Antwort geben kann als Unmon, ziehe ich es vor zu schweigen. :P
    _()_ c.d

    Tag für Tag ein guter Tag



  • Allein schon das schwarze Gewand
    unseres werten Ji'un Ken, flößt mir soviel Ehrfurcht ein,
    da werde ich ganz blass und habe nix mehr zu sagen !


    :grinsen:

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler




  • Nach dem Erwachen ist vor dem Erwachen,
    und vor dem Erwachen ist nach dem Erwachen!
    allerdings würde mich jemand fragen:
    „Was ist das Erwachen ?“
    Dann werde ich unverzüglich antworten :
    „Nichts wesentliches!“



    añjalī अञ्जलि
    Dorje Sema

  • Namaste!


    Unter den "Zen-Gathas" habe ich auch das folgende gepostet, welches ich auch jeden Morgen rezitiere:

    Ryofu Pussel:

    Guten Morgen!
    Heute ist ein neuer Tag,
    ein großartiger Tag.
    Wunderbares wartet heute auf mich,
    möge ich mein Bestes geben;
    möge ich das Beste aus diesem Tag machen.


    Ich verstehe unter einem "guten Tag" einen Tag, an dem ich nichts (oder sagen wir lieber "wenig") zu bereuen habe.


    Die Dinge, die mir von außen her passieren, dafür kann ich meistens nichts (zumindest aus dem subjektiv-engen Blickwinkel heraus gesehen).
    Meine Aufgabe ist die passende, sozusagen "reuelose", Reaktion auf diese Dinge; es ist der Versuch, sein Bestes zu geben, denn mehr ist ohnehin nicht möglich.


    Aber auch wenn ich nachher feststelle, dass meine Reaktion unpassend war, dass ich nicht mein Bestes gegeben habe, und Reue empfinde, auch dann kann noch ein "guter Tag" gewesen sein, wenn mir diese Feststellung dabei hilft, künftig nicht mehr in derartige "Fallen" zu tappen.
    Daher auch das Zitat in meiner Signatur ;)


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • _()_Werte Sangha:


    Bisher gab es interessante, sehr persönliche Aussagen, aber auch eine Aufforderung und smilies statt einer eigenen Antwort... :P Vielleicht möchte noch jemand dazu etwas sagen?


    _()_c.d.

    Tag für Tag ein guter Tag

    2 Mal editiert, zuletzt von crazy-dragon ()


  • diese Adlerperspektive ist mir recht fremd. Allerdings gibt es für mich keine schlechten Tage, sondern nur gute Tage - solche in denen ich im Fluß bin und mit dem Leben gehe dann ist alles ganz einfach und richtig sowie solche in denen ich nicht im Fluß des Lebens bin, dann ist es eben eher anstrengend.


    brigittefoe:

    lasse ich mich fallen
    in etwas Größeres,
    was ich nicht sehen, fühlen, riechen oder hören kann.


    Darum beinde ich auch Brigitte, denn das ist genau das was mir (noch) fehlt. Ich freue mich für dich Brigitte![/quote]

  • Beitrag von Bishafu
    brigittefoe hat geschrieben: lasse ich mich fallen
    in etwas Größeres,
    was ich nicht sehen, fühlen, riechen oder hören kann.


    Darum beinde ich auch Brigitte, denn das ist genau das was mir (noch) fehlt. Ich freue mich für dich Brigitte![/quote]

    Namaste Bishafu,


    dieses fallen lassen können, war ein langer Prozeß !
    Tage, Wochen, Monate, Jahre habe ich gegen mich selbst
    und das Leben gekämpft; hatte den Glauben bzw. Ansicht
    das Dasein (meins und von anderen) kontrollieren, planen
    und erfolgreich gestalten zu können.
    Da beißt sich der Hund ständig in den Schwanz . . .
    Erst nach Auf-geben gewollter und "gemeinter" beeinflußbarer Handlungen -
    erst nach einem völligen Zusammen-bruch meiner Person, der Erkenntnis und
    Ein-sicht, daß dieses Ego-ich nichts bewirkt und sich an sich selbst
    klammert, nicht sterben will;
    nach dieser Einsicht habe ich mich hingegeben, in eine große Ordnung,
    die hinter all dem steht. Diese Ordnung (TAO, großer Geist, G'ott, wie immer
    es genannt wird - denn im Grunde ist es nicht nennbar !) bewegt mein Herz,
    meinen Geist, meinen Körper, meine Zellen.


    Nach einem Spaziergang in unseren Weinbergen habe ich an den Hängen
    eine Pusteblume entdeckt, die fast dreimal so groß war, wie die normalen
    (sah zumindest so aus) ! Nach näherer Betrachtung, wie magisch wurde ich
    von ihr angezogen, fiel es mir wie Schuppen von den Augen (dieser wundervolle
    Moment, wenn eine Ein-sicht und Erkennen einen ganz weit machen !!!).
    Diese Blume war in ihrer Anordnung so vollkommen, symmetrisch und diese
    Gestaltung dieses Wundwerks, machte mich baff !
    Noch viele Beispiele im Kleinen könnte ich nennen; dafür reichen die Seiten nicht.
    Die Schöpfung ist so perfekt angeordnet, gibt alles umsonst ohne etwas zurück-
    zuverlangen, sie nährt, wärmt, gibt uns Wasser und hat keine Erwartungen.
    Wir sind davon umgeben, sehen und hören aber nichts, weil wir nicht hinschauen;
    so mit uns selbst beschäftigt sind . . .


    Natürlich werde ich noch so manchesmal zurückgeworfen in das leidige, unheil-
    volle EGO-Denken; aber abends und in der Meditation reflektiere ich über mein
    Denken und Handlungen; bemühe mich stets im Fluß zu bleiben, in Dankbarkeit
    und Demut zurückzukommen in die tragenden Hände des nicht Faßbaren.


    Lieber Gruß

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler


  • Der Vollmond weint bitterlich.
    _()_