Gedankenspiel: Arahant statt Bodhisattva

  • Nur rein als Gedankenspiel: Wie hätte sich Zen über die Jahrhunderte entwickelt wenn das "erstrebenswerte" Ziel die Arahantschaft wäre und nicht das Bodhisattva Ideal. Was würde sich ändern, was nicht?

  • Stawrogin:

    Nur rein als Gedankenspiel: Wie hätte sich Zen über die Jahrhunderte entwickelt wenn das "erstrebenswerte" Ziel die Arahantschaft wäre und nicht das Bodhisattva Ideal. Was würde sich ändern, was nicht?


    Du wußtest noch nicht, dass man im Zen keinen wesentlichen Unterschied zwischen Buddha, Bodhisattva, Arahant und auch dem gewöhnlich Übenden macht? Das sind alles nur Aspekte.

    • Offizieller Beitrag
    Stawrogin:

    Nur rein als Gedankenspiel: Wie hätte sich Zen über die Jahrhunderte entwickelt wenn das "erstrebenswerte" Ziel die Arahantschaft wäre und nicht das Bodhisattva Ideal. Was würde sich ändern, was nicht?


    Als der Buddhismus nach China kam, hatte er zunächst große Probleme, weil das ganze Ideal der Entsagung in China nicht als etwas Positives aufgefasst wurde sondern als etwas, was Menschen davon abhielt ihre Pflicht gegenüber Ahnen, Gesellschaft, Staat und Familie zu tun. In China wird Weltflucht nicht geachtet und der Weise ist derjenige, der in einem harmonische Gleichgewicht mit der Welt steht. Ich kann mir vorstellen, dass diejenigen Schulen, die größere Betonung des Ziel der Arahantschaft gesetzt haben, sich in China nicht druchsetzen konnten.

  • void:


    Als der Buddhismus nach China kam, hatte er zunächst große Probleme, weil das ganze Ideal der Entsagung in China nicht als etwas Positives aufgefasst wurde sondern als etwas, was Menschen davon abhielt ihre Pflicht gegenüber Ahnen, Gesellschaft, Staat und Familie zu tun. In China wird Weltflucht nicht geachtet und der Weise ist derjenige, der in einem harmonische Gleichgewicht mit der Welt steht. Ich kann mir vorstellen, dass diejenigen Schulen, die größere Betonung des Ziel der Arahantschaft gesetzt haben, sich in China nicht druchsetzen konnten.


    Das finde ich ein interessantes Statement. Ähnliches könnte man hier in Europa erleben.

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Ein Arahant ist nur ein gewöhnlicher Mensch.
    Der gewöhnliche Mensch ist nicht gewöhnlich.
    Wohnungen gibt es viele -
    die Mieter sind immer gleich.

  • verrückter-narr:


    Danke für die Links.


    Moosgarten:


    Du wußtest noch nicht, dass man im Zen keinen wesentlichen Unterschied zwischen Buddha, Bodhisattva, Arahant und auch dem gewöhnlich Übenden macht? Das sind alles nur Aspekte.


    Ich habe es mir aber schon denken können.


    void:


    Als der Buddhismus nach China kam, hatte er zunächst große Probleme, weil das ganze Ideal der Entsagung in China nicht als etwas Positives aufgefasst wurde sondern als etwas, was Menschen davon abhielt ihre Pflicht gegenüber Ahnen, Gesellschaft, Staat und Familie zu tun. In China wird Weltflucht nicht geachtet und der Weise ist derjenige, der in einem harmonische Gleichgewicht mit der Welt steht. Ich kann mir vorstellen, dass diejenigen Schulen, die größere Betonung des Ziel der Arahantschaft gesetzt haben, sich in China nicht druchsetzen konnten.


    Das ist mal eine sehr interessante Information bzw. Überlegung. Danke Void. Nur würde mich immer noch interessieren, was sich in der Praxis aber auch in Riten ändern würde, wenn es ein Ideal wäre ein Arahant zu werden und nicht ein Bodhisattva.


    IkkyuSan:

    Ein Arahant ist nur ein gewöhnlicher Mensch.
    Der gewöhnliche Mensch ist nicht gewöhnlich.
    Wohnungen gibt es viele -
    die Mieter sind immer gleich.


    Ob Arahants gewöhnliche oder nicht gewöhnliche Menschen sind, war halt nicht die Frage.

    • Offizieller Beitrag
    Stawrogin:

    Das ist mal eine sehr interessante Information bzw. Überlegung. Danke Void. Nur würde mich immer noch interessieren, was sich in der Praxis aber auch in Riten ändern würde, wenn es ein Ideal wäre ein Arahant zu werden und nicht ein Bodhisattva.


    Also das Ziel ist es vollständige Befreiung vom Leid zu erreichen. Jemand der vollständige Befreiung vom Leid erlangt hat, wird im Theravada ein Arhat genannt.


    Die Frage ob man Befreiung zum "Wohle aller Wesen" erlangt oder nicht, ist vermutlich nicht primär wichtig. Denn jeder Arhat würde ja sofort Befreiung zum Wohle aller Wesen erlangen, wenn das nötig wäre. Weil ein Arhat ja ohne Ego ist, würde er da keinen Moment zögern. Der einzige Grund warum im Thevada nicht jeder Arhat ein Buddha wird, ist, dass es ja im allegmeinen überhaupt nicht notwenig ist, die Lehre zu verkünden , da sie ja bereits verkündet wurde. Man geht nicht davon aus, dass freien Stellen als Buddha - also als Lehvrerkünder - die besetzt werden müssten, weswegen niemand egoistisch handelt, der sie nicht antritt. So wie ja auch nicht jeder Katholik Papst werden muss, weil es da nicht so viele braucht.


    Dasss ein Arhat Buddha werden müsste, wird nur durch die Vorstellung grechtfertigt, dass es unendlich viele Welten gibt und auf irgendeiner schon irgendein Buddha gebraucht wird, der da gerade mal wieder die Lehre verkünden müsste. Das Bodhisattvaideal basiert also darauf, dass weit entfernte Galaxien oder Pralleluniversen gibt, wo bei den Evoks und Wooukies alle tausend Jahre mal jemand gebraucht wird, der das Rad der Lehre neu anstösst. Was ja für sich betrachtet schon ein sehr abenteurlich abgeschweifter Gedanke ist.


    Aber auch wenn diese Begründung weit hergeholt ist, ist die daraus abgeleitete alles druchdringende Idee, dass man nie für sich selber übt, sehr positiv und sehr wichtig und sehr praxisrelevant. Weil die Idee man könne für sich selber üben und für sich selber Befreiung erlangen, sehr falsch ist, ist es wichtig, das Gegenteil zu betonen.


    Aber neimand, der einem Arhat nur nahekommt, kann so etwas ernsthaft annehmen. Den "egoistischen Arhat" gibt es gar nicht- er ist eine Fiktion. Und das Bodhisattvaideal, wo man dann bei den Wookies und Evoks Räder anstösst, kommt mir auch wie eine (mehr doer weniger heilsame) Fiktion vor. Letzendich gibt nur vollständige Befreiung jenseits von Kategorisierungen.


  • Void, Danke für deine Gedanken, macht natürlich alles Sinn. :)
    Allerdings, frage ich mich dennoch gerade, was daran falsch sein soll, wenn man für sich entscheidet für sich selbst zu üben und für sich selbst die Befreiung zu erlangen? Schließlich kann niemand das einem abnehmen. Oder liegt das Problem im Wort "Selbst" und "sICH" ? also schon in der Grundannahme einer bestehender Persönlichkeit(Selbst) die sICH vom Leid befreien will? Das ist natürlich aus der Absoluten Sicht nach Buddhistischer Lehre (Anatta) ein Widerspruch in sich, denn wie kann ein Ich sich vom Ich befreien bzw WILL das Ich sich von einem Ich befreien. Aber aus der profanen Sicht ergibt das durchaus Sinn, das man sich vom leiden befreien will, also das man überhaupt etwas will und auch das so ausübt, Rechte Anstrengung (sammā-vāyāma). Oder etwa nicht?


    Zum Bodhisattva Ideal fällt mir grade was schönes ein was Muho mal ungefähr so gesagt hatte, er meinte, in dem Moment in dem man aufrichtig strebt für alle Wesen da zu sein und ihnen zu helfen, rottet sich das Ego aus und somit auch das Leid. Also ist es im Grunde ein "Trick", wobei wenn Mitgefühl ernsthaft ausgeübt wird, ist es ja kein Trick sondern eine tatsächliche Eigenschaft.


    Edit:
    Was ich noch sagen wollte und es vergessen habe ist, das ich kürzlich eine Geschichte las, das Ajahn Sumedho vor seiner Ankunft bei Ajahn Chah, in China nach Chan Regeln Meditation praktiziert hat, und als er zu Ajahn Chah kam und ihm seine Praxis schilderte meinte dieser, "Ui, Super, mach genauso weiter" Die nächsten Jahre meditierte Ajahn Sumedho genau in diesem "Mahayana" Stil weiter in einer "Theravadin-Einrichtung" oder genauso eine Geschichte, als jemand in denn 80er oder 90er in das Kloster "Amaravati" in England zum Kennenlernen der Buddha-Lehre kam, drückte ihm einer der bekannteren Mönche das Buch "Zen Geist, Anfänger Geist" in die Hände und meinte: Das ist so ziemlich genau das was wir hier machen, Theravada Literatur ist einfach zu trocken für denn Einstieg.


    Genau hier, erleben wir einfach doch, wie schlussendlich es egal ist ob Mahayana oder Theravada, ob Bodhisattva oder Arahant, es ist wie du es geschrieben hast Void:
    Letzendich gibt es nur vollständige Befreiung jenseits von Kategorisierungen.

  • Stawrogin:

    Allerdings, frage ich mich dennoch gerade, was daran falsch sein soll, wenn man für sich entscheidet für sich selbst zu üben und für sich selbst die Befreiung zu erlangen? Schließlich kann niemand das einem abnehmen. Oder liegt das Problem im Wort "Selbst" und "sICH" ?


    Zwischen "selbst üben" und "für sich selbst" gibt es doch einen Bedeutungsunterschied.
    Es liegt tatsächlich an dem Wort "selbst" - einmal ist es nur ein Pronomem (also eine grammatische Konstruktion) die anzeigt, wer die Tätigkeit verrichtet. Im 2.Fall ist aber gesagt, auf was die Tätigkeit zielt, nämlich auf ein vermeintlich unabhängiges Selbst - sonst müßte man es ja nicht mit "für sich" herausstellen.


    Zitat

    Das ist natürlich aus der Absoluten Sicht nach Buddhistischer Lehre (Anatta) ein Widerspruch in sich, denn wie kann ein Ich sich vom Ich befreien bzw WILL das Ich sich von einem Ich befreien.


    Wüßte zwar nicht was das mit der "absoluten Sicht" zu tun hat - aber da es kein isoliertes "Ich" gibt, kann es sich natürlich nicht unter der Annahme einer Isolierung befreien. Das wäre ja nur noch ein tieferes Versinken in Verwirrung.


    Zitat

    Aber aus der profanen Sicht ergibt das durchaus Sinn, das man sich vom leiden befreien will, also das man überhaupt etwas will und auch das so ausübt, Rechte Anstrengung (sammā-vāyāma). Oder etwa nicht?


    Tätigkeit setzt Entscheidung, also Willen voraus. Aber "rechten" (vollkommenen). Was ist der "Rechte Wille" - in dem man vom "Ich" absieht. Im Zen wird dafür gern das Wort "Nur" gesetzt: wie in "Nur-Sitzen". In dem ich etwas "Nur" mache, fällt auch die Unterscheidung zwischen "Ich" und "Andere" ab.

  • Zitat

    Ob Arahants gewöhnliche oder nicht gewöhnliche Menschen sind, war halt nicht die Frage.


    Also bist du auch noch so einer, der Antworten auf Fragen verlangt ^^


    Schlag dir die Arahants aus dem Kopf, mit Zen hat das überhaupt nichts zu tun.

  • Ist es Langeweile oder Einsamkeit die zu solchen was-wäre-wenn-Fragen führen?
    Das Jetzt wird nicht mit Aufmerksamkeit versehen.
    Als Zen-Praktizierender sollte man in so einen Zustand nicht leiden und wenn
    doch das Forum sein lassen und die Zeit für die Meditation erhöhen.

  • Liebe Bosale!


    Das Gedankenspiel möchte ich nicht machen. Wir gehen ein Weg. Gyoji. Immer wieder von vorn. Hinsetzen, Zazen üben. Jeden Morgen aufs Klo, Waschen, Zähne putzen. Den Mitmenschen zeigen, daß in Gyoji die Wahrheit liegt. Nicht in edlen Powerpointpräsentationen für Ungläubige. Ganz simpel. Alltäglicher Geist. Solche Mindgames empfinde ich als Zeitverschwendung. Sorry, es ist so.


    Auf bald.
    Dae Kyong