Rohatsu-Sesshin: Wer hat es erfunden?

  • Mich beschäftigt die Frage, seit wann es die Tradition des „Rohatsu-Sesshin“ gibt und wer es eingeführt hat? :?


    Auch würde ich mich über Zitate der Meister freuen, die sich mit dieser sehr besonderen Form eines Sesshins auseinandersetzen, falls jemand diese gedanklich gerade greifbar hat.


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  • Baika:

    Mich beschäftigt die Frage, seit wann es die Tradition des „Rohatsu-Sesshin“ gibt und wer es eingeführt hat? :?


    Auch würde ich mich über Zitate der Meister freuen, die sich mit dieser sehr besonderen Form eines Sesshins auseinandersetzen, falls jemand diese gedanklich gerade greifbar hat.


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    Der Buddha himself. Haha, wat fürne Frage :lol:

    • Offizieller Beitrag
    Moosgarten:

    Der Buddha himself. Haha, wat fürne Frage :lol:


    Genau. Traditionell wird am 8 Tag des 12 Monats ( des chinesischen Kalenders) in Japan Buddhas Befreiung gefeiert (Bodhi-Day). Und zwar jetzt nicht nur im Zen sondern auch in anderen Schulen. Durch eine Kalenderumstellung ist das am 8 Dezember gelandet. So wie Buddhas Befreiung bei den Thervadins beim Vesakh im Mai gefeiert wird und bei den Tibetern im Juni.


    Und von daher macht es dem Anlaß gemäß Sinn, dass sich in der Zeit davor die Ordinierten besonders anstrengten, diesem Vorbild gerecht zu werden. Bei Buddha Shajyamuni heißt es ja, er habe da einen Schwur geleistet, nicht eher aufzustehen, bis daß er Befreiung erlangt hat. Dem eifert man nach. Und so eine Phase intensiver Übung ist eben ein Sesshin.

    • Offizieller Beitrag

    Weil es allen klar war, dass es darum geht an die Befreiung Buddha Shakyamuni anzuknüpfen, findet man wahrscheinlich ganz schwer was, was sich mit der Institution des Rohatsu Sesshin beschäftigt.
    Was es gibt sind Texte anlässlich des Rohatsu.
    Auf so einen Text bezieht sich etwa Shodo Harada Roshi in "Der Weg des Zazen".



      Es gibt eine Sammlung von Hakuin Zenjis Schriften namens Rohatsu Jisshu. Dabei handelt es sich um eine Sammlung seiner Lehrreden, die an jedem Abend der Woche des Rohatsu Osesshins gehalten wurden. Hakuin spricht aus seiner eigenen Erfahrung heraus um seine Schüler anzuspornen und ihnen Energie für ihre Übung zu geben. Diese Textsammlung ist das Werk von Hakuins Schüler Torei Zenji. Sie ist unveröffentlicht und wird wegen ihrer schonungslosen Strenge ausschließlich in den Zendos für die Mönche und Nonnen verwendet. In diesem Text finden wir den Weg des Zazen, Den Weg in Samadhi einzutauchen und Den Weg zu Atmen (Sussoukan), beschrieben. Sie werden alle in großem Detail gelehrt.


    Und so finden sich natürlich auch von Dōgen Texte die er mal anlässlich eine Rohatsu gesagt hat. Bei Shodo Harada Roshi klingt "schongunslose Strenge" so wäre Rohatsu eine Zeit besonderer Anstrengung und besonders intensiver Übung. Ich frage mich, wie Rohatsu im Soto, wo man ja der "Erleuchtungsanstrenung" eher kritisch gegenübersteht, gesehen wird.

  • :like: Es freut mich sehr, wenn ich für gute Laune sorgen konnte. :)


    Vielleicht habe ich meine Frage zu ungenau/missverständlich gestellt? Ich versuche es nochmal. Meines Wissens nach, hat sich -bezogen auf den Mahayana- nur im Zen diese besondere Form (einwöchiges Sesshin bis zum „Bodhi-Day“) als Tradition entwickelt.
    Ich möchte wissen, wer hat die Idee dazu gehabt? Und wann war das?

  • void:

    Was es gibt sind Texte anlässlich des Rohatsu.
    Auf so einen Text bezieht sich etwa Shodo Harada Roshi in "Der Weg des Zazen".

    Danke Dir! zu Beginn finden sich darin schon die ersten interessanten Informationen (den gesamten Text habe ich noch nicht gelesen):

    Zitat

    Das Rohatsu Osesshin ist der Höhepunkt eines Übungsjahres, ein Zeitpunkt, zu dem sich jeder einem abschließenden Bewertung des vergangenen Übungsjahres gegenüber sieht.

    Die Sichtweise eines „Höhepunktes eines Übungsjahres“ kann ich mir bezogen auf ein Klosterleben gut vorstellen. Etwas gegen die Monotonie tun...Motivation steigern...in der dunklen Winterzeit. Den Aspekt der „Bewertung“ finde ich etwas befremdlich :?

    void:


    Es gibt eine Sammlung von Hakuin Zenjis Schriften namens Rohatsu Jisshu. Dabei handelt es sich um eine Sammlung seiner Lehrreden, die an jedem Abend der Woche des Rohatsu Osesshins gehalten wurden. Hakuin spricht aus seiner eigenen Erfahrung heraus um seine Schüler anzuspornen und ihnen Energie für ihre Übung zu geben. Diese Textsammlung ist das Werk von Hakuins Schüler Torei Zenji. Sie ist unveröffentlicht und wird wegen ihrer schonungslosen Strenge ausschließlich in den Zendos für die Mönche und Nonnen verwendet. In diesem Text finden wir den Weg des Zazen, Den Weg in Samadhi einzutauchen und Den Weg zu Atmen (Sussoukan), beschrieben. Sie werden alle in großem Detail gelehrt.

    Gibt es Vergleichbares auch im Soto? Also spezielle Texte zum Rohatsu-Sesshin?


    („schonungslose Strenge“ bei Meister Hakuin. Darunter kann ich mir etwas vorstellen, ich lese zurzeit sein Werk „Authentisches Zen“. Echt sehr speziell.)

    void:

    Ich frage mich, wie Rohatsu im Soto, wo man ja der "Erleuchtungsanstrenung" eher kritisch gegenübersteht, gesehen wird.

    Gute Frage!

  • In meiner bisherigen Wahrnehmung habe ich das Rohatsu-Sesshin als etwas übergeordnet empfunden. Daher rührte auch die Threadfrage, wer für die besondere Rolle verantwortlich ist und wann diese in den „allgemeinen Klosteralltag“ eingeführt und übernommen worden ist.


    Beruht die besondere Rolle einfach wirklich „nur“ auf den Bodhi-Tag ( 釈迦成道会, Shaka-Jōdō-e), weil im klösterlichen Alltag „Intensiv-Sesshins“ ohnehin regelmäßiger Bestandteil der Praxis sind?


    Ein Blick ins klösterliche Leben des deutschen Klosters DAIHIZAN FUMONJI (Soto-Shu) gibt da etwas mehr Aufschluss (Link zum Jahresprogramm 2018: https://www.eisenbuch.de/jahresprogramm/jahresprogramm-2018/ ). Dort wird ein weiteres Intensiv-Sesshin angeboten. Es hat den Namen „Nirvana-Sesshin“. Auch stösst man beim Studieren des Jahresprogramms auf den Begriff „Ango“.


    Dazu aus einem Vortrag aus dem Jahr 2008 des Abtes Fumon Shoju Nakagawa Roshi folgende erklärende Zitate:

    Zitat

    (…) doch möchte ich gleich anfügen, zwei Wochen wären noch besser, und wenn es ginge, ein ganzer Monat, oder drei Monate. Das wäre nämlich dann eine vollständige Übungsperiode, wie man sie schon zur Zeit Buddhas praktiziert hat. In Indien gibt es die Regenzeit. Und weil man da nicht wandern konnte, blieben Mönche und Nonnen während der Regenzeit an einem bestimmten Ort und führten zusammen neunzig Tage lang eine Trainingsperiode durch, japanisch ango genannt. Diese Tradition kam später nach China. Dort ist es die Winterzeit, in der man wegen der Kälte nicht wandern kann. Deshalb haben die Chinesen das Winter- Ango eingeführt, und später auch noch ein Sommer-Ango, also zwei Trainingsperioden pro Jahr. (…)

    Halten wir fest: Früher war alles länger, intensiver und härter.


    Wirklich bemerkenswert ist seine Kritik zur allgemeinen Praxis!

    Zitat

    (…) Leider haben die Trainingsperioden in China und auch in Japan immer mehr ihren ursprünglichen Inhalt verloren, sie sind im Lauf der Zeit zum Formalismus geworden, zu einem bloßen Ritual. Heutzutage ist das klassische Ango fast ganz verschwunden, abgesehen von einigen kleinen Klöstern in Japan und einigen Klöstern in den USA.
    Ango-Training bedeutete ursprünglich: neunzig Tage lang morgens um zwei Uhr aufstehen und abends um zehn Uhr ins Bett gehen, also eine Schlafzeit von weniger als vier Stunden. Außerdem hatte man nur eine Mahlzeit pro Tag. Solche Art Praxis wurde von Buddha ‚auf dem mittleren Weg gehen‘ genannt. Damals hat man eben die Dinge anders gesehen als heute. Quelle: https://www.eisenbuch.de/klost…tag-um-tag-ist-guter-tag/

    Wie bereits erwähnt, der Vortrag stammt aus dem Jahr 2008. Er hat aber bis dato seinen prominenten Platz auf der Webseite. Von daher kann wohl davon ausgehen, dass die Kritik bis in die Gegenwart anhält?!


    Ein Laie wie ich, blickt da schon mit Scham auf die eigene „schäbige“ Praxis. Sich aufdrängende Selbstzweifel, ob man da auf seinem „Weg“ überhaupt nennenswerte „Wegstrecke“ zurücklegen kann, muss man wohl mit einer großen Portion Gleichmut begegnen? ^^

  • Wir haben pro Jahr 3x Ango, im Frühjahr, Herbst und Winter, jedes ca 3 Monate. Rohatsu markiert den Übergang zwischen Herbst- und Winter-Ango. Das Winter-Ango ist etwas kürzer und intensiver, folgt wohl auch stärker den offiziellen Soto-Regularien, jedenfalls schicken die dann immer grosse Aushänge mit den entsprechenden Anfeuerungen. Falls ein neuer Hauptmönch intronisiert werden soll, geschieht das am Ende. Nach jedem Ango gibts Takuhatsu (Bettelgang) in den Großstädten.


    Ich glaube, man sollte sich keine Gedanken darüber machen, wie angeblich toll die früher oder anderswo geübt haben. Das hängt nich formal von der Dauer der Schlafenszeit oder der Anzahl der Mahlzeiten ab. Wichtig allein, ob man mit dem Herzen dabei ist und wie man den Gedanken von Übung in den Alltag integrieren kann.

  • Sesshin sind generell Veranstaltungen, die (im heute üblichen Sinn) erst in der Tokugawa-Ära aufkamen - gezielt als Angebot für Laien. Wer's "erfunden" hat, weiss ich auch nicht. Sakuson Jodo-e (Śakyamunis Erwachen) am achten Tag (Rōhatsu) des 12. Monats war da jedenfalls schon seit langem ein fester Termin im Jahreskalender für spezielle Riten - es bot sich an, in den Tagen davor regelmäßig ein besonders intensives Sesshin anzubieten. U.a. auch, weil in dieser Zeit keine dringenden landwirtschaftlichen Arbeiten anstehen. Das lief natürlich ursprünglich nach dem (lunisolaren) chineischen Kalender; in der Meiji-Ära wurde das ohne Federlesen auf den westlichen Kalender umgestellt.


    Für Mönche (insbesondere Unsui) gibt es im Jahresablauf die zwei (idR 90 Tage andauernden) Trainingsperioden des Ango oder Kessei. Während des Ango wurde / wird in einer Woche pro Monat auf samu (körperliche Arbeit) und takuhatsu (Bettelgang) zugunsten intensiverer Zazen-Übung verzichtet. Diese 'arbeitsfreien' Wochen waren der Ursprung der Sesshin, wie sie heute üblich sind.


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    OM MONEY PAYME HUNG

    • Offizieller Beitrag
    Sudhana:

    Sesshin sind generell Veranstaltungen, die (im heute üblichen Sinn) erst in der Tokugawa-Ära aufkamen - gezielt als Angebot für Laien.


    Es gab da ein kurzes "Vorspiel": Innerhalb des Gozan-Systems in Kyoto war Rinzai-Zen während der Muromachi-Periode ja teilweise zu so einer Kulturveranstaltung verkommen, wo die Mönche viel Gedichte schrieben und kalligraphierten und sehr wenig meditierten.(eine Stunde vormittags eine nachmittags) Die Klöster waren ein Ort wo der Adel seine überzähligen Sprösslinge auslagerte.


    Etwas außerhalb des Gozan Systems war der Daitoku-ji ( und der Myōshinji)


    Dort fand man dann - wegen der relativen Machtferne- eher die ernsthafteren Prakatizierenden - man hatte aber dadurch auch enorme Finanzierungsprobleme, besonders in Zeiten des Bürgerkriegs.


    So machte man in der reichen, teil selbstverwalteten Handelstadt Sakai wo die Bürger sehr an Kultur, Teezeremonie und Zen interessiert waren die Meditationshalle Yoshunan, wo man Zen für Laien unterrichtete. Dieser Anflug von Rennaisance wurde dann aber natürlich mit der Tokugawa-Herrschaft erstickt.


    Es hatte aber vielleicht feswegen eine Bedeutung für die Zukunft, weil der grosse Erneuerer des Rinzai Hakuin Ekaku ja genau aus dieser Ōtōkan-Linie stammte.

  • Sudhana:

    Sesshin sind generell Veranstaltungen, die (im heute üblichen Sinn) erst in der Tokugawa-Ära aufkamen - gezielt als Angebot für Laien.


    Danke für die Beantwortung meiner Frage. :like:


    void und Moosgarten
    Danke auch für Eure Beiträge!


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