Essay über Dôgens späte Kritik am Laiendasein

  • Ich fasse nun den Essay von Hoyu Ishida zusammen, der bereits 1989 erschien (http://www.office.usp.ac.jp/~k…hange%20of%20Attitude.pdf). Ein paar Stellen habe ich spaßeshalber fett markiert, weil sie so sinngemäß auch hier von mir formuliert worden waren (als Beispiel meiner Lektüre, die in meine Beiträge einfließt).


    Ishida räumt zunächst ein, dass viele der genannten Thesen zu dieser Zeit kontrovers diskutiert wurden. Dazu zählt auch die zweifelhafte Autorenschaft Dôgens am Kapitel „Bendôwa“ aus dem „Shôbôgenzô“. Dieses sei offenbar ursprünglich gar nicht fürs Shôbôgenzô geschrieben worden. Die darin einige Jahre nach seiner Rückkehr aus China (1227) geäußerten Ideen deckten sich mit denen des Fukanzazengi (spätestens 1233), das ein „universelle Empfehlung des Zazen“ darstelle. Die Thesen darin:


    - Zazen ist der wahre Buddha-Dharma, da alle Buddhas und Meister durch Zazen erwacht seien
    - Zazen ist kein Mittel zum Zweck (der Erleuchtung), sondern Erleuchtung selbst (shûsho-itto bzw. shûsho ichinyo)
    - Es gibt keine Degeneration des Dharma (mappô, Zeitalter des Zerfalls)
    - Auch Laien und Frauen können erwachen


    1233 wechselte Dôgen in einen anderen Tempel, wo er in zehn Jahren 44 Kapitel des Shôbôgenzô verfasste und Klosterregeln entwickelte. Im Kapitel „Rahai tokuzui“ betonte er noch einmal die Gleichheit von Mann und Frau.


    1243 veränderte Dôgen seinen Aufenthaltsort erneut und begründete den Tempel, den wir noch heute als Eiheiji kennen. Bis zu seinem Tod entstanden dort 29 weitere Kapitel des Shôbôgenzô, die vor allem der Mönchsausbildung gewidmet waren. Ab 1243 behauptet Dôgen plötzlich, das Mönchsein sei dem Laienstatus weit überlegen. Dies findet sich im Kapitel „Shuke kudoku“. Auszug:


    „Auch wenn es in der heiligen Lehre die Ansicht gibt, Laien könnten erwachen, ist dies nicht die rechte Lehre. Die rechte Übertragung der Buddhas und Patriarchen ist das Erlangen der Erleuchtung, indem man Mönch wird.“ Im Kapitel „Shukke“ wird diese Auffassung bestätigt.


    Im Kapitel „Sanjûshichihonbodaipunpô“ kritisiert Dôgen das Laienleben weiterhin deutlich. Demnach wäre sogar ein Mönch, der die Gebote bricht, einem Laien überlegen, der sie hält.


    Im folgenden Abschnitt des Essays wird die Haltung der Sôtô-Schule zu diesem Problem untersucht. exemplarisch an ihrem Vertreter Ekô Sokuô, einem der damals einflussreichsten Sôtô-Gelehrten. Ekô versucht, aus dem Fukanzazengi und der Hingabe von Mönchen an die Errettung der Wesen zu abstrahieren, dass Dôgens Zen sich demnach auch an Laien richtete. Wie die meisten Sôtô-Experten stellt er sich aber nicht den diesem Ansatz widersprechenden Textstellen.


    Ausgeführt wird dann anhand des Kapitels „Genjôkôan“, wie Dôgen betont, dass Erwachen gleichzeitig mit der Praxis einherginge und erst die Praxis das Erwachen authentifiziere, und zwar indem ständig „Körper und Geist abgeworfen“ werden (shinjin datsuraku). Man sei erleuchtet, indem man die eigene ursprüngliche Erleuchtung erkenne. Sobald dies der Fall ist, werde jede Alltagshandlung zur Manifestation der Erleuchtung. Doch Dôgen bringt keine Beispiele aus dem bloßen Alltagsleben ohne buddhistische Disziplin als Übungsweg, die der Erleuchtung gleichkämen. Er setzt seine Beispiele stets in Bezug zum Mönchsdasein – shushô itto geschieht stets auf der Basis von Erleuchtung (shujô no shu) als „bereits erleuchtete Praxis“. Um diese Art der Praxis zu erlangen, wo sie kein Mittel zum Zweck mehr ist, sei aber auch bei Dôgen eine zielgerichtete Praxis vonnöten.


    Im dritten Teil des Essays betont der Autor, dass die Erkenntnis von Dôgens Kritik am Laientum im Kontrast zu Darlegungen von Vertretern der Sôtô-Schule steht. Der Autor hält nichts von der These, Dôgen habe es zunächst nur vermieden zu behaupten, Laien könnten mithilfe von Laien erwachen, weil er einen finanziell abgesicherten Status für seine Klöster anstrebte, der ja auch von Laien abhing. Auch die These eines anderen Dôgen-Interpreten, dieser habe sich nicht viele Gedanken um den Zustand der Gesellschaft gemacht und seine früheren Aussagen zum Laientum seien ihm eher „herausgerutscht“, teilt der Autor nicht.


    Im vierten Teil des Essays zitiert der Autor die These, dass Dôgen zwei verschiedene Textarten hinterließ, eine, die sich an Laien richtete, eine, die an Mönche gerichtet war. Der Autor Masutani Fumio etwa sieht in Dôgens Phase seit seiner Eiheiji-Zeit schlicht eine weitere wesentliche Entwicklung des Lehrers, die u. a. auch zur Abkehr von Linji führte.


    Der fünfte Teil geht weiter darauf ein. Gleichzeitig mit der Abwendung vom Laientum äußerte sich Dôgen auch kritisch gegen Linji und Tahui (Kapitel „Jishôzanmai“ und „Jinshin inga“), zwei prominente Vertreter des Rinzai-Zen (obwohl Dôgen in seiner Frühphase noch Linji gelobt hatte). Diese Kritik soll auch schon Dôgens chinesischer Lehrer ob des Hangs zu Äußerlichkeiten unter den Linji-Nachfolgern geäußert haben. Imaeda Aishin analysiert den Wandel Dôgens in dieser Frage so: Kurz zuvor waren etliche Anhänger Dainichibô Nônins in Dôgens Gemeinschaft eingetreten. Deren Lehrer stand in Ta-huis Tradition und hatte nach Schriftstudium selbst Erleuchtung erlangt, die ihm später aus China brieflich bestätigt wurde. Er wurde deshalb von manch anderen Lehrern verachtet. Dôgen wollte nun seine Zenlehre gegen die eigenwillige Nônins abgrenzen.


    Auch die Konkurrenz durch Enni Benen, der aus China, in der Linji-Tradition ernannt, zurückkam und den Aufstieg des Tôfokuji-Tempels mitverantwortete, soll Dôgen zu seiner Kritik motiviert haben. Enni Benen genoss mehr Unterstützung aus Regierungskreisen. (In einer Fußnote wird ein weiteres Motiv von Yanagida Seizan hergeleitet: Dôgen habe aus China die Sammlung der Sprüche seines Meisters Ju-ching erhalten und sei so frustriert über deren Inhalt gewesen, dass er gegen eine andere chinesische Chantradition wetterte.)


    Bedeutsam ist auch, dass Dôgen sein Werk so nannte wie Ta-hui zuvor seines, nämlich Shôbôgenzô, womit er offenbar aufzeigen wollte, dass er die wahre Zenlehre verbreite. Um seine Kritik freizügig zu äußern, musste Dôgen aber offenbar seinen Wohnort in die Provinz Echizen verlegen. In diesem Jahr 1243 entstand allein ein Viertel der Kapitel des Shôbôgenzô.


    Angesichts der Ausnutzung, die die reicheren Laien offenbar durch das Zen im Gefolge Linjis erfuhren, änderte sich Dôgens Ansicht, nur die Entschlusskraft eines Laien, also sein aufrichtiger Wille, sei entscheidend für das Erlangen der Erleuchtung.


    Yanagida Seizan (auf den sich auch Heinrich Dumoulin oft beruft) sieht Dôgens Spätphase als ein Ringen mit sich selbst (hitori-zumô), das jedoch seiner Senilität und keinesfalls einem spirituellen Fortschritt geschuldet sei. Der Autor des Essays findet diese Ansicht gewagt. Yanagida meint, dass Dôgens Kritik an Linji einer bestimmten Motivation geschuldet sei, nicht aber wesentlichen inhaltlichen Differenzen.

  • Zitat

    „Auch wenn es in der heiligen Lehre die Ansicht gibt, Laien könnten erwachen, ist dies nicht die rechte Lehre. Die rechte Übertragung der Buddhas und Patriarchen ist das Erlangen der Erleuchtung, indem man Mönch wird.“ Im Kapitel „Shukke“ wird diese Auffassung bestätigt.


    Das stimmt auch.
    Denn Samma ist nur Samma mit dem Samma der anderen Teile.

    Zitat

    Ab 1243 behauptet Dôgen plötzlich


    Außerdem war Dogen schon ab 1213 ordiniert, im Tendai,
    von einem "plötzlichen Sinneswandel" kann also nicht die Rede sein.




    Mann gehabe sich.
    Blue_

  • Nein, das stimmt nicht. Denn der erste in deiner sagenumwobenen Rezitationskette von Patriarchen ist Shakyamuni Buddha. Und der war ein Laie, als er erwachte.
    Alles klar?


    Und Dôgen war nicht bloß im Tendai, er lernte sogar in der Linji (Rinzai-)Tradition. Sein Lehrer war damals Myôzen. Dazu Dumoulin in der "Geschichte des Zen":


    Zitat

    Myôzen erlernte im Kenninji bei Eisai die Zen-Meditation und erwarb den Dharma. Hätte Eisai [der in China in der Linji/Rinzai-Tradition bestätigt wurde], anstatt in der Tendai-Schule zu verbleiben, eine eigenständige Zen-Schule gegründet, so stände Myôzen als sein Dharma-Erbe in der 9. Generation der Huanglung-Linie der Rinzai-Schule, und auch Dôgen, der unter Myôzen Rinzai-Zen übte, wäre dieser Linie des Zen zuzurechnen.
    Dôgen weilte sechs Jahre lang im Tempelkloster Kenninji bei Myôzen (1217-1223). Im Kapitel über die Übung (Bendôwa) seines Hauptwerkes Shôbôgenzô erzählt er, wie er nach dem Weg zu suchen begann, viele Lehrer in allen Teilen des Landes besuchte und schließlich zum Mönch Myôzen im Kenninji hinfand.

    Einmal editiert, zuletzt von diamant ()

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube es stellt sich die Frage, was ein Laie überhaupt ist.


    Ist der Unterschied ein formeller? Also ob man ein bestimmten Status als Ordinierter hat? Die Idee , das eines das zu einer anderen Art von Mensch macht, ist ja ein magisches bzw. sakramentales Denken.


    Oder geht es nicht um die Frage, inwieweit man Dharma als Hobby hat oder sich ihm mit dem ganzen Leben widmet. Ich glaube, das Letzteres das Entscheindende ist.


    Von daher war für Shakyamuni der Moment wichtig, als er beschloss, sein ganzes Dasein der Befreiung vom Leiden zu widmen.


    Zu dem Thema Laien-Zen gibt es den Text ( Lay-Zen) in dem als berühmte erwachte Laien der sechsten Patriarchen Hui-neng sowie den Laien P´ang erwähnt werden.

  • Zitat

    diamant hat zitiert:
    „Auch wenn es in der heiligen Lehre die Ansicht gibt, Laien könnten erwachen, ist dies nicht die rechte Lehre. Die rechte Übertragung der Buddhas und Patriarchen ist das Erlangen der Erleuchtung, indem man Mönch wird.“ Im Kapitel „Shukke“ wird diese Auffassung bestätigt.



    Ich kenne solch Aussagen in den jeweiligen Kapiteln. Ich nehme auch die Wörter Laie und Mönch ernst, und lese sie so-;
    Mönch = Hausloser, Laie = Haushälter.
    Ich als LAIE lese und verstehe das dann noch so-;
    Mönch = Hausloser, ist gleich jemand der sich darin Übt loszulassen b.z.w. jemand der Los läßt
    Laie = Haushälter, ist gleich jemand der An-(haftet), Haftet.


    Ich als LAIE sehe zwischen einem Leben als Hausloser und einem Leben als Haushälter nicht unbedingt einen Widerspruch.
    Das eine muss das andere nicht ausschliessen. Obschon ich ein Haus und Hof habe und Familie und Freunde und sonstige Anhänglichkeit heißt das nicht das ich nicht als Hausloser leben kann. Heißt es nicht?: "Mitten in der Welt sein und doch nicht da"
    Ich übe lieber als Hausloser Haushälter mitten in der Welt. Das ist eines der Dinge die ich durch Dogen`s Werke verstehe.
    Mönch, nicht Mönch. Die Einstellungen zu den Dingen ist bestimmend.
    Soll nicht heißen das das Mönchtum, nichts ist. Es ist eine Form.
    _()_

    Ja, manchmal weiss ich nicht was ich über die Dinge denken soll und dann lass ich es. Und dann sind die Dinge so wie sie sind.

  • Mönch oder Laie ist doch eine rein äußerliche Unterscheidung mit Null Aussagekraft bezüglich dessen, wie die jeweilige Person tatsächlich ist.

  • Namaste!

    Sôhei:

    Mönch oder Laie ist doch eine rein äußerliche Unterscheidung mit Null Aussagekraft bezüglich dessen, wie die jeweilige Person tatsächlich ist.


    Wir sollten auch nicht außer Acht lassen, dass Dôgen Zenji nach "außerjapanischem Verständnis" - also auch aus Sicht seines eigenen chinesischen Meisters - überhaupt kein Bhikkhu war, da er in Japan "nur" nach dem Tendai-Ritus des Bonmōkyō ordiniert wurde; in China gab es meines Wissens später keine weitere Ordination.


    In China (und im übrigen buddhistischen Ausland) wäre das lediglich einer Laien-Ordination gleichgekommen, da dort für Mönche die "Dreifache Ordination" - Novizen-, Bhikkhu- und Bodhisattva-Ordination galt. Jemand, der "nur" die Bodhisattva-Ordination nach dem Bonmōkyō annahm, blieb in China weiterhin formell Laie.


    Dôgen's Lehrer Myozen soll ja die vollständige Ordination angenommen haben, da er mit seinen Verbleib und Tod in China rechnete.
    Von Dôgen ist das nicht überliefert, woraus man schließen muss, dass er nie Bhikkhu war, und er hat ja auch zeitlebens an der Tendai-Ordination festgehalten.


    In Japan waren die Differenzierungen zwischen Mönch, Priester, Laie, Laien-Priester, Laien-Mönch, etc. ohnehin im Mittelalter sehr schwammig. Vielleicht sollte man allgemein Dôgen's Worte, welche sich speziell an "Mönche" richten, auf die Anhänger von klösterlichen Gemeinschaften (der Sôtô Shû) beziehen?


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Die Idee ist prinzipiell interessant. Demnach könnte Dôgen eigentlich mit Laien nur die gemeint haben, die die Bodhisattva-Gelübde nicht angenommen hatten. Heute hat sich das ja verschoben. Viele, die nicht im klösterlichen Umfeld leben, haben sie angenommen.


    Aber das ist noch das Eihei Shingi, Dôgens eigener Vinaya, wenn man so will, die Klosterregeln für seine Mönchsgemeinschaft. Das hat dann doch große Unterscheidungskraft.


    Die Sache hat noch einen Haken. Dôgens Lehrer Myôzen hat die "Hinayana precepts" 1199 im Todai-ji angenommen, also schon sehr früh, nicht erst wegen der Chinareise. (Es steht vor der von mir zitierten Stelle bei Dumoulin, https://books.google.co.th/boo…myozen%20kenninji&f=false). Zu Dôgens Lebzeiten wurde auch ein Nonnenorden nach dem Vinaya in Japan begründet. Es war also durchaus nicht schwer, sich diese (klassischere) Ordination nach dem Vinaya zu besorgen.


    Vielleicht ist Dôgen ja tatsächlich Myôzens Dharma-Nachfolger. nicht der Ju-chings.

  • d:

    Zitat

    Viele, die nicht im klösterlichen Umfeld leben, haben sie angenommen.


    Kann man nur im Abschluss von Sesshin im Zendo nehmen ( monastische Handhabe ) denn die Gelübde werden gegeben. Überantwortet. Von der Sangha. Dem Lehrer, Abt ( nach Befugnis ) dem Meister, der Linie. Für den sonstigen Werdegang gibt s keine Kontrollinstanz. Zen verlangt halt Selbstverantwortung. Ist was für Erwachsene.


    Zitat

    Dôgens eigener Vinaya


    Quark. Hast du im Zen-BUDDHISMUS allgemein, in sehr ähnlicher Ausführung, dann nicht auf Dogen zurück führend.


    Zitat

    "Hinayana precepts"


    Da steht nix weiter zu was nun genau gemeint ist. Vollordination ?
    Aber die Leute im Vinaya haben Beschränkungen, die auch beim Verreisen greifen. Der Lehrer von Dogen war in China ?




    *

    3 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Namaste!

    diamant:

    Die Idee ist prinzipiell interessant. Demnach könnte Dôgen eigentlich mit Laien nur die gemeint haben, die die Bodhisattva-Gelübde nicht angenommen hatten. Heute hat sich das ja verschoben. Viele, die nicht im klösterlichen Umfeld leben, haben sie angenommen.


    Aber das ist noch das Eihei Shingi, Dôgens eigener Vinaya, wenn man so will, die Klosterregeln für seine Mönchsgemeinschaft. Das hat dann doch große Unterscheidungskraft.


    Möglich, dass man ursprünglich das Shôbôgenzô nur im Kontest mit dem Eihei Shingi gelesen haben wollte/sollte.


    Läuft heute aber nicht mehr - bei all den ordinierten und nichtordinierten Zen-Laien und anderen Interessierten, die es sich einfach "reinziehen" ;)


    diamant:

    Die Sache hat noch einen Haken. Dôgens Lehrer Myôzen hat die "Hinayana precepts" 1199 im Todai-ji angenommen, also schon sehr früh, nicht erst wegen der Chinareise. (Es steht vor der von mir zitierten Stelle bei Dumoulin, https://books.google.co.th/boo…myozen%20kenninji&f=false). Zu Dôgens Lebzeiten wurde auch ein Nonnenorden nach dem Vinaya in Japan begründet. Es war also durchaus nicht schwer, sich diese (klassischere) Ordination nach dem Vinaya zu besorgen.


    Gibt es da dann noch eine andere Version / Legendenbildung oder verwechsele ich da was mit einem anderen China-Reisenden?


    Naja, ist ja eigentlich egal! Jedenfalls war Dôgen Zenji selbst nicht Vinaya-ordinier.


    diamant:

    Vielleicht ist Dôgen ja tatsächlich Myôzens Dharma-Nachfolger. nicht der Ju-chings.


    Ich denke eher, dass er beides ist!


    Machen wir uns nichts vor: Die japanische Sôtô Shû war und ist keinesfalls eine 1:1 Entsprechung der chinesischen Caodong-zong.


    Die Sôtô Shû ist sowohl aus Einflüssen der Tendai Shû, der Linji-Linie von Eisai und Myozen und auch aus der Tradition der Caodong-zong entstanden.
    Und Tettsu Gikai und Keizan Jokin haben bestimmt Nônin Zenjis Lehren auch nicht ganz außer Acht gelassen.


    Natürlich wird das nach außen hin anders verkauft, und solche synkretistischen Lehrer wie Enni Benen dann von Dôgen zurückgewiesen.


    Das macht aber letztlich nichts.
    Das ist Geschichte. Die wird bekanntlich von denen geschrieben und zurechtgebogen, die nachher die "offiziellen" Überlieferungen bekanntmachen dürfen - von den "Siegern" also sozusagen.


    Über die Qualität des Sôtô-Zen sagt das aber nichts aus.
    Es wäre aus meiner Sicht nämlich geradezu dumm von Dôgen gewesen, wenn er all die Erkenntnisse, die er beispielsweise beim Studium der Tendai Shû erlangt hätte - z. B. seine Kenntnis des Lotos-Sutra - einfach über Bord geworfen hätte, und 1:1 Caodong-zong nach Japan zu importiert hätte, in Ablehnung alles früheren. Das hätten die Japaner kaum mitgemacht.


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu

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    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Zitat

    Der Lehrer von Dogen war in China ?


    Ok, war er. Ich denke, Dogen war einfach so frei ( & einsichtig ) diese Option erst mal offen zu lassen, und war ja dann auch gut so.

  • Hoyu Ishida ist Shin-Buddhist? Ich denke,dass man seinen Hintergrund mal offen legen sollte, denn als Shin-Buddist hat man natürlich eine ablehnende Haltung zum Mönchtum und entsprechende Vorlieben zu einem wie auch immer gemeinten Laientum. Sein Erkenntnisinteresse sollte nicht außen vor bleiben.

  • Namaste!

    Thursday:

    Hoyu Ishida ist Shin-Buddhist? Ich denke,dass man seinen Hintergrund mal offen legen sollte, denn als Shin-Buddist hat man natürlich eine ablehnende Haltung zum Mönchtum und entsprechende Vorlieben zu einem wie auch immer gemeinten Laientum. Sein Erkenntnisinteresse sollte nicht außen vor bleiben.


    Nach meiner Auffassung unterstellst Du hier mit einem eigenen Vorurteil einer nicht unbeachtlichen Anzahl von Buddhisten Vorurteile gegenüber das Mönchtum zu haben.


    Als Shin-Buddhist hat man für sich selbst erkannt / entschieden, dass das Mönchtum - wobei man in Japan ja kaum zwischen Mönch und Priester unterschieden kann, und Bhikkhus dort auch nicht regulär vorkommen! - nicht der eigene Weg ist. Man nimmt folglich - auch als Priester - keine Sîlas (Gokai, Jukai) als Gelübde an, sondern versteht sich als Laie (bzw. als "Weder Mönch, noch Laie", wenn man Priester ist - wie Shinran Shonin es ausdrückte).


    So wie ich Shin-Buddhisten erlebt habe, ob in Deutschland oder in Japan, ist da keine grundsätzlich-ablehnende Haltung zum Mönchtum oder gar zum Vinaya - aber das gehört halt nicht zum Shin-Weg.
    Da ist schon ein Unterschied zwischen "für sich selbst nicht praktikabel" und "ablehnend".


    Und nur weil jemand einen bestimmten Traditions-Hintergrund hat, heißt das noch lange nicht, dass er sich nicht auch in einer anderen Tradition auskennt.
    D. T. Suzuki zum Beispiel schrieb Bücher über Shin, war aber selbst im Rinzai-Zen beheimatet.
    Der Shinshû-Lehrer Zuiken Saizo Inagaki hielt Vorträge und -Lesungen über Zen-Texte wie das Rinzai Roku, die Kôan-Sammlungen oder auch das Shôbôgenzô.
    Das ist nichts ungewöhnliches.


    Das gebe ich hier zu bedenken!


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Shakamuni-Butsu

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Benkei:

    Namaste!

    Thursday:

    Hoyu Ishida ist Shin-Buddhist? Ich denke,dass man seinen Hintergrund mal offen legen sollte, denn als Shin-Buddist hat man natürlich eine ablehnende Haltung zum Mönchtum und entsprechende Vorlieben zu einem wie auch immer gemeinten Laientum. Sein Erkenntnisinteresse sollte nicht außen vor bleiben.


    Nach meiner Auffassung unterstellst Du hier mit einem eigenen Vorurteil einer nicht unbeachtlichen Anzahl von Buddhisten Vorurteile gegenüber das Mönchtum zu haben.


    Das ist nun deine Unterstellung.
    Meine Frage hat den einfachen Grund, dass ich mich mit dem Autor befasst habe und versucht habe heraus zu finden, wer das ist. Dabei kam ich auf diesen Punkt. Meine Frage ist mit deinem Beitrag aber nicht beantwortet.


    Wenn ich für mich selbst erkannt habe, dass Mönchtum/Nonne - also die Hauslosigkeit des Buddhismus - nichts für mich ist, weshalb interessiert dann die Auffassung eines "senilen" Mönches namens Dogen? Nun gibt es auch noch nach Shinran "Weder Mönch, noch Laie" - wenn man Priester sei, also so eine weder "Fisch noch Fleisch"-Haltung. Was aber soll dann dieser Priester? Ist das der Ritenmeister und der Gemeindeleiter? Da sind wir dann bei dem Buddhismus als Religion gelandet. Das ist ja auch die Entwicklung in Japan. Die religiöse Idee als Überbau für Gemeinschaft.


    Zitat


    Und nur weil jemand einen bestimmten Traditions-Hintergrund hat, heißt das noch lange nicht, dass er sich nicht auch in einer anderen Tradition auskennt.


    Ich weiß nicht, welchen Traditionshintergrund Ishida wirklich hat - ich vermute mal er ist sowas wie Religionswissenschaftler - und er ist Reverend im Shin - also sowas wie Priester. Natürlich kennt man sich in der Tradition, die man nicht von "innen" her kennt, nicht so gut aus, wie in der eigenen Tradition. Und deshalb stellt man auch häufig sinnvolle Fragen, die andere aus der sogenannten "Betriebsblindheit" nicht mehr stellen.
    Darum geht es aber nicht hier - mein Beitrag stellt die Frage nach dem Erkenntnisinteresse. Es macht schon einen Unterschied, ob ein Laie, der Soto-Tradition diese Frage nach dem Mönchtum stellt, oder eben einer aus einer Shin-Buddhisten-Tradition, der ja das Mönchtum grundsätzlich ablehnt für seine Tradition.

    Zitat


    D. T. Suzuki zum Beispiel schrieb Bücher über Shin, war aber selbst im Rinzai-Zen beheimatet.


    Worin Suzuki beheimatet war, lässt sich nicht so eindeutig festmachen.

    Zitat


    Der Shinshû-Lehrer Zuiken Saizo Inagaki hielt Vorträge und -Lesungen über Zen-Texte wie das Rinzai Roku, die Kôan-Sammlungen oder auch das Shôbôgenzô. Das ist nichts ungewöhnliches.


    Klar doch - auf einer bestimmten Ebene sind diese Texte vergleichbar. Hier geht es jedoch um die Kritik an einer entscheidenden Position Dogens, die auch die Position Shinrans betrifft. Und genau hier liegt der eigentliche Knackpunkt dieses Essay. Es argumentiert vermeintlich auf einer sachbezogenen Ebene, ist aber weitaus grundsätzlicher. Deshalb muss man diese Thematik in einem direkten Vergleich von Dogen und Shinran angehen - die ja auch Zeitgenossen waren. Genau darum geht es mir.

  • Ich finde Benkeis Gedanken und Einwürfe immer wieder erfrischend. Ich wünschte mir mehr davon.


    Thursday macht hier einen Fehler. Der Autor des Essays fasst ja zig Positionen zusammen, die gar nicht von ihm sind. Und ich hatte hier früher schon gesagt, dass es die sinngemäß gleichen Thesen auch bei anderen gibt, etwa bei Steven Heine. Das ist ein Buddhologe. Kein Shin. Man sollte sich alles von ihm zu Dôgen reinpfeifen, in diesem Zusammenhang vor allem "Did Dogen Go to China?" (Oxford University Press 2006). Leider hab ich nicht das Geld oder selbst die Zeit, wissenschaftliche Werke komplett ins Deutsche zu übersetzen oder übersetzen zu lassen. Demnächst bemüh ich mich wenigstens mal um die ein oder andere weitere Zusammenfassung, als jeweils eigener Thread, nicht immer nur zitatemäßig eingestreut. Weil mir das ständige Selbschutzgerede von "Einzelmeinung" usw. auf den Senkel geht, fahr ich halt zunehmend auch mal andere Namen auf, damit man langsam erkennt, wie erdrückend anders die Ansichten von Leuten sein können, die sich nicht nach ihren Sôtô-Lehrern richten wollen. Ich habe hier aber - als Dôgen-Übersetzer - schon lange behauptet, dass man das auch durch reine Dôgenlektüre herausbekommen kann, ohne die Hilfe von Akademikern.


    Ich will auch noch etwas korrigieren. Da der Inhalt des Eihei Koroku aus Dôgens Spätphase stammen muss und wegen zahlreicher darin enthaltener Perlen und weniger Unsinn, als er sich im Shôbôgenzô zusammentragen lässt (auch wenn darin wiederum die größeren Höhepunkte und Glanzstücke stehen), ist die These der zunehmenden Verblödung Dôgens eher ketzerisch gemeint. Leider ist es wohl so, dass Dôgen in seiner Spätphase schlicht einen üblen Charakterzug manifestierte, er taktierte, er manipulierte, er lästerte, um sein eigenes Ding zu schützen und durchzubringen. Er war frustriert, dass er anderswo kein Bein mehr in die Türen der "Entscheider" und "Geldgeber" bekam. Diese These erscheint mir als die plausibelste.