Zur Effektivität der buddhistischer Selbstbefreiungspraxis in "buddhafernen" Zeiten

  • Während zu Buddhas Lebzeiten das Erwachen von Anhängern seiner Lehre ein relativ häufiges Ereignis darstellte, ist es mittlerweile anscheinend recht selten geworden: Oder kennt ihr jemanden in eurem buddhistischen Umfeld, der für sich in Anspruch nehmen darf, in vollem Umfang erwacht zu sein?


    Ich frage mich: Sind die verschiedenen Methoden buddhistischer Praxis, die auf Selbstbefreiung abzielen, heute überhaupt noch ein Erfolg versprechender und einigermaßen effektiver Weg - effektiv in dem Sinn, dass sie die realistische Hoffnung auf ein zeitnahes Erwachen (in diesem Leben) nähren? Oder ist Erwachen in der Praxis ohnehin längst zu einem "Langzeitprojekt" geworden?

  • Kommt drauf an was Du unter Erwachen verstehst

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • nabnab:

    Während zu Buddhas Lebzeiten das Erwachen von Anhängern seiner Lehre ein relativ häufiges Ereignis darstellte, ist es mittlerweile anscheinend recht selten geworden: Oder kennt ihr jemanden in eurem buddhistischen Umfeld, der für sich in Anspruch nehmen darf, in vollem Umfang erwacht zu sein?


    Ich frage mich: Sind die verschiedenen Methoden buddhistischer Praxis, die auf Selbstbefreiung abzielen, heute überhaupt noch ein Erfolg versprechender und einigermaßen effektiver Weg - effektiv in dem Sinn, dass sie die realistische Hoffnung auf ein zeitnahes Erwachen (in diesem Leben) nähren? Oder ist Erwachen in der Praxis ohnehin längst zu einem "Langzeitprojekt" geworden?


    Man kann entweder glauben, dass in Zeiten des Buddha viel mehr Menschen "erwachten" als heute oder dass die Kriterien, die damals an das Erwachen gestellt wurden, niedriger waren.


    Es gibt auch bei der Meditation dieses Phänomen, dass zu Zeiten des Buddha die meditativen Vertiefungen ganz normale Praxis waren für einen Mönch.
    Im Visuddhimagga heißt es plötzlich, nur einer aus einer Million der Praktizierenden könne eine Vertiefung erreichen.


    Es scheint also so zu sein, dass die Anforderungen im Hinblick auf Samadhi immer höher geschraubt wurden.
    Ähnlich wohl auch beim Erwachen.


    Das alles bleibt natürlich hypothetisch.
    Mir persönlich reicht es, wenn ich wahrnehme, dass mich der achtfache Pfad in Richtung Erwachen führt.

  • Volles Erwachen habe ich noch nicht erreicht.
    Könnte es deshalb vermutlich auch nicht erkennen.
    Kenne aber einige (Freunde und Lehrer) die zumindest die erste Hürde überwunden haben.
    Außerhalb der Robe ... kann ich mir keine Arahats vorstellen.
    Aber alles darunter ist sicher machbar.


    Metta und Mudita !

  • nabnab:

    Während zu Buddhas Lebzeiten das Erwachen von Anhängern seiner Lehre ein relativ häufiges Ereignis darstellte, ist es mittlerweile anscheinend recht selten geworden: Oder kennt ihr jemanden in eurem buddhistischen Umfeld, der für sich in Anspruch nehmen darf, in vollem Umfang erwacht zu sein?


    Ich frage mich: Sind die verschiedenen Methoden buddhistischer Praxis, die auf Selbstbefreiung abzielen, heute überhaupt noch ein Erfolg versprechender und einigermaßen effektiver Weg - effektiv in dem Sinn, dass sie die realistische Hoffnung auf ein zeitnahes Erwachen (in diesem Leben) nähren? Oder ist Erwachen in der Praxis ohnehin längst zu einem "Langzeitprojekt" geworden?


    Die Methoden funktionieren immer glaube ich, es hängt davon ab wie intensiv man sie anwendet. So günstige Umstände wie im damaligen Indien mit dem Buddha selber als Lehrer hat man ja nun nicht mehr, demnach ist es viel schwieriger.
    Man kann sich ja selber erforschen ob man das auch wirklich will - Wenn es der einzige unerschütterliche Wunsch ist in diesem Leben wenigstens den Stromeintritt zu erreichen müsste das möglich sein. Aber wer will das schon wirklich und setzt alles daran, bei eher ungünstigen Voraussetzungen in einer materialistisch geprägten Umgebung in einer Buddha-fernen Weltgegend. Gewöhnlich ist es also ein Langzeitprojekt.

  • "Die auf Selbstbefreiung abzielen" - mir scheint gerade die heutige Betonung eines Ziels, eines zu erreichenden "Erfolgs" das Problem von vielen Suchenden zu sein.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • nabnab:

    Während zu Buddhas Lebzeiten das Erwachen von Anhängern seiner Lehre ein relativ häufiges Ereignis darstellte, ist es mittlerweile anscheinend recht selten geworden: Oder kennt ihr jemanden in eurem buddhistischen Umfeld, der für sich in Anspruch nehmen darf, in vollem Umfang erwacht zu sein?


    Ich frage mich: Sind die verschiedenen Methoden buddhistischer Praxis, die auf Selbstbefreiung abzielen, heute überhaupt noch ein Erfolg versprechender und einigermaßen effektiver Weg - effektiv in dem Sinn, dass sie die realistische Hoffnung auf ein zeitnahes Erwachen (in diesem Leben) nähren? Oder ist Erwachen in der Praxis ohnehin längst zu einem "Langzeitprojekt" geworden?


    Ja, sie sind absolut erfolgsversprechend... auch heute noch...
    Ich glaube es sind mehr als wir denken (die erwacht sind oder erwachen)...


    Ich hörte vor nicht all zu langer Zeit von einem Amerikaner (er war noch relativ jung) der in Nepal in einem Hotelzimmer verstarb und nur Haare und Fingernägel hinterließ (also den Regenbogenkörper erlangte/Dzogchenverwirklichung)...


    Es ist jederzeit möglich...für alle von uns :oops: in diesem Leben.
    Davon bin ich 100%ig überzeugt.


    ch. :star:

  • nabnab:

    Während zu Buddhas Lebzeiten das Erwachen von Anhängern seiner Lehre ein relativ häufiges Ereignis darstellte, ist es mittlerweile anscheinend recht selten geworden: Oder kennt ihr jemanden in eurem buddhistischen Umfeld, der für sich in Anspruch nehmen darf, in vollem Umfang erwacht zu sein?


    Ich frage mich: Sind die verschiedenen Methoden buddhistischer Praxis, die auf Selbstbefreiung abzielen, heute überhaupt noch ein Erfolg versprechender und einigermaßen effektiver Weg - effektiv in dem Sinn, dass sie die realistische Hoffnung auf ein zeitnahes Erwachen (in diesem Leben) nähren? Oder ist Erwachen in der Praxis ohnehin längst zu einem "Langzeitprojekt" geworden?


    Ich sag es ehrlich: Mir ist das egal.
    Was ist Erwachen? Keine Ahnung.
    Gibt es Erwachte? Keine Ahnung.
    Spielt das eine Rolle für mich, ob es sie gibt oder nicht? Definitiv nicht.
    Ist es wichtig, dass ich mich damit beschäftige? Ich vermute nicht.
    Praktiziere ich, um zu erwachen? Nein.
    Bin ich erwacht? Keine Ahnung.


    Es gibt diese schöne Antwort auf Deine Frage:
    Nur ein Buddha erkennt einen Buddha.


    Mein Lehrer hat mal auf die Frage, warum man die Leute auf nächste Leben vertröstet, geantwortet: "Was sollte man ihnen denn sonst sagen, wenn sie denken, dass sie es nicht schaffen?"


    Also, es ist völlig egal, was man wann schafft. Darum geht es nämlich gar nicht, in meinen Augen. Es geht darum, sich zu bemühen, jeden Moment aufs Neue. Mit Gleichmut, also stets mutig. Ich glaube, dieses "Tataaaaa! Jetzt hab ich’s!" stimmt gar nicht. Das scheint mir eine besonders raffinierte Maskerade Maras zu sein.


    Ich kenne keinen Lehrer, der von sich behaupten würde, erwacht zu sein. Selbst in der alten Literatur betonen die Autoren stets ihr unvollständiges Verständnis. Das steht meist im Vorwort eines Textes.


    "Buddhaferne Zeiten" gibt es meiner Auffassung nach nicht.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Ich misstraue grundsätzlich meiner Fähigkeit zur Selbstbefreiung = Befreiung aus eigener Kraft (jiriki). Vielmehr vertraue ich voll und ganz der anderen Kraft (tariki), die auch ohne mein sonstiges Zutun (fleißige buddhistische Praxis, gute Werke) alles zum Guten wendet - spätestens am Ende meines derzeitigen Lebens.


    Vor allem frage ich mich, warum so viele Buddhisten eher nach dem Motto "Warum einfach, wenn's kompliziert auch geht?" leben. Buddha hat doch auch diesen "leichten Weg" verkündet. Warum stürzen sich dennoch fast alle auf den "schwierigen Weg" (Langzeitprojekt)? Warum nehmen sie das Geschenk des "leichten Weges" nicht an? Wissen sie am Ende nicht um seine Existenz?

  • nabnab:

    Vor allem frage ich mich, warum so viele Buddhisten eher nach dem Motto "Warum einfach, wenn's kompliziert auch geht?" leben. Buddha hat doch auch diesen "leichten Weg" verkündet. Warum stürzen sich dennoch fast alle auf den "schwierigen Weg" (Langzeitprojekt)? Warum nehmen sie das Geschenk des "leichten Weges" nicht an? Wissen sie am Ende nicht um seine Existenz?


    ha ha... die Frage ist gut :lol:


    Ich erinnere mich eines Rinpoches (tib. Lehrer) der mal vor allen verkündete... wisst Ihr was, ich hab ja noch gar keinen Bock auf Erleuchtung... ich find Samsara eigentlich noch cool... ist immer was los, mal auf, mal ab... Erleuchtung... nööööö


    der Saal war totenstill...
    denn genauso ist es ja irgendwie auch...
    wer geht schon wirklich mit dem Bewußtsein an seine Praxis, jetzt, genau hier, genau auf diesem Sitz, zu diesem Moment, jenseits von Zeit... jetzt erlange ich Befreiung...


    Im Milarepa Tsog (so eine besondere tantrische Opfergabe im tib. Kagyü Schule) gibt es immer wieder diesen Satz, JETZT, genau HIER UND JETZT erlange ich Befreiung...


    und genau so ist es auch... es ist JEDEN MOMENT möglich...
    wer ist dazu bereit?
    Buddha setzte sich ja genau mit diesem Bewußtsein unter den Bodhibaum...
    jetzt, hier, solange bis ich es erreicht habe bleibe ich jetzt hier sitzen...
    ich gebe nicht auf...


    Gute gute Frage... ^^


    ch. :star:

  • Von einem leichten oder einem schwierigen Weg habe ich noch nichts gehört.
    Wenn dann von einem relativ schnellen Weg und von einem relativ langsamen Weg.


    Alleine zu dem Thread Titel lässt sich einiges sagen:


    - Das Wort Effektivität erinnert eher an Betriebswirtschaftslehre, nicht aber an Buddhismus
    - Mit Selbstbefreiungspraxis ist eventuell die Erkenntnis der Leerheit (von einem Selbst) gemeint?
    - Wenn man voraussetzt, dass es in jedem fühlenden Wesen das Potential zur Erleuchtung ("Buddhanatur") gibt, dann ist das Wort "budddhafern" irreführend.


    Zum Thema Langzeitprojekt: Insbesondere viele westliche Buddhisten haben keine Geduld. Sie wollen alles (Erleuchtung) und das sofort ("Zeitnah"), am besten, ohne dass man sich dafür bemühen müsste.


  • :like:

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ob es zu Buddhas Zeiten leichter war als heute, wage ich sogar zu bezweifeln, denn wir kommen mit einem ganz anderen Potential auf die Welt. Auch wenn wir nicht unbedingt klüger sind als damalige Zeitgenossen, so haben wir doch im Gegensatz zu früheren Zeiten alle Hilfsmittel zur Verfügung. Natürlich sind auch die Verführungen größer, aber unsere Gier ist nicht größer und nicht kleiner, unser Hass ist der gleiche wie vor 2500 Jahren - und somit auch die Verblendung.


    Es geht immer um dasselbe. Und es ist mir persönlich ziemlich egal geworden, wer, wann und wo erleuchtet worden sein möge.
    Ich vermute sogar, dass wirklich Befreite überhaupt nicht mehr auffindbar sind, weil sie sich völlig zurückziehen werden! So jedenfalls meine Vermutung. Sie werden sich auf jeden Fall nicht outen.


    Mir ist wichtig, dass ich täglich immer wieder neu wie ein Anfänger in den Tag starte und meine Einsichten auch wirklich umsetze, falle ich zurück, stehe ich wieder auf und gehe weiter - immer wieder.


    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Da geb ich Dir vollkommen Recht! Der Mensch das sprechenden und in Worten denkende Wesen ist seit er das erste Mal da war, war genau so wie heute. Das aufkommen von, Das ist Mein, erzeugt alle notwendigen Bedingungen um Mensch zu sein.


    Das, "ich bin" oder das "ich bin Der und Der", ist nicht das Leidauslösende sondern das Ich bin weil mir das gehört oder Ich bin dies und das weil ich das besitze macht das Problem,


    wenn der Besitz nicht zur Kooperation sondern als Status des "Bei mir bleiben", ganz zu mir gehörend gesehen wird.


    Wenn Besitz zu mir gehörend, als Ich habe das und es gehört zu mir, weil ich es als "Ich bin auch dies." geglaubt wird. Erst wenn Besitz als "Das bin auch ich weil es mir gehört, ich teile nicht, ich helfe Dir nicht mit meinem Besitz" erzeugt alles Leiden. Dabei ist es gleich ob das materieller oder geistiger Besitz-ichsein Glaube ist. Das nicht mit meinem Besitz helfen führt auch dazu das fühlende Wesen als Besitz erkannt werden: Wenn Du nicht ausgleichen kannst dann gehörst Du mir bis Du ausgleichen kannst, ich nehm auch Lebewesen die bei Dir sind. Weil ich meinen Besitz behalten will und mehren will kann ich mir auch Menschen einfangen und sie so zu meinem Besitz machen oder sie auf dem Markt kaufen. Kreditvergabe erwies sich als wesentlich effektiver.


    Was hilft? Alles was mir begegnet ist mein Leben und jedes Leben das mir begegnet ist sein Leben das ihm begegnet.
    Es geht hier um lebende, fühlende Wesen die durch die DNA gekennzeichnet sind. Leben hat immer eine DNA.
    Wenn Buddha die Bezeichnung "fühlende Wesen" verwendet erkennt er nicht die DNA und er wusste auch nicht das es sowas gibt, doch er wusste das alle Tiere lebend sind. Doch wir heute haben doch wohl gelernt das alle lebenden Wesen eine DNA haben und somit ist es Ignoranz wenn Pflanzen als nicht Fühlende gesehen werden und mit ihnen ohne Achtsamkeit gemacht werden kann was mir so gefällt.
    Zu Ende gedacht ist jede einzelne Zelle die eine DNA hat ein fühlendes Wesen. Diese Einsicht könnte die Welt wirklich verändern.


    Alles was mir begegnet IST Mein Leben.

  • Sherab Yönten:

    Von einem leichten oder einem schwierigen Weg habe ich noch nichts gehört.
    Wenn dann von einem relativ schnellen Weg und von einem relativ langsamen Weg.


    Schwierig und leidhaft ist es immer wenn GHV stark vorhanden ist.
    Das liegt auf der Hand.
    Aber ob der Fortschritt langsam oder schnell ist hängt immer
    von den fünf Fähigkeiten,(pañcindriyā) ab nämlich:


    Vertrauen, Willenskraft, Achtsamkeit, Geistessammlung und Weisheit,
    sind sie sehr stark entwickelt, erreicht er schnell die unmittelbare
    Bedingung der Triebversiegung.
    Liegt auch auf der Hand.


  • Ist mir eigentlich egal. Nur - Abkürzungen können manchmal von den eigenen Möglichkeiten abhängen. Wo ein Panzer durchkommt, kann ein PKW stecken bleiben... :grinsen:


    Mir geht es hier mehr um die grundsätzliche Überschrift des Threads - "buddhafernen" Zeiten - was soll das heißen? Es war noch niemals so einfach für Menschen in Deutschland/Mitteleuropa/nicht zu den ursprünglichen Gebieten der Lehre gehörigen Gebieten sich über die Lehre Buddhas zu informieren.


    Für die meisten Menschen in den entwickelten Gebieten der Erde ist die Lehre Buddhas in Textform nur die wenigen Meter bis zum nächsten Internetanschluss entfernt; für sehr viele von uns ist der Text der Lehre potentiell in der Brusttasche verfügbar.


    Nein - Buddha fern bedeutet heute etwas ganz anderes :roll:



  • Meine Vermutung dürfte richtig sein: Der "leichte Weg" ist anscheinend unter westlichen Buddhisten wenig bekannt. Es handelt sich dabei um den "Reines Land-Buddhismus" - wobei ich mich vor allem auf die Auslegung von Shinran Shonin beziehe.


    "Effektivität" wurde im Text erläutert und bezieht sich darauf, dass eine effektive buddhistische Praxis ein Erwachen in diesem Leben - also "zeitnah" - ermöglichen sollte - und das nicht nur theoretisch sondern tatsächlich! Aus meiner Sicht hat das nichts mit Betriebswirtschaftslehre zu tun, sondern mit viel Hoffnung für schwache Menschen (wie mich), die eben keine Willensakrobaten sind und ein "Langzeitprojekt" nicht so leicht durchstehen.


    "Selbstbefreiungspraxis" meint Befreiung aus eigener Kraft durch entsprechende buddhistische Praxis bzw. ethisch-moralisch einwandfreien Lebenswandel.


    "Buddhafern" habe ich in meinem Eröffnungstext nicht zufällig unter Anführungszeichen gesetzt; ich meinte damit nicht die Abwesenheit der Buddhanatur in uns, sondern die zeitliche Ferne von uns heute lebenden Menschen von der ursprünglichen Verkündigung der Lehre durch Gautama Buddha.



    Was ist im Übrigen schlecht daran, Erleuchtung zeitnah und ohne eigene Gegenleistung zu bekommen - also als Geschenk? Ich will und kann mich nicht mit der Idee abfinden, dass Erleuchtung womöglich über Kalpas hinweg hart erarbeitet werden muss! Das gleicht für mich einer "Buchhaltermentalität". (Sorry, ich meine das überhaupt nicht respektlos; persönlich begegne ich einer derartigen religiösen Einstellung allerdings skeptisch.)

  • nabnab:

    Meine Vermutung dürfte richtig sein: Der "leichte Weg" ist anscheinend unter westlichen Buddhisten wenig bekannt. Es handelt sich dabei um den "Reines Land-Buddhismus" - wobei ich mich vor allem auf die Auslegung von Shinran Shonin beziehe.


    Ist es das was Du meinst?


    http://www.buddhaland.de/viewforum.php?f=24

  • nabnab:

    Was ist im Übrigen schlecht daran, Erleuchtung zeitnah und ohne eigene Gegenleistung zu bekommen - also als Geschenk? Ich will und kann mich nicht mit der Idee abfinden, dass Erleuchtung womöglich über Kalpas hinweg hart erarbeitet werden muss! Das gleicht für mich einer "Buchhaltermentalität". (Sorry, ich meine das überhaupt nicht respektlos; persönlich begegne ich einer derartigen religiösen Einstellung allerdings skeptisch.)


    Bei einem Geschenk ist es halt unhöflich selbst den Schenkungszeitpunkt bestimmen zu wollen, zumal es auch davon zeugt, dass man das Geschenk des Lebens (noch) nicht zu würdigen weiß. Genau da liegt ja auch der Hund begraben. Was fehlt denn?
    Und wenn man weiß, dass eigentlich schon alles da ist und man nur selbst immer wieder das Problem erzeugt, dann sollte man meinen, dass man sich dann doch gerne etwas bemüht, selbst wenn es nur dazu dient, für das Geschenk bereit zu sein. Wahrscheinlich bekommt man es sowieso erst, wenn man nicht mehr meint, bereits einen Anspruch darauf zu haben.

  • Sherab Yönten:
    nabnab:

    Meine Vermutung dürfte richtig sein: Der "leichte Weg" ist anscheinend unter westlichen Buddhisten wenig bekannt. Es handelt sich dabei um den "Reines Land-Buddhismus" - wobei ich mich vor allem auf die Auslegung von Shinran Shonin beziehe.


    Ist es das was Du meinst?


    http://www.buddhaland.de/viewforum.php?f=24


    Na ja. ich bleibe langweilig skeptisch. Leute, die meinen in der Selbstdefinition Begriffe wie 'rein' zu benötigen sind mir suspekt.


    Das sind die geistigen Verwandten zu unseren 'Kopftuchmädchen', die sich für die einzigen anständigen weiblichen Menschen halten. Ich habe kein Problem damit, wenn sich jemand ein Kopftuch umbinden möchte (bei Audrey Hepburn hat das unheimlich toll ausgesehen), ich habe kein Problem mit "Reines Land" Leuten.


    Ich habe nur Probleme mit religiös überhöhten Ideologien und fanatischen Anhängern solcher Ideologien....

  • Respektlos??? Aber gerade das ist doch Buddha selber! Im Sinn von die ganzen Schriften als das zu sehen was sie sind: Hinweise auf den Weg und nicht der Weg. Selbst der Achtfache Weg ist nur ein Hinweis auf den Weg, niemals der Weg weder vorher noch jetzt noch in Zukunft. Nimm die ganzen Dinge darum doch nicht so ernst. Nembutsu wird auch erst verstanden wenn der Ganze Theoretische Kram vergessen werden kann. Einmal mit dem ganzen Körper ausgesprochen und Du bist im reinen Land. Sofort, nur so vor dich hinbrabbeln bringt nur Langeweile. Gilt auch für Zazen, nur sitzen weil jetzt die Zeit ist zu sitzen ist nicht Sitzen sonder rumsitzen. Fang an alles was Dir geschieht als Dein Leben zu erkennen. Denn es geschieht Dir, deinem Leben.

    • Offizieller Beitrag
    nabnab:

    Ja - im Speziellen meine ich die Jodo Shinshu. (Shinran Shonin)


    Ich habe das so verstanden, dass Shrinran davon ausging, daß wir uns in einer Zeit des Niedergangs des Dharmas ( Mappô ) befinden, in dem alle anderen buddhistischen Methoden nicht mehr praktikabel sind: Weder macht es noch Sinn sich an den Sutras zu orientieren, noch macht es Sinn zu meditieren und auch die tantrischen Methoden sind wertlos. Einzig allein das Vertrauen zu Amida Buddha bietet noch einen Weg zur Befreiung. Weswegen es schon seit 1000 oder 1600 Jahren keine Befreiten mehr geben soll.


    Fasst man dies wortwörtlich auf, macht dies den Dialog zwischen den Gruppen sehr schwierig, weil es ja leicht auf ein "Alle anderen sind auf dem falschen Dampfer" hinausläuft. Dies muss aber nicht der Fall sein, da wenn man über ein naives Verständnis hinausgeht die Unterscheidung was "fremde Kraft" und was "eigene Kraft" ist, sehr subtil werden kann.

  • Ich finds generell schwierig Begriffe hier darzustellen..
    buddhaferne Zeiten? Ist diese Zeit wirklich buddhaferner als früher? Buddhanatur ist unbedingt, nicht an einen achtfachen Pfad bedingt, meiner Meinung nach.


    Was ist Erwachen? Nach meinem Verständnis eröffnet sich Erwachen nicht in einer Zukunft, nachdem man bestimmte Praktiken, Methoden und Wege bestritten hat. Jeden Moment kann erwacht werden. Wenn ich ein Ziel draus mache unf bestimmte Idealvorstellungen damit verbinde, werde ich nie "ankommen".
    Erwachen, Buddhanatur erfüllt sich in diesem Moment. Jeder Moment kann Ausdruck davon sein, egal ob während Samu, Zazen oder im restlichen Alltag.. warum was besonderes draus machen?

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • void:

    Ich habe das so verstanden, dass Shrinran davon ausging, daß wir uns in einer Zeit des Niedergangs des Dharmas ( Mappô ) befinden, in dem alle anderen buddhistischen Methoden nicht mehr praktikabel sind: Weder macht es noch Sinn sich an den Sutras zu orientieren, noch macht es Sinn zu meditieren und auch die tantrischen Methoden sind wertlos. Einzig allein das Vertrauen zu Amida Buddha bietet noch einen Weg zur Befreiung. Weswegen es schon seit 1000 oder 1600 Jahren keine Befreiten mehr geben soll.


    Fasst man dies wortwörtlich auf, macht dies den Dialog zwischen den Gruppen sehr schwierig, weil es ja leicht auf ein "Alle anderen sind auf dem falschen Dampfer" hinausläuft. Dies muss aber nicht der Fall sein, da wenn man über ein naives Verständnis hinausgeht die Unterscheidung was "fremde Kraft" und was "eigene Kraft" ist, sehr subtil werden kann.



    Ich sehe es so: Amida (andere Kraft) ruft mich. Mein eigener "Beitrag" (Eigenkraft) besteht allenfalls darin, mich diesem Ruf vertrauensvoll zu öffnen oder eben nicht. Den "Rest" erledigt im Falle meines Vertrauens (das mir aber im Grunde ebenfalls von Amida geschenkt wird) wiederum Buddha Amida.


    Shinrans teilweise provokante (pädagogische?) Aussagen sollten natürlich auch im Kontext seiner eigenen Lebensgeschichte bzw. der damaligen Zeit (Mappo) verstanden werden. Ich frage mich allerdings, ob unsere heutigen Zeiten so viel besser sind ...


    Was mir an Shinrans Aussagen wirklich imponiert, ist die "Gleichsetzung" von Amida mit bedingungsloser Barmherzigkeit. Wer sich davon nicht angerührt fühlt, ist m. E. keineswegs auf dem falschen Dampfer - aber eben nicht auf meinem.


    Und noch etwas: Shinran entkoppelt das für mich zentrale religiöse Element "Vertrauen" sehr klar von Ethik/Moral. Meines Wissens passiert das nirgendwo sonst in dieser Konsequenz - am ehesten vielleicht noch bei Luther (sola fide).