Fundamentalkritik

  • In den kürzlich hier geführten 'Diskussionen' vermuten einige in dem was ich sage und schreibe eine Fundamentalkritik des Buddhismus.


    Das ist nicht ganz falsch. Allerdings ist diese "Fundamentalkritik" keine der Art, den Buddhismus in Bausch und Bogen zu verteufeln. Bei dieser Kritik geht es darum, zu zeigen, dass Buddhismus heute weltweit eine Mischung aus vielerlei Einflüssen ist. Folge dieser Kritik ist es, dass die Auffassung vieler Buddhisten im Westen, dass der Dharma eine reine, authentische, originale, von Einflüssen unberührte Lehre sei, sich als falsch erweist.


    Die Auffassung erweist sich vielfach als unreflektierte Grundlage der Rezeption des aktuellen Buddhismus. Die teils harschen und reflexhaften Reaktionen mancher gegen die Relativierung einer reinen Lehre, erklärt sich vermutlich daraus, dass diese Reine Lehre unreflektiert als ein allgemeines Heilmittel gesehen wird. Diese Heilmittel soll helfen, sich gegen eine Welt der Moderne zu wappnen, die alles relativiert und keinen grundlegenden Sinn mehr erlaubt. In diesem sind diese Reaktionen verständlich.


    David McMahan hat mit The Making of Buddhist Modernism ein eindrucksvolles Buch darüber geschrieben, welche Einflüssen der Buddhismus weltweit in den letzten 100 bis 150 Jahren ausgesetzt war und wie es dadurch zu seiner tiefgreifenden Veränderung und Weiterentwicklung kam. Dies ist in gewissem Sinne eine Fundamentalkritik, da sie die Auffassung von einer reine Lehre unhaltbar macht. In diesem Sinne verstehe ich auch meine Kritik, die ich vielfach thematisiert habe – wenn auch häufig mit viel Ironie und Polemik.


    In dem Zitat unten aus dem ersten Kapitel ist kurz umrissen, um welche Einflüsse es geht.


    Zitat

    I begin here by adopting [Charles Taylor’s] distillations [in his Sources of the Self: The Making of Modern Identity] of the key elements of modernity into three broad domains of modern self-identity and morality: western monotheism; rationalism and scientific naturalism; and Romantic expressivism, along with their successors. Although these three frameworks, which I will refer to as the “discourses of modernity,” are rooted in western historical periods and forms of life, they are essential to understanding the development of Buddhism modernism not only in the West but across the globe.


    McMahan, David L.. The Making of Buddhist Modernism (S.10). Oxford University Press. Kindle-Version.


    Der Anschluss an Ereignisse die mit Namen wie Sogyal, Nydahl, Döring, Shimano usw. usv. verbunden sind, ist, und das ist zunächst eine Hypothese, folgender: Das Missverständnis, dass es sich beim Dharma um eine reine unberührte Lehre handelt, deren ursprüngliche Wahrheit man nur richtig verstehen müsse, ist mitverantwortlich dafür, dass das reale Tun der genannten als "erleuchtet" durchgehen kann.


    Ich habe nicht vor diese Hypothese hier breit zu diskutieren. Ich möchte eher anregen, Bücher wie das genannte zu lesen, um eine andere und wie ich meine bessere Auffassung vom Buddhismus zu ermöglichen.

  • Zitat

    Der Anschluss an Ereignisse die mit Namen wie Sogyal, Nydahl, Döring, Shimano usw. usv. verbunden sind, ist, und das ist zunächst eine Hypothese, folgender: Das Missverständnis, dass es sich beim Dharma um eine reine unberührte Lehre handelt, deren ursprüngliche Wahrheit man nur richtig verstehen müsse, ist mitverantwortlich dafür, dass das reale Tun der genannten als "erleuchtet" durchgehen kann.


    Was G.Döring betrifft war nie die Rede davon dass sein Tun als "erleuchtet" durchging und
    aus den Berichten um Shimano kann ich das auch nicht ablesen. Bei Shimano war der Hype der AnhängerInnen die Ursache, dass der "zugreifen" konnte, weiter nix. Aber das nur Rande.
    Ich kann mir vorstellen, dass es anstrengend ist, zu differenzieren, aber ich finde, das ist eine Grundvoraussetzung, wenn man auch von Praktikern ernst genommen werden will.

  • Der Unbuddhist:

    In den kürzlich hier geführten 'Diskussionen' vermuten einige in dem was ich sage und schreibe eine Fundamentalkritik des Buddhismus.


    Das ist nicht ganz falsch. Allerdings ist diese "Fundamentalkritik" keine der Art, den Buddhismus in Bausch und Bogen zu verteufeln. Bei dieser Kritik geht es darum, zu zeigen, dass Buddhismus heute weltweit eine Mischung aus vielerlei Einflüssen ist. Folge dieser Kritik ist es, dass die Auffassung vieler Buddhisten im Westen, dass der Dharma eine reine, authentische, originale, von Einflüssen unberührte Lehre sei, sich als falsch erweist.


    Das lässt sich leicht sagen so von außen betrachtet, aber mach's besser! Kommt die Kritik aus eigener Erfahrung mit dem achtfachen Pfad? Dann wäre sie ernstzunehmen. Was ist denn andernfalls eine solche Belehrung wert, ohne die Erfahrungen was da alles auf einen zukommt. Andere kritisieren aber selber nicht danach leben, das wäre zu billig.

  • unbuddhist
    Sehe ich das richtig, dass Dein Grundanliegen die Verurteilung der Scheinheiligkeit der buddhistischen Szene ist, weil die Buddhisten im Endeffekt auch nicht besser sind als irgendwelche anderen Leute - sich aber in Deinen Augen so vor kommen?


    Was würdest Du denn mit dem Buddhismus machen? Abschaffen?

  • Ich les das so, dass es kein lebendes Original von vor 2500Jahren gibt und er darauf hinweisen möchte

    Der Unbuddhist:


    ... welche Einflüssen der Buddhismus weltweit in den letzten 100 bis 150 Jahren ausgesetzt war und wie es dadurch zu seiner tiefgreifenden Veränderung und Weiterentwicklung kam.


    Das heisst eine "Fundamentalkritik" an den Glaube, dass es eben genau so wie es jetzt is, das "Original" sei.

  • Es ist auch nichts falsches daran das der Buddhismus sich wandelt. Zum Glück! Die Grundwerte Ethik, Meditation und Weisheit sind universal und können immer beibehalten werden.
    Ich würde es als Schade empfinden, würden Praxis, Erkenntnis, Methodik von späteren Meistern und Wandel auf Grund von Gesellschaftswandel nicht mit einfließen. Ich denke, es würde dem Buddhismus sogar schaden.


    Grüße

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • "Der Mensch vor der Erleuchtung ist der Mensch nach der Erleuchtung" und wer kann denn von sich sagen, er wäre erleuchtet?


    Die Kritik an "ich bin Buddhist, bin was Besseres" ist imho manchmal berechtigt, doch ist es ein Fehler der Menschen, nicht der Lehre.
    Das der Erhabene die Lehre nicht aus dem leeren Raum erschuf und das diese Lehre im Laufe der Jahrtausende Änderungen (gesellschaftlich und politisch begründet) unterworfen war ist imho eine Plattitüde.
    Ebenso ist es nichts Neues, das die Lehre durch die heutigen Vorstellungen und Möglichkeiten nicht unbedingt zur Ursprünglichkeit zurückgeht.


    Mukti hat recht. Von aussen grundsätzlich zu kritisieren ist def nur Lust am Kritisieren.
    Ich z.B. habe "Probleme" mit den im tib Buddhismus möglichen Sexualpraktiken. Doch da ich diese Linie nicht praktiziere wäre es falsch von mir, dies zu vokalisieren, da ich die Hintergründe nicht kenne.
    Etwas Anderes ist es, wenn es z.B. um verheiratete Zen-Meister geht. Doch dies ist nicht so wichtig für mich, um damit eine Kritikschlacht zu entfesseln.
    Grundsatzkritik muss sich immer auf eigene Erfahrung stützen, nicht auf Hören oder Lesen.
    Bezogen auf die verheirateten Zen-Mönche ist für mich wichtiger, das er die Lehre und Praxis davon unbeeinflusst lässt.


    Also - Jeder kehre vor der eigenen Tür, wenn es denn der Lehre entspricht.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Der Unbuddhist:

    Die teils harschen und reflexhaften Reaktionen mancher gegen die Relativierung einer reinen Lehre, erklärt sich vermutlich daraus, dass diese Reine Lehre unreflektiert als ein allgemeines Heilmittel gesehen wird.


    Du interpretierst hier das Verhalten anderer. Wenn eine Reaktion klar und eindeutig ist und sich gegen deine Meinung richtig, kann sie harsch sein ( das heißt der Mensch empfindet im Moment der Schreibens Wut), muss aber nicht. Man kann nicht so einfach wissen, ob ein anderer Mensch Wut empfinde oder nicht, solange er es nicht ausspricht. Außerdem interpretierst du "reflexhaft"-hier beziehst du dich auf schnelle Reaktionen. "Reflexhaft" bedeutet ja, dass man seine eigenen Gefühle zu dem Thema nie reflektiert hat, die eigene Meinung etwas eingefahrenes ist, was dann eben unter dem Einfluss von Gefühlen, welche man nicht reflextiert, herausschießt.


    Eine schnelle Reaktion kann aber auch einfach deswegen schnell sein, weil derjenige schon tausendmal über das Thema nachgedacht hat, seine eigenen Gefühle reflektiert hat, Leuten die ähnlich denken wie du auch schon sehr oft begegnet ist und aufgrund aller dieser Erfahrungen einfach nicht lange Zeit braucht um zu reagieren.


    Nachdem du die Reaktionen als "reflexhaft" erklärt hast, interpretierst du dann einen Grund: Es sei deshalb reflexhaft, weil es unreflektiert sei.
    Deine Theorie beisst sich in den Schwanz. Das unreflektierte legst du ja selbst rein indem du zuerst sagst: Reflexhaft.
    Sinvoller wäre, die Frage zu posten: Glaubt ihr, dass eine reine Lehre des Buddhismus heutzutage noch erhalten ist und wenn ja, dann wo? Dann könnten andere ihre Meinung sagen, statt von dir interpretiert zu werden.

  • Jianwang:

    Zitat

    Grundsatzkritik muss sich immer auf eigene Erfahrung stützen, nicht auf Hören oder Lesen.


    Meine Rede. Bei Buddhologen kann man davon absehen, ob die Innenansicht haben( die wenden wissenschaftliche Prämissen an) aber bei den Grundsatzkritikern nicht. Das ist ganz logisch.

  • Adrenaline

    Zitat

    Sinvoller wäre, die Frage zu posten: Glaubt ihr, dass eine reine Lehre des Buddhismus heutzutage noch erhalten ist und wenn ja, dann wo?


    Das hatten wir schon zum Thema "authentischer Buddhismus", da lässt sich doch keine neue "Schlammschlacht" lostreten.

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  • jianwang:

    Adrenaline

    Zitat

    Sinvoller wäre, die Frage zu posten: Glaubt ihr, dass eine reine Lehre des Buddhismus heutzutage noch erhalten ist und wenn ja, dann wo?


    Das hatten wir schon zum Thema "authentischer Buddhismus", da lässt sich doch keine neue "Schlammschlacht" lostreten.


    mir ist klar, dass das, was ich sage eh nicht so spannend neu ist. Es geht mir nur darum: Ich schreibe hier nicht viel, lese auch nicht alles mit. Daher hatte ich auch nicht mitbekommen, was ihr diskutiert hattet.
    Wenn Unbuddhist auch mal auf mich ein Bisschen Schlamm wirft, dann fällt vielleicht eher auf, dass dass es nicht unbedingt eine Schlammschlacht zwischen ihm und bestimmten anderen Leuten ist sondern seine Inszenierung.

  • Auch hier finde ich Verdrehungen:


    Unbuddhist:

    Bei dieser Kritik geht es darum, zu zeigen, dass Buddhismus heute weltweit eine Mischung aus vielerlei Einflüssen ist. Folge dieser Kritik ist es, dass die Auffassung vieler Buddhisten im Westen, dass der Dharma eine reine, authentische, originale, von Einflüssen unberührte Lehre sei, sich als falsch erweist.


    Es liegt hier eine Begriffsverwirrung, bzw eine Einengung des Begriffs "Dharma" vor. Es ist daher anzunehmen, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden.
    - Der Dharma als Lehre unterliegt natürlich vielfältigen Einflüssen und Veränderungen. Wer will das bestreiten? Eine unüberschaubare Anzahl buddhistischer Traditionen ist dafür Beleg.
    - Dharma heißt aber nicht nur "Lehre", sondern auch "Grund/Basis" und auch "Phänomen". "Alle Dharmas sind leer", heißt es.
    Der Dharma als Grund bzw als einheitlicher Ausgangspunkt der Phänomene ist rein: klares Licht, Leerheit etc pp.



    Ich nehme Deine allgemeine Kritik wahr als desinteressiert an wirklichen Inhalten. Mir scheint's, es ist lediglich Kritik um der Kritik willen, ohne etwas verbessern oder verstehen zu wollen.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


    2 Mal editiert, zuletzt von Lirum Larum ()

  • @Losang Lamu


    Deswegen schrieb ich Lehre, nicht Dharma.


    Die Quelle ist rein und ohne Makel.


    _()_

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    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Losang Lamo:


    - Dharma heißt aber nicht nur "Lehre", sondern auch "Grund/Basis" und auch "Phänomen". "Alle Dharmas sind leer", heißt es.
    Der Dharma als Grund bzw als einheitlicher Ausgangspunkt der Phänomene ist rein: klares Licht, Leerheit etc pp.


    Ich weiss nich, ob das immer so eindeutig is, weil es ja auch methodenabhängig ist. Also zB. is visualisieren für mich nicht das selbe wie nur-sitzen. Das soll kein besser-oder-schlechter-Vergleich sein, sondern dass ich mich auch schon öfter gefragt habe, ob das mit dem ¨Dharma¨ als Phänomen wirklich so eindeutig is. Es gibt ja auch einige, die sagen ¨Ich war 15Jahre in dieser Tradition, dann habe ich gewechselt und ich verstand was gemeint war.¨ oder manche mischen ja auch ergänzend, usw.

  • Spock:
    Losang Lamo:


    - Dharma heißt aber nicht nur "Lehre", sondern auch "Grund/Basis" und auch "Phänomen". "Alle Dharmas sind leer", heißt es.
    Der Dharma als Grund bzw als einheitlicher Ausgangspunkt der Phänomene ist rein: klares Licht, Leerheit etc pp.


    Ich weiss nich, ob das immer so eindeutig is, weil es ja auch methodenabhängig ist. Also zB. is visualisieren für mich nicht das selbe wie nur-sitzen. Das soll kein besser-oder-schlechter-Vergleich sein, sondern dass ich mich auch schon öfter gefragt habe, ob das mit dem ¨Dharma¨ als Phänomen wirklich so eindeutig is. Es gibt ja auch einige, die sagen ¨Ich war 15Jahre in dieser Tradition, dann habe ich gewechselt und ich verstand was gemeint war.¨.


    Ah, ich hab mich unklar ausgedrückt.


    Ich meinte nicht Dharma sei ein Phänomen, sondern das Wort Dharma wird als Synonym für jegliches Phänomen benutzt. Im Deutschen versucht man eine Verdeutlichung durch Groß-und Kleinschreibung:
    Dharma = Lehre, dharma = Ding, Phänomen
    Aber das kommt mir auch völlig irrig vor, denn im Sanskrit gibt es keine Groß- und Kleinschreibung. Es macht mMn mehr Sinn, sich über dieses Teekesselchen Gedanken zu machen und die Namensgleichheit anzunehmen, anstatt spitzfindige Unterscheidungen zu suchen. Meine ich als nicht-intellektuelle Praktikantin. ;)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Spock:

    Ich les das so, dass es kein lebendes Original von vor 2500Jahren gibt und er darauf hinweisen möchte

    Der Unbuddhist:


    ... welche Einflüssen der Buddhismus weltweit in den letzten 100 bis 150 Jahren ausgesetzt war und wie es dadurch zu seiner tiefgreifenden Veränderung und Weiterentwicklung kam.


    Das heisst eine "Fundamentalkritik" an den Glaube, dass es eben genau so wie es jetzt is, das "Original" sei.


    Dann wäre der Buddhismus auch nicht der Buddhismus..sondern ein starres Gebilde bei dem es um vorgefasste Wahrheiten geht.
    Das hätte aber z.b. so wie ich den Buddhismus verstehe, nix mit Buddhismus zu tun.... Eine Fundamentalkritik wäre ja zu behaupten, dass das alle Buddhisten grundsätzlich so sehen.... Sehe ich aber nicht so.

    Einmal editiert, zuletzt von Sunu ()

  • Wenn ich von Dharma als Urgrund rede, kommt kein Gedanke an irgendwelche Methoden oder verschiedene Lehrmeinungen vor.
    Wir reden ganz und gar aneinander vorbei. _()_

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


    Einmal editiert, zuletzt von Spock ()

  • Ich finde jede Art der Kritik wichtig. Auch wenn sie einfach nur das Ausdruck des eigenen Zweifels sind oder aus der Lust am Kritisieren entstehen. Was das ist, ist Sache des Kritisierenden und Ausdruck seines Seins. Darüber habe ich nicht zu urteilen. Ich kann mich lediglich auf die Kritik einlassen und gemeinsam mit dem Anderen nachdenken.


    Wie gehe ich heute damit um?
    Wenn ich Lust habe, dann sehe ich mir das an und beteilige mich.
    Wenn ich keine Lust habe, dann lass ich es einfach stehen. Es gibt Leute, auf die reagiere ich überhaupt nicht, auch wenn ich persönlich angesprochen werde. Es steht mir frei, so zu reagieren, wie ich es für richtig halte.
    Ich fühle mich nicht angegriffen von kritischen Äußerungen zum Thema Buddhismus, es ist mir egal, ob jemand den Buddhismus, den Dharma oder den Buddha angreift.


    Selbst aus der "hahnebüchendsten" Kritik konnte ich bisher etwas Wertvolles ziehen. Zumindest habe ich nachgedacht, auch über die Dinge, die ich so selbstverständlich hinnehme. Ein anderer Effekt ist eine gewisse Offenheit, die sich so einstellt. Wenn ich Kritik, welche auch immer, abwehre, dann blockiere ich mich selbst. Darauf folgt eine Kette von Gedankenkonstrukten und Emotionen, die nicht immer hilfreich sind. Hinzu kommt, dass ich mir ein Urteil über eine Person erlaube. Das halte ich für wenig förderlich und es erfasst den Menschen nicht, sondern ist erst mal nur Ausdruck meiner eigenen Haltung. Es trennt uns voneinander und führt nur dazu, dass man sich selbst überhöht. Natürlich ertappe ich mich dauernd dabei, mich nicht daran zu halten, aber das ist schon weniger geworden, und ich merke, wie mir das guttut.


    Es sollte möglich sein, alles abzuklopfen, wieder und wieder.
    Einer meiner Lehrer hat das auf diese Weise vorgelebt:
    Wenn jemand eine Frage stellte, die den meisten von uns "echt überflüssig" vorkam, wenn nicht gar "daneben", dann hat er sich erst einmal für die Frage bedankt. Er hat sie aufgenommen, und wenn es ihm nicht klar war, auf was de Fragesteller hinaus wollte, hat er ihn gebeten seine Frage weiter zu erläutern. Er hat die Frage als interessant markiert, und dann versucht eine ehrliche, überzeugende und respektvolle Antwort zu geben. Ihm war offensichtlich klar, dass jedes Wesen seine eigene Sicht auf die Welt hat, hat dies respektiert und ist dem voller Achtung begegnet. Auch mit Humor natürlich und viel Lachen.
    Ich denke viel zu selten an diese Augenblicke gelebter Praxis.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Für mich ist es eine Umkonditionierung, dh. von einer Konditionierung zu einer anderen (= ¨Haltung¨). Und dann wird immer gesagt, wie lange die Leute brauchten und gleichzeitig wie natürlich das ¨eigentlich¨ sei und nun wird auch so getan, als sei das eben nicht ¨bedingt¨, aber das musste eben erst vermittelt werden. Das is für mich wiedersprüchlich.

  • Spock:

    Für mich ist es eine Umkonditionierung, dh. von einer Konditionierung zu einer anderen (= ¨Haltung¨). Und dann wird immer gesagt, wie lange die Leute brauchten und gleichzeitig wie natürlich das ¨eigentlich¨ sei und nun wird auch so getan, als sei das eben nicht ¨bedingt¨. Das is für mich wiedersprüchlich.


    Du meinst, es würde vorausgesetzt werden, man müsse nun aber dieses oder jenes denken? Und alles, was dem nicht entspräche, wäre irgendwie "daneben" aka "verblendet" und eine Art Krankheit, also bedingt, während hingegen die "Rechte Ansicht" nicht bedingt wäre und automatisch erscheine? Verstehe ich Dich richtig?

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Spock:
    Doris Rasevic-Benz:


    Du meinst, es würde vorausgesetzt werden, man müsse nun aber dieses oder jenes denken? Und alles, was dem nicht entspräche, wäre irgendwie "daneben" aka "verblendet" und eine Art Krankheit, also bedingt, während hingegen die "Rechte Ansicht" nicht bedingt wäre und automatisch erscheine? Verstehe ich Dich richtig?


    Ja. So liest sich das für mich teilweise. Das is der ¨ganz natürliche¨ Zustand des Seins, aber bei mir is das nich so. Ich hab das gelesen, gehört und verglichen, dass das so is.


    Also, wenn ich das richtig erfasst habe, dann gibt es einen Punkt des Seins, der keine Begriffe hat, in dem Begriffe nicht angewendet werden, in denen Begriffe aufgrund ihrer Abwesenheit nichts bedingen. Ein Zustand, der keinerlei Definition unterliegt. Deshalb unbedingt. Denn Begriffe definieren, ordnen und strukturieren die Welt. Selbst "die Welt" und "das Erleben" ist ja schon eine Unterwerfung in Begrifflichkeit von "hier und dort", "innen und außen".


    Aber natürlich ist das auch bedingt, denn ohne die Form der "Doris", also ohne diesen Körper, wäre das Unbedingte nicht erfahrbar, das Unbedingte könnte sich nicht erfahren.


    Um zum Thema zurückzukehren: Jegliches Fragen ist ein Kratzen an der Begrifflichkeit. Wir fragen und kratzen so lange, bis wir eine Lücke im Kratzen finden, ein kleiner Moment des Offenseins. Ich glaube auch, dass das Nicht-Kratzen, also das Verharren im Denken und Glauben, nichts anderes ist. Beides ist der Versuch sich durch Denken und Begrifflichkeit zu nähern. Beidem wohnt diese kleine Lücke inne. Ich vermute aber, dass das Kratzen insgesamt förderlicher ist, weil es weniger geschlossen ist. Verstehst Du was ich meine? Ich kann das nur schwer ausdrücken.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Ich sehe da eine wichtige Unterscheidung zwischen:


    "Fundamentalkritik am Buddhismus" was ja nur von Aussen hinzubekommen ist, z.B. wenn ein Christ sagt: "ohne Gott kann Religion nicht funktionieren"


    und


    Fundamentalkritik an bestimmten buddhischen Strömungen, das berühmte "xyz ist kein richtiger Buddhismus, nur abc ist richtiger Buddhismus" was meist von Leuten ausgeht, die "abc" praktizieren.


    Eine Kritik die irgendwie dazwischen steht und wo nicht klar ist, ob es Kritik von Aussen ist oder interne Kritik - oder keins von beiden - ist schwer zu greifen. Wenn dann jemand auch noch keinen Wert auf Gegenargumente legt, ist wohl die Frage nach der Motivation berechtigt.


    Was mir besonders aufgefallen ist, ist diese niemals fehlende Auflistung bestimmter Namen - egal in welchem Forum und zu welchem Thema, es müssen beim Unbuddhisten immer mehrere Namen erwähnt werden. Und diese Namen decken meist ein breites Spektrum an buddhistischen Richtungen ab. Das wirkt als sollte immer möglichst vielen Leuten ein Aufhänger geliefert werden, sich aufzuregen - "fischen".


    Eine sachliche und konstruktive Kritik die auf den Punkt kommt dürfte eher Wert darauf legen, präzise zu sein und differenzierter beim Thema zu bleiben.

  • Lädt nicht Buddha dazu ein, die Lehre immer wieder kritisch, auch und gerade unter dem Aspekt der eigenen Erfahrung zu hinterfragen?


    Die lange Geschichte der Lehre und die vielfältigen konkreten Ausprägungsformen erfordern eine stetige Prüfung. Die buddhistische Lehre ist nicht in einem philosophischen Vakuum entstanden und Buddhisten leben nicht in einer Welt die stillsteht.


    Ein recht großer Teil der Beschäftigung mit der Lehre (vielleicht mehr im Westen als in den Ursprungsgebieten) ist Beschäftigung mit sprachlichen Darlegungen. Nun, auch Sprache verändert sich stetig; die Veränderung hat sich in den letzten Jahren unglaublich beschleunigt.



    Alles gute Ansätze für eine Kritik. Ich mach' da gerne mit.
    Bisher habe ich immer wieder festgestellt, daß die Lehre jeder Kritik standhält 8)


    Zum Thema Kritik seien zwei Anmerkungen erlaubt - es gibt hilfreiche Kritik und zersetzende Kritik und es gibt Kritik am Kern und Kritik an Randelementen.

    • Offizieller Beitrag

    Für mich ist es beim Unbuddhisten so, dass dessen Kritik nicht aus dem buddhitischen Fragestellung: "Wie kann Befreung erlangt werden" kommt, sondern eher aus einer gesellschaftlichen, aufkläerischen Fragestellung: "Wie können Machtstrukturen und Ausbeutung abgebaut werden". Und von daher wir danach gefragt, welche Nebenwirkung buddhitische Diskurse und Institutionen auf den gesellschaftlichen Bereich haben. Also z.B indem sie Aubeutungsverhältnisse legitimieren.


    Ich glaube die beiden Fragestellungen sind recht unabhängig voneinander. Ich kann mir vorstellen, dass es duchaus Mittel und Institutionen gibt, die einigen Leute der Befreiung näherbringen und die aber dafür gesellschaftlich gesehen ungünstige Nebenwirkungen haben. Und umgekehrt: Demokratisierung von Strukturen führt der Befreiung nicht umbedingt näher.


    Der "buddhitische Modernismus" der Aufklärung und Buddhismus als sehr verwandt darstellt, verschleiert diese Zielkonflikte. Es wird so getan, als wäre alles was im Sinne des Buddhismus weiterhilft, auch in jeder anderer Hinsicht positiv. Was aber ja gar nicht sein muss.


    Während in traditionellen buddhitischen Ländern von "Samsara" als einer unreinen Welt ausgegangen wird, von der natürlich auch buddhitische Institutionen nicht ausgenommen sind, ist es im Westen zu einer Art optimistischen buddhitischem Idealismus gekommen, wo man dann naiv erwartet hatte, das aus allem wo Buddhismus draufsteht nur Gutes kommen kann. So ein reiner Bereich, der deswegen auh nicht kontroliert werden muss. Und jetzt kommt halt eben auf, dass so eine "Vorschussnaivität" nicht angebracht war. Es ist ein Lernprozess und jetzt muss man mal schauen, wie man eine Sangha stabil hinkriegt ohne eine gewisse Heiligkeit vorauszusetzten.


    Natürlich gab es auch in traditionellen Herkunfstländern des Buddhismus immer auch alle Arten von Missbrauch. Aber man sah im Buddhismus "eskapistisch" einen Ausgang aus dem Schlamassel statt idealistisch und optimistisch in ihm etwas zu sehen, was das Schlamassel aufhebt.

  • Also ich würde mich ja riesig drüber freuen, wenn der Unbuddhist einfach mal klipp und klar in diesem Thread schreiben würde:
    "Ihr kotzt mich alle an weil ..."
    und das möglichst in einem Satz.
    Das ganze andere Zeug sind doch nur Scheingefechte.