Was ist der mittlere Weg?

  • Hallo zusammen.


    Wir sollen den mittleren Weg gehen, zu keinem Extrem neigen, so finden wir inneren Frieden.


    Nun frage ich mich aber: Was ist der mittlere Weg?


    Auslöser meiner Frage ist, dass ich mal wieder was über das Ego gelesen habe. Zusammenfassend kann man konstatieren: "Mein Ego ist an meinem Leid Schuld. Ist das Ego besiegt ist auch das Leiden besiegt."


    Ist das nicht eine extreme Sicht, weit weg vom mittleren Weg? Ist es nicht extrem, alles Leiden dem eigenen Ego zuzuschreiben? Ist es nicht extrem andere Leidverursacher als arme, unerleuchtete Wesen zu betrachten? Ist es nicht extrem, leidverursachende Umstände als Leer und nicht existent zu "ignorieren"?


    Wer immer nur alle Probleme und Fehler bei sich selbst sucht, ist extrem! Oder?


    Wo ist da der mittlere Weg?


    Lg


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."

  • @ milou:


    Zitat

    "Mein Ego ist an meinem Leid Schuld. Ist das Ego besiegt ist auch das Leiden besiegt."


    solche verknappten sätze sind völlig sinnfrei-extrem; das hast du schon ganz richtig erkannt ;)


    wo ist denn "das ego " ? zeigt es mir, dann besiege ich es für euch :D
    wenn die leute nicht so recht wissen wo nun das ego ist und worin es sich zeigt, verlagern sie sich "gern" auf das negieren verdammen und abweisen der skandha als unreinheiten. dann gehts erstmal ne weile "schön" psychisch abwärts .


    MFG

  • Milou:

    Nun frage ich mich aber: Was ist der mittlere Weg?


    „Zwei Extreme sind, ihr Mönche, von Hauslosen nicht zu pflegen. Welche zwei? Bei den Sinnendingen sich dem Anhaften am Sinnenwohl hingeben, dem niederen, gemeinen, gewöhnlichen, unedlen, heillosen; und sich der Selbstqual hingeben, der schmerzlichen, unedlen, heillosen. Diese beiden Extreme vermeidend, ist der Vollendete zum mittleren Vorgehen erwacht, das sehend und wissend macht, das zur Beruhigung, zum Überblick, zur Erwachung, zum Nirvāna führt.“
    http://www.palikanon.de/samyutta/sam56.html#s56_11

    Milou:

    "Mein Ego ist an meinem Leid Schuld. Ist das Ego besiegt ist auch das Leiden besiegt."


    Wer ist “Mein” und wer “das Ego”?
    Ich behaupte dass beides nur Vorstellungen, nicht das was „Du“ wirklich bist sind und eine Vorstellung kann nicht „besiegt“ werden. Sie muss als Vorstellung ERKANNT werden.


    Der Grund deines Leidens ist schlicht weil Du nicht erkennst was/wer du bist.


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • Ein Schritt nach dem anderen gehen. Die Dinge loslassen wenn wir sie loslassen können. Und wenn wir sie noch nicht loslassen können, dann arbeiten wir daran uns kontinuierlich etwas mehr von ihnen zu lösen. So wie eine Welle das Land sanft und natürlich abträgt, so ist es auch gut die Schichten unseres Geistes sanft und natürlich abzutragen. Wenn man dort mit dem Schaufelbagger loslegt, dann bleibt von der Natürlichkeit nicht mehr viel übrig, und das Bewusstsein reagiert entsprechend.

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Vielleicht reicht das:


    Alles kann sein, nichts muss sein.


    hedin

  • Hi Milou,
    für mich bedeutet der mittlere Weg: Ich habe in diesem Leben Entscheidungen getroffen, Verträge abgeschlossen, die ich einhalten will. Andererseits bin ich keine Nonne. Ich lebe also zwischen diesen beiden Welten und halte die Balance zwischen dem, was ich in der jeweiligen Welt für notwendig halte. Mit jedem praxisbezogenen Schritt bin ich so gut ich eben von Moment zu Moment kann in dieser Welt und dringe dennoch immer tiefer in die Lehre des Buddha ein.
    _()_ Monika

  • MonikaMarie1:

    ... Mit jedem praxisbezogenen Schritt bin ich so gut ich eben von Moment zu Moment kann in dieser Welt ...


    Liebe Monika,


    genau das ist es, was mich beunruhigt ;)


    Wenn ich etwas versuche und es funktioniert nicht so, wie ich es mir wünsche, was ist dann der mittlere Weg? Zu sagen: "Egal, ich hab es so gut getan wie ich konnte, mehr geht eben nicht."? Oder ist das passiv/faul. Fehlt mir das rechte Bemühen? Ist doch viel einfacher zu sagen: "So bin ich halt, besser kann ich es nicht. Man darf dem optimalen Ergebnis nicht verhaftet sein. :grinsen: ", als sich wahrhaft so stark wie möglich zu bemühen, die Dinge besser zu machen. Oder steckt in dem "Besser machen" eine übertriebene Verbissenheit. Kann ich mich mit normalen Leistungen nicht zufrieden geben? Muss ich immer mehr machen, muss ich immer besser sein?


    Lg


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."

  • Milou:

    Wenn ich etwas versuche und es funktioniert nicht so, wie ich es mir wünsche, was ist dann der mittlere Weg?


    Wenn ich eine Empfehlung als richtig anerkenne, bemühe ich mich darum, sie auch zu befolgen.
    Bei dem achtfachen Pfad sind die überwiegenden "Regeln" für mich ganz "normal" gewesen, da ich auch als Christin bereits meistens so gehandelt habe. Dennoch wird das Empfinden dafür immer feiner. Zum Beispiel habe ich gerade hier im Buddhaland viel über "rechte Rede" gelernt und an mir gefeilt. :lol:


    Bei den Silas gab es für mich unterschiedliche Interpretationen z. B. beim Fehlverhalten bezüglich Sexualität und beim Abstehen vom Töten.
    Aber auch das hat sich für mich geklärt. Da ich verheiratet bin und wir (leider immer noch) gerne Fleisch essen, sind wir inzwischen zu "Teilzeit-Vegetariern" geworden. Würde ich alleine leben, wäre ich da sicher rigoroser. Ich kaufe jedoch überwiegend Biofleisch.


    Zitat

    Zu sagen: "Egal, ich hab es so gut getan wie ich konnte, mehr geht eben nicht."? Oder ist das passiv/faul. Fehlt mir das rechte Bemühen? Ist doch viel einfacher zu sagen: "So bin ich halt, besser kann ich es nicht. Man darf dem optimalen Ergebnis nicht verhaftet sein. :grinsen: ", als sich wahrhaft so stark wie möglich zu bemühen, die Dinge besser zu machen.


    "So bin ich halt ..." gibt es für mich nicht mehr. Ich bin nicht so, ich wurde so "gemacht" oder hab mich so "machen lassen". Es kommt vor, dass ich mich in den Arsch trete, um endlich von einer unheilsamen Gewohnheit zu lassen.


    Zitat

    Oder steckt in dem "Besser machen" eine übertriebene Verbissenheit. Kann ich mich mit normalen Leistungen nicht zufrieden geben? Muss ich immer mehr machen, muss ich immer besser sein?


    Das kommt drauf an. Auch Perfektionismus ist unheilsam, kann sich sogar psychisch-somatisch auswirken. Auch daran arbeite ich. Ich sehe mich bzw. die Teile immer wie bei einem großen Stück Butter, das früher beim Milchmann von allen Seiten zurecht geklopft wurde, um eine gewünschte Form zu erhalten. Aber es bleibt Butter und wird kein Goldbarren.


    _()_ Monika

  • Milou:

    Ist es nicht extrem andere Leidverursacher als arme, unerleuchtete Wesen zu betrachten?

    So oder so finde ich eine Verurteilung bzw. Vorurteil nicht hilfreich.

    Zitat

    Ist es nicht extrem, leidverursachende Umstände als Leer und nicht existent zu "ignorieren"?

    ignorieren kommt von Ignoranz, Ignoranz ist Ablehnung/Unwissenheit. Lehrt der Buddhismus, etwas zu ignorieren?


    Zitat

    Wer immer nur alle Probleme und Fehler bei sich selbst sucht, ist extrem! Oder?

    Ja. Genauso wie jemand der alle Probleme nur auf andere schiebt. Der mittlere Weg ist eine Mischung aus beiden Ansichten.


    Deine Fragen inspirieren mich, hast du noch mehr davon? :D


    Zitat

    Wenn ich etwas versuche und es funktioniert nicht so, wie ich es mir wünsche, was ist dann der mittlere Weg?


    Kannst du vielleicht ein konkretes Beispiel nennen?


    Zitat

    Muss ich immer mehr machen, muss ich immer besser sein?

    Wer oder was treibt dich denn? Und wozu?

  • Milou:

    Wir sollen den mittleren Weg gehen, zu keinem Extrem neigen, so finden wir inneren Frieden.
    Nun frage ich mich aber: Was ist der mittlere Weg?


    Hinsichtlich des Verhaltens bedeutet dies in allem das rechte Maß zu halten. Bezüglich der Anschauung beutet dies auf die Annahmen zu verzichten, dass das Selbst aus sich selbst besteht oder das es gar nicht besteht.


    Kongjiazhong

  • Milou:


    Wenn ich(1) etwas versuche(2) und es funktioniert(3) nicht so, wie ich es mir wünsche, was(4) ist dann der mittlere Weg?

    Du bist in diesem Satz (mit dieser Frage) mindestens vier Mal vom mittleren Weg abgewichen:
    1) da ist die hörbare Frage eines konventionellen ichs das es letztendlich nicht gibt. (hast du das bedacht, Milou?)
    2) versuchst du dir gerade eine Frage zu beantworten oder läuft etwas ganz anderes ab - Was ver-suchst du? Versuchst du?
    3) was ist 'funktionieren' - hast du das gründlich erforscht?
    Woran erkennst du ein funktionieren - woran erkennst du ein nichtfunktionieren? (sei präziser, Milou, ein bisschen strenger mit dir selbst :->)
    4) könnte es überhaupt möglich sein, die Frage nach einem MITTLEREN Weg, also einer Balance, mit einer einzigen Position zu beantworten?...


    ...was sagst du jemandem der auf einer Slackline steht, auf einem Hochseil balanciert - - soll er sich nach rechts oder nach links neigen?!

  • Wir sollten vielleicht über die Umstände reden, unter denen Buddha die Idee des mittleren Weges entwickelt hat und für welche Bereiche dieser gelten soll.


    Wenn ich mit einem duchgebrochenen Blinddarm ins Krankenhaus eingeliefert werde möchte ich nicht, daß sich die Ärzte überlegen: der mittlere Weg zwischen Operation und nicht-Operation ist wir schneiden ihn auf, sehen mal nach, machen dann aber nichts und nähen ihn wieder zu. Die sollen dann schon den ganzen Weg gehen. Und das gilt dann auch für ganz vieles im praktischen Leben.


    Der mittlere Pfad ist kein lauwarmer Dauerkompromiss in allen Bereichen, ich sehe es mehr als eine geistige Haltung an. Kritisch die Bedingungen und Wirkungen des eigenen Handelns zu prüfen.

  • kongjiazhong:

    Bezüglich der Anschauung beutet dies auf die Annahmen zu verzichten, dass das Selbst aus sich selbst besteht oder das es gar nicht besteht.


    Oder auch so:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot


  • Hallo boehnchen,


    1) Ich schreibe so oft es geht Ich weil Man das ganz anders sehen könnte und ich nicht unzulässig verallgemeinern will.
    2) u. 3) Es geht mir um ganz profane Themen: gelingt es mir einen Kuchen zu backen, schaffe ich es bei der Meditation meinen Geist zu beruhigen, komme ich beim Marathon endlich mal unter vier Stunden ins Ziel ...
    4) Gegenfrage: Hat jeder Mensch seine eigene Mitte oder gibt es DIE Mitte? Wie erkenne ich meine Mitte? Hauptsache ich fühle mich gut?


    Lg


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."

  • Milou:

    Hat jeder Mensch seine eigene Mitte oder gibt es DIE Mitte? Wie erkenne ich meine Mitte? Hauptsache ich fühle mich gut?



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Wobei der achtfache Pfad schon recht asketisch angelegt ist:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Na gut, jetzt muss man nur noch verstehen wie "Entsagung" gemeint ist.
    Da gibt es VIEL Raum zu Interpretationen ;)


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • JazzOderNie:
    Elliot:

    Wobei der achtfache Pfad schon recht asketisch angelegt ist:..


    könnte man so sehen, wenn man "entsagt" und dabei das hingucken vergisst.


    Nein, das ist mit "Entsagen" wohl nicht gemeint:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • JazzOderNie:

    ... wenn man aber vor lauter "entsagen" das leben vergisst, dann kann der 8fache weg durchaus asketisch sein.


    Also, der achtfache Pfad erspart einem natürlich nicht, sich im Leben zu orientieren und sich um Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Gesellschaft usw. zu kümmern:


    Zitat

    Als es Morgen war, zog sich der Erhabene an, nahm seine Schale und äußere Robe und ging um Almosen nach Rājagaha hinein. Da dachte der Erhabene: "Es ist noch zu früh, um in Rājagaha um Almosen umherzugehen. Wie wäre es, wenn ich zum Wanderasketen Sakuludāyin im Pfauenpark, dem Park der Wanderasketen ginge?"

    Dann ging der Erhabene zum Pfauenpark, dem Park der Wanderasketen. Bei jener Gelegenheit saß der Wanderasket Sakuludāyin mit einer großen Versammlung von Wanderasketen zusammen, die einen Aufruhr veranstalteten, laut und lärmend viele sinnlose Gespräche führten, wie zum Beispiel Gespräche über Könige, Räuber, Minister, Heere, Gefahren, Schlachten, Essen, Trinken, Kleidung, Betten, Schmuck, Parfüm, Verwandte, Fahrzeuge, Dörfer, Marktstädte, Großstädte, Länder, Frauen, Helden, Straßen, Brunnen, die Toten, Unbedeutendes, den Ursprung der Welt, den Ursprung des Meeres, ob die Dinge so oder anders sind. Da sah der Wanderasket Sakuludāyin den Erhabenen in der Ferne kommen. Als er ihn sah, brachte er seine eigene Versammlung so zum Schweigen: "Meine Herren, seid still; meine Herren, macht keinen Lärm. Hier kommt der Mönch Gotama. Dieser Ehrwürdige mag die Stille und heißt Stille gut. Wenn er feststellt, daß unsere Versammlung still ist, dann überlegt er sich vielleicht, zu uns zu kommen." Da schwiegen die Wanderasketen.


    (MN 79)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Joram:

    Na gut, jetzt muss man nur noch verstehen wie "Entsagung" gemeint ist.
    Da gibt es VIEL Raum zu Interpretationen ;)


    Entsagung ist leicht zu verstehen, klingt nur im ersten Moment ein bisserl streng (für uns Westler am Dauerbuffett)
    Bei Entsagung versagt man sich ja nichts was man gerne möchte -
    sondern man hat von den Grundfesten her verstanden, dass das was man gerne hätte Leid bedeutet, ins Leid hinein führt. Deshalb lässt man es verständig
    gerne.


  • Ich vermute hier auch ein paar kleine Begriffsverwirrungen?
    Mit "Der Mittlere Weg" ist nicht die Mitte von Irgendwo gemeint, sondern es ist ein Synonym für den Buddhadharma. Also eine klar dargelegte Lehre, schriftlich festgehalten nach den Reden des Buddha und anderen, späteren buddhistischen Wissenschaftlern, wie z.B. Nagarjuna.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:



  • Nach der Lehre des Buddha gibt es nicht wirklich ein Ego.
    Also kann es auch nicht am Leiden schuld sein.
    Aber es gibt den glauben es würde so ein Ego geben und dieser
    falsche Glaube führt zu Festhalten daran und verhindert daher das Loslassen.
    In sofern wird an samsaro festgehalten.


    Was aber des mittleren Weg anbelangt, so handelt es sich nicht um einen
    mittleren Weg in jeder Hinsicht, sondern um einen mittleren Weg nur in Bezug
    auf die Dinge die der Buddha beim aufzeigen des mittleren Weges auch jedes mal
    ausdrücklich mit aufzählt hat. Keineswegs handelt es sich bei der Lehre des Buddha
    um eine Lehre die in jeder Hinsicht einen mittleren Weg lehren würde.


    Mit anderen Worten, es ist z.B. nicht der von Buddha gelehrte Weg zwischen
    lügen, rauben, und morden auf der einen Seite und nicht-lügen, nicht-rauben,
    und nicht-morden auf der anderen Seite, der mittlere Weg etwa sein ein bißchen
    zu Lügen, ein bißchen zu rauben und ein bißchen zu morden, zu lehren.

  • Betrifft der Begriff "mittlerer Weg" wirklich nur den achtfachen Pfad (dann war ich wirlich verwirrt), oder auch allgemein das "nicht Extreme"?


    Lg


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."