Paul Ekman: Gefühle lesen

  • Wärmstens empfehlen möchte ich:
    Paul Ekman: "Gefühle lesen. Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren."


    Ekman ist (Klappentext): "Professor für Psychologie an der University of California in San Francisco und einer der bekanntesten amerikanischen Psychologen. Bahnbrechend waren seine ethnologischen Studien (...) zur Universalität emotionaler Gesichtsausdrücke. (...) Er hat das Facial Action Coding System (FACS) entwickelt - eine umfangreice Sammlung von Texten und Fotografien zu Muskeln, Kombinationen von Muskeln und den resltierenden Gesichtsausdrücken".


    Der amerikanische Titel des Buches "Emotions Revealed. Understanding Faces and Feelings" bringt zum Ausdruck, dass es in dem Werk nicht bloß um Gesichtsausdrücke geht, sondern um Emotionen im Allgemeinen und darin liegt für mich auch die wesentliche Qualität des Buches. Welche Formen von Emotionen git es? Welche Funktionen haben sie? Warum haben sie sich in der Evolution des Menschen als vorteilhaft erwiesen? Wie zeigen sich Emotionen? Wie manifestieren sie sich körperlich, auch jenseits des Gesichtes? Können wir unsere Gefühle kontrollieren, temperieren?


    Das Buch zeigt, wie unglaublich vielfältig unsere emotionale Welt ist. So kann die Basisemotion "Ärger und Zorn" in vielerlei Form auftreten: leichte Verärgerung, rasende Wut, Empörung, Beleidigtsein, Gereiztheit, Erbitterung, Verdruss, ausgewachsener Groll, lang anhaltende Verstimmung, Hass...


    Impulse für seine Arbeit hat Ekman auch in Gesprächen mit dem Dalai Lama erhalten. Um einen eventuell vorhandenen Automatismus Emotion-Handlung aufzubrechen empfiehlt Ekman eine mentale Methode, die sehr an das Prinzip der buddhistischen Achtsamkeit angelehnt ist. Er nennt das "Acht geben auf die eigenen emotionalen Empfindungen". Ekmans Gespräche mit dem DL haben in einem anderen Buch Niederschlag gefunden: "Gefühl und Mitgefühl. Emotionale Achtsamkeit und der Weg zum seelischen Gleichgewicht".


    Emotionen sind ein wichtiger Teil unserer humanen Ausstattung. Jedem, der sich mit diesem Bereich unseres Geistes eingehender auseinandersetzen möchte, kann ich Ekmans Buch nur wärmstens empfehlen.


    Charlie

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Warum meinst du das es ein buddhistisches Buch ist, weil er sich etwas mit Dalai Lama unterhalten hat? *schmunzel*

  • Ich habe in diesem Forum leider keinen anderen Bereich gefunden, um das Buch vorzustellen. Sollte es einen solchen geben, so kann der Thread gerne dorthin verfrachtet werden.
    Es ist sicherlich kein "buddhistisches Buch". Allerdings ein Buch, von dem Buddhisten durchaus profitieren können. Ist doch der buddhistische Weg ein Weg der Selbsterkenntnis. Zur Selbsterkenntnis zählt auch die Achtsamkeit auf die eigenen Gefühle.


    Charlie

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Also ein möglicher Zugang zur "Achtsamkeit auf die eigenen Gefühle", dass ist doch nicht schlecht. *schmunzel* Denke aber, dass er mehr den Fokus auf andere (außen) gerichtet hat, wo gleich man natürlich ein gutes Potenzial an Selbstbeobachtung braucht.


    In Gesichtern kann man alles lesen. *schmunzel* Manche nennen das dann Siddhi.

  • Nach dem Motto, die besten Buddhisten sind gar keine, passt diese Buch sicher hier herein: Die besten buddhistischen Bücher sind nämlich gar keine. In diesem Sinne ist diese Buch vielleicht wirklich ein im eigentlichen Sinne buddhistisches Buch – weil es Erkenntnisgewinn ermöglicht. Werde es mir auf jeden Fall ansehen. Danke für den Tipp.

  • Du hast da insofern recht, als das gekaufte Dinge schon von Grund auf dem Dharma widersprechen. *schmunzel* Im ügrigen ist es ja wohl mehr eine Sache des Zueigenmachens warum man meint etwas zu wollen oder abzulehnen.

  • Kainer Wahr:

    In diesem Sinne ist diese Buch vielleicht wirklich ein im eigentlichen Sinne buddhistisches Buch – weil es Erkenntnisgewinn ermöglicht.


    Das tut es! Stichwort: Achtsamkeit auf die Gefühle. Wie viele Emotionen bekommen wir (und bei anderen) überhaupt nicht mit? Wieviele dieser unentdeckten Gefühlen werden zu Handlungsauslösern? Lassen uns Dinge machen, die wir vielleicht hinterher bereuen? Oder Dinge tun, auf die wir hinterher stolz sein können?


    LG
    Charlie

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Zitat S. 353 ff:


    Ich möchte Ihnen hier noch weitere Überlegungen zu einer der emotionalen Fähigkeiten vorstellen, die ich zu Beginn dieses Buches skizziert habe: nämlich aufmerksam dafür zu sein - sich ganz bewusst zu sein -, wann man emotional wird.


    Die Natur macht es uns nicht leicht, eine gerade aufkommende Emotion bewusst wahrzunehmen - ganz zu schweigen von der Art und Weise, wie wir die Außenwelt, die unsere Gefühle erst entstehen lässt, einer automatischen Bewertung unterziehen. Für die meisten Menschen ist es praktisch unmöglich, jene automatischen Bewertungsmechanismen wahrzunehmen, die eine emotionale Episode einleiten. Daniel Goleman bezeichnet dies als Bewertungsbewusstsein (appraisal awareness). Durch konsequente Übung aber entwickeln manche Menschen eine Fähigkeit, die uns die Natur nicht in die Wiege legt und deren Erwerb sie uns schwer macht: Sie erlernen ein Impulsbewusstsein (impulse awareness); das heißt, Sie nehmen einen emotionsgetriebenen Impuls wahr, bevor er in Aktionen umgesetzt wird. Emotionen entwickelten sich in der Evolution gewiss nicht in einer Weise, die ein Impulsbewusstsein begünstigt. Vielmehr scheint das Emotionssystem einer Einmischung durch das aktive Bewusstsein gerade entgegenwirken zu wollen.
Vor über 45 Jahren sagte Frank Gorman, mein Betreuer im Fach Psychotherapie, ich solle mir zum Ziel setzen, meinen Patienten zu einem größeren Abstand zwischen Impuls und Handlung zuverhelfen. Die Buddhisten sprechen davon, den Funken (der eine Emotion entzündet) vor der Flamme (sie meinten damit das emotionale Verhalten, das die Emotion umsetzt) zu erkennen. Sie verlangen nicht, die Bewertung zu erkennen, die den Funken erzeugt. In diesem Punkt stimmen die buddhistische und die westliche Sicht überein.


    Das Impulsbewusstsein stellt hohe Anforderungen. Wahrscheinlich kann es nicht jeder erreichen, und selbst wer die Anforderungen erfüllt, wird dies gewiss nicht immer erfolgreich tun. Doch die Arbeit, die wir für das Erreichen dieses Ziels aufwenden, bringt uns in jedem Fall dem näher, was fast allen von uns gelingen kann - nämlich ein Bewusstsein für emotionales Verhalten (emotional behaviour wareness) zu entwickeln, das heißt unseren emotionalen Zustand zu erkennen, sobald sich dieser in Worten und Handlungen niederzuschlagen beginnt.


    Wenn wir erkennen, dass ein Gefühl
    unser Verhalten steuert, können wir bewusst abwägen, ob
    die jeweilige emotionale Reaktion der Situation angemessen
    ist und - wenn ja - ob sie die richtige Intensität hat und sich
    in einer möglichst konstruktiven Form ausdrückt.


    Ich fasse noch einmal zusammen, wie wir das Bewusstsein
    für emotionales Verhalten und in manchen Fällen auch das
    Impulsbewusstsein stärken können:
    - Führen Sie die Übungen durch, welche Ihr Bewusstsein
    für die körperlichen Veränderungen beim Aufkommen ei-
    ner Emotion schärfen; diese Veränderungen signalisieren
    Ihnen dann, dass Sie im Begriff sind, emotional zu reagie-
    ren.
    - Finden Sie heraus, wann Sie am ehesten emotional reagie-
    ren -insbesondere in einer Weise, die Sie später bereuen -,
    indem Sie über bedauerliche emotionale Episoden Buch
    führen. So können Sie kritische Auslöser erkennen, bevor
    Sie ihnen ausgeliefert sind, und - wenn Sie prüfen, ob Sie
    Abläufe aus vergangenen emotionalen Episoden impor-
    tieren - diese Auslöser allmählich „entschärfen“. (...)


    Ein anderer, komplementärer Ansatz ist die sogenannte
    Achtsamkeits-Meditation (mindfulness medítation)
    Ich bin in "Gefühle lesen" nicht näher darauf eingegangen, weil
    Befunde dafür, dass sich das Leben tatsächlich durch Medi-
    tation verbessern lässt, erst seit kurzem gehäuft publiziert
    werden. Die Ergebnisse sind vielversprechend, aber es ist zu
    früh, um ganz sicher zu sein, zu welcher Verbesserung es ge-
    nau kommt, ob sie für jeden von Nutzen ist und wie lange
    die Vorteile anhalten. Zudem konnte ich damals nicht ver-
    stehen, weshalb mein Gefühlsleben davon profitieren sollte,
    wenn ich mich auf meine Atmung konzentriere.


    Wenige Wochen vor dem Verfassen dieses Nachwortes traf
    mich die Erklärung wie der sprichwörtliche Blitz aus heite-
    rem Himmel: Eben weil man durch die Meditation lernt, sei-
    ne Aufmerksamkeit auf einen automatischen Prozess zu
    konzentrieren, der eigentlich keine bewusste Kontrolle er-
    fordert, entwickelt man die Fähigkeit, auch anderen automa-
    tischen Abläufen gegenüber achtsam zu sein. Wir atmen,
    ohne nachzudenken, ohne jedes Ein- oder Ausatmen bewusst
    zu steuern. Die Natur verlangt nicht, dass wir unserer At-
    mung Aufmerksamkeit schenken. Die meisten Menschen
    schaffen es - wenn überhaupt- kaum länger als eine Minu-
    te, auf jeden einzelnen Atemzug zu achten, bevor ihre Ge-
    danken abschweifen. Um zu lernen, uns auf unsere Atmung
    zu konzentrieren, müssen wir täglich üben; dabei entstehen
    neue neuronale Pfade, die uns genau dies ermöglichen. Der
    Clou dabei ist, dass sich diese Fähigkeit auf andere automa-
    tische Prozesse überträgt- das Bewusstsein für emotionales
    Verhalten wächst und bei manchen Menschen sogar das Im-
    pulsbewusstsein. Diese Erklärung schien auch anerkannten
    Experten für Meditation und Fachleuten für Emotionen und
    Gehirn plausibel.


    Probieren Sie die Achtsamkeits-Meditation am besten ein-
    mal aus, um herauszufinden, ob Sie damit zurechtkommen.
    Um es noch einmal zu sagen: Dies ist keine leichte Aufgabe,
    und Sie werden in Ihrem Gefühlsleben nur bei regelmäßiger
    Übung davon profitieren. (...) Es gibt allerdings viele
    verschiedene Formen der Meditation; für Sie interessant ist
    hier die Achtsamkeits-Meditation.

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

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