Suche Empfehlung zu Arthur Schopenhauer

  • Hallo,
    würde gerne mal was von Schopenhauer lesen... Was könnt ihr mir besonders empfehlen? Gibt es ein Hauptwerk?

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Onda:

    Zum Einlesen schön:


    Parerga und Paralipomena


    Gruß
    Onda


    Das leben ist zu kurz zum einlesen... Werde mir lieber gleich das Hauptwerk reinziehn

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • 'Aphorismen zur Lebensweisheit' sollte man vielleicht vor der 'Welt als Wille' lesen (ich persönlich kenne niemanden, der das beim ersten Lesen geschafft - geschweige denn, verstanden - hat).
    Ganz hübsch die Biographie von Safranski: 'Schopenhauer und die wilden Jahre der Philosophie'. Ist nicht verkehrt, einige Hintergrundinformationen zu haben, um das Gelesene einordnen zu können.
    Im übrigen sind die 'Parerga' (worin auch die 'Aphorismen' enthalten sind) wärmstens zu empfehlen, schon alleine wegen der Stellen über gutes Deutsch und guten Stil (Kapitel XXIII bis XXV im 2. Band)...


    'Der Stil ist die Physiognomie des Geistes. Sie ist untrüglicher als die des Leibes. Affektation im Stil ist dem Gesichterschneiden zu vergleichen.' (Soviel zu einem zwanghaften *schmunzel*...)
    'Daher nun ist die erste, ja schon für sich allein beinahe ausreichende Regel des guten Stils diese, dass man etwas zu sagen habe: O, damit kommt man weit!'

  • Nightrainmonk:


    'Daher nun ist die erste, ja schon für sich allein beinahe ausreichende Regel des guten Stils diese, dass man etwas zu sagen habe: O, damit kommt man weit!'


    Eines meiner Lieblingszitate von Schopenhauer!
    Onda

  • Na, mich interessiert ja, an welcher Stelle Schopenhauer die Achtfache, zur Auflösung des Leidens führenden Methode dargelegt hat.



    Alles Gute :)

  • mirco:

    Na, mich interessiert ja, an welcher Stelle Schopenhauer die Achtfache, zur Auflösung des Leidens führenden Methode dargelegt hat.



    Alles Gute

    Warscheinlich gleich nach dem er die Methode der Auflösung des Leids dargelegt hat :shock:;) ...
    Ich berichte wenn ich durch hab... :D

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Dieser Thread ist unter "buddhistische Bücher" nicht wirklich optimal aufgehoben. Man sollte Schopenhauer nicht lesen in der Erwartung, bei ihm "Buddhismus" vorzufinden. Schopenhauer war zwar ein Meilenstein der europäischen Buddhismus-Rezeption, es sind viele buddhistische Elemente in sein Werk eingeflossen (insbesondere das Konzept der grundlegenden Leidhaftigkeit des Seins) - aber er ist abendländlischer Philosoph und kein "buddhistischer" Autor. Seine "Welt als Wille und Vorstellung" ist keine Paraphrase des Buddha-Dharma.


    LG
    ONda

  • Schopenhauer, Tolle, Lasalle, Ekkehart, Jesus, die Brahmanen -


    - immer wieder wird gewollt, das irgendetwas anderes irgentwie buddhistisch ist.


    Es wird nach Gemeinsamkeiten, Parallelen gesucht. Warum bloß? Na, da lassen
    sich bestimmt wieder viele Theorien über dieses Warum ersinnen.


    Meiner bescheidenen Meinung nach führt diese Suche nach Gemeinsamkeiten
    bloß weg von der heilbringenden Beschäftigung mit der Lehre des Buddha. Oder dahin?


    Wie auch immer, der Buddha hat bei philosophischen Strömungen seiner Zeit darauf
    hingewiesen, das all diese Netze der Ansichten nicht zu Nibbana führen.



    Alles Gute...

  • mirco:

    Es wird nach Gemeinsamkeiten, Parallelen gesucht. Warum bloß? Na, da lassen
    sich bestimmt wieder viele Theorien über dieses Warum ersinnen.


    Warum?
    wegen papanca und monkey mind


    Grüße
    TM

  • mirco:

    Schopenhauer, Tolle, Lasalle, Ekkehart, Jesus, die Brahmanen -
    - immer wieder wird gewollt, das irgendetwas anderes irgentwie buddhistisch ist.


    Im Falle von Schopenhauer ist das weniger ein Wollen der Leser als schlicht ein Faktum. Er war in seinem Denken stark von Buddhismus geprägt.

    Zitat


    Meiner bescheidenen Meinung nach führt diese Suche nach Gemeinsamkeiten
    bloß weg von der heilbringenden Beschäftigung mit der Lehre des Buddha. Oder dahin?


    Viele Dinge erschließen sich erst im Vergleich.

  • Onda:
    mirco:

    Schopenhauer, Tolle, Lasalle, Ekkehart, Jesus, die Brahmanen -
    - immer wieder wird gewollt, das irgendetwas anderes irgentwie buddhistisch ist.


    Im Falle von Schopenhauer ist das weniger ein Wollen der Leser als schlicht ein Faktum. Er war in seinem Denken stark von Buddhismus geprägt.


    Gähhn. Und der Rest von ihm, wie war der geprägt?



    Onda:
    Zitat

    Meiner bescheidenen Meinung nach führt diese Suche nach Gemeinsamkeiten
    bloß weg von der heilbringenden Beschäftigung mit der Lehre des Buddha. Oder dahin?


    Viele Dinge erschließen sich erst im Vergleich.


    Das verstehe ich.



    Alles Gute :)

  • Für mich persönlich führt sowas zu einem besseren Verständnis der Lehre.
    Zum einen weil es eher in meiner Zeit liegt, auch wenn Buddhas Worte sicherlich universell sind.
    Zum anderen weil ich wenn ich die Worte des Buddha lese oft nur denke "da hat er recht","seh ich auch so" etc.
    Oft erschliessen sich mir die Dinge aber besser und eingehender wenn ich etwas lese was nicht meiner Erfahrung ganz richtig ist. Dann denke ich "moment mal, da stimmt was nicht","das seh ich aber anders, das ist doch so und so","oder doch nicht?"
    Ist zumindest bei mir so und darum geht es ja. Find es immer hilfreich etwas zu lesen zum "selben" Thema was meiner Ansicht wiederspricht

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • mirco:
    Onda:

    Im Falle von Schopenhauer ist das weniger ein Wollen der Leser als schlicht ein Faktum. Er war in seinem Denken stark von Buddhismus geprägt.


    Gähhn. Und der Rest von ihm, wie war der geprägt?


    Schopenhauer war kein Buddhist, er war ein Philosoph von immenser Belesenheit. Diese erstreckte sich nicht nur auf abendländischen Denker (angefangen von den Griechen über Kant (von dem er sehr inspiriert war) bis zu den zu seiner Zeit modernen Denkern (wie Fichte und Hegel), sondern eben auch auf die Texte der indischen Tradition (Veden, Upanishaden, buddh. Texte). Er war für die Buddhismus-Rezeption im Westen ein ganz wichtiger Wegbereiter. Karl Eugen Neumann etwa war stark von ihm inspiriert und interpretierte den PK oft ganz im Geiste Schopenhauers.


    Um einer geistigen Monokultur entgegenzuwirken, ist es sicherlich hilfreich, sich mit anderen Denkern neben Gautama zu beschäftigen - gerade die Differenzen - aber auch die scheinbaren oder echten Übereinstimungen - verhelfen oft zu schärferem Sehen.


    Der gute Gautama hat sich auch mit anderen Lehren auseinandergesetzt. Im PK finden sich viele Debatten mit "andersfährtigen" Asketen.


    LG
    Onda

  • Onda:

    Um einer geistigen Monokultur entgegenzuwirken, ist es sicherlich hilfreich, sich mit anderen Denkern neben Gautama zu beschäftigen - gerade die Differenzen - aber auch die scheinbaren oder echten Übereinstimungen - verhelfen oft zu schärferem Sehen.


    Dann würde ich aber die indischen buddhistischen Denker empfehlen und nicht die westlichen vom Theismus denk-"verkrüppelten" Philosophen die mehr als 1000 Jahre nach den Erstgenannten nicht mal ein Quäntchen der Brillianz der Erstgenannten erreichten.



    Aber ach ... auf Deutsch ist da nix :(



    Auf der anderen Seite ... der Tod kann in 5 Minuten kommen ... also besser doch gleich zum Wesentlichen: Lass los ?



    Grüße
    TM

  • Die nach Schopenhauer "wahrscheinlich ... schlimmste Seite der Religionen" in bezug auf die Moral sei abschließend angeführt: Nicht nur transportieren sie Lügen und untergraben sie das moralische Empfinden, nicht nur appellieren sie an den Egoismus des einzelnen und zerstören damit das Mitleid, sondern oftmals rufen sie ausdrücklich zu unmoralischem Verhalten auf: Die Gläubigen der einen Religion meinen berechtigt zu sein, gegen Andersgläubige "mit der äußersten Ruchlosigkeit und Grausamkeit" verfahren (S. 9) zu dürfen – etwas, das vor allem für die "Anhänger der monotheistischen Religionen" gilt.42 Den Grund für dieses Phänomen sieht Schopenhauer darin, daß ein alleiniger Gott "seiner Natur nach, ein eifersüchtiger Gott" ist, der "keinem andern das Leben gönnt".43


    6. Christen vergrößern oft noch das vorhandene Leid.
    Nach Schopenhauer ist die Welt ein Jammertal, und sind die Menschen einerseits die gequälten Seelen und andererseits die Teufel darin. Zu den Übeln der Welt, den physischen Übeln, kommen noch von Menschen geschaffene moralische Übel hinzu. Wieder sieht Schopenhauer Theisten mit ihrer "gezwungene[n], andressierte[n], demüthige[n], schleichende[n] Bettlergebärde44 in den Kriminalakten der Menschheitsgeschichte besonders reich vertreten. So begünstige der gelegentliche Optimismus der Theisten die Mißachtung der Wahrheit, daß die Welt ein Schauplatz des Jammers sei – etwas, das zu neuem Unglück führt. Sind wir nämlich einmal frei von Leid, so spiegeln unruhige Wünsche uns die Chimären eines unerreichbaren Glücks vor, und diese Wünsche verleiten uns, diese Chimären zu verfolgen: Dadurch "bringen wir den Schmerz, der unleugbar real ist, auf uns herab"45.


    Neben dem Optimismus, der sich über die Übel der Welt hinwegzuschwindeln sucht (und dadurch neues Leid schafft), verursachen konkrete religiöse Normensysteme noch zusätzliches, konkretes Leid.
    http://members.aon.at/gstremin/strem3.htm

  • Onda:


    Um einer geistigen Monokultur entgegenzuwirken, ist es sicherlich hilfreich, sich mit anderen Denkern neben Gautama zu beschäftigen - gerade die Differenzen - aber auch die scheinbaren oder echten Übereinstimungen - verhelfen oft zu schärferem Sehen.


    Der gute Gautama hat sich auch mit anderen Lehren auseinandergesetzt. Im PK finden sich viele Debatten mit "andersfährtigen" Asketen.


    O.k., mache ich dann auch als Arahat, wenn die an mich herantreten ;)


    Mich führt eine eine Beschäftigung mit Philosophie nicht zu schärferen Sehen, habe ich schon probiert. Großherzigkeit, Tugend und Meditation hingegen schon. Da ist wohl jeder anders ;)



    Alles Gute :)

  • Onda:


    6. Christen vergrößern oft noch das vorhandene Leid.
    Nach Schopenhauer ist die Welt ein Jammertal, und sind die Menschen einerseits die gequälten Seelen und andererseits die Teufel darin. Zu den Übeln der Welt, den physischen Übeln, kommen noch von Menschen geschaffene moralische Übel hinzu. Wieder sieht Schopenhauer Theisten mit ihrer "gezwungene[n], andressierte[n], demüthige[n], schleichende[n] Bettlergebärde44 in den Kriminalakten der Menschheitsgeschichte besonders reich vertreten. So begünstige der gelegentliche Optimismus der Theisten die Mißachtung der Wahrheit, daß die Welt ein Schauplatz des Jammers sei – etwas, das zu neuem Unglück führt. Sind wir nämlich einmal frei von Leid, so spiegeln unruhige Wünsche uns die Chimären eines unerreichbaren Glücks vor, und diese Wünsche verleiten uns, diese Chimären zu verfolgen: Dadurch "bringen wir den Schmerz, der unleugbar real ist, auf uns herab"45.


    Ja, aber wenn das seine bildliche Ausdruckweise ist, dann zeigt dies nur, dass meine Aussage zur durch Theismus "verkrüppelten" Denke begründet ist. Es sind die Bilder, die Prägung manifestieren und die selbst wiederum prägen.


    Jede Sichtweise die nicht (wenigstens implizit) anatta lehrt ist falsche Sichtweise und verfestigt nur die Unwissenheit.



    Ich meine - wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht - Schopenhauer's Sichtweise hatte ja durchaus "Anklänge" ans Mahayana: Weil die Welt "ein Jammertal" ist, ist die eizige Sinnstiftung das "Mitgefühl" (nannte er vielleicht anders) mit anderen und entsprechende Taten. Aber "anatta" fehlte bei ihm komplett ... oder?




    Grüße
    TM

  • TMingyur:

    Jede Sichtweise die nicht (wenigstens implizit) anatta lehrt ist falsche Sichtweise und verfestigt nur die Unwissenheit.
    Ich meine - wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht - Schopenhauer's Sichtweise hatte ja durchaus "Anklänge" ans Mahayana: Weil die Welt "ein Jammertal" ist, ist die eizige Sinnstiftung das "Mitgefühl" (nannte er vielleicht anders) mit anderen und entsprechende Taten. Aber "anatta" fehlte bei ihm komplett ... oder?
    Grüße
    TM


    Wie gesagt: Schopenhauer war kein Buddhist, sondern ein vom Buddhismus beeinflusster westlicher Philosoph (der wiederum die Buddhismus-Rezeption im Westen stark beeinflusste -> siehe K.E.N.).
    Das anatta-Konzept findet sich bei ihm nicht explizit, sondern nur indirekt in Gestalt des "Willens". Verweist "anatta" auf die Abwesenheit eines dauerhaften Ich-Kerns und auf die grundsätzliche Bedingtheit aller Phänomene, so ist der Mensch bei Schopenhauer gleichfalls ein "Bedingtes" und zwar ein vom Willen Bedingtes. Der Wille ist bei Sch. eine blinde, ziellose Urkraft, die im Individuum "Objektität" gewinnt. Dieser allen Wesen geimeinsame Willen ist das Bindeglied, das die Schopenhauersche Ethik begründet: Tat tvam asi. Der Wille ist gleichsam das Holz, aus dem wir alle geschnitzt sind (Advaita-Anklänge). Eine autonome Einzelexistenz (--> Seele) kommt uns deshalb nicht zu. So ließe sich über ein paar Umwege ein (nicht sonderlich tragfähiges) Brücklein schlagen von der anatta-Lehre zum Schopenhauerschen Konzept des Willens. Der "Wille" ist allerdings kein verkappter "Gott" (oder wenn, dann ein komplett kopfloser Gott, der das Prinzip des blinden Strebens in der Welt verkörpert).


    LG
    Onda


    Interessante Parallele zur Kette des bedingten Entstehens. MIt etwas gutem Willen könnte man (accinca macht das gerne) aus ihr herauslesen, dass "Begehren" die prima causa des Weltgeschehens darstellt.

  • TMingyur:

    Dem Willen entspräche dann das zweite Glied des abh. Enstehens, also Karma.


    Grüße
    TM


    Ich denke, solche Vergleiche führen nicht sehr weit...
    WILLE (bei Schopenhauer) = eine blinde, drängende, strebende, treibende, gestaltende Urkraft
    Da sind (sanskara) Bildungen/Anordnungen/Gestaltungen/Formationen etwas anders...