„Rückkehr zur Menschlichkeit“ – der D L hat eine säkulare Ethik verfasst.
Der D L und Säkular, ja, wie geht denn das? Einleitend wird ausführlich erklärt, welche Haltung mit Säkular gemeint ist, nämlich nicht jene, die sich als Abgrenzung zur Religion versteht und historisch in Europa entstanden ist. Sondern es geht um eine Ethik, die für verschieden religiöse, aber auch nichtreligiöse Menschen annehmbar ist, weil sie auf gemeinsame Grundwerte zurückgreift, und daher zu einer multikulturellen, globalisierten und säkularisierten Gesellschaft passt und zeitgemäß Sinnstiftung und Orientierungshilfe geben kann.
Fragt sich halt, ob nicht dennoch Buddhismus drinnen ist, wenn D L drauf steht 
Ja und Nein, würde ich sagen. Denn das, was für uns natürlich als Buddhismus erkennbar ist, zwar die Methode der Geistesschulung und Charakterisierung der Emotionen, erscheint mir so universell gültig und zutreffend, dass es eigentlich kein buddhistisches Mascherl braucht. Gleiches gilt für die geniale Vernunft des D L, der sich nirgends auf religiöse Glaubenssätze berufen muss, wenn er die Vernachlässigung innerer Werte thematisiert.
So ist das Buch für einen eingefleischten Buddhisten vielleicht weniger von Interesse, da er die Schulung aufgrund seiner Religion ohnehin kennt. Der Wert der Schrift findet sich woanders. Bekanntlich ist der D L sehr vom Nutzen der Wissenschaft überzeugt und sucht neben persönlicher Erfahrung und Menschenverstand besonders auch wissenschaftliche Argumente, die für die bewusste Entwicklung innerer Werte sprechen. Denn, so schreibt er, es geht darum, eine entsprechende Ethik im Bildungssystem zu verankern und gezielt unterrichten zu können.
Wenn ich an mein (kurzes) Philosophiestudium zurück denke, so kann ich nur sagen, ich konnte, was die Ethik betrifft - abgesehen von Kant -, aus den endlosen rein theoretischen Erörterungen und Grundsatzdiskussionen wenig Greifbares für mich gewinnen. Dass eine solche Ethik keine gesellschaftliche Relevanz hat, wundert mich gar nicht. Zum anderen findet sich in der christlichen Lehre ständig die Verknüpfung mit Gott, sodass ein Mensch mit diesbezüglich ambivalenter Haltung keinerlei Nutzen aus der Lehre ziehen kann.
Dagegen bietet das Spätwerk des D L auf nur 130 Seiten sowohl eine systematische Darstellung der allgemeinen theoretischen Grundlagen (gemeinsames Menschsein, Streben nach Glück, Grundlagen des Wohlergehens, Gerechtigkeit, Urteilsvermögen, gemeinsame Welt) mit ständigem Bezug auf die tatsächlichen Probleme der Welt, als auch eine ausreichende Erklärung der praktischen geistigen Schulung (bei sich selbst beginnen, Achtsamkeit, Umgang mit destruktiven Gefühlen, Entwicklung innerer Werte, Meditation). Da gäbe es sicher viel Stoff für Diskussion!
Auch wenn ich dem Meister selbstverständlich überall beipflichte, ist festzustellen, dass ein Thema im Buch mit keiner Silbe erwähnt wird, nämlich der Tod. Offenbar sieht der D L hier die Grenze einer säkularen Ethik, welche sich besonders der Wissenschaft verpflichtet fühlt - oder das Buch wäre sonst zu lang geworden So entsteht aber der Eindruck, diese letzte Frage wäre ohne Bedeutung für eine Ethik des Lebens, den ich nicht teile. Vielleicht denkt der D L jedoch, es wäre ohne den buddhistischen Weg der Leerheit sowie/oder dem religiösen Glauben nicht möglich, hier mit sich selbst ins Reine zu kommen? Vermutlich weiß er einfach, wie heikel das Thema ist
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