Nichiren-Schulen

  • Schön, daß diese Seite frei gegeben ist.
    Wie gesagt, mein Wissen über die Nichiren-Schulen hält sich in Grenzen.
    Ein paar Sachen zum Anlesen hatte ich schon empfohlen. (Ich denk es ist wirklich gut, die Quellen zu lesen, in diesem Fall Nichiren.
    Des weiteren gibt es viele verschiedene Nichiren-Schulen. Wär schön, wenn Leute, die darüber mehr wissen, ein wenig die Unterschiede aufdröseln können.)


    Ich hab heut nachmittag gerade einige Zahlen zu den Schulen in den USA gelesen(auf der Seite von Gerry Aitken):


    Nichiren Shu 7%,
    Nichiren Shoshu 8%,
    Soka Gakkai International – USA 65%,
    Independents 15%,
    Andere Nichiren Buddhisten1%,
    4% mixen Nichiren Buddhismus mit anderen Richtungen


    Schön, daß die Independent Nichiren Leute recht stark sind, weil sie waren ja auch Mitinspiration für die Independent Jodo Shinshu. Und ich denke, daß das an wichtiger Ansatzpunkt für den Westen als solchen ist.


    Hier ein Auszug aus ihren Hauptpunkten (Leider nur auf Englisch)


    1. Everything you need to practice is right here in this web site, including a link to an online forum specifically for independent Nichiren Buddhists, and links to downloadable sound files of people chanting slowly, so you can learn to chant.
    2. As an independent, you do not have to get caught up in the ugly feud between Soka Gakkai and Nichiren Shoshu.
    3. As an independent, you are free. You do not have to become someone’s disciple, whether President Ikeda’s or the High Priest of Nichiren Shoshu’s. When you practice Nichiren Buddhism independently, you are your own master.
    4. When you join a sectarian organization, a lot of your spare time comes to be dedicated to organizational activities, including your travel time to far-away meetings. Whereas by being independent, you can practice when you choose to, at your own convenience, at home. If you introduce a few of your neighbors or co-workers, you can attend small meetings right in your own neighborhood, instead of traveling long distances.
    5. When you join a sectarian organization such as Soka Gakkai, Nichiren Shoshu, Nichiren Shu, etc. you are forced to accept a package of beliefs, some of which you may not agree with. Whereas by being independent, you can profess exactly what you believe, on every point of controversy within Nichiren Buddhism.
    6. When you practice independently, your Buddhist practice is self motivated. Whereas when you belong to a sectarian organization, your practice is largely externally driven. People who belong to one of the large organizations feel lost if they have to move to an outlying neighborhood with few members. Whereas an independent Buddhist can adapt to that situation handily. Also bear in mind that at the moment of death, you cannot take all your companions with you to the other side. By being self reliant in life, death won’t seem so scary or isolating.
    7. When you join a sectarian organization, you have to accept the organizational culture along with the religion. For example, if you join Soka Gakkai you have to idolize President Ikeda. Whereas by being independent, you do not have to accept any extraneous, peculiar, or cultish organizational culture, just Nichiren Buddhism itself.
    8. Every one of the existing Nichiren organizations are top down and hierarchical. Whereas by practicing independently, with a small number of companions, you can establish an intimate democracy, making decisions by consensus or from the bottom up.
    9. By practicing independently, you are helping to build a safeguard against religious corruption. What I mean is, if the only Nichiren Buddhists were members of large organizations, then, if the leadership of the large organizations grows self serving and corrupt, then Nichiren Buddhism will be despoiled. But by having large numbers of independent Nichiren Buddhists in society side by side with the organizations, there is a built in safeguard against corruption, because Nichiren Buddhism then belongs to the people, not to a few cliques of leaders. If you practice independently, you are helping to make this possible.
    10. In the Nichiren organizations, dissenters are passed over for promotion to leadership positions, and their potential is ignored. Whereas if you are independent, you can hold a contrary opinion about something, and still exert leadership of your small neighborhood group that you created yourself.
    11. When you practice independently, no one is going to pressure you to make financial contributions. You can hold on to your hard earned money. Whereas, for example, in the Soka Gakkai, members are pressured to donate money - and the organization offers no financial transparency.


    http://www.nichirendaishoninsbuddhism.com/


    _()_
    Ryonin


    Namu Amida Butsu

  • Ryonin:

    Schön, daß diese Seite frei gegeben ist.


    Sehe ich auch so.


    Zitat

    Zahlen zu den Schulen in den USA gelesen (auf der Seite von Gerry Aitken): Independents 15%, Schön, daß die Independent Nichiren Leute recht stark sind (... ) ich denke, daß das an wichtiger Ansatzpunkt für den Westen als solchen ist.


    Der Wert dieser Vorstellung von "unabhängigen Praktizierenden des Nichiren-Buddhismus" liegt darin, dass sie darüber informiert, dass es "Unabhängige" gibt und welche Gründe es sind, die einen Teil jener Menschen bewegen, sich nicht traditionellen und etablierten religiösen Organisationen anzuschließen. Es ist ein Ansatzpunkt, ob es ein wichtiger ist, das sei dahingestellt.


    In gewisser Weise wird durch die Formulierung von Gründen ("Hauptpunkte") und implizit von bestimmten Positionen die Unabhängigkeit aber aufgegeben, denn man formiert sich selbst zu einer Partei (dies muss keineswegs in Form einer Organisation erfolgen) und vertritt parteiische Positionen.


    Die recht einseitige Zuweisung alles Negativen den Organisationen (hier z.B. der Soka Gakai) und alles Positiven den „Unabhängigen“ halte ich für übertrieben – es ist eine parteiische und die Realität verzerrende Darstellung, finde ich. Aber es ist in jedem Fall ein guter Diskussionsbeitrag und eine gute Information darüber, was manche Praktizierende denken.


    Ich könnte mir vorstellen, dass die meisten Buddhisten, zumindest in jenen Ländern, in denen der Buddhismus – in welcher Form auch immer – noch nicht allzu lange eine Rolle spielt, also z.B. in den USA oder in Deutschland, unabhängig von bestimmten Organisationen als Buddhisten leben. Insofern verwundert es mich, dass es im Nichiren-Buddhismus der USA nur 15 Prozent „Unabhängige“ geben sollte.


    Ich selbst bin derart unabhängig, dass ich sogar unabhängig von den Unabhängigen bin, und selbst dann wenn ich aus Gründen einer unabhängigen, also freien, Entscheidung mich entschließen würde einer nichirenistischen Organisation anzunähern oder formales Mitglied zu werden, bliebe ich unabhängig.


    Kongjiazhong

  • Namaste!


    Die Quoten unter den amerikanischen Nichiren-Buddhisten halte ich für realistisch, und sie sprechen irgendwie für sich.


    Ich denke die Zahlen werden auch in Deutschland so oder ähnlich verteilt sein. Auffällig ist eigentlich nur der hohe Anteil der Soka Gakkai; die anderen Zahlen sind nicht weiter erstaunlich. Der Grund ist wohl der, dass die Soka Gakkai weltweit eine missionarische Organisation ist, die keinen Hehl daraus macht, universalistisch zu sein - sprich: sie haben den Anspruch, dass ihre Interpretation des (Nichiren-)Buddhismus der passende Weg für alle Menschen sein kann.


    Deshalb sind auch so viele Werke des Präsidenten der SGI (Soka Gakkai International) in verschiedene Sprachen übersetzt (gibt man bei den Amazonen "Daisaku Ikeda" ein, findet man doch relativ viele Buchtitel), glücklicherweise allerdings neben denen auch die Schriften Nichirens, zusammengefasst in der "Gosho" (in Deutsch als Vierteiler veröffentlicht).


    Soweit ich weiß, hat die SGI ihre "Gosho" von der Nichiren Shoshu übernommen, von welcher sie sich ja Ende des letzten Jahrhunderts abgespalten hat. Einige wenige Schriften dieser "Gosho" werden von anderen Nichiren-Schulen, beispielsweise einigen Linien der Nichiren-Shu, nicht als authentisch anerkannt.


    Aber was soll's? Wer sich wirklich mit Nichiren und seinen Schriften eigenständig auseinandersetzen will, kommt um die "Gosho" nicht herum. Man sollte m. E. allerdings die eingefügten und als "Hintergrund" betitelten Kommentare kritisch betrachten, da sie neben historischen Informationen oftmals auch eine Bewertung der Schrift vornehmen und diese im Lichte der eigenen Tradition erklären.


    Ich persönlich habe mich bislang allerdings nur durch Band I der "Gosho" gekämpft (hier habe ich noch die alte Fassung; die anderen drei Bände stehen noch ungelesen im Regal). Für die kritische Auseinandersetzung mit dem Nichiren-Buddhismus (und speziell mit der SGI und der Nichiren-Shoshu) empfehle ich aber immer noch vorrangig "Nichiren - der Ausübende des Lotos-Sutra" von Yukio Matsudo.


    Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, sehe ich die SGI mit ihrer Präsidentenverehrung (z. B. in diesem Video http://www.youtube.com/watch?v=0_Wf6qhP3gg) ebenso kritisch wie die Nichiren-Shoshu mit ihrem derzeitigen Hohepriester Nichinyo Hayase.


    Die Hauptunterschiede zwischen der Nichiren Shoshu und den anderen Nichiren-Schulen (die teilweise in der Nichiren-Shu zusammengefasst sind), sind wohl einerseits die Bedeutung des Gohonzon, bzw. des Daigohonzon (ein spezieller Gohonzon, der von Nichiren persönlich eingeschrieben sein soll), bzw. die Person Nichirens.


    Für die Nichiren Shoshu (und die SGI) ist der (Dai-)Gohonzon das universelle und einzig wahre Objekt der Verehrung, also quasi die universelle Verkörperung der Höchsten Wahrheit. In Tempeln der Nichiren-Shu hingegen, kann man noch andere Verehrungsobjekte wie verschiedene buddhistische oder shintoistische Statuen finden und verehren. Speziell für Anhänger der Shoshu scheint es auch wichtig zu sein, dass der persönliche Gohonzon vom Hohepriester persönlich eingeschrieben wurde.


    Was Nichiren angeht, so gilt er für die meinsten Anhänger der Nichiren-Shu wohl als Schulengründer und Verkünder des Daimoku, also als Ausübender des Lotos-Sutra, oder auch "Bodhisattva aus der Erde". Sie nennen ihn meist "Nichiren Shonin".
    Viele Anhänger der Nichiren Shoshu verehren ihn hingegen als den "Wahren Buddha", der im Zeitalter des Verfalls ("Mappo") die "Wahre Lehre für die Endzeit des Dharma" verkündet. Sie nennen ihn dann "Nichiren Daishonin".


    Wenn man sich jeder einzelnen Schule widmen will, wird man wohl ellenlang schreiben können. Und es gibt ja noch andere als die SGI, die Nichiren Shoshu und die Linien der Nichiren Shu.


    Für heute reicht es erstmal.


    < gasshô >


    Benkei


    PS: Ich selbst bin übrigens kein Nichiren-Buddhist, sondern sitze in der Tradition Dogen Zenjis.

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Benkei:

    Auffällig ist eigentlich nur der hohe Anteil der Soka Gakkai; Der Grund ist wohl der, dass die Soka Gakkai weltweit eine missionarische Organisation ist, die keinen Hehl daraus macht, universalistisch zu sein


    Ich meine, dass dies der allgemeinen buddhistischen Auffassung entspricht. Der Buddhismus ist missionarisch und ist universalistisch (wie das Christentum und der Islam).


    Zitat

    Wer sich wirklich mit Nichiren und seinen Schriften eigenständig auseinandersetzen will, kommt um die "Gosho" nicht herum. Man sollte m. E. allerdings die eingefügten und als "Hintergrund" betitelten Kommentare kritisch betrachten, da sie neben historischen Informationen oftmals auch eine Bewertung der Schrift vornehmen und diese im Lichte der eigenen Tradition erklären.


    Ich lese die Gosho auch - wenn man sich dessen bewußt ist, dass jegliche "Hintergrundinformationen" selbst schon Interpretationen sind, dann kann man von den Erklärungen durchaus profitieren.


    Zitat

    Für die kritische Auseinandersetzung mit dem Nichiren-Buddhismus (und speziell mit der SGI und der Nichiren-Shoshu) empfehle ich aber immer noch vorrangig "Nichiren - der Ausübende des Lotos-Sutra" von Yukio Matsudo.


    Dieses 478 Seiten umfassende Werk kann ich auch empfehlen, obwohl es dort von orthographischen und grammatikalischen Fehlern wimmelt, obwohl nicht wenige Sätze nur deshalb kaum verdaulich sind, weil sie sehr ungeschickt formuliert wurden, obwohl einige Passagen – vielleicht wegen der Komplexität oder Fremdartigkeit der Materie – mir unverständlich blieben. Der Text müsste nochmals (oder erstmals) redigiert werden. Dem Autor und den Lesern wäre es zu gönnen.


    Aber abgesehen davon, ist das Buch wertvoll, weil es seinen Gegenstand recht umfang- und kenntnisreich behandelt. Der Autor war wohl längere Zeit Mitglied der Soka Gakkai, der er, so weit ich es verstanden habe, gerade in ihren „liberaleren“ internationalen Ausprägungen (also außerhalb Japans) noch durchaus mit Sympathie begegnet.


    Leseprobe:
    http://www.amazon.de/gp/reader…ref=sib_dp_pt#reader-link


    Ausführliche Rezension (durch die ich auf das Buch aufmerksam wurde):
    http://www.nanzan-u.ac.jp/SHUB…ications/jjrs/pdf/713.pdf


    Zitat

    Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, sehe ich die SGI mit ihrer Präsidentenverehrung (z. B. in diesem Video http://www.youtube.com/watch?v=0_Wf6qhP3gg) ebenso kritisch wie die Nichiren-Shoshu mit ihrem derzeitigen Hohepriester Nichinyo Hayase.


    Die Musik in diesem Video erinnerte mich an so etwas


    http://www.youtube.com/watch?v=CRAJshdb1GU&feature=related


    Jegliche Arten des Personenkultes liegen mir nicht, deshalb entstehen in mir Aversionen gegen die Kulte um den Dalai Lama oder um Thich Nhat Hanh oder um Chögyam Trugpa oder um Sogyal „Rinpoche“ und so weiter und so fort.


    Für das größte politische Verdienst Ikedas halte ich übrigens seine unermüdlichen Bemühungen, eine Versöhnung zwischen der japanischen und chinesischen Bevölkerung herbeizuführen, eine Aktivität, mit der er schon früh begann und die nicht ohne Erfolg blieb. Dies ist ein bleibender Verdienst, ich freue mich darüber, aber ich würde es ruhig, ohne Exaltiertheit zum Ausdruck bringen. Weniger wäre für mich mehr.


    Kongjiazhong

  • Namaste!

    kongjiazhong:
    Benkei:

    Auffällig ist eigentlich nur der hohe Anteil der Soka Gakkai; Der Grund ist wohl der, dass die Soka Gakkai weltweit eine missionarische Organisation ist, die keinen Hehl daraus macht, universalistisch zu sein


    Ich meine, dass dies der allgemeinen buddhistischen Auffassung entspricht. Der Buddhismus ist missionarisch und ist universalistisch (wie das Christentum und der Islam).


    Jein. Der Buddhismus selbst ist eigentlich keine missionarische Religion, da er im Grunde genommen kein Dogma verbreitet, welches andersgläubige übernehmen sollen. Um "Glauben" geht es ja eigentlich nicht. Was vereinzelte Anhänger dann daraus machen, steht auf einem anderen Blatt.


    Der universelle Anspruch des Buddhismus ist wahrscheinlich auch nicht in der weise präsent, wie in anderen Religionen, die sich auf Glauben und Weltbilder verstehen. Als universell werden die Vier Edlen Wahrheiten, die Vier Hauptlehren und der Edle Achtfache Pfad angesehen, darüber hinaus gibt es kein universelles Weltbild, an das man glauben müsste. Selbst die "Sechs Daseinsbereiche" sind ja nur Konzepte und keinesfalls Dogma.


    Bei der Soka Gakkai gehört "Kosen-rufu" (wörtlich übersetzt: "weithin erklären und verbreiten") zu den Grundprinzipien, und das ist in meinen Augen nichts anderes als der Aufruf zur Mission. Der Umstand, dass "Kosen-rufu" auch mit "Streben nach dem Weltfrieden" gleichgesetzt wird, lenkt in meinen Augen von der Mission ab. Vielleicht ist der Weltfrieden ein erwünschter Nebeneffekt des "weithin erklären und verbreiten", aber die SGI leugnet ja auch nicht ihren Missionswillen.


    kongjiazhong:

    Ich lese die Gosho auch - wenn man sich dessen bewußt ist, dass jegliche "Hintergrundinformationen" selbst schon Interpretationen sind, dann kann man von den Erklärungen durchaus profitieren.

    Genau das meine ich!


    kongjiazhong:

    Jegliche Arten des Personenkultes liegen mir nicht, deshalb entstehen in mir Aversionen gegen die Kulte um den Dalai Lama oder um Thich Nhat Hanh oder um Chögyam Trugpa oder um Sogyal „Rinpoche“ und so weiter und so fort.


    Das geht mir ähnlich.


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Hallo an Alle,


    Nun also ein Thema zu dem auch ich etwas beisteuern kann, da ich selber Jahre lang in der SGI Mitglied war. Ich bin nach wie vor Nichiren Buddhist und bin dabei mich einer anderen Nichiren-Schule (Nicht die Nichiren-Shoshu) anzuschließen lasse mir für diesen Prozess jedoch Zeit.


    Mit dem Zahlenmaterial zur Anhängerschaft wäre ich jedoch sehr sehr vorsichtig. Sowohl die Soka Gakkai als auch die Nichiren Shoshu scheinen nur „Zugänge“ und keine „Abgänge“ zu verbuchen. Gerade in den letzen Jahren haben einige die SGI oder auch Nichiren Shoshu verlassen (auffällig auch viele langjährige „Mitglieder“ in den USA). Mitgliederzahlen werden durch die Verleihung des sog. Gohonzons ermittelt, wenn sich diese Menschen jedoch von der SGI oder Nichiren Shohsu abkehren werden sie zumindest so lange als Mitglieder geführt solange sie den Gohonzon nicht zurückgeben. Unter den Unabhängigen gibt es also viele, die in der jeweiligen Organisation als Mitglieder geführt werden obschon sie es faktisch schon lange nicht mehr sind. Andererseits gibt es einige, die zwar als Mitglieder geführt werden jedoch unabhängig praktizieren, sich einer anderen Nichiren-Schule angeschlossen haben oder ganz aufgehört haben zu praktizieren. Einigen anderen Nichiren-Schulen ist es zudem nicht so wichtig mit derlei Zahlenmaterial um sich zu werfen.
    (Rein juristisch sind zumindest die deutschen Mitglieder nicht Mitglieder der SGI-D e.V. sondern lediglich Anhänger - ist aber sehr spitzfindig ich weiß).


    Ein Grund warum ich die SGI verließen war einerseits die unsäglich schäbige Art in der die Auseinandersetzung zwischen SGI und Nichiren Shoshu geführt wurde (Die Nichiren Shoshu hat 1991 bzw 1997 die SGI als Laienoganisation ausgeschlossen), anderseits der in meinen Augen überzogene Personenkult um Herrn Ikeda in der SGI. Ich für meinen Teil sehe da keinen großen Unterscheid zur Nichiren Shoshu, nur ist es dort ein Hohepriester. Vielleicht ist solch ein Personenkult auch symptomatisch für Nichiren-Schulen die aus der Fuji-Linie stammen – ich weiß es nicht.
    Ausschlaggebend für mich war jedoch die Verehrung Nichirens als einen Buddha sowohl in der SGI als auch in der Nichiren Shoshu, für diese kann ich in den Schriften Nichirens keinerlei Beleg finden. Zudem sprechen beide von anderen buddhistischen Schulen als auch anderen Nichiren-Schulen in auffallend abfälliger Weise. Hauptgrund hierfür ist die quasi wortwörtliche ins hier und jetzt ausgeführte Anwendung der „Risssho Ankoku Ron“, einer der Hauptschriften Nichirens. Andere Nichiren-Schulen nehmen in der Interpretation dieser Schrift ins Heute eine differenziertere Position ein.


    Vor einigen Monaten tauchte hier ja auch in Forum ein Leitfaden der DBU zu heilsamen und unheilsamen Strukturen auf. Obgleich nicht wertend sondern einen Fragenkatalog anbietend konnte ich nicht umhin und in vielen Punkten an die SGI denken. Die Wortwahl die die SGI und Nichiren Shoshu im gegenseitigen Umgang miteinander nutzten und nutzen kann ich für meinen Teil nur als paranoid bezeichnen. Oft war von Feinden des Lotos Sutra die Rede etc. Aus den USA weiss ich, dass man dieses Vokabular nun auch für all jene nutzt die innerhalb der SGI Kritik am Führungsstil innerhalb der SGI oder auch am Umgang mit der Nichiren Shoshu üben. Es scheint jedoch, dass die Nichiren Shoshu ihrerseits sich kaum noch zum Thema SGI äußert, was ich auch nachvollziehen kann.


    Aus meiner aktiven SGI-Zeit weiß ich, dass das Buch Yukio Matsudos bei manchen in der SGI auf Kritik stieß.
    Auffallend ist jedoch, dass dieses Buch selbst bei anderen Nichiren-Buddhisten wiederum positiv bewertet wird. Ich weiß, dass Herr Matsudo zumindest Mitglied der SGI war, ob er es noch ist entzieht sich meiner Kenntnis. Ich werde mir das Buch jedoch auf jeden Fall besorgen – ist eben auch nicht gerade günstig. Die Kritik am Buch durch einige in der SGI erkläre ich mir durch die sehr einseitige Lehr- und Informationspolitik in der SGI. Objektive, akademische Ansichten zu Nichiren werden in der SGI abfällig bewertet solange sie nicht die eigene Position stützen oder deren Erscheinen nicht durch die SGI gefördert wurde. Beispiel hierfür die Autoren Burton Watson oder Max Deeg . Die Lehrmeinung der SGI wird zentral gesteuert was der internationale Vergleich beweist.
    Augenfällig wird dies wenn man die Gosho bzw. Goibun der SGI /Nichiren Shoshu mit denen der Nichiren Shu vergleicht - Letztere mache in ihren Ausgaben (englischsprachig – University of Hawai’i Press) sogar Hinweise wo der Originaltext sich befindet, was davon Fragmente sind etc.. Zudem pflegt die Nichiren Shu Kontakt zu anderen buddhistischen und nichtbuddhistischen Glaubensrichtungen.
    Ergo man muss sich zumindest alle Vertreter der Hauptrichtungen im Nichiren-Buddhismus ansehen um sich ein Bild machen zu können und sich nicht nur von den sog. Mitgliederzahlen beeindrucken lassen. Wobei natürlich unstrittig ist, dass die SGI die finanz- und mitgliedsstärkste Gruppierung ist.


    Wegen der politischen Verdienste Herrn Ikedas wäre auch Vorsicht geboten, beiteits in den 50er Jahren (!!) fanden hier die unter Premier Ishibashi Annäherungen statt. Ich würde es eher so formulieren, Herr Ikeda sprang auf einen fahrenden Zug auf und platzierte sich recht weit vorne – ins Rollen gebracht hat er ihn aber ganz sicherlich nicht.


    Zum Lesen empfehlenswert sind die die Bücher bzw. Artikel von Jacqueline I. Stone, deren Artikel im „Japanese Journal of Religious Studies“ auch online nachlesbar sind. Von großen Wert war für mich auch das Buch „Fire in the Lotos“ von Montgomery, da es nicht mehr verlegt wird kann es wohl nur noch durch Bibliotheken bezogen werden. Es ist jedoch eine der wenigen Publikationen die, auf recht neutrale und leicht verständliche Weise, einen Einblick in die geschichtlichen Ereignisse und Zusammenhänge innerhalb des Nichiren-Buddhismus gewährt ohne dabei wertend zu wirken.


    Gassho
    Catflap08

  • Ryonin:


    Des weiteren gibt es viele verschiedene Nichiren-Schulen. Wär schön, wenn Leute, die darüber mehr wissen, ein wenig die Unterschiede aufdröseln können.


    Hallo


    Nur ganz kurz das Thema der Unterschiede. Im grossen und ganzen gibt es an traditionellen Nichiren-Schulen die Nichiren-Shu (Nichiren Schule) und Nichiren-Shoshu (Wahre Nichiren Schule). Die Trennung geht auf eine Auseinandersetzung unter den sechs älteren Schülern Nichirens zurück. Dies waren Niko, Nikko, Nichhiro, Nichiji, Nitcho und Nissho. Nikko warf den anderen 5 vor sich zu wenig vom Tendai Buddhismus abzugrenzen und verlies den von Nichiren selbst gegründeten Kuon-Ji Tempel. Die heutige Nichiren Shoshu wird als Fuji-Linie bezeichnet da es sich nur um die Tempel handelt, die den Taiseki-Ji Tempel als ihren Haupttemple ansehen und Nikko als Nacjfolger Nichirens ansehen.
    Die Nichiren-Shu vereinigt sozusagen alle Linien die auf die restlichen 5 bzw 4 Schüler zurückgehen. Ich sage 4, da auf Nichiji kein Linie im Nichiren Buddhismus zurückzuführen ist. Es gibt aber auch einige Nikko Temple die heute Teil der Nichiren Shu sind. Somit kann man sagen, dass die Nichiren Shu sich auf alle sechs Schüler beziehn kann - je nmch Tempel.
    Eine Vorrednerin sprach Dokumente an die die NAchfolge Nikkos als Nachfolger Nichirens bezuegen sollen sowie den Dai Gohonzon. Tatsächlich zweifeln ander Nichiren-Schulen diese Dokumente an, zumal sie erst im 15.Jahrhundert "entdeckt" wurden. Wissenschaftliche Untersuchungen hierzu gibt es nicht. Das war nur mal eine gaaaanz grobe Einteilung, was die traditionellen Schulen angeht.


    Gassho
    Catflap08

  • Benkei:


    Jein. Der Buddhismus selbst ist eigentlich keine missionarische Religion,


    Der Buddhismus breitete sich aus, besser gesagt, er wurde fast auf dem gesamten eurasischen Kontinent ausgebreitet, inklusive der Insel Japan. Dies geschah durch Mönche, Übersetzer, Soldaten, Kaiser, Missionare, Händler, Migranten ...


    Dass es dem Buddhismus nicht gelungen ist - anders als dem Christentum - auch in Amerika und Afrika Fuß zu fassen, liegt vielleicht auch, wenn sicherlich nicht ausschließlich, daran, dass die Chinesen ihre große Flotte selbst versenkten, anstatt sie auf weite Fahrt zu schicken.


    Es heißt, dass es keine größere Gabe (Dana) gibt, als das Dharma - daraus müsste logischerweise folgen, dass die Buddhisten die natürliche Aufgabe haben, das Dharma zu verbreiten. Dass sie dazu kein Bedürfnis verspüren, oder dass sie aufgrund äußerer Umstände dazu nicht in der Lage sind, das steht auf einem anderen Blatt. Ich meine aber, dass die Weitergabe des Dharma an andere Menschen sich daraus ergibt, dass man selbst den Nutzen des Dharma erlebt, oder wenigstens von diesem Nutzen stark überzeugt ist.


    Zitat

    da er im Grunde genommen kein Dogma verbreitet, welches andersgläubige übernehmen sollen.


    Das Dharma (klingt in meinen Ohren besser als der Dharma) ist natürlich auch ein Set von Ansichten (Lehrmeinungen), die man anerkennen muss, um überhaupt als Buddhist gelten zu können: Anatta/Anatman ist zum Beispiel so etwas, oder die Vier edlen Wahrheiten, das Abhängige Entstehen. Ob dies im stringenten Sinne als "Dogma" zu bezeichnen ist, oder nicht, spielt m.E. hinsichtlich der Frage der Mission ohnehin keine Rolle.


    Zitat

    Um "Glauben" geht es ja eigentlich nicht. Was vereinzelte Anhänger dann daraus machen, steht auf einem anderen Blatt.


    Der Geistesfaktor "Glaube" wird in allen, oder den meisten, buddhistischen Traditionen als sehr wichtig erachtet, im Sinne der Annahme, dass die Lehren Buddhas wahr sind, d.h. dass deren Anwendung zur Erleuchtung/Befreiung führen. In gewisser Weise ist der Glaube Ausgangspunkt jeder Praxis.


    Zitat

    Der universelle Anspruch des Buddhismus ist wahrscheinlich auch nicht in der weise präsent, wie in anderen Religionen, die sich auf Glauben und Weltbilder verstehen. Als universell werden die Vier Edlen Wahrheiten, die Vier Hauptlehren und der Edle Achtfache Pfad angesehen, darüber hinaus gibt es kein universelles Weltbild, an das man glauben müsste. Selbst die "Sechs Daseinsbereiche" sind ja nur Konzepte und keinesfalls Dogma.


    Mit "universell" meinte ich, dass das Dharma überall, auf dem gesamten Planeten, Geltung hat und überall mit Erfolg angewandt werden kann - grundsätzlich unabhängig von ethnischen, räumlichen und kulturellen Differenzen, zumal der Buddhismus sehr anpassungsfähig sein kann, ohne dabei seinen (ein kleiner Spaß) „dogmatischen Kern“ aufgeben zu müssen.


    Gruß


    Kongjiazhong

    Einmal editiert, zuletzt von kongjiazhong ()

  • catflap08:


    Mit dem Zahlenmaterial zur Anhängerschaft wäre ich jedoch sehr sehr vorsichtig.


    Mit Zahlen sollte man immer sehr vorsichtig sein, egal ob es sich um die Zahl der durch deutsche Truppen getöteten Zivilisten in Afganistan, um die Arbeitslosenstatistik der Bundesregierung oder um die in und um die Deutsche Buddhistische Union versammelten Buddhisten handelt. Ähnlich vorsichtig bin ich auch bei den Zahlen der Soka Gakkai - sie vermitteln mir jedenfalls den Eindruck, dass es (in Relation zu anderen buddhistischen Gruppen in Deutschland) gar nicht so wenige Praktizierende gibt.


    Zitat

    Einigen anderen Nichiren-Schulen ist es zudem nicht so wichtig mit derlei Zahlenmaterial um sich zu werfen.


    Jede Organisation (Gruppe) freut sich darüber, wenn sie Anklang findet, was doch Ausdruck einer gewissen Attraktivität ist. Insofern ist es nichts Verwerfliches, diese Freude öffentlich kund zu tun.


    Zitat


    Ein Grund warum ich die SGI verließen war einerseits die unsäglich schäbige Art in der die Auseinandersetzung zwischen SGI und Nichiren Shoshu geführt wurde


    Den dabei aufeinander treffenden Feinden (Gegner wäre ein falscher Ausdruck) ging es darum, die "Verleumdung des Lotos-Sutra", die sie jeweils beim anderen festzustellen meinten, zu verhindern und die "Verleumder" zu strafen.


    Zitat

    Zudem sprechen beide von anderen buddhistischen Schulen als auch anderen Nichiren-Schulen in auffallend abfälliger Weise.


    Zur Illustration kann wohl dies herangezogen werden: "If you support and help temples of Zen and Shingon sects or recite the name of Amida Buddha, you will surely fall into hell (Takehisa Tsuji 1991). Oder täusche ich mich und lege etwas falsch aus?


    Catflap - gibt es denn aus der Soka Gakkai International in Deutschland nichts Positives, Erhebendes, Attraktives zu berichten?


    Gruß


    Kongjiazhong

  • Zitat

    Catflap - gibt es denn aus der Soka Gakkai International in Deutschland nichts Positives, Erhebendes, Attraktives zu berichten?


    Hallo Kongjiazhong,


    Das ist eine gute Frage. Zur Beantwortung muss ich das ganze jedoch erst einmal auf meine persönliche Ebene herunterbrechen.


    Natürlich habe ich auch schöne Erlebnisse gehabt, freundliche Menschen getroffen etc. Dennoch muss ich sagen, dass von diesen Freundschaften nicht viel übrig geblieben ist – ich stehe ja nun auf einer Seite vor der man die Mitglieder in der SGI warnt. In der Lesart der SGI bin ich nun ein Feind des Lotus-Sutra, ein Verleumder sozusagen. Im übrigen finde ich es gut dass in einem anderen Thread hier Zitate von Takehisa Tsuji aufgelistet sind. Dass sie nun so leicht nachlesbar sind sagt auch einiges über das Selbstverständnis der SGI aus, dass denjenigen die sie in der SGI veröffentlichen nicht einmal so recht bewusst ist.
    Einen faden Beigeschmack bekam die SGI für mich im Zuge der Auseinandersetzungen mit der Nichiren Shoshu. Hier sollte man mich auch nicht falsch verstehen. Auseinadersetzungen, Konflikte unterschiedliche Auffassungen gibt es seit Anbeginn des Buddhismus und sind ja auch völlig normal. Erst seit meinem Weggang aus der SGI merke ich wie oft ich eigentlich angelogen wurde gerade auch was andere Richtungen des Nichiren-Buddhismus angeht, ganz zu schweigen davon dass es eben auch Nichiren-Buddhisten gibt die im Dialog mit anderen Interpretationen des Dharmas stehen – das kannte ich zuvor nicht. Somit spricht hier natürlich auch meine Enttäuschung, vielleicht auch Enttäuschung über mich selbst nicht schon viel früher auf meine eigene Stimme gehört zu haben.


    Selbst der Teil der Arbeit der Soka Gakkai, der einen gesellschaftlich engagierten Eindruck vermittelt kann ich nicht mehr losgelöst betrachten. Es geht immer bei solchen Aktionen darum das Ansehen der SGI bzw Ikedas zu steigern. Als Beispiel sei hier eine Wanderausstellung genannt, welche suggestieren möchte Ikeda, Gandhi und Dr. Martin Luther King in einem Atemzug als ebenbürtig zu betrachten. Die Ankündigung dieser Ausstellung kam zu einem Zeitpunkt als ich mich innerlich schon aus der SGI zurückgezogen hatte und als ich diese Ankündigung damals hörte sagte ich mir „Stopp, also jetzt mal halblang hier“. Schlussendlich hat mich die SGI jedoch zum Buddhismus geführt ich hingegen habe mich aus diesem engen Korsett der Sichtweisen der SGI befreit. Dieser Prozess war mit sehr viel Wut, Trauer und Unsicherheit verbunden, dennoch beginne gerade auch aus diesem Prozess positives für mich zu gewinnen – und eigentlich stehe ich vieler Hinsicht wieder ganz am Anfang. Immerhin war ich über 20 Jahre in der SGI.
    Das war für mich auch der Hauptantrieb gerade auch die Geschichte des Nichiren-Buddhismus zu erkunden und musste feststellen, dass die Teils negative Reputation oft in Sichtweisen von Schulen der Fuji-Linie ihren Ursprung hat.


    Mein Vater sagte einmal (nachdem er erfuhr, dass ich eben nicht mehr in der SGI bin – er ist kein Buddhist) – wenn du ein Haus betrachtest so wäre es falsch es nur von Innen zu tun, du musst auch hinaus gehen und es von außen betrachten. Um bei diesem Bild zu bleiben kann man sagen, dass nun wo ich vor dem Haus stehe ich feststellen muss, dass die schöne Aussicht die ich aus dem Haus hatte in Wirklichkeit Leinwände warn die vor die Fenster platziert wurden. Das irritiert etwas und man regt sich fürchterlich drüber auf, dass man auf Leinwände gestarrt hat. So die Wut darüber hat sich nun so langsam gesetzt, aht ihren Raum und ihre Zeit gehabt und nun beginne ich eben die Aussichten zu erkunden, die mir zuvor verborgen blieben. Es sind nun viele neue Eindrücke. Ich hoffe du kannst verstehen was ich hier sagen möchte. Es ist alles noch in Bewegung.
    Du kannst mir gerne antworten vielleicht auch in dem Thread „ein schmutziges infiziertes Stofftuch“. Gerade was Historisches angeht stehe ich diesem Thread „Nichiren-Schulen“ für Fragen/Diskussionen offen gegenüber.
    Dem Initiator dieser Diskussion möchte ich übrigens danken, da diese Diskussuion vor allem auch eine Plattform bietet den Nichiren-Buddhismus jenseits der SGI diskutieren zu können.


    Gassho
    Namu Myoho Renke Kyo
    Catflap

  • catflap08:

    Dennoch muss ich sagen, dass von diesen Freundschaften nicht viel übrig geblieben ist – ich stehe ja nun auf einer Seite vor der man die Mitglieder in der SGI warnt. In der Lesart der SGI bin ich nun ein Feind des Lotus-Sutra, ein Verleumder sozusagen.


    Freundschaften, die vor allem auf einer Übereinstimmung in der Lebensweise, der religiösen oder politischen Überzeugung beruhen – und worauf sollten sie sonst eigentlich gründen – enden in der Regel, wenn diese Übereinstimmung endet. Dies halte ich für relativ normal und unproblematisch.


    Zitat

    Im übrigen finde ich es gut dass in einem anderen Thread hier Zitate von Takehisa Tsuji aufgelistet sind. Dass sie nun so leicht nachlesbar sind sagt auch einiges über das Selbstverständnis der SGI aus, dass denjenigen die sie in der SGI veröffentlichen nicht einmal so recht bewusst ist.


    Schwierig wird es, wenn die ehemaligen Freunde als Feinde angesehen werden, wobei im religiösen Kontext dies auch noch eine Art metaphysischen Anstrich bekommt. Und wenn gelehrt wird, dass man in diesem Fall – als Ex-Mitglied der Soka Gakkai – automatisch zu den „Verleumdern des Lotos-Sutra“ gehört und dabei allen Beteiligten klar ist, dass in der zugrunde gelegten Doktrin dieses „Vergehen“ beim Delinquenten erhebliche Schmerzen, sei es psychischer und physischer Art (Krankheiten), hervorrufen soll.


    Das Muster der Ausschließlichkeit ist auch im Christentum bekannt (dicit ei Iesus ego sum via et veritas et vita nemo venit ad Patrem nisi per me - Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich, Joh 14, 6). Wenn man eine solche Sicht radikalisiert, dann muss das Ergebnis weder per se gut noch schlecht sein.


    Ich frage mich, wie sich die Soka Gakkai in ihrem alltäglichen Umgang mit („verleumderischen“) buddhistischen Traditionen und Schulen verhält, zum Beispiel innerhalb der Österreichischen Buddhistischen Religionsgemeinschaft, in der sie Mitglied ist.


    http://www.buddhismus-austria.at/website/output.php?ba=1023


    Auch ist es doch so, dass an der "Rissho University" in Japan über einen gewissen Zeitraum sowohl Priester der Nichiren Shu als auch der Nichiren Shoshu ausgebildet wurden - was inzwichen geändert wurde - die Männer müssen doch miteinander normale alltägliche Kontakte gepflegt haben an dieser Universität, oder liege ich falsch?


    Das heißt, welche Relevanz haben denn überhaupt Äußerungen, wie diese von Takehisa Tsuji?


    Zitat

    Schlussendlich hat mich die SGI jedoch zum Buddhismus geführt ich hingegen habe mich aus diesem engen Korsett der Sichtweisen der SGI befreit.


    Ich glaube, dass es einen Unterschied in der Wahrnehmung und der Interpretation macht, ob man durch Soka Gakkai zum Buddhismus kommt (wenn dies auch ein sehr spezifischer ist), wie dies bei dir der Fall gewesen ist, oder ob man vom Buddhismus zum Nichiren-Buddhismus bzw. zur Soka Gakkai kommt.


    Zitat

    Dem Initiator dieser Diskussion möchte ich übrigens danken, da diese Diskussuion vor allem auch eine Plattform bietet den Nichiren-Buddhismus jenseits der SGI diskutieren zu können.


    Dies würde mich auch eher interessieren, als sich ausschließlich über die Soka Gakkai auszutauschen. Insofern würde ich vor allem Forumsteilnehmende ermuntern, die selbst Nichiren-Buddhisten sind, die gute Erfahrungen mit den organisierten Vertretern dieser buddhistischen Tradition gemacht haben, sich zu Wort zu melden.


    Gruß


    Kongjiazhong

  • Namaste!


    @ Kongjiazhong:
    Ich sehe schon, in Punkto "Mission" und "Dogma" kommen wir nicht überein.
    Ich nehme Missionierung scheinbar anders wahr als Du und für mich sind die Vier Edlen Wahrheiten, der Mittlere Achtfache Pfad und die Vier Hauptlehren ("Alles Bedingte ist unbeständig", "Alles Bedingte ist leidvoll", "Alles ist ohne eigenständiges Selbst", "Nirvana ist Frieden") keine Dogmen, die man glauben muss sondern auf Logik und Erfahrung beruhende Leitsätze, die man überprüfen kann.


    Aber was soll's? Meinungen und Sichtweisen sind eben verschieden; wäre es anders, hätten wir ein ernstes Problem ;)


    Zu den Nichiren-Schulen:


    Hat jemand von Euch schon Erfahrungen mit einer der folgenden Schulen gemacht oder weiß etwas über deren Aktivitäten in Deutschland/Österreich/Schweiz zu berichten:


    - der Nichiren Shoshu-Shoshin-kai http://www.udumbarafoundation.org/contents.html


    - der Rissho Kosei-kai http://www.rk-world.org/


    - der Nipponzan-Myōhōji http://peacehq.tripod.com/ATLDOJO_website/ATLD_home.html?


    [Die Links sind nur beispielhaft, damit man sich informieren kann worum es überhaupt geht, wenn einem die Namen nichts sagen.]


    Mich würden auch Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zu den bereits angesprochenen Schulen interessieren.


    Die letztgenannte, die Nipponzan-Myōhōji, machte während des Tschetschenien-Krieges mal von sich reden und "schaffte" es sogar in den "Weltspiegel" der ARD. Mönche dieser Nichiren-Tradition hatten sich einem "Marsch der Mütter" angeschlossen, welche die Beendigung des Tschetschenien-Krieges zum Ziel hatten. Sie marschierten Daimoku-rezitierend und Trommel-schlagend zusammen mit den Müttern und wurden nach ein paar Tagen dann inhafkiert.
    Die Infos über diese Tradition sind im Netz, zumindest auf Deutsch oder Englisch, nach meinem Kenntnisstand eher rar.


    < gasshô >


    Benkei


    Namu Myoho Renge Kyo

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Benkei:

    @ Kongjiazhong: Ich sehe schon, in Punkto "Mission" und "Dogma" kommen wir nicht überein. Ich nehme Missionierung scheinbar anders wahr als Du


    Stimmt - hinsichtlich der Mission.


    Zitat

    und für mich sind die Vier Edlen Wahrheiten, der Mittlere Achtfache Pfad und die Vier Hauptlehren ("Alles Bedingte ist unbeständig", "Alles Bedingte ist leidvoll", "Alles ist ohne eigenständiges Selbst", "Nirvana ist Frieden") keine Dogmen, die man glauben muss sondern auf Logik und Erfahrung beruhende Leitsätze, die man überprüfen kann.


    Das eine kann, muss aber nicht dem anderen widersprechen. Unter Dogma verstand ich einfach, denn ich war so freundlich :) , den von dir eingeführten Begriff zu übernehmen, ohne ihn besonders zu definieren, ich selbst hätte ihn gar nicht erst gewählt, folgendes: das Geglaubte, Gemeinte, Beurteilte, Beschlossene.


    Zitat

    die Nipponzan-Myōhōji, machte während des Tschetschenien-Krieges mal von sich reden und "schaffte" es sogar in den "Weltspiegel" der ARD. Mönche dieser Nichiren-Tradition (...) marschierten Daimoku-rezitierend und Trommel-schlagend zusammen mit den Müttern und wurden nach ein paar Tagen dann inhaftiert. Die Infos über diese Tradition sind im Netz, zumindest auf Deutsch oder Englisch, nach meinem Kenntnisstand eher rar.


    Vor ein paar Wochen (oder waren es bereits Monate) fand ich in der Neuen Zürcher Zeitung ein Foto eines Mönches dieser Schule, der in einem asiatischen Land, ich glaube es war in China, an einem Ort, an dem von der japanischen Armeee (?) viele Menschen getötet wurden, eine Art Reue- und Reinungungszeremonie durchführte (ich suchte gerade im NZZ-Archiv, konnte aber nichts finden).


    Gruß


    Kongjiazhong

  • Benkei:


    Die Infos über diese Tradition sind im Netz, zumindest auf Deutsch oder Englisch, nach meinem Kenntnisstand eher rar.


    Du hast Recht Benkei. Ausserhalb Japans treten fast nur Nichiren Shu, Nichiren Shoshu und Soka Gakkai in Erscheinung, wobei es auch bei der Rissho Kosekei einige Gruppen zu geben scheint. Hierbei muss erwähnt werden, dass die Nichiren Shu in Folge der Streitigkeiten zwischen Nichiren Shoshu und Soka Gakkai wohl einen Zuwachs an Anhängern gefunden hat, was der Nichiren Shu wohl aber auch Sorge bereitet, da aus Sicht der Dokrtin doch teilweise gaviernde Unterschiede bestehen.


    Namu Myoho Renge Kyo
    Catflap08

  • Mal etwas allgemeines zum Glauben. Erst einmal müsste man rauskriegen, wo die Grenze zwischen Glauben und Vertrauen liegt. Das Vertrauen im Buddhismus wesentlich erachtet wird, glaub ich werden nur wenige Leute bestreiten.
    Und es gibt viel Lehren, die meiner Meinung nach eben auf Glauben und Vertrauen beruhen, und eben nicht auf Erfahrung.
    Zum Beispiel: Nirvana ist Frieden. Aber auch solche Dinge wie Karma und Weitergeburt. Das es so etwas wie Erwachen gibt. Das es kein Ich gibt und etwas unbedingtes, ungeborenes.
    Ich würde sogar sagen, das wesentliche liegt jenseits aller Erfahrung. Es geht also eher um Verwirklichung als um Erfahrung.
    In den jeweiligen Schulen kommen noch die Lehren der jeweiligen Schule dazu. Also hier so etwas wie das Glauben an das Gohonzon und das Daimoku (und solche Dinge wie die überragende Rolledes Lotossutra und die besondere Rolle Japans im Befreiungsprozess).
    In anderen Schulen andere Dinge (z.B. Tulkus oder das Nembutsu).
    Das zweite Thema ist Mission: Ich habe den Eindruck, daß es Gruppierungen gibt, die schon auf Wachstum ausgerichtet sind (NKT, Soka Gakkai, Diamantweg, Kwan Um Zen), und ich glaube, daß man dann auch von Mission reden kann. Sicher nicht in einer sehr aggressiven Form, aber in Form von Vorträgen, Werbung etc. Auch da wäre die Frage: Wo beginnt Mission, was verstehe ich darunter.
    Inwieweit Buddhismus, besonders Mahayana eh auf Mission ausgerichtet ist (weil es die effektivste Form ist anderen zu helfen, indem man ihnen Dharma lehrt) ist eine interessante Frage.
    Ich glaube aber, man will unter Buddhisten alles vermeiden, was nach Christentum klingt, deshalb vermeidet man solche Begriffe wie Mission und Glaube wie der Teufel das Weihwasser. Aber für mich ist das zum großen Teil Ideologie, wenn man genau hinschaut findet man überall Glauben und Mission. (So finden manche christliche Reliquien albern, aber buddhistische Reliquien oder gesegnete Statuen kraftvoll und befreiend, ich hab sogar den Eindruck, daß unter Buddhisten der Prozentsatz höher ist, die an so etwas glaubt, als unter Christen). Und es gibt ein Anpreisung der eigenen buddh. Richtung und eine Herabsetzung der anderen (Mein Weg ist ursprünglicher, schneller, umfassender, weiter, oder das was ihr über das Nichtglauben ans Lotossutra erzählt habt)


    Buddhismus als keine Glauben und als nichtmissionarisch darzustellen, ist Teil der Mission. ;) Und ich hab auch den Eindruck, daß man in Asien keine Probleme mit den Begriffen Glauben und Mission hat.
    Jedenfalls bekommt man wenn man bei Google Buddhist Mission eingibt, die Anzeige: ... von ungefähr 2.980.000 für Buddhist Mission.
    Ansonsten wäre die Frage, inwieweit besondere Gruppen, nur verschärfte Ausformungen allgemeiner Tendenzen sind. (Das wär auch bei Soka Gakkai interessant, welche Ansätze da auch in weniger verschärfter Version aber im Ansatz auch bei Nichiren zu finden sind und bei seinen Vorgängern - von Tendai bis Shakyamuni).


    _()_
    Ryonin


    Namu Amida Butsu

  • Das ist sicherlich eine interessante Frage. Der Terminus der sowohl in der Soka Gakkai als auch Nichiren Shoshu für Mission gebräuclich ist, ist das Wort Shakubuku, Shakubuku wird oft mit „brechen und unterwerfen“ übersetzt. Kern ist die Fehlerhaftigkeit als vorläufig erachteter Lehren dem Gegenüber klar zu machen, fehlerfrei und als richtig wird die eigene Auslegung der Lehren Nichirens erachtet (also hier Soka Gakkai bzw. Nichiren Shoshu).
    Gerade in den 60er und 70 er Jahren bis hinein in die 80er Jahre des letzen Jahrhunderts waren die Missionsaktivitäten der damals noch gemeinsam auftretenden Organisationen in der Tat auch aggressiv. Aggressiv in dem Sinn das Menschen teilweise innerhalb eines Tages bedrängt wurden den Gohonzon zu empfangen – mit ein Grund für den sprunghaften Anstieg der Mitgliederzahlen in den USA. Zusätzlich wurden die neuen Mitglieder bedrängt die „World Tribune“ eine SGI-Zeitung in den USA zu abonnieren. In Europe stieß diese Form der aggressiven Mission jedoch auf wenig Resonanz, auch bei den eigenen Mitgliedern nicht. Da diese Art der Mission auf Kritik auch aus den eigenen Reihen stieß wendet man sie heute nicht mehr an und interpretiert Shakubuku etwas milder – im Kern bleibt jedoch den anderen dazu zu bringen andere Lehren abzulegen. Interessant ist dass das Konzept von Shakubuku ursprünglich wohl für bereits buddhistisch geprägte Gesellschaften ausgelegt war. Ein anderes Konzept ist Shoju was darauf zielt durch Gespräche das Gegenüber zur eigenen Einsicht bzw Einkehr zu bringen und sich durch eigenes Nachvollziehen für die Lehre zu öffnen. In Sachen Verbreitung sprechen Soka Gakkai und Nichiren Shoshu jedoch nicht von Mission.
    Die Nichiren Shu hingegen spricht von Mission wobei es weniger zu einer aktiven Missionierung kommt wie bei den oben genannten Organisationen. Vielmehr scheint man drauf zu warten dass der Suchende sich beispielweise an einen Priester/Laien wendet also Fragen stellt. Es wird weder der Terminus Shakubuku noch Shoju genannt. Mit anderen Worten scheint der Kern der Missionsarbeit in der Nichiren Shu darin zu liegen Präsenz zu zeigen und für ein Gespräch offen zu bleiben. In der Nichiren Shu gehört das Erzählen über das Lotus Sutra zu den Kernpunkte der Praxis, wobei damit nicht aktive „Bekehrung“ gemeint ist. Aus diesem Verständnis von Mission leitet sich auch deren Bemühen ab aktiv den Dialog mit andren Glaubensrichtungen zu suchen.

  • catflap08:

    Das ist sicherlich eine interessante Frage. Der Terminus der sowohl in der Soka Gakkai als auch Nichiren Shoshu für Mission gebräuclich ist, ist das Wort Shakubuku, Shakubuku wird oft mit „brechen und unterwerfen“ übersetzt. Kern ist die Fehlerhaftigkeit als vorläufig erachteter Lehren dem Gegenüber klar zu machen, fehlerfrei und als richtig wird die eigene Auslegung der Lehren Nichirens erachtet (also hier Soka Gakkai bzw. Nichiren Shoshu).


    Shakubuku ist natürlich ein Begriff und eine Methode, die auf Nichiren selbst zurückzuführen ist und keine Erfindung der Soka Gakkai. Der Begriff „brechen“ klingt zwar hart, aber er ist nicht unüblich, zum Beispiel in der Sozialpsychologie, wo auch davon gesprochen werden kann, dass bestimmte Verhaltensmuster zunächst gebrochen werden müssen, bevor andere eingeübt werden können. In dem sehr empfehlenswerten Sammelband „Readings of the Lotus Sutra (ed. by Stephen R. Teiser, Jacqueline I. Stone) wird Shakubuku als “cutting off and subduing attachments, a confrontational method of teaching the dharma by explicitly rebuking wrong views or attachments to provisional teachings” (p 222) bezeichnet.


    Konfrontatives Shakubuku sollte in buddhistischen Ländern und Milieus angewandt werden, während unter anderen äußeren Umständen – also in nicht-buddhistischen Ländern - eher ein „dialogisches Shakubuku“ angebracht ist. Wird dies als „Shoju“ bezeichnet? Jedenfalls definiert die SGI-Deutschland Shakubuku als „Dialog“.


    Zitat

    Ein anderes Konzept ist Shoju was darauf zielt durch Gespräche das Gegenüber zur eigenen Einsicht bzw Einkehr zu bringen und sich durch eigenes Nachvollziehen für die Lehre zu öffnen.


    Bei mir stieße „konfrontatives Shakubuku“ auf eine unüberwindliche Gegenwehr, da ich eher dialogisch orientiert bin. Für Einsicht und Umkehr bin ich dagegen immer offen.


    Zitat

    Die Nichiren Shu hingegen spricht von Mission wobei es weniger zu einer aktiven Missionierung kommt wie bei den oben genannten Organisationen. Vielmehr scheint man drauf zu warten dass der Suchende sich beispielweise an einen Priester/Laien wendet also Fragen stellt.


    Dies finde ich gut, denn eine penetrante Aufdringlichkeit stößt mich eher ab. Aber man kann auch „offensiv“ sein, ohne gleich ins Extrem der Aufdringlichkeit zu fallen.


    Zitat

    In Sachen Verbreitung sprechen Soka Gakkai und Nichiren Shoshu jedoch nicht von Mission.


    Sie tun aber nichts anderes, was ich auch für selbstverständlich und für richtig erachte (unabhängig von den konkreten Inhalten und Methoden), denn der Buddhismus ist für mich „missionarisch“.


    Zitat

    In der Nichiren Shu gehört das Erzählen über das Lotus Sutra zu den Kernpunkte der Praxis, wobei damit nicht aktive „Bekehrung“ gemeint ist. Aus diesem Verständnis von Mission leitet sich auch deren Bemühen ab aktiv den Dialog mit andren Glaubensrichtungen zu suchen.


    Auf der Webseite der deutschen Niederlassung der Nichiren Shu verschwindet das Lotos-Sutra, verschwindet die Lehre des Nichiren vollständig hinter dem „interreligiösen Dialog“. Das finde ich unverständlich und bedauerlich.


    Vergleiche ich die Seite der Soka Gakkai mit der der (deutschen) Nichiren Shu, so finde ich die SG-Seite viel informativer usw.


    http://www.daiseion-ji.de/ (Nichiren Shu in Deutschland)
    http://www.sgi-d.org/ (Soka Gakkai International – Deutschland)


    Bevor man Dialoge führt muss man dort erst über den eigenen Standpunkt klar informieren und sich selbst mit ihm offen und selbstbewusst identifizieren. Jedenfalls mangelte es Nichiren vielleicht an manchem, zum Beispiel im Winter an Kleidung, Feuerholz und Essen in der Verbannung auf der der Insel Sado aber sicherlich nicht an Selbstbewusstsein, an Kraft, an Feuer (und Shakubuku).


    Dies bringt der Titel (des ebenfalls empfehlenswerten) Buches von Daniel Montgomery „Fire in the Lotos: The dynamic Buddhism of Nichiren“ treffend zu Ausdruck.


    Gruß


    Kongjiazhong

  • Namaste!

    Ryonin:

    Mal etwas allgemeines zum Glauben. Erst einmal müsste man rauskriegen, wo die Grenze zwischen Glauben und Vertrauen liegt. Das Vertrauen im Buddhismus wesentlich erachtet wird, glaub ich werden nur wenige Leute bestreiten.
    Und es gibt viel Lehren, die meiner Meinung nach eben auf Glauben und Vertrauen beruhen, und eben nicht auf Erfahrung.
    Zum Beispiel: Nirvana ist Frieden. Aber auch solche Dinge wie Karma und Weitergeburt. Das es so etwas wie Erwachen gibt. Das es kein Ich gibt und etwas unbedingtes, ungeborenes.
    Ich würde sogar sagen, das wesentliche liegt jenseits aller Erfahrung. Es geht also eher um Verwirklichung als um Erfahrung.


    Ich ziehe da für mich einen klaren Trennstrich zwischen "Dogma" (was für mich einen negativen und intoleranten Beigeschmack hat) und "Leitsatz" (welchen ich als neutral ansehe). Ich muss natürlich eingestehen, dass ich hier den Begriff "Dogma" ins Spiel gebracht habe. Aber sei es drum, ich denke er passt manchmal ganz gut.


    Auf der einen Seite also "Dogma" als klar definierte Lehrmeinung mit unumstößlichem Wahrheitsanspruch für die Anhänger, auf der anderen Seite "Leitsatz", als eine grundlegende aber nicht genau definierte Lehre, die man mit verschiedenen philosophischen Ansätzen oder eigenen Vorstellungen "ausfüllen" kann.


    Trifft man diese Unterscheidung, dann muss man (nicht nur in Bezug auf die Nichiren-Schulen) feststellen, dass einige Schulen dogmatischer sind als andere.
    Bezogen auf unser Thema sehe ich die Nichiren-Shoshu und die Soka Gakkai als wesentlich dogmatischer an als die Nichiren Shu. Über die anderen Nichiren-Schulen weiß ich, wie gesagt, nicht genug um mir hier eine Meinung zu bilden.


    catflap08:

    Mit anderen Worten scheint der Kern der Missionsarbeit in der Nichiren Shu darin zu liegen Präsenz zu zeigen und für ein Gespräch offen zu bleiben. In der Nichiren Shu gehört das Erzählen über das Lotus Sutra zu den Kernpunkte der Praxis, wobei damit nicht aktive „Bekehrung“ gemeint ist.


    Präsenz zeigen und ein offenes Ohr für Fragen haben, sehe ich noch nicht als Mission an. Wenn man "Mission" allerdings so weit fasst, dann ist natürlich fast jede Religion/Philosophie/Weltanschauung missionarisch.


    Ich für meinen Teil hatte bei "Mission" eher an aggressive Missionare gedacht, wie man sie in der Kolonialzeit bei den Katholen kannte oder wie man sie heute bei der Wachturmgesellschaft, den Mormonen oder vielen evangelikalen Freikirchen antrifft; vielleicht auch die Hare-Krishna-Bewegung, um ein paar Beispiele zu nennen.


    Einen asiatischen Mönch/Priester (vielleicht auch Laien), der (aus welchen Gründen auch immer) in ein nichtbuddhistisches Land zieht und dort einen kleinen Haus-/Wohnungstempel (Übungsraum, Zentrum, etc.) eröffnet und Meditationen/Praxissitzungen anbietet ohne großartig Werbung zu machen (Internetpräsenz und Flyer in der Bibliothek auslegen sehe ich jetzt nicht als solche an) sehe ich jetzt nicht gleich als Missionar an. Aber das ist nur meine Einstellung...


    ... wie sagte Ryonin noch: "ist [alles] Teil der Mission" ;)


    Einen schönen Samstag!
    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Namaste!

    kongjiazhong:

    Vergleiche ich die Seite der Soka Gakkai mit der der (deutschen) Nichiren Shu, so finde ich die SG-Seite viel informativer usw.


    http://www.daiseion-ji.de/ (Nichiren Shu in Deutschland)
    http://www.sgi-d.org/ (Soka Gakkai International – Deutschland)


    Als Seite der Nichiren Shu würde ich eher diese hier ansehen: http://www.nichiren-shu.org/indexdeu.html.


    Der Daiseion-ji ist ja "nur" ein offizieller Tempel der Nichiren Shu in Deutschland, wie repräsentativ damit sein Internet-Auftritt ist weiß ich nicht.


    By the Way: War jemand von Euch schonmal in diesem Tempel?


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Benkei:


    Der Daiseion-ji ist ja "nur" ein offizieller Tempel der Nichiren Shu in Deutschland, wie repräsentativ damit sein Internet-Auftritt ist weiß ich nicht.


    Du hast Recht es gibt lediglich einen Tempel der Nichiren Shu in Deutschland. Ob man hier einen Internetauftritt bewerten kann oder soll stelle ich einmal in Frage - man sollte auch mal die unterschiedlichen Dimensionen also SGI/Nichiren Shu vergleichen, die in ihren Absichten und Methoden nicht unterschiedlicher sein können.
    Ich weiss aber, dass für den Daiseion-ji interreligiöser Dialog eben im Mittelpunkt steht (klingt in diesem Artikel auch etwas an: http://www.rundschau-online.de…tikel/1246895333931.shtml und http://www.ev-akademie-rheinla…Fachkonferenz-Frieden.php). Im Tempel in Italien hingegen gibt es sehr viele Seminare auch für Laiengläubige. Die Nichiren Shu ist eben keine Laienorganisation.
    Die englische Seite gibt jedoch auf ihere homepage einen guten Überblick. Der Tempel in Deutschland ist natürlich, nach Anmeldung, besuchbar.


    Namu Myoho Renge Kyo
    Catflap08

  • Auf der Seite hatte ich so den Eindruck, als sei es eher ein Managerstudienzentrum als ein Buddh. zentrum. So vergleichbar mit den "Zen für Manager"-Kursen.


    _()_
    Ryonin


    Namu Amida Butsu

  • Ryonin:

    Auf der Seite hatte ich so den Eindruck, als sei es eher ein Managerstudienzentrum als ein Buddh. zentrum. So vergleichbar mit den "Zen für Manager"-Kursen.


    Hallo also als ich das esrte Mal auf die Seite traf hatte ich auch diesen Eindruck muss ich zugeben ;)
    Insofern lief mein erster Konakt zur Nichiren Shu auch über die USA, der Daiseion-Ji hat auch ein recht interessantes Büchlein herausgegeben "Impulse zum Leben" mit interessanten Denkanstössen.


    Namu Myoho Renge Kyo
    Catflap08

  • Ich find es halt seltsam, wenn man bei einem Kontaktformular die Position im Unternehmen mit angeben soll. Ansonsten ist glaub ich der aktuellste Termin von 2008. Also so super aktuell scheinen sie nicht zu sein.


    Ich hab noch mal eine allgemeine Frage zu Soka Gakkai und Mission. Wie erfolgreich sind sie denn in Deutschland? Sind ihre Mitgliederzahlen mit NKT oder Diamantweg vergleichbar?
    Amerika ist ja zum Teil auch eine andere Geschichte (jedenfalls ist dort der Japaneranteil viel größer, den Eindruck hab ich jedenfalls bei den dortigen Jodo Shinshu-Gemeinden).
    Gibt es hier so viele? Hier im Osten sind mir irgendwie noch keine begegnet.


    Das andere, was mir heut so auffiel, ist, daß es schon Ansätze bei ihnen (wie auch bei anderen umstrittenen Gruppierungen) gibt, die denk ich durchaus zukunftweisend sein könnten. Für Europa halt ich einen Tempel- und Priesterbuddhismus für weniger wahrscheinlich. Ich denke, daß der Laienbuddhismus hier eine wichtige Rolle einnehmen wird (unter den Buddhisten westlicher Abstammung, wir vergessen ja oft daß auch in Deutschland eine große Anzahl der Buddhisten Asiaten sind).
    Daher weiss ich nicht, ob daher die priesterlichen Traditionen so viel besser sind, oder es mehr darum gehen müsste zu schaun welche Strukturen sind heilsam und welche pathologisch und welche sind praktikabel. Buddhismus wird ja eine Richtung (die wieder in viele zerfällt) unter vielen sein hier im Westen.
    Und vielleicht ist es auch hier gut, sich wieder stärker an den Gründern zu orientieren (Das seh ich ja auch im Shin-Buddhismus so). Also Nichiren bei euch, Shinran bei uns, auch der Vajrayana-Lehrer Rigdzin Shikpo meinte, daß er eine Orientierung an der indischen ursprünglichen tantrischen Tradition für wichtig erachtet. Also ein auf die Wurzeln schaun, auch um Entwicklungen zu erkennen und einschätzen zu können.


    _()_
    Ryonin


    Namu Amida Butsu