Meditation – Hilfe, ich stecke fest!

  • Liebe Gemeinde,
    ich wende mich an die erfahrenen Meditierenden unter euch, die aus der Theravada-Richtung kommen, da ich mir Ratschläge aus der Samatha- und Vipassana-Ecke erwarte. Es ist kein schwieriges Problem, jedenfalls werde ich nicht aufhören, zu meditieren. Ich habe keine Zweifel an der Wichtigkeit der Praxis, auch wenn ich manchmal nicht weiß, was ich da mache…


    Ich meditiere seit ca. viereinhalb Jahren ziemlich regelmäßig jeden Tag. Prinzipiell bin ich kein sehr disziplinierter Mensch, aber Meditation ist mir sehr wichtig, weil ich mich durch die Meditationspraxis an längst vergessene Kindertage erinnert fühlte, als ich damals – wie ich JETZT weiß - starke Samadhi-Zustände erlebt hatte und bass erstaunt war, sie jetzt, bald vierzig Jahre später, auf dem Kissen wiederholen zu können. Als Kind konnte ich mich in sekundenschnelle da hinein bringen. Vor mehr als vier Jahren, als ich anfing zu meditieren (nach „Die Praxis der Achtsamkeit“, Gunaratana), gelang es mir auch recht fix. Recht schnell kamen piti und sukkha und natürlich der Wunsch, sie zu wiederholen. Und natürlich gelang es mir nicht. Nach einem halben Jahr Praxis hatte ich jedoch das Gefühl, dass es nicht recht vorwärts geht und machte (und mache immer noch) den Fehler, verschiedene Anleitungen zu studieren, phasenweise in einer Sitzung von einer Anleitung zur anderen zu wechseln. A total mess. Ich habe seit zwei Jahren das Gefühl, ich stecke fest und nichts geht voran. Auch wenn ich mir sage, dass meine Erwartungshaltung keine ist und ich definitiv bis ans Lebensende sitzen werde, selbst wenn ich das Gefühl habe, nichts und niemand bekommt Einsicht. Allein dieser Umstand ist für mich Motivation genug, denn ich bin, wie erwähnt nicht sehr diszipliniert. Dass ich jeden Tag sitzen will, haut mich immer noch um. Leider gibt es in meiner Nähe keinen adäquaten Lehrer, dem ich mich anvertrauen könnte. Das bisherige Selbststudium hat natürlich meine Zweifel eher gemehrt als verblassen lassen (Mahasi, Brahm, Sujato, Khema, Ingram, Sujiva, Jhana gut, Jhana böse, Notieren gut, notieren böse, etc. pp)…


    Meine Frage an die Experten: Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht und wie habt ihr das „Problem“ lösen können? Was könnt ihr empfehlen? Ich freue mich über eure Anregungen und danke jetzt schon im voraus.


    Mit Metta,
    Mario

  • Hallo Mario.


    Ich halte solche Erfahrungen für völlig normal. Das sind Hindernisse, die dazu gehören. Es kommt mir so vor, als ob auch Deine anfänglichen glücklichen Erfahrungen die absolute Regel sind. Erst wird man mit der Leichtigkeit geködert und der steinige Weg kommt dann erst später. So war es jedenfalls bei mir auch und ich hab es schon öfter von anderen so gehört. Wäre auch blöd, wenn es umgekehrt wäre. :)


    Nun ist es auch so, dass Hindernisse nicht nur hinderlich, sondern auch nützlich sind. Irgendwas lernt man immer daran und oft sind das auch wichtige Dinge.
    Ich hab ja auch schon Jahre damit verbracht, immer und immer wieder meine Ergebnisorientierung aufzugeben. Sie schlich sich immer wieder subtil und auch grob ein. Trotzdem war das eine hilfreiche Arbeit.


    Was sehr gut ist, ist dass Du weitermachst. So geht das: im Dharma immer weitermachen. Aber dabei kann man ruhig Intelligenz anwenden und Geschicklichkeit entwickeln.
    Dein Hin und Her Switchen zwischen den verschiedenen Methoden und Anleitungen ist vielleicht ein Ausdruck Deines Suchens und Greifens? Vielleicht mal das Gegenteil ausprobieren?


    Wenn Du keinen Lehrer findest, kannst Du versuchen, Dein eigener Lehrer zu werden, bzw den inneren Lehrer zu finden. Bei mir ist das ein leises ruhiges inneres Stimmchen, das ich schlecht hören kann, wenn ich zu "laut" bin. Es rät meistens zur Ruhe und Zuversicht, und dadurch öffnen sich dann Wege, mit den Schwierigkeiten umzugehen.


    Ein weiteres Mittel, Hindernisse aufzulösen, ist das Ansammeln von Verdienst. So hab ich beobachtet. Oft haben sich die Wege aufgetan, wenn ich irgendwie gut gehandelt hab, zB jemandem gut geholfen, viel Geduld bewiesen, mitfühlend gehandelt, positiv gedacht etc pp. Was da im Einzelnen für Dich so eine Brücke bauen könnte, weiß ich nicht. Ich bin eigentlich nicht vom Theravada und kenne mich mit den dort akzeptierten Methoden nicht so super aus. Da werden doch zB die Silas empfohlen zum Ruhigerwerden, oder?
    Mit Shamata/Vipashyana und Durchhalten kenne ich mich ein bisschen aus.


    Beste Wünsche. Ich glaub, Du bist auf einem sehr kostbaren Pfad. :) Weiter so.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • … was war gleich nochmal die Frage :)


    Vielleicht könntest du die Fragen nochmals präzisieren. Dann fällt es einfacher darauf einzugehen und nicht im Allgemeinen hängen zu bleiben.


    Die stabilsten und intensivsten Jhanas und Einsichten hatte ich zum Beispiel auf Retreats. Das tägliche Sitzen hat zwar auch tiefe Sammlungszustände hervorgebracht aber eigentlich nichts vergleichbares. Es ist eine natürliche Entwicklung, dass sich die Erfolge durch die Praxis von intensiven Übungsphasen zeigen. Das zeigt sich dann auch in der Qualität, in der täglichen Praxis. Diese beiden Arten der Praxis beflügeln sich gegenseitig. Brahm hatte ein Beispiel dafür, bezogen auf jede Praxis. Es gibt die Tage der Arbeit und irgendwann gibt es den Payday.


    Es ist doch eine gute Literaturliste, vielmehr gibt es ja fast schon nicht zum Thema. Es ist hilfreich die Autoren und deren Hintergründe einzusortieren. Das hilft dann Widersprüche aufzulösen. Brahm hat gute Anleitungen, ich teile nicht alles von Ihm. Aber er hat für mich die Standards buddh. Meditation, hier samtaha/vipassana, Schwerpunkt samatha sehr hilfreich formuliert. Hat mich in dieser Phase sehr unterstützt.


    Es gibt beim Thema Jhana ein gewisses Sensation Seeking, ganz klar. Es ist schwierig keine Erwartungshaltung zu haben und damit umzugehen. Aber es gibt einige hilfreiche Analogien – Bilder und Erklärungen zu dem Thema. Andererseits, die Zustände nutzen sich in gewisser Weise ab, es findet eine Verfeinerung der Wahrnehmung statt und damit zeigt sich eine andere Qualität wenn die Felder von Pitti, Sukha, Upekkha soweit bekannt sind.
    Nach meiner Erfahrung macht es Sinn in einer Sitzung zwischen einzelnen, sagen wir Meditationsanleitungen, mit Bedacht zu wechseln, wenn es hierfür Gründe gibt. Man kann zum Beispiel die persönliche Stimmung berücksichtigen. Nur als Beispiel, erst liebende Güte dann Konzentration auf den Atem mit engem Fokus, danach einfach loslassen, Fokus erweitern, eventuell den Fokus auf die Atmung aufgeben und objektlos sitzen. Letztendlich ist es auch wichtig die Fähigkeit zu entwickeln, lange bei seinem Objekt ablenkungsfrei zu bleiben. Das Wechseln von verschiedenen Anleitungen wie du es beschreibst, halte ich nicht für ideal. Es geht dann sehr schnell um ablehnen und ergreifen. Das Ganze ist schon dualistisch genug.


    Wenn du Theravada machst kannst du diese Zustände nutzen, sie sind aber nur ein Teil der Praxis. Speziell in der Vipassana Richtung werden nur die ersten beiden Jhanas genutzt als Zugangskonzentration, die dann auch nicht so tief sein muß. Die Frage ist, mit welcher Praxis, welchen Lehrdarlegungen und Lehrtraditionen kann ich mich dauerhaft connecten.

  • MarioK:

    ... wie habt ihr das „Problem“ lösen können? ...


    Wenn ich ein Problem habe, ob mit "" oder ohne "" ist egal, dann frage ich mich immer zunächst, wer das Problem hat.

  • Namaste


    was Losang Lamo sagt finde ich sehr schön, danke dafür auch von mir...
    Wenn ich nicht viel ergänzen kann, mag ich nochmal aufgreifen das du vielleicht eine feste Vorstellung davon hast in welchen Zustand du bei der Meditation kommen möchtest und trifft diese nicht ein, wirst du unruhig und kannst gar nicht beobachten was wirklich geschied. Es kann auch sein, das dein Körper sich gegen einen Zustand von Verlust wehrt. Ich meine damit einen Zustand den du auch beim Fehrnsehgucken erreichen kannst, eine Art Verdummung, du verlierst eher etwas als du gewinnst.
    Eine Meditation ist eine Mischung aus Ruhe aber und das ist wichtig, auch aus Erkenntnis.
    Erlangst du, wenn auch im Nachhinein, keine Erkenntnis aus deiner Erfahrung, schaust du nur gegen eine Weiße Wand. Du verlierst Erinnerung, Wissen.
    Dein Körper weiß das vielleicht, dir mag das nicht bewußt sein.


    Gute Wünsche,
    Karma Pema

  • Ich habe etliche Anregungen den Antworten entnehmen können. Ich danke allen, die sich die Mühe gemacht haben, mir auf die Sprünge zu helfen!

  • Hi Mario,


    MarioK:

    Nach einem halben Jahr Praxis hatte ich jedoch das Gefühl, dass es nicht recht vorwärts geht und machte (und mache immer noch) den Fehler, verschiedene Anleitungen zu studieren, phasenweise in einer Sitzung von einer Anleitung zur anderen zu wechseln.
    A total mess. Ich habe seit zwei Jahren das Gefühl, ich stecke fest und nichts geht voran. Auch wenn ich mir sage, dass meine Erwartungshaltung keine ist und ich definitiv bis ans Lebensende sitzen werde, selbst wenn ich das Gefühl habe, nichts und niemand bekommt Einsicht. Allein dieser Umstand ist für mich Motivation genug, denn ich bin, wie erwähnt nicht sehr diszipliniert. Dass ich jeden Tag sitzen will, haut mich immer noch um.


    Bin kein Experte, antworte trotzdem. Weil ich es kenne. Bei mir wurde es besser, als ich bei einem Lehrer und damit einer Anleitung und, in seinem Fall, einem Meditationsobjekt blieb, über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg. Weder von einem Tag auf den anderen und schon gar nicht während der Sitzung wechseln. Erst, wenn es dir völligst klar ist, dass
    es nicht dein Lehrer/Anleitung ist. Eine andere Sache ist halt der Rest der Übung, wie man halt so außerhalb vom Kissen lebt.
    Dann war für mich persönlich loslassen und entspannen der Hauptfaktor, den ich vorher vernachlässigt hatte. Da ist die Tendenz, zu viel zu wollen, zu viel Ehrgeiz und Erwartung in die Meditation zu packen. Erzeugt natürlich nen energetisches Ungleichgewicht. Die Seite ist dann zu stramm gespannt, um damit musizieren zu können.



    MarioK:

    Leider gibt es in meiner Nähe keinen adäquaten Lehrer, dem ich mich anvertrauen könnte. Das bisherige Selbststudium hat natürlich meine Zweifel eher gemehrt als verblassen lassen (Mahasi, Brahm, Sujato, Khema, Ingram, Sujiva, Jhana gut, Jhana böse, Notieren gut, notieren böse, etc. pp)…


    Dann haste ja noch einen vergessen: Vimalaramsi. Der steckt sie alle in den Sack *haha*. Und anvertrauen kannste Dich ihm auch ;-).



    Gruß

  • Bin absolut kein Experte und kann nur von mir sprechen.
    Ich wechsel ganz gerne von den traditionellen buddhistischen Meditationen zu den indischen auch mal - Mantra hören / sprechen (moola mantra), Mantra Visualisierungen, Fingerstellung , auch wechsel ich die Meditation per se ab:
    Vergänglichkeit, Vergebung, liebende Güte, Komplentation etc. damit kommt man schon etwas weiter.

  • Mirco:
    MarioK:

    Leider gibt es in meiner Nähe keinen adäquaten Lehrer, dem ich mich anvertrauen könnte. Das bisherige Selbststudium hat natürlich meine Zweifel eher gemehrt als verblassen lassen (Mahasi, Brahm, Sujato, Khema, Ingram, Sujiva, Jhana gut, Jhana böse, Notieren gut, notieren böse, etc. pp)…


    Dann haste ja noch einen vergessen: Vimalaramsi. Der steckt sie alle in den Sack *haha*. Und anvertrauen kannste Dich ihm auch ;-).


    Ich auessere mich nicht abfaellig ueber einen Lehrer, dass ist nur vom Ausdruck her spassig gemeint.

  • Ich spreche nur von mir: Keine Erwartungshaltung, alles loslassen. Einfach tun. :P Ist so wie Zähneputzen: Steckst Du da auch fest? :oops:
    _()_c.d.

    Tag für Tag ein guter Tag

  • crazy-dragon:

    Ich spreche nur von mir: Keine Erwartungshaltung, alles loslassen. Einfach tun. :P Ist so wie Zähneputzen: Steckst Du da auch fest? :oops:
    _()_c.d.


    naja...wenn man dabei(auch) zusehr die "Zähne zusammenbeisst"...;)

  • Hi,
    manchmal ist eine Lösung so nahe und doch so fern.
    Falls du nicht schon den 8fachen Weg gehst, dann wäre es Zeit, ihn jetzt zu begehen.
    Literatur aus x-ter Hand hat dich nicht weiter gebracht.
    Schau dir doch mal die Pali-Kanon(en) an. Das sind drei Bände und die Mittlere Sammlung ist einmal von
    Neuman und auch von Zumwinkel übersetzt. Die Übersetzung durch Zumwinkel kam auf Aufforderung von
    Aya Kema zusande. Neumann war Dr. der Indologie underänzte sein Exemplar des Pali-Kanons durch Studien in Sri Lanaca und London. Die Übersetzungen Neumanns sind philologische extrem ausgebaut, es git sehr viele Register.
    Lesen bildet!


    sakko