Retreat

  • Wer von Euch hat schon mal ein "längeres" Retreat gemacht ?


    Wie waren Eure Erfahrungen dabei ? Gab es körperliche Beschwerden ?


    Vor allem: Wie war es für Euch nach dem Retreat wieder in den "Alltag" zurück zu kommen ?


    LG
    Matthias

  • Naja, 10 Tage waren es bei mir.


    Waren zwar nur 2 Tage Retreat und danach noch 8 Tage normaler Aufenthalt, aber ich habe in den 8 Tagen auch fast nur "praktiziert"...


    Körperliche Beschwerden hatte ich überhaupt nicht, ganz im Gegenteil.
    Gesünder und wohliger hab ich sonst nie gelebt.


    Die ersten Tage danach waren schon wieder eine Umgewöhnung. Als ich wieder in Berlin ankam und abgeholt wurde vom Bahnhof, war alles um mich herum in hektik, aber ich war völlig ent-spannt. Und Autoradio musst ich gleich erstmal ausmachen. Hat sich noch ein paar Tage "aufrechterhalten" diese "Stimmung", aber dann kehrte langsam wieder der Alltag ein.
    Der Aufenthalt war aber, obwohl es nur 10 Tage waren, sehr fruchtbar.
    Ich kann mir sehr gut vorstellen wie ein längerer Aufenthalt einem extrem hilft...

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Ich habe vor 2 jahren mein ersten Vipassana retreat (goenka) gemacht. EIn jahr später brach ich mein 2. ab, da ich in einigen Punkten das Vertrauen verlor. Nun gelante ich zum Zen und würde gern an einem Sesshin mitmachen. NUr fällt mir auf, dass diese häufig kurz sind (2,3,4 Tage) ich fand deswegen ein längeres:
    http://www.zendojotue.de/files/Sesshin_ohne_Bleibe_2013.pdf
    Nun meine Frage: Wärend beim Vipassana die 10 Tage standart sind und 3 eher die Ausnahme gibt beim zen mehrer kurze "Anfänger" - Sesshins. Ist ein langes Sesshin sehr anstrengend? Was ist die tägliche Routine? Ich fand das Vipassana retreat schon anstrengend aber machbar, beim Sesshin habe ich Respekt, da man beim Sitzen ja eher nicht die Position wechselt. Was meint ihr? Was sind eure Erfahrungen?



    lg


  • In meinem Haus der Stille habe ich eine 6-tägige Schweigewoche
    mitgemacht.
    DAS hat mich an meine Grenzen geführt,
    körperlich wie seelisch.
    Diese Tage sind immer präsent
    aus meinem All-tag nicht mehr zu tilgen,
    soooo viel ist während dieser Woche passiert
    mit mir.


    LG

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Moin Xeno,
    bei uns http://www.zenkreiskiel.de/ empfehlen wir Neuen immer erst ein zwei Wochenendsesshin. Zum einen, damit sie die Sesshinform kennenlernen und zum anderen, damit auch der Lehrer den Neuen kennenlernen kann.
    Längere Sesshin sind sehr anstrengend. Und ich meine hier beliebe nicht nur körperlich. Bei uns kann hier nur teilnehmen, wer dem Lehrer bekannt ist oder schon länger in einer anderen Gemeinschaft sitzt.


    Zitat

    ...beim Sesshin habe ich Respekt, da man beim Sitzen ja eher nicht die Position wechselt....


    Das wiederum ist relativ. Unsere Sitzrunden dauern nur 25 Minuten. Das sollte ohne zu wackeln möglich sein. Zwischendurch gibt es 5 Minuten Kinhin. Und nach zwei drei Runden kommt ja schon wieder was anderes, sei es Pause, Arbeit, Vortrag....

  • ich meine damit eher die mehreren Zazens täglich: Ein Zazen mit schmerzen ist schmerzhaft, aber die Wiederholung dessen könnte es schmerzhafter machen.
    hat jemand erfahrungen mit sesshins und goenka-retreats?

  • brigittefoe:

    DAS hat mich an meine Grenzen geführt,
    körperlich wie seelisch.


    Liebe Brigitte, darf ich fragen warum ?

  • xeno:

    ich meine damit eher die mehreren Zazens täglich: Ein Zazen mit schmerzen ist schmerzhaft, aber die Wiederholung dessen könnte es schmerzhafter machen.
    hat jemand erfahrungen mit sesshins und goenka-retreats?


    Richtig, Wiederholungen können es schmerzhafter machen. Worauf willst du hinaus?

  • ich wollte nur darauf hinaus, ob sie es schmerzhafter machen. ich glaube langsam ein kurzes sesshin wäre besser. ich find zen zu interessant als dass ich mich mit einem zu langen sesshin abschrecken lassen will. widerum ging der goenkakurs auch 10 tage à 10h meditation. aber die position ist dort nicht von bedeutung deswegen bin ich mir nicht sicher, ob man das als garant dafür werten kann, ob man das sesshin durchsteht.

  • Wiederholungen können es schmerzhafter machen, müssen es aber nicht. Und wenn es zu schmerzhaft wird, wechselst du einfach die Position der Beine. Wenn möglich, ohne die anderen zu stören. Und wenn alles nichts hilft, sprichst du in der Pause mit dem Jiki Jitsu, dem Leiter der Meditation und fragst nach einem Stuhl.


    Da du ja den gesamten Thread aufmerksam gelesen hast, ist dieser Link http://www.buddhaland.de/viewt…=12&t=3064&p=60325#p60325 mit Sicherheit nicht entgangen.

  • Matthias65:
    brigittefoe:

    DAS hat mich an meine Grenzen geführt,
    körperlich wie seelisch.


    Liebe Brigitte, darf ich fragen warum ?



    Grüß Dich Matthias


    Der Morgen begann schon um 5.00 Uhr mit der ersten Meditationssitzung
    und zog sich durch den ganzen Tag mit Unterbrechungen zu den Mahlzeiten
    und einem halbstündigen Rundgang durch das Labyrinth
    (ein extra im Waldgarten eingerichtete Anlage)


    Damals war ich noch nicht so weit, länger als eine halbe Stunde zu sitzen,
    das machte mir Schwierigkeiten und Beinschmerzen.
    Wir konnten uns aber einen Stuhl nehmen oder flach auf den Rücken legen.


    Das Schweigen war das mentale Problem.
    Kein Fernsehen, kein Händy, nix, auch während den Mahlzeiten,
    Stuben- oder Küchendienst war Reden nicht erlaubt.


    Was soll ich sagen . . .
    sich selbst in eine so extreme Situation zu bringen,
    fördert so einiges zutage, womit ich selbst niemals rechnen konnte !


    Es gab und gibt noch eine kleine Kapelle im Haus,
    dorthin begab ich mich kurz vor dem Schlafengehen noch allein
    zur Meditation, um eine andere Atmosphäre zu haben ohne
    die 10 Leute tagsüber.


    Dort stürzte plötzlich alles aus mir heraus,
    ich versank in einem Tränenmeer, denn ich sah mich
    mit Jesus Christus im Garten Gethsemane in seiner
    unendlichen Einsamkeit und die Worte, die er sprach,
    verbunden mit der Traurigkeit, daß keiner seiner
    Anhänger, in dieser entscheidenden Nacht mit ihm ge-WACHT haben,
    seine Not, seine Verlorenheit waren MEINE.


    Der Meditationslehrer stand natürlich für Einzelgespräche
    (wenn man es wollte) bereit.


    Nach diesem Erleben hat für mich das Fragen aufgehört,
    seitdem bin ich wachsam und mit meinem Herrn und Meister
    verbunden aus tiefstem Herzen.


    LG

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Matthias65:

    Wer von Euch hat schon mal ein "längeres" Retreat gemacht ?


    Ich mache jedes Jahr seit 20 Jahren 3 bis 4 Sesshins/Retreats wobei eines dabei ist mit 7 Tagen.

    Zitat


    Wie waren Eure Erfahrungen dabei ? Gab es körperliche Beschwerden ?


    Klar gibt es körperliche Reaktionen und das dauert, bis das eingebübt ist. Ohne tägliches Sitzen und auch wöchentliches längeres Sitzen ist zunächst einmal nur ein kürzeres Sesshin zu empfehlen.

    Zitat


    Vor allem: Wie war es für Euch nach dem Retreat wieder in den "Alltag" zurück zu kommen ?


    Alltag und Sesshin sind dasselbe. Anfangs mag das noch als getrennt gesehen werden, aber letztlich geht es darum genau diese Trennung aufzuheben und den Alltag als Sesshin zu erfahren.

  • Aiko:

    Alltag und Sesshin sind dasselbe. Anfangs mag das noch als getrennt gesehen werden, aber letztlich geht es darum genau diese Trennung aufzuheben und den Alltag als Sesshin zu erfahren.


    Wenn die Trennung aufgehoben ist braucht es keine Retreats mehr.


    Für die meisten dürften es ein deutlicher Unterschied sein ob man sich im Alltag oder auf einem Retreat befindet. Die üblicherweise längere Zeit auf dem Kissen bringt körperliche Beschwerden mit sich. Das lässt sich nicht vermeiden, schlicht weil es der Körper nicht gewohnt ist. Verringern kann man sie natürlich durch regelmäßige und auch längere Praxis im Vorfeld. Gänzlich ausbleiben dürften sie nur im Ausnahmefall.


    Noch viel wichtiger als die Zeit auf dem Kissen empfinde ich die Zeit außerhalb des täglichen Wahnsinns. Alle Verpflichtungen und Ablenkungen sind durch den äußeren Rahmen von einem genommen. Das ist ungewohnt, auch wenn man (mehr oder weniger erfolgreich) im alltäglichen den Umgang mit diesen Dingen gelernt hat gelassen und achtsam gegenüber zu treten. Das schlichte Nicht-Vorhandensein von Verpflichtungen/Ablenkungen ist noch einmal eine ganz andere Qualität. Und hat Auswirkungen auf das Innenleben/Gedanken/Psyche. Ich habe beim ersten Retreat Erfahrungen gemacht die ich (wahrscheinlich) so nie im Alltag gemacht hätte. Das reicht von spannend bis zu beängstigend. Neues mit dem es sich lohnt auseinanderzusetzen. Neues was Wertmaßstäbe zu verändern vermag. Damit solche, von mir als sehr positiv angesehene Prozesse, aktiv werden können bedarf es einer gewissen Dauer des Retreats. Die ersten paar Tage braucht man zum Wechsel weg vom Alltag, die letzen paar schleicht sich der Gedanke an den zu erwartende Alltag wieder ein. 10 Tage halte ich persönlich für die untere sinnvolle Grenze. Immer vorausgesetzt man ist körperlich und psychisch ausreichend stabil. Insbesondere die psychische Belastbarkeit zu beurteilen oder abzuschätzen ist aber alles andere als einfach. Gerade deshalb gibt es viele Stellen die vor einem langen Retreat zumindest ein kurzes als Zugangsvoraussetzung verlangen.


    Matthias65:

    Vor allem: Wie war es für Euch nach dem Retreat wieder in den "Alltag" zurück zu kommen ?


    Recht unproblematisch weil ich nach Ende des ersten Retreats noch zwei Tage Übergangsfrist hatte. Die haben mir gut getan und der Schock der "Normalität" war nicht gar so groß. Aber das ist höchst subjektiv. Und der Effekt mildert sich mit der Zeit ab. Denke ich :D

    Von mehreren Theorien, die die gleichen Sachverhalte erklären, ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.


    Die Leute von denen Du am meisten lernen kannst sind die mit denen Du nicht einer Meinung bist.

  • Bambus:
    Aiko:

    Alltag und Sesshin sind dasselbe. Anfangs mag das noch als getrennt gesehen werden, aber letztlich geht es darum genau diese Trennung aufzuheben und den Alltag als Sesshin zu erfahren.


    Wenn die Trennung aufgehoben ist braucht es keine Retreats mehr.

    So ist es. Dennoch sagst du nicht - wenn die Trennung aufgehoben ist, braucht es keinen Alltag mehr. Die Trennung zwischen Freizeit und Arbeitszeit oder zwischen Alltag und Urlaub/Retreat ist sozio-kulturell - ich war jetzt schon ein paar Jahre nicht mehr im Urlaub, weil ich meine Urlaubstage für Sesshins vergebe.

    Zitat


    Für die meisten dürften es ein deutlicher Unterschied sein ob man sich im Alltag oder auf einem Retreat befindet.


    Ja sicher - doch es geht in eine bestimmte Richtung - nämlich dort, wo sich diese und andere Unterschiede aufheben.
    Allerdings dauert es dann schon Jahre, bis sich das so einstellt. Da halten die meisten gar nicht durch, sondern sie hören irgendwann damit auf und verschwinden wieder. So ist die Praxis des Weges aber nicht zu verstehen.

  • Hallo,
    ich habe mich gewundert warum für euch retreats so wichtig sind. Im ganzen Pali-Kanon gibt es keinen einzigen Hinweis auf den sogenannten retreat.
    Dort wird deutlich beschrieben, in welcher Umgebung der 8fache Pfad meditiert werden soll, ganz allein und ohne jeglich äußere Störquelle.


    sakko

  • sakko:

    Hallo,
    ich habe mich gewundert warum für euch retreats so wichtig sind. Im ganzen Pali-Kanon gibt es keinen einzigen Hinweis auf den sogenannten retreat.


    Das ist nicht ganz richtig. selbst die Mönche (wird dort berichtet)
    haben sich zu Zeiten besonders zurückgezogen und es gibt eine
    Lehrrede in der der Buddha davor warnt sich zu früh zurück zu ziehen.

  • sakko:


    Dort wird deutlich beschrieben, in welcher Umgebung der 8fache Pfad meditiert werden soll, ganz allein und ohne jeglich äußere Störquelle.


    Was genau verstehst du unter Retreats ?


    Wir kennen auch Einzel-Retreats. Ganz allein und ohne jegliche äußere Störquelle, gerne auch in der im PK beschriebenen Waldeinsamkeit.

  • sakko:

    Im ganzen Pali-Kanon gibt es keinen einzigen Hinweis auf den sogenannten retreat.
    Dort wird deutlich beschrieben, in welcher Umgebung der 8fache Pfad meditiert werden soll, ganz allein und ohne jeglich äußere Störquelle.


    Und wenn die Mönche zur Regenzeit 3 Monate aufeinanderhockten, haben sie sich hochleben lassen. Meine Herren.

  • ich probier auch 1, besser 2x pro jahr auf ein retreat zu gehen. bei goenka gefällts mir bisher am besten :D}:-)


    mein längstes war aber 20 tage bisher. das war aber lockerer, dafür aber auch nicht so aufwühlend. war ein bisschen traurig, als es dann vorbei war :roll: