Meditation - beobachten ohne zu beeinflussen

  • Liebes Forum,
    ich lese hier schon eine ganze Zeit, hab aber noch nicht viel geschrieben.
    Mich beschäftigt die Frage, wie ich etwas beobachten kann, ohne es zu beeinflussen? Quanten-Physikalisch ist das ja nicht möglich...
    Ganz konkret bei der Meditation, bei der ich versuche nur den Atem zu beobachten.
    Sobald ich meine Aufmerksamkeit auf den Atem richte, merke ich wie ich anfange die Frequenz oder die Tiefe der Atemzüge zu beeinflussen bis ich schließlich bewusst und aktiv atme.
    Dann beobachte ich nicht mehr den Atem sondern mich, der atmet. Der unwillkürliche Atem kommt ,wie ein verschrecktes Tier, erst mal nicht mehr raus. Die Perspektive des Beobachters verschiebt sich, da ich mir über meine Einflussnahme bewusst werde.
    Ich habe einige Zeit Yoga in einer Schule gemacht. Da wurde der Atem ganz bewusst mit der Übung gekoppelt. Bewusste Atemführung. Das viel mir nicht so schwer, wie den Atem einfach fließen zu lassen und nur zu beobachten.
    Ganz ähnlich geht es mir wenn ich mich auf etwas anderes konzentriere. Ich nehme irgendwann mich selbst, beim Konzentrieren auf etwas oder beim Denken an/über etwas, war.


    Mache ich irgendetwas grundsätzlich falsch? Muss ich einfach noch länger Meditieren üben? Versteht jemand was ich meine?

  • Lieber art,


    vielleicht habe ich Dich nicht richtig verstanden, aber solange Du nicht die Absicht hast, Deinen Atem zu beeinflussen (oh, ich atme so hektisch, das muss besser/ruhiger werden), kann ich kein Problem erkennen.


    Viel Erfolg,
    Aravind.

  • art


    Über tibetische Meditationswege kann ich nicht viel sagen. Doch kenne ich Dein Problem.
    Du beobachtest ... WIE Du atmest, anstelle nur auf Deinen Atem zu achten. Du denkst dabei an Deinen Atem. Klar, das Du dann Deinen Atem veränderst, ganz ohne es bewusst zu wollen.
    Mein Lehrer sagte : Nicht Du atmest, sondern es atmet Dich. Verstehst Du, was er meinte?
    Atme ... mehr nicht ... und wenn es schwer für Dich ist, dem Atem zu folgen, dann zähle einfach deine Atemzüge :clown:
    Wichtig für mich ist dabei, nicht das Ein-, sondern das Ausatmen zu zählen.
    Konzentriere Dich nicht, lass den Körper einfach machen.
    Suzuki roshi (Amerik. Zen Meister) sagte, das hinter dem Ausatmen der Weg in die Leere ist. Atme aus, ohne den Gedanken des Einatmens. Dies kommt ganz von allein.
    Irgendwann wirst Du nach (nicht während) der Meditation Deinen Atem verstehen.
    Noch ein Wort von suzuki roshi : Verliere Dich beim Ausatmen in die Leere. Stirb und beim Einatmen wirst Du erkennen, das Du noch am Leben bist.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • art:

    Mich beschäftigt die Frage, wie ich etwas beobachten kann, ohne es zu beeinflussen? Quanten-Physikalisch ist das ja nicht möglich...


    Man soll den Atem nur nicht bewußt zusätzlich beeinflussen.
    Das bedeutet nicht, das dadurch nichts verändert wird.
    Wenn sich dadurch nichts verändern würde, wäre es schließlich
    auch sinnlos. Wozu sollte man das dann auch machen?


    Und selbst das gilt nicht für jede Übung. Bei späteren Übungen
    wird dann auch der Atem bewußt beeinflußt und beruhigt:
    die grobgeartete Körperfunktion besänftigend, mildernd, stillend,
    beruhigend, werde ich einatmen... werde ich ausatmen', so übt er sich usw..

    A 10, 60

  • art:

    Liebes Forum,
    ich lese hier schon eine ganze Zeit, hab aber noch nicht viel geschrieben.
    Mich beschäftigt die Frage, wie ich etwas beobachten kann, ohne es zu beeinflussen? Quanten-Physikalisch ist das ja nicht möglich...


    Moin Art,
    scheiß auf Quantenphysik. :D


    Du setzt dich hin. Irgendwann merkst du, das du einatmest. Dann merkst du, das du ausatmest. Du kannst auch Pausen wahrnehmen, wechselnde Tiefen des Atems, wechselnde Atemfrequenzen. Das ist Atem beobachten.


    Zitat

    Sobald ich meine Aufmerksamkeit auf den Atem richte, merke ich wie ich anfange die Frequenz oder die Tiefe der Atemzüge zu beeinflussen bis ich schließlich bewusst und aktiv atme.


    Wenn du das nicht willst, dann lass es. Du bist für dein Handeln verantwortlich. Wenn du bemerkst, das du aktiv Einfluß nimmst und du dies eigentlich nicht willst, dann lass es wieder und freu dich, das du es bemerkt hast. Das ist doch auch schon mal was.


    Das fällt mir so dazu ein. :)

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Vielen Dank erst mal für eure Antworten und Anregungen.
    Ich habe die Frage vielleicht etwas verkompliziert.
    Mir ging es um den Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Atmung, bzw. ob ich den Atem beobachten kann ohne ihn willentlich zu steuern. Unbewusst atme ich ja nur, wenn ich mir dessen nicht bewusst bin, wie z.B. im Schlaf oder die meiste Zeit des Tages wenn ich mit irgendetwas beschäftigt bin. Sobald ich meine Aufmerksamkeit auf die Atmung richte "passiert" sie ja nicht mehr einfach so. Beim gehen ist das ganz ähnlich. Normalerweise, wenn ich von A nach B laufe, denke ich nicht über den nächsten Schritt nach noch bin ich mir darüber bewusst einen zu machen. Fange ich aber an die Bewegungen beim gehen zu beobachten, passiert sie nicht mehr unwillkürlich. Ich werde mir darüber bewusst dass ich sie steuere und merkwürdigerweise fühlt es sich auf einmal ganz anders, fast fremd, an zu gehen.
    Was bedeutet das jetzt für die Meditation? Gibt es noch eine andere Form der Aufmerksamkeit?
    Was wäre eine sinnhafte Unterscheidung zwischen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit aus buddhistischer Sicht?


    Zitat

    jianwang hat geschrieben:

    Zitat

    Mein Lehrer sagte : Nicht Du atmest, sondern es atmet Dich.


    jianwang: Ich verstehe zwar nicht genau was dein Lehrer meint aber damit kann ich, glaub ich, was anfangen.


    Liebe Grüße
    art

  • art:


    Mir ging es um den Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Atmung, bzw. ob ich den Atem beobachten kann ohne ihn willentlich zu steuern.


    Beobachten und willentliche Steuerung sind ja verschiedene Dinge. Anstatt Beobachten sollte man vielleicht besser Gewahrwerden sagen. Das ganze hat ja einen Sinn - denn das Gewahrwerden des Atems oder des Gehens, des Essens usw. führt zu einem Bei-sich-sein und hilft dabei sich zu sammeln und die Gedanken nicht mehr so abschweifen zu lassen. Man kann nämlich nicht beides machen - Achtsamkeit auf den Atem UND Gedanken fassen.


    Zitat


    Sobald ich meine Aufmerksamkeit auf die Atmung richte "passiert" sie ja nicht mehr einfach so. Beim gehen ist das ganz ähnlich. Normalerweise, wenn ich von A nach B laufe, denke ich nicht über den nächsten Schritt nach noch bin ich mir darüber bewusst einen zu machen. Fange ich aber an die Bewegungen beim gehen zu beobachten, passiert sie nicht mehr unwillkürlich. Ich werde mir darüber bewusst dass ich sie steuere und merkwürdigerweise fühlt es sich auf einmal ganz anders, fast fremd, an zu gehen.


    Das ist ja dann auch wieder die Kunst der Beobachtung, so zu beobachten, dass es eben reine Beobachtung ist - das ist dann als Gewahrsein besser ausgedrückt. Wenn du einen Vogel beobachtest, dann fliegt der ja auch einfach weiter so, weil er sich deiner Beobachtung nicht gewahr ist. Und so ist das auch mit dem Atem - der Atem "weiß" nicht, ist sich nicht bewusst, dass du ihn beobachtest. Und wenn du bewusstlos bist, dann atmest du auch weiter. Das gilt natürlich nicht für die willentlichen Vorgänge, wie Gehen - aber die meisten Leute gehen mehr oder weniger bewusstlos, sonst würden sie ja nicht in Hundescheisse treten.


    Zitat


    Was bedeutet das jetzt für die Meditation? Gibt es noch eine andere Form der Aufmerksamkeit?
    Was wäre eine sinnhafte Unterscheidung zwischen Aufmerksamkeit und Achtsamkeit aus buddhistischer Sicht?


    Das ist "sati" - im Sinne von Gewahrsein, Aufmerken, Erinnern - also man nimmt die äußeren Vorgänge wie Gehen, Atmen etc. ins Innere und Verinnerlicht das.
    So wie man z.B. beim Hören auch sagt, da ist jemand ganz Ohr.


    Noch einen Lesetipp:
    http://www.fredvonallmen.ch/xs…20Texte/SATI_SAMPAJAA.pdf

  • Hi,
    was die Ein- und Ausatmung angeht, habe vor allem nicht gefunden, dass Einatmung und Ausatmung, bewusst gemacht werden sollten.
    Ein- und Ausatmung sind dann perfekt, falls sie während der Vertiefung des Achtfachen Wegen, von Anfang bis Ende durchgezogen werden kann.
    Im Achtfachen Weg gibt es schon dies Selbstbeobachtung. Sie ist im zweiten Pfeiler, der vier Pfeiler der Einsicht enthalten. Die entstehenden, existierenden und vergehenden Gefühle oder Gedanken werden, ohne Einflussnahme beobachtet. Das gibt es auch die anatomische Beobachtung des
    eigenen Körpers.
    Natürlich weiß ich nicht, welche Art der Meditation, du benutzt. Falls du dir noch oder nicht so sicher bist: Gehe den Achtfachen Weg und sehe nach den Freiungen und den 32 Merkmalen eines Menschen. Bei den letzteren kann man erkennen, wie viel positives Karma man hat.

  • kesakambalo:

    Hi,was die Ein- und Ausatmung angeht,
    habe vor allem nicht gefunden, dass Einatmung und Ausatmung,
    bewusst gemacht werden sollten.


    Steht aber in den Übungsanweisungen doch ausdrücklich mit drin!

    Zitat

    Atmet er tief ein, so weiß er <Ich atme tief ein>,
    atmet er tief aus, so weiß er <Ich atme tief aus>;
    atmet er kurz ein, so weiß er <Ich atme kurz ein>,
    atmet er kurz aus, so weiß er <Ich atme kurz aus>.

  • Ellviral:
    accinca:

    Für den der was über Quantenphysik wissen will.
    https://www.youtube.com/watch?v=Z2EGx32HaNc

    Der ist schon gut. Was mir beim wiedersehen wieder klar geworden ist das dieses "Quanten-Welt" absolut klein ist und eben nicht mit dieser Welt vergleichbar. Wie diese "Geistdenk-Welt" nicht vergleichbar ist mit der "Körper-Welt".


    Das Große ist mit dem Kleinen verschränkt.
    Die spukhafte Verschränkung der Quanten findet in der Makrowelt ihr Gleichnis der Höhle.
    Je mehr Alpha desto mehr Omega.