Einstellung zu anderen Menschen

  • Hallo Community,
    mich beschäftigt seit ein paar Tagen eine gewisse Frage in Bezug zu anderen Menschen und würde gerne mal eure Meinung dazu hören.
    Durch die Praktizierung von Achtsamkeit ist mir schon seit längerem klar, dass ein Großteil meiner Handlungen auf egoistischen Zielvorstellungen und Annahmen basiert. Lange Zeit habe ich das irgendwie als völlig normal angesehen und es hat mich auch nicht weiter gestört, doch irgendwie habe ich mittlerweile das Gefühl, dass dieser Weg nicht umbedingt der beste ist.
    Gerade auch unter dem Gesichtspunkt, dass eigentlich keinerlei Ziele mehr in meinem Leben existieren, wenn ich damit beginne mich weiter von meinem Ego zu lösen. Alle meine Handlungen waren bisher eigentlich immer Ausdruck meiner eigenen Ziele und Wünsche, aber wenn ich nun Abstand von diesen nehme, weiss ich eigentlich gar nicht mehr, welche Motivation in meinem Leben noch übrig bleiben sollte.


    Dabei würde ich noch nicht mal behaupten, dass ich besonders unfair zu anderen Menschen wäre oder sie schlecht behandeln würde. Ich lüge nur selten, bin eigentlich immer freundlich und versuche auch weitgehend niemanden auszunutzen. Nur tue ich das nicht, weil ich eine tiefe Verbundenheit zu ihnen fühle und ihnen wirklich Gutes wünsche, sondern weil ich so erzogen worden bin und ansonsten negative Gefühle ertragen müsste.


    Genauer gesagt, habe ich eigentlich eine recht negative Einstellung gegenüber der Menschheit an sich und leider auch häufiger gegenüber meinem durchschnittlichen Nächsten.
    Zu erstem reicht es wohl zu sagen, dass ich Menschen im Allgemeinen für triebgesteuerte und primitive Affen halte, die heuchelnd und egoistisch ihr Leben verbringen.
    Ich möchte gar nicht die Buddhanatur des Menschen negieren, sondern ich stelle einfach nur fest, dass die meisten Menschen kein wirkliches Interesse an sowas haben. Die Menschheit ist in einem riesigen Kreis des Leides gefangen, bei dem ich nicht glaube, dass es im Kollektiv mit den derzeitigen Mitteln möglich ist, ihn zu verlassen. Von daher habe ich auch gar keine Lust auf soziales Engagement oder ähnliches, einfach weil ich es einfach aus einem gewissen Abstand betrachtet als sinnlos empfinde.


    Der zweite Punkt ist schon ein wenig komplexer. Ich würde jetzt nicht behaupten wollen, dass ich mein soziales Umfeld hasse. Es ist einfach nur so, dass ich recht hohe Ansprüche an andere Menschen habe und dann regelmäßig enttäuscht werde. Ich empfinde meine Mitmenschen häufig als unzuverlässig und stark selbstbezogen. Das frustriert mich.
    Gerade an der Universität scheint das soziale Umfeld eher lockerer Natur zu sein, sprich die meisten meiner Kontakte sind eher Zweckfreundschaften, oftmals mit der Intention sich gegenseitig etwas im Studium zu helfen oder hin und wieder mal Karten zu spielen.


    Mit meiner Familie komme ich gut klar, aber die sind räumlich weit entfernt. Eine Freundin habe ich nicht.


    Unter diesen Gesichtspunkten fällt es mir irgendwie schwer eine wirklich positive Einstellung gegenüber anderen Menschen zu entwickeln. Andererseits würde ich gerne weiter Abstand von meiner persönlichen Anhaftung nehmen und mich mehr anderen Menschen zuwenden. Dabei geht es eigentlich gar nicht so sehr um mein Handeln, das würde ich momentan als ethisch vollkommen Ok einstufen, sondern mehr um meine Intentionen im Leben und in zwischenmenschlichen Beziehungen im Allgemeinen.


    Ich freue mich über eure Anregungen :)

  • Naja, im wesentlichen: Wie schaffe ich es trotz der obigen Realität eine nächstenliebende Einstellung zu gewinnen bzw. eine Einstellung die zumindest weniger selbstbezogen ist als meine bisherige?


    Wenn ich morgens aufstehe, tue ich das ja, weil ich einem bestimmten Handlungsimpuls folge, welcher aus einer Zielvorstellung von meine Ego entstanden ist.
    Beispiel: "Ich stehe jetzt auf und gehe zur Uni, weil ich auf diese Weise irgendwann finanziell unabhängig sein werde, was wiederum zu mehr Lebensqualität und sozialem Status führt, welche ja angenehme Dinge für mein Ego sind."
    Natürlich gehe ich auch zur Uni, weil mir das Lernen Spaß macht, aber auch das ist ja eigentlich eine hedonistische Motivation.


    Oder "Ich mache jetzt Sport, weil ich mich meist danach besser fühle und ich langfristig auch besser aussehe, was zu mehr sexuellem Erfolg führt, was mein Ego auch wiederum als angenehm empfindet."


    Wenn ich jetzt achtsam Abstand von meinen eigenen Zielen und Wunschvorstellungen nehme, bleibt irgendwie keine Handlungsmotivation mehr übrig. Warum sollte ich morgens aufstehen? Um mich in ein paar Jahren für Leute abzurackern, denen ich eigentlich völlig egal bin?
    Warum sollte ich überhaupt noch mein Zimmer verlassen? Den Gedanken und Gefühlen meines Egos zu folgen führt zu Selbstanhaftung, und wenn ich mich davon löse bleibt irgendwie kein Grund mehr übrig überhaupt noch leben zu wollen.

  • Servus suchender2,

    Zitat

    Durch die Praktizierung von Achtsamkeit .......


    Achtsamkeit erzeugt alle Dinge - wenn Du verstärkt auf etwas achtest wird es größer - besser ist es nicht so sehr auf der Bewertungsschiene Achtsamkeit hinzuschauen


    Zitat


    keinerlei Ziele


    als junger Mensch braucht man Ziele, oberbegrifflich stimmt das zwar was Du sagst aber Du mußt Dir Dein Geld verdienen und dazu brauchst Du einen guten Job.
    Wenn Du ein Ziel verfolgst aber dies mit einem lachenden Auge, dann kann das viel Druck wegnehmen


    Zitat

    Zu erstem reicht es wohl zu sagen, dass ich Menschen im Allgemeinen für triebgesteuerte und primitive Affen halte, die heuchelnd und egoistisch ihr Leben verbringen.
    Ich möchte gar nicht die Buddhanatur des Menschen negieren, sondern ich stelle einfach nur fest, dass die meisten Menschen kein wirkliches Interesse an sowas haben. Die Menschheit ist in einem riesigen Kreis des Leides gefangen, bei dem ich nicht glaube, dass es im Kollektiv mit den derzeitigen Mitteln möglich ist, ihn zu verlassen. Von daher habe ich auch gar keine Lust auf soziales Engagement oder ähnliches, einfach weil ich es einfach aus einem gewissen Abstand betrachtet als sinnlos empfinde.


    Das ist Deine Bewertung, Dein Geist hat sich dieses zusammengereimt, er könnte sich auch etwas ganz anderes zusammenreimen - dessen sei Dir immer bewußt.
    Persönlich finde ich soziales Engagement gut - aber ohne einen Ertrag für mich


    Zitat

    Es ist einfach nur so, dass ich recht hohe Ansprüche an andere Menschen habe und dann regelmäßig enttäuscht werde. Ich empfinde meine Mitmenschen häufig als unzuverlässig und stark selbstbezogen. Das frustriert mich.
    Gerade an der Universität scheint das soziale Umfeld eher lockerer Natur zu sein, sprich die meisten meiner Kontakte sind eher Zweckfreundschaften, oftmals mit der Intention sich gegenseitig etwas im Studium zu helfen oder hin und wieder mal Karten zu spielen.


    Erwarte nix von anderen und von Dir selbst - dann beruhigt sich alles.

  • suchender2:

    Alle meine Handlungen waren bisher eigentlich immer Ausdruck meiner eigenen Ziele und Wünsche


    Ist das so? Deiner eigenen Ziele und Wünsche? Sind es tatsächlich *deine eigenen* Ziele und Wünsche?


    Zitat

    wenn ich nun Abstand von diesen nehme, weiss ich eigentlich gar nicht mehr, welche Motivation in meinem Leben noch übrig bleiben sollte.


    Eine hochinteressante Frage, finde ich. Was bleibt übrig, wenn wir die ganzen Ziele und Wünsche fallen lassen, die uns so üblicherweise antreiben? Was ist die Motivation? Was *bewegt* uns dann?


    Wenn wir von einer Motivation *bewegt* werden, ist es dann unsere, können wir sie frei benutzen? Oder sind wir eine Beute dieser Motivation?


    Im Hinblick auf die Frage, was übrigbleibt wenn Ziele und Wünsche wegfallen, sagte mein Lehrer häufiger: „You simply do what needs to be done.“


    Das hört sich erst mal unspektakulär an. Geradezu langweilig. Vielleicht sogar etwas bedrückend. So... protestantisch vernünftig.
    Aber wenn man es sich ganz genau ansieht, ist es … WHAAAAAAM!


    Was ist es denn, das „NEEDS to be done“?


    Ich nehme die englische Formulierung, weil unsere deutschen Modalverben meiner Meinung nach nicht dieselbe Bedeutung hergeben. Die Formulierung „das tun, was getan werden MUSS“ trägt einen gewissen moralischen Zwang in sich, der einen in die Irre führen kann. „What NEEDS do be done“ transportiert für mich hingegen die Bedeutung von „unverzerrte Wahrnehmung der gegebenen Situation, aus der ein klares Urteil / Wissen resultiert“. Vielleicht kann man im Deutschen sagen: „was ansteht“.


    Also, zu SEHEN, was in einem gegebenen Moment tatsächlich und absolut prioritär ansteht, setzt eine vollständig unverzerrte Wahrnehmung voraus – einschließlich der Begrenztheit der eigenen Perspektive.


    Und es dann tatsächlich auch zu TUN, setzt die Fähigkeit voraus, Wünsche und Vorstellungen, die man von sich selbst, von der Situation und von der Zukunft hat, vollständig loszulassen.


    WHAAAAAAAAM!


    Kann ich das? Nein, natürlich nicht.
    Will ich das? Wenn nein, was ist es, das mich da behindert?
    Und: Gibt es etwas Besseres?


    Das erinnert mich auch an diese Zengeschichte: Ein Schüler kommt zum Meister und fragt: Bitte, Meister, sagt mir, was ist Erleuchtung? Sagt der Meister: Hast du gerade gefrühstückt? Der Schüler: Ja. Sagt der Meister: Dann geh und wasche deine Schale.

  • Servus suchenender2,


    Deine Hauptfrage scheint zu sein

    Zitat

    wenn ich nun Abstand von diesen nehme, weiss ich eigentlich gar nicht mehr, welche Motivation in meinem Leben noch übrig bleiben sollte.


    Das Leben will gelebt werden - wennste das gut machst stirbt es sich auch leichter

  • suchender2:

    Naja, im wesentlichen: Wie schaffe ich es trotz der obigen Realität eine nächstenliebende Einstellung zu gewinnen bzw. eine Einstellung die zumindest weniger selbstbezogen ist als meine bisherige?


    Hi Suchender und herzlich Willkommen :) ,
    darum würde ich mich zunächst einmal gar nicht kümmern. Das ergibt sich im Laufe der Praxis von selbst.


    Zitat

    Wenn ich jetzt achtsam Abstand von meinen eigenen Zielen und Wunschvorstellungen nehme, bleibt irgendwie keine Handlungsmotivation mehr übrig. Warum sollte ich morgens aufstehen? Um mich in ein paar Jahren für Leute abzurackern, denen ich eigentlich völlig egal bin?


    Du brauchst nicht Abstand von Deinen Zielen und Wunschvorstellungen zu nehmen, wenn sie mit dem achtfachen Pfad übereinstimmen. Darin heißt es u.a., für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.
    Wozu sich Gedanken machen, ob Du Dich vielleicht in ein paar Jahren für irgendwelche Leute abrackerst. Was weißt Du schon, was noch auf Dich wartet? Vielleicht gibt es Dich morgen schon nicht mehr. Oder Du wirst sehr erfolgreich und musst gar nicht rackern?


    Zitat

    Warum sollte ich überhaupt noch mein Zimmer verlassen? Den Gedanken und Gefühlen meines Egos zu folgen führt zu Selbstanhaftung, und wenn ich mich davon löse bleibt irgendwie kein Grund mehr übrig überhaupt noch leben zu wollen.


    Diese Gedanken halte ich für verfehlt. Interesse am eigenen Selbst ist zunächst einmal notwendig, um sich auf den Pfad zu machen, denn offenbar scheinst Du ja an Buddhas Lehre interessiert zu sein. Auf diesem Weg begegnen Dir u.U. ganz erstaunliche Einsichten, die Dir genug Grund liefern, noch leben zu wollen. Aber darüber zu grübeln ist absolut nutzlos und wird auch vom Buddha abgelehnt.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Guten Abend,
    tut mir Leid, dass ich erst jetzt antworte. Hatte bisher noch keine Zeit gefunden mir das ganze mal in Ruhe durchzulesen, und ich wollte auch nichts überhetzen.


    Zum Sozialem:


    Zitat

    Lieber Suchender Nr.2, alles basiert auf dem Denken und manifestiert sich im Reden und Handeln. Solange Du also Dein Handeln, eine Manifestation Deines Denkens, als einwandfrei deklarierst, scheinst Du keine Notwendigkeit zu sehen, Dein Denken zu hinterfragen. Hinterfragst Du Dein Denken nicht, wirst Du keine neuen Antworten betreffs der „Intentionen im Leben und in zwischenmenschlichen Beziehungen im Allgemeinen“ finden.


    Das ganze ist vielleicht ein bisschen komplexer, als ich es zuerst geschildert hatte. Ich bin eigentlich (indirekt) zur Achtsamkeit gekommen, weil ich keine Lust mehr auf mein soziales Verhalten hatte. Ich habe mir damals aus Feigheit und aus Angst vor Ablehnung eine Menge gefallen lassen und mich teilweise sogar für andere verbogen um ihren Anforderungen zu genügen. Das möchte ich nicht mehr. Und der erste Schritt war für mich, es einfach mal auf Streit ankommen zu lassen und meinen eigenen, teilweise auch egoistischen Weg zu gehen.
    Da ich aber eigentlich eher "soziale Harmonie" zwischen mir und meinen Mitmenschen schätze, war das dann langfristig doch nicht so die perfekte Lösung. Seitdem versuche ich irgendwie so nett wie möglich, aber so kontrovers wie nötig zu sein. Das klappt manchmal gut, manchmal weniger gut.


    Leider halten sich bestimmte Verhaltensweisen wie das Nettsein-aus-Erwartung-auf-Irgendwas (z.B. Bestätigung oder eine andere Gegenleistung) immer noch und es fällt mir bisher immer noch schwer Abstand davon zu nehmen. Es ist einfach eine tiefe Angewohnheit, die ich selber nicht als gut ansehe, von der ich aber nur schwer wegkomme. Wie schafft man es nett zu anderen zu sein, ohne eine Gegenleistung zu erwarten bzw. wie übt man sowas? Gerade auch in einer Gesellschaft, wo ich häufig das Gefühl habe, dass andere ebenso "denken" (meistens denkt man ja gar nicht so exakt begrifflich drüber nach, sondern man merkt dieses Verhalten erst wenn man das Gesamtbild reflektiert)


    Zu deiner Frage: Ja, ich hinterfrage mein Verhalten kritisch. Ich wollte das jetzt nur nicht so direkt ansprechen, weil ich das obig geschilderte jetzt nicht als so relevant ansah.



    Zitat

    So, tut es das? Lieber Suchender Nr. 2 – der Buddha lehrte, sich zunächst seinem Innersten zu zuwenden, und dort auch einen Blick in die dunkelsten Ecken zu werfen – nicht erschrecken – hinschauen und annehmen, was ist … Du wirst sehen, es gibt genug zu tun. Bevor man selbst nicht perfekt ist, bleibt kaum Zeit seinen Nächsten zu be-oder verurteilen, ... und danach sieht man, so heißt es, keinen Sinn mehr darin.


    Das finde ich war eine der interessanten Antworten. Ich würde das gerne mal versuchen umzusetzen, aber wie kann ich das denn im Alltag verwirklichen? Praktisch gesehen, muss ich ja wohl oder übel doch häufiger mal andere Menschen beurteilen.
    Nachts auf der Straße, gucke ich mir die Passanten meist genau an und überlege mir schon, zu wem ich besser etwas Abstand halte. Wenn ich von anderen respektlos behandelt werde, sei es weil sie dauernd viel zu spät zu Verbredungen kommen oder weil sie sich bei Gruppenarbeiten für die Uni einfach überhaupt nicht einbringen, macht es ja schon Sinn ihnen meine (angemessen verpackte) Meinung zu sagen. Ansonsten wird man einfach nicht ernst genommen.
    Ich will da jetzt gar nicht zu pedantisch klingen, sondern einfach nur etwas genauer wissen, was du meinst.



    Zitat


    Vielleicht sind es weniger Zweckgemeinschaften, als eine Gruppe netter Leute, die das Naheliegende tun: zu lernen, sich, so gut es geht, gegenseitig zu unterstützen und im Übrigen hin und wieder die Freizeit miteinander zu verbringen – ohne spezielle Erwartungen.


    Ja, das trifft die Realität bei genauerer Überlegung wohl besser.

    Zitat


    Erwarte nix von anderen und von Dir selbst - dann beruhigt sich alles.


    Leichter gesagt als getan ;)


    Zitat


    Auf seine Mitmenschen zu zugehen, ohne Erwartungen, ohne Vorurteile, ohne den Blick auf Unterscheidendes, anstatt Gemeinsamkeiten zu richten – das wäre z.B. ein Anfang. …


    So im Sinne von achtsam meine Gedanken über andere Menschen wahrnehmen und genau analysieren, was mein Geist aus ihnen macht? Und dann mehr den Schwerpunkt auf Gemeinsamkeiten als Unterschiede legen? Das klingt nach einer guten Idee, werde ich mal ausprobieren.


    Zur Handlungsmotivation:


    Zitat


    Im Hinblick auf die Frage, was übrigbleibt wenn Ziele und Wünsche wegfallen, sagte mein Lehrer häufiger: „You simply do what needs to be done.“


    Das hört sich erst mal unspektakulär an. Geradezu langweilig. Vielleicht sogar etwas bedrückend. So... protestantisch vernünftig.


    Hört sich erstmal pragmatisch und sinnvoll an. Lässt natürlich viel Interpretationsspielraum offen. Und ehrlich gesagt kommt mir das weniger bedrückend vor als meine eigenen Ideen dazu


    Zitat

    Du brauchst nicht Abstand von Deinen Zielen und Wunschvorstellungen zu nehmen, wenn sie mit dem achtfachen Pfad übereinstimmen. Darin heißt es u.a., für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen.
    Wozu sich Gedanken machen, ob Du Dich vielleicht in ein paar Jahren für irgendwelche Leute abrackerst. Was weißt Du schon, was noch auf Dich wartet? Vielleicht gibt es Dich morgen schon nicht mehr. Oder Du wirst sehr erfolgreich und musst gar nicht rackern?
    ...
    Diese Gedanken halte ich für verfehlt. Interesse am eigenen Selbst ist zunächst einmal notwendig, um sich auf den Pfad zu machen, denn offenbar scheinst Du ja an Buddhas Lehre interessiert zu sein.


    Klingt ja sehr motivierend :)


    Ich habe den achtpfachen Pfades mal bei Wikipedia überflogen und er klingt eigentlich sehr vernünftig. Meine Ideen vom Leben scheinen davon jetzt auch nicht allzu stark abzuweichen, ich werde mich auf jeden Fall mal damit weiter beschäftigen.
    Grüße

  • Zitat

    suchender2


    verstrickt in Gedanken -
    wünsche Dir Nachdenkenleere

  • Hi,


    nun, ich bin ja leider auch ein sehr viel nachdenkender und reflektierender Mensch, aber irgendwie bringt Nachdenken nicht viel außer Sorgen, daher versuch ich weniger nachzudenken, auch über andere, meine Einstellung zu anderen ist eigentlich so, dass ich einen meinem persönlichen Glauben entsprechenden Umgang mit ihnen pflege, heißt, wenn jemand Hilfe braucht bekommt er sie, wenn nicht dann kommt er oder sie eh zurecht. Ich mein gut zu sein, zu anderen Menschen ist für mich selbst erklärend, wobei ich immer weniger über meine Mitmenschen nachdenke, weil ich so wie so nicht beeinflussen kann, was die denken.


    Ich denke einfach wir denken zu viel und wie es wo anders schon zum Thema gemacht habe, wir sind nicht der Mittelpunkt der Welt sondern eigentlich ein Staubkorn im Universum, es gibt glaub ich auch nur den Menschen, der überhaupt denkt und das tut ihm zweifelsohne nicht gut, weil wir handeln nicht natürlich sondern alles wird von unserem permanenten Denken beeinflusst und Gefühlen. Ich glaub nicht das Tiere denken - Gefühle ja, aber denken nein, LG Son



  • Der Geist bewertet,urteilt,wägt ständig ab. Achtsamkeit ist eine Sache, es hilft aber nichts vor Achtsamkeit an seinen Gedanken hängenzubleiben... Beobachte wie Gedanken auftauchen und wieder verschwinden ohne zu urteilen oder an ihnen festzuhalten... Jemand kommt zu spät!... Jemand beteiligt sich nicht an allgemeinen Belangen während des Studiums!... Du denkst vlt. das tut er aus der oder dieser Absicht..aus Rücksichtslosigkeit... aus Egoismus...du denkst dann ggf. dieser oder jener ist so und so ... Das mag dich ärgern....du denkst ggf., dass du dagegen angehen musst und deine Meinung sagen musst, weil du vlt. denkst sonst wirst du nicht ernst genommen.
    Aber ist das tatsächlich so ? Oder sind das nur Gedanken ?
    Ist wirklich alles schon klar, warum sich jemand so verhält, wie er sich verhält.
    Wenn nicht, könnte man nachfragen falls es wirklich interessiert...ohne zu verurteilen...ggf. nachhaken wenn etwas unklar ist.... Eine bitte formulieren, statt Schuld zu geben.... "Könntest du mir mal bei dieser oder jener Aufgabe helfen ?" ...." Könntest du mir vlt helfen, indem du zum verabredeten Zeitpunkt kommst, damit ich später noch Zeit für meinen Sport habe ?".. Akzeptiere auch ein " Nein" ohne zu urteilen...Man kann immer noch nach dem Warum fragen um einen gegenseitigen
    Weg zu finden.... Den "mittleren Weg".

  • zwar habe ich zum Thema bereits eine Mail geschrieben. Dennoch möchte ich auf folgenden Umstand hinweisen:


    Viele Argumente, die der DL in seiner Ethik benutzt, laufen darauf hinaus, ein kluger Egoist zu sein. Beispielsweise erklärt er, dass wir selbst die ersten Nutznießer unserer eigenen Warmherzigkeit sind. Wenn wir dagegen unentwegt nur um uns selbst besorgt sind, tut uns das nicht gut.


    Über diesen Eigennutzen einer ethischen Haltung und liebevollen Stimmung kann man viel nachdenken. Auch darüber, welchen Nutzen eine positive Einstellung uns selbst bringt. Ein spannendes Thema, finde ich.

  • Karnataka:

    zwar habe ich zum Thema bereits eine Mail geschrieben. Dennoch möchte ich auf folgenden Umstand hinweisen:


    Viele Argumente, die der DL in seiner Ethik benutzt, laufen darauf hinaus, ein kluger Egoist zu sein. Beispielsweise erklärt er, dass wir selbst die ersten Nutznießer unserer eigenen Warmherzigkeit sind. Wenn wir dagegen unentwegt nur um uns selbst besorgt sind, tut uns das nicht gut.


    Über diesen Eigennutzen einer ethischen Haltung und liebevollen Stimmung kann man viel nachdenken. Auch darüber, welchen Nutzen eine positive Einstellung uns selbst bringt. Ein spannendes Thema, finde ich.


    Bei einer besonderen Gelegenheit hatte ich mal die Eingebung & Empfindung: "Welche Freude, geben zu können!" :) nicht in dieser Intensität, aber durchaus auch "im Kleinen" ist diese Freude immer da, wenn man selbstlos und aus ehrlichem Herzen gibt - d.h. ohne geben zu müssen und ohne etwas zu erwarten.

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Carneol:


    Bei einer besonderen Gelegenheit hatte ich mal die Eingebung & Empfindung: "Welche Freude, geben zu können!" :) nicht in dieser Intensität, aber durchaus auch "im Kleinen" ist diese Freude immer da, wenn man selbstlos und aus ehrlichem Herzen gibt - d.h. ohne geben zu müssen und ohne etwas zu erwarten.


    So geht es mir auch.


    Die natürliche Bereitschaft und Freude dabei, jemanden etwas zu schenken oder eine Hilfe zu geben, gilt als eine Eigenschaft, die sich fördern lässt. Da ich über dieses Thema seit Jahren nachdenke, möchte ich meine Ansichten kurz zusammenfassen. Im Forum werden die unterschiedlichen Ansichten zur Meditation und Erfahrungen aus der Praxis zurzeit viel besprochen. So möchte ich auch meine Überzeugung beisteuern. Dabei sind die an diesem Ort angesprochenen Probleme rund um die Einstellung zu anderen Menschen auch für mich zentral. Darum poste ich auch an dieser Stelle und nicht woanders.


    Unter natürlichem Empfinden verstehe ich beispielsweise, dass wir manche Menschen gerne sehen und ihre Nähe genießen. Die meisten Menschen empfinden eine tiefe Verbundenheit zu ihren Kindern, sehr häufig auch gegenüber den eigenen Eltern, Freunden und so weiter. In gewisser Hinsicht gilt diese natürliche Sympathie jedoch allen Lebewesen, mit denen wir uns identifizieren.


    Die zentrale Annahme ist, dass es möglich ist, natürliches soziales Empfinden auszudehnen, zu intensivieren. Empirische Untersuchungen weisen in diese Richtung. Auch ich kann bezeugen, dass sich Stimmungen verändern lassen und es dann möglich ist, warmherziger zu empfinden als zuvor. Darüber hinaus stellt sich jedoch die Frage, ob ein langjähriges Training zur Veränderung persönlicher Eigenschaften, die uns viel länger begleiten, beitragen kann. Daran glaube ich.


    In diesem Zusammenhang möchte ein paar Gedanken zur Meditation Liebender Güte mitteilen. Dabei ist mein Ziel, phänomenologisch etwas auszudrücken, von dem ich mir vorstellen kann, dass auch andere Menschen in ähnlicher Weise emotional funktionieren. Natürlich würde mich interessieren, ob die Sache mit dem instinktiven Empfinden, dem emotional-kognitiven Fühlen und dem Denken auch wirklich bei anderen Menschen in ähnlicher Weise abläuft. Vermutlich ist ein so langer Text aber eine zu große Zumutung.


    Der Zweck eines Trainings Liebevoller Güte scheint mir, dass wir nicht selbstverständlich und von Haus aus in der Lage sind, mit unseren Gefühlen umzugehen, bewusst umzugehen. Gerade hierbei habe ich besonders durch die Ethik des DL profitiert.


    Was Liebevolle Güte betrifft, so muss ich mich in der Situation des Trainings (also allein) regelrecht abmühen, um ein wirkliches Gernhaben intensiv zu erfahren. Zumeist bin ich viel zu sehr mit mir selbst und mit den Dingen, die mir wichtig sind, beschäftigt. Gut kann ich mir vorstellen, dass Liebevolle Güte anderen Menschen viel leichter fällt! Desto größer ist der Nutzen, wenn sie mir gelingt.


    Daher mache ich mir den Sinn Liebevoller Güte und den Vorteil, den ein solcher Geisteszustand für mich und für mein Wohlbefinden hat, klar und präsent. Dies betrifft einmal den langfristigen Nutzen. Besonders aber knüpfe ich auch eine kurzfristige Erwartung an das intensive Gefühl des Gernhabens. Diese Erwartung besagt, dass das selbstlose Empfinden von Zuneigung mit einem Glücksgefühl und dem Zustand innerer Befriedigung beantwortet wird.


    Die eigentümliche Verbindung von Eigennutz und angestrebter Selbstlosigkeit scheint mir etwas zu sein, das dem Alltagsdenken widerspricht. Da ich diese Überzeugung jedoch bereits seit vielen Jahren schaffe, argumentiere und mir vergegenwärtige, ist sie mir sehr vertraut. Sie näher darzustellen, würde hier zu weit führen. Das kognitive Besinnen auf die Überzeugung „Liebe“ dürfte darüber hinaus auch eine Seite ansprechen, die nicht unbedingt rational ergründet werden muss.


    Wie eingangs gesagt, sollen natürliche Empfindungen die Starthilfe geben. Daher denke ich an einen Menschen, mit dem ich mich sehr verbunden fühle - womit Fürsorglichkeit gemeint ist, nicht aber romantische Liebe. Wenn ich diesen Menschen in meine Gedanken nehme, dann achte ich darauf, das Gefühl der Liebe sehr genau zu registrieren, sobald es sich meldet. Ich merke also sofort, wenn der Anflug einer solchen Empfindung tatsächlich da ist. Durch diese Achtsamkeit und durch meinen Wunsch halte ich die Empfindung sodann ein wenig fest, bevor ich die Konzentration wieder verliere.


    Hierbei betrachte ich mein instinktives Lächeln als wichtiges Signal, am richtigen Weg zu sein, um eine Emotion tatsächlich in mir zu bilden. Denn Lächeln drückt die gesuchte Zuneigung aus, auch wenn sie noch nicht wirklich als stabiles Gefühl da ist. Dies lässt sich aus der menschlichen Frühentwicklung erklären. (Gibt es auch ein Geschmackserlebnis, das mit Selbstlosigkeit zu tun hat? So scheint mir jedenfalls.)


    Zudem würde ich auch die Absicht, den eigenen Egoismus aufzugeben und für andere da zu sein, als hilfreich bezeichnen. Wenn ich diesen Vorsatz - kurz nur aber ehrlich - schaffe, begrüße ich das. Vielleicht geht es aber doch mehr um das Empfinden Liebevoller Güte, das schließlich meint, dass der andere Mensch wertvoll ist, dass ich mich über sein Glück freue und ihn liebe wie mich selbst.


    Damit ist schon beinahe alles Technische gesagt. Denn die Wiederholung dieses Vorgangs aus dem Aktivieren instinktiver Empfindungen und kognitiver Überzeugungen führt schlussendlich zu einer Vertiefung und Ausschüttung eines Gefühls von Liebe und Glück, das zugleich auch innerer Beruhigung bringt. Ob dies weltanschaulich oder rein biologisch zu interpretieren ist, können wir aus meiner Sicht nicht wissen.


    Entscheidend scheint mir, dass mit der erzeugten Stimmung automatisch eine Wandlung meiner Einstellung gegenüber anderen Menschen eintritt. Diese Einstellung verändert sich ins Positive, was sich darin ausdrückt, dass ich nun intuitiv mehr am Wohlergehen anderer Menschen Anteil nehme und besonders Klarheit über den Austausch gemeinsamer Freude und Interdependenz empfinde, was zuvor kaum der Fall ist. Vorübergehend hat sich meine soziale Kompetenz sehr erweitert, würde ich also behaupten.


    Auch dies ist überhaupt nicht spektakulär gemeint, sondern entspricht nach meiner Auffassung der allgemeinen Natur einer liebevollen Stimmung. Es scheint darüber hinaus so etwas wie Repräsentanzen in uns zu geben, Prägungen und innere Bilder also, die wir auf die Beziehungen zu anderen Menschen übertragen. Auch hier scheint mir ein Zusammenhang, weshalb sich Liebevolle Güte dazu eignet, generalisiert zu werden.


    Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ich mit dieser Schilderung eines teilweise biologischen Gehirnvorgangs nicht die Vorstellung verbinde, ich könnte mich rational über meinen eigenen Geist stellen und irgendwie klüger sein. Klappt das Training an manchen Tagen nicht besonders, so benutze ich beispielsweise keine logische und rationale Erklärung dafür, sondern sehe dies gerne in Zusammenhang mit der nahen Zukunft. Ebenso vertraue ich sehr stark solchen Gedanken, die in dieser beruhigten Situation auftauchen.


    Hm... :)

  • Karnataka:

    Die natürliche Bereitschaft und Freude dabei, jemanden etwas zu schenken oder eine Hilfe zu geben, gilt als eine Eigenschaft, die sich fördern lässt.


    Das sehe ich auch so. Nur der Begriff "Bereitschaft" ist bei mir mit Erwartungsdenken verknüpft, und das wirkt der Leichtigkeit entgegen, mit der die Freude am Tun erst aufkommen kann. Wenn die Kinder für jemanden etwas zum Geburtstag basteln sollen, damit dieser sich freut, dann fangen sie einfach an und haben Ideen womit sie demjenigen Freude bereiten können und freuen sich selber darüber und während dessen.

    Karnataka:


    Unter natürlichem Empfinden verstehe ich beispielsweise, dass wir manche Menschen gerne sehen und ihre Nähe genießen. Die meisten Menschen empfinden eine tiefe Verbundenheit zu ihren Kindern, sehr häufig auch gegenüber den eigenen Eltern, Freunden und so weiter.


    Ja, auch gegenüber dem eigenen Haustier z.B. ...

    Karnataka:


    In gewisser Hinsicht gilt diese natürliche Sympathie jedoch allen Lebewesen, mit denen wir uns identifizieren.


    Hab nicht verstanden, wie du das mit identifizieren meinst.

    Karnataka:

    Die zentrale Annahme ist, dass es möglich ist, natürliches soziales Empfinden auszudehnen, zu intensivieren. Empirische Untersuchungen weisen in diese Richtung. Auch ich kann bezeugen, dass sich Stimmungen verändern lassen und es dann möglich ist, warmherziger zu empfinden als zuvor.


    Kann ich bestätigen.

    Karnataka:

    Was Liebevolle Güte betrifft, so muss ich mich in der Situation des Trainings (also allein) regelrecht abmühen, um ein wirkliches Gernhaben intensiv zu erfahren. Zumeist bin ich viel zu sehr mit mir selbst und mit den Dingen, die mir wichtig sind, beschäftigt. Gut kann ich mir vorstellen, dass Liebevolle Güte anderen Menschen viel leichter fällt! Desto größer ist der Nutzen, wenn sie mir gelingt.


    Wenn ich für meine Familie tätig bin: Essen koche, die Küche später wieder aufräume (da machen aber alle mit), Wäsche wasche, meine Jungs zu Terminen begleite, ... da kann ich entweder mit den Gedanken ganz woanders sein oder bei der Tätigkeit selber oder bei der Tätigkeit selber und der Freude, das für meine Lieben zu tun. Das letztere schafft eine innere Verbindung in dem Moment im Herzen und diese kann man genießen und sich daran erfreuen. Das hat mit Bereitschaft und Erwartung gar nichts zu tun.

    Karnataka:


    Daher mache ich mir den Sinn Liebevoller Güte und den Vorteil, den ein solcher Geisteszustand für mich und für mein Wohlbefinden hat, klar und präsent. Dies betrifft einmal den langfristigen Nutzen. Besonders aber knüpfe ich auch eine kurzfristige Erwartung an das intensive Gefühl des Gernhabens. Diese Erwartung besagt, dass das selbstlose Empfinden von Zuneigung mit einem Glücksgefühl und dem Zustand innerer Befriedigung beantwortet wird.


    Das klingt mir alles zu theoretisch.

    Karnataka:


    Wie eingangs gesagt, sollen natürliche Empfindungen die Starthilfe geben. Daher denke ich an einen Menschen, mit dem ich mich sehr verbunden fühle - womit Fürsorglichkeit gemeint ist, nicht aber romantische Liebe. Wenn ich diesen Menschen in meine Gedanken nehme, dann achte ich darauf, das Gefühl der Liebe sehr genau zu registrieren, sobald es sich meldet. Ich merke also sofort, wenn der Anflug einer solchen Empfindung tatsächlich da ist. Durch diese Achtsamkeit und durch meinen Wunsch halte ich die Empfindung sodann ein wenig fest, bevor ich die Konzentration wieder verliere.


    "Liebe schenken - nicht Liebe erwarten." hat mir mal jemand gesagt - und das kann ich bestätigen. Im Yoga gibt es da einige Übungen - herzöffnende Asanas, aber auch Visualisierungen mit den Chakren - hierfür v.a. Herzchakra - im Buddhismus gibt es Visualisierungen in Verbindung mit dem Herzchakra auch. Könnte mir gut vorstellen, dass das auch und gerade bei einer Meditation zu liebevoller Güte sehr wirksam ist.

    Karnataka:


    Hierbei betrachte ich mein instinktives Lächeln als wichtiges Signal, am richtigen Weg zu sein, um eine Emotion tatsächlich in mir zu bilden. Denn Lächeln drückt die gesuchte Zuneigung aus, auch wenn sie noch nicht wirklich als stabiles Gefühl da ist. Dies lässt sich aus der menschlichen Frühentwicklung erklären. (Gibt es auch ein Geschmackserlebnis, das mit Selbstlosigkeit zu tun hat? So scheint mir jedenfalls.)


    Konzentration aufs Herz bringt glaube ich mehr als Konzentration aufs Lächeln, oder?

    Karnataka:


    Zudem würde ich auch die Absicht, den eigenen Egoismus aufzugeben und für andere da zu sein, als hilfreich bezeichnen. Wenn ich diesen Vorsatz - kurz nur aber ehrlich - schaffe, begrüße ich das. Vielleicht geht es aber doch mehr um das Empfinden Liebevoller Güte, das schließlich meint, dass der andere Mensch wertvoll ist, dass ich mich über sein Glück freue und ihn liebe wie mich selbst.


    Letzteres. Wobei "den anderen lieben wie sich selbst" setzt erstmal Selbstliebe voraus - sich auch und zwar zunächst um seine eigenen Bedürfnisse zu kümmern, sich nicht selbst zu vergessen indem man sich für andere "aufopfert".
    Das hat mit Egoismus nichts zu tun.

    Karnataka:


    Entscheidend scheint mir, dass mit der erzeugten Stimmung automatisch eine Wandlung meiner Einstellung gegenüber anderen Menschen eintritt. Diese Einstellung verändert sich ins Positive, was sich darin ausdrückt, dass ich nun intuitiv mehr am Wohlergehen anderer Menschen Anteil nehme und besonders Klarheit über den Austausch gemeinsamer Freude und Interdependenz empfinde, was zuvor kaum der Fall ist. Vorübergehend hat sich meine soziale Kompetenz sehr erweitert, würde ich also behaupten.


    Glückwunsch! Hoffentlich nicht nur vorübergehend. :)

    Karnataka:


    Auch dies ist überhaupt nicht spektakulär gemeint, sondern entspricht nach meiner Auffassung der allgemeinen Natur einer liebevollen Stimmung. Es scheint darüber hinaus so etwas wie Repräsentanzen in uns zu geben, Prägungen und innere Bilder also, die wir auf die Beziehungen zu anderen Menschen übertragen. Auch hier scheint mir ein Zusammenhang, weshalb sich Liebevolle Güte dazu eignet, generalisiert zu werden.


    Ja, sehe ich auch so. Es sind auch Vorurteile aus bisherigem Erleben, die übertragen werden - da denke ich kommt schon Karma ins Spiel -was sich durch ein Bewusstmachen dieser Gedanken und mit Liebevoller Güte positiv beeinflussen lässt.

    Karnataka:


    Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ich mit dieser Schilderung eines teilweise biologischen Gehirnvorgangs nicht die Vorstellung verbinde, ich könnte mich rational über meinen eigenen Geist stellen und irgendwie klüger sein. Klappt das Training an manchen Tagen nicht besonders, so benutze ich beispielsweise keine logische und rationale Erklärung dafür, sondern sehe dies gerne in Zusammenhang mit der nahen Zukunft. Ebenso vertraue ich sehr stark solchen Gedanken, die in dieser beruhigten Situation auftauchen.


    Beobachten und annehmen was sich zeigt, hm? Der Intuition vertrauen finde ich auch gut...


    Schöne Grüße :rainbow:

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Vielen Dank fürs aufmerksame Durchlesen! Dieses Gefühl von Dankbarkeit empfinde ich übrigens wirklich. Denn ich schätze deine Ansichten sehr.


    Ich freue mich, auf die einzelnen Punkte eingehen zu dürfen.




    Natürlich, wenn von mir erwartet wird, dass ich etwas schenke, wirkt dies nicht förderlich dafür, auch gerne zu schenken.
    Kann genauso die Bereitschaft zu helfen – Hilfsbereitschaft, an die ich dachte – mit Freude verknüpft sein? Der Gedanke dabei ist, dass Mitfreude und Mitleid zwei Seiten einer Medaille sind, die gemeinsam entstehen. Ist von Förderung die Rede, dann würde dies bedeuten, dass ein geistiger Zustand, wo wir Mitfreude etwas intensiver erleben, zugleich auch ein geistiger Zustand ist, wo ein wenig mehr Hilfsbereitschaft ebenso vorhanden ist.


    Aus meiner persönlichen Erfahrung scheint dies zuzutreffen. Denn in einer mitfreudigen Stimmung erlebe ich mehr Bereitschaft, den anderen Menschen als jemanden so wie ich anzuerkennen. Das führt zum Begriff Identifikation (der mir eigentlich gar nicht wichtig war). Der Gedanke dahinter lässt sich anhand unserer Beziehung zu Tieren gut verstehen. Tiere sagen uns ja nicht, dass sie Empfindungen und Gefühle erleben. Um eine Kuh als fühlendes Wesen anzuerkennen, muss man sich also stets ein bisschen die Frage stellen: Wie wäre es, eine Kuh zu sein?


    Im Prinzip gilt diese Innensicht immer, wenn von subjektiven Zuständen die Rede ist. Bei anderen sehen wir immer nur den Ausdruck. Um ihr Fühlen zu verstehen, nehmen wir unser eigenes Fühlen.


    Sicher hat Hilfsbereitschaft auch andere Hintergründe.


  • Mit dem Training Liebevoller Güte meine ich das bewusste Erzeugen Liebevoller Güte im Setting der Meditation. Wenn mein Sohn bei mir ist und im Nebenzimmer noch schläft, gelingt es mir häufig besonders gut, ein tiefes Gefühl der Zuneigung entstehen zu lassen und auszuweiten, bis es zu einer generellen Stimmung liebender Güte wird.


    Bin ich hingegen ganz alleine und setze mich zum Training, dann ist es häufiger so, dass ich mir selbst zunächst am Wichtigsten bin. Meine Überlegungen haben mit dem Überwinden dieser Egozentrik zu tun.


    Wenn du an einem speziellen Tag für deine Familie kochst, wird der Gedanken vermutlich von selbst entstehen: „Das wird ihnen schmecken – wie schön!“ Sobald eine solche Tätigkeit jedoch als Belastung empfunden wird, macht es aus meiner Sicht Sinn, das natürliche Empfinden der Freude extra zu fördern.


    Um dies aber zu fördern, so mein Gedanke, müssen wir uns den Gewinn von Fürsorglichkeit bewusst machen. Denn wenn ich in meiner Egozentrik verhaftet bin, dann sehe ich den Gewinn, ein Gernhaben für andere zu empfinden, nicht unbedingt ein. Viel lieber denke ich darüber nach, wie ich Erfolg und Anerkennung für mich selbst gewinnen kann. So macht es etwa Sinn, über einen Zusammenhang von Altruismus und Erfolg und Anerkennung theoretisch nachzudenken.


    Besonders aber ging es mir um die erfolgreiche Meditation Liebevoller Güte. Denn mit dem Verlassen der Egozentrik und dem Festhalten Liebevoller Güte kann in mir ein Gefühl tiefempfundenen Glücks kurz entstehen, gefolgt von einer geistigen Stimmung, die ich als ein bisschen geläutert charakterisieren würde. Manche Menschen scheinen dies beim Gebet ähnlich zu erleben, glaube ich. Ob man dann von einer Belohnung durch unsere Biologie oder von Gott spricht, ist wohl Ansichtssache.


    Wichtiger erscheint mir die Frage, ob wir durch ein solches Training unsere Persönlichkeit prägen können, ob eine Schulung des Geistes möglich ist und wir dadurch lernen können, auch tatsächlich fürsorglicher zu werden.

  • Carneol:


    "Liebe schenken - nicht Liebe erwarten." hat mir mal jemand gesagt - und das kann ich bestätigen. Im Yoga gibt es da einige Übungen - herzöffnende Asanas, aber auch Visualisierungen mit den Chakren - hierfür v.a. Herzchakra - im Buddhismus gibt es Visualisierungen in Verbindung mit dem Herzchakra auch. Könnte mir gut vorstellen, dass das auch und gerade bei einer Meditation zu liebevoller Güte sehr wirksam ist.

    Karnataka:


    Hierbei betrachte ich mein instinktives Lächeln als wichtiges Signal, am richtigen Weg zu sein, um eine Emotion tatsächlich in mir zu bilden. Denn Lächeln drückt die gesuchte Zuneigung aus, auch wenn sie noch nicht wirklich als stabiles Gefühl da ist. Dies lässt sich aus der menschlichen Frühentwicklung erklären. (Gibt es auch ein Geschmackserlebnis, das mit Selbstlosigkeit zu tun hat? So scheint mir jedenfalls.)


    Konzentration aufs Herz bringt glaube ich mehr als Konzentration aufs Lächeln, oder?

    Karnataka:


    Herz-Chakra: Die Empfindung, dass mein Herz sich öffnet, habe ich erlebt – allerdings ohne es zuvor angestrebt und darüber nachgedacht zu haben. Gerade weil der Eindruck überraschend entstand, überzeugt er mich sehr. Auch empirische Untersuchungen bestätigen einen Zusammenhang Liebender Güte mit physischer Gesundheit.


    Mit der zentralen Bedeutsamkeit, Liebe zu geben, die du ansprichst, ist eigentlich alles gesagt.


    Noch mal vielen Dank für deine Bereitschaft, dich mit meinen Gedanken auseinanderzusetzen und eigene Erfahrungen und Überlegungen mitzuteilen!

  • Zitat

    Gerade auch unter dem Gesichtspunkt, dass eigentlich keinerlei Ziele mehr in meinem Leben existieren, wenn ich damit beginne mich weiter von meinem Ego zu lösen.


    Ich bin noch "Einsteiger" und versuche mich nach und nach mit den Auffassungen und Lehren des Buddhismus zu beschäftigen, jedoch hat diese Aussage sofort meine Alarmglocken läuten lassen.


    Ist das so genannte "Ego" wirklich so negativ behaftet, dass man es "auflösen" muss?
    Ich habe auch schon häufig von dem "Ego" als "Illusion" gelesen.


    Wenn ich pragmatisch an die Sache herangehe, ist das so genannte "Ego" doch erst einmal eine Art "Installation" der Natur in unserem Gehirn. D.h., da unser Körper zumindest in der makroskopischen Welt als Teil der Welt bzw. als Individuum mit persönlichen Bedürfnissen besteht, hatte die Natur gar keine andere Wahl als eine Art "Selbst" oder "Ego" in Form von neuronalen Verschaltungen zu implementieren. In diesem Sinne kann doch nicht einmal von einer "Illusion" die Rede sein, da das "Ego" doch physisch im Gehirn repräsentiert ist, also de facto "Realität" ist.


    Daher wäre meine Frage, ob es daher überhaupt sinnvoll sein kann, sein "Ego aufzulösen"? Wenn ich das "Ego" in erster Linie als die Instanz in meinem Gehirn betrachte, die natürlicher Weise die Befriedigung meiner körperlichen/geistigen Bedürfnisse zum Ziel hat, was ist daran schlecht?
    Problematisch wird es natürlich, wenn die Befriedigung etc. auf Kosten anderer Menschen oder der Umwelt geht. Deshalb finde ich es auch sinnvoll und wichtig sich selbst zu reflektieren und nicht alles unhinterfragt hinzunehmen, was unser Ego von sich gibt. Aber ist das Ziel dann nicht eher, "nur etwas intelligenter mit seinem eigenen Ego umzugehen" als es gleich "auflösen" zu wollen?
    Besonders, dass dich dieses Auflösen dazu bringt, keine Ziele mehr zu haben, kann doch nach gesundem Menschenverstand nicht "gesund" sein?


    Der Buddha hat doch selbst gesagt, man solle seine Lehren kritisch hinterfragen. - Wenn das "Auflösen des Egos" wirklich zur Lehre des Buddhas gehört, würde es meiner kritischen Betrachtung nicht standhalten.


    Oder welchen Teil habe ich nicht verstanden? :)

  • Karnataka:

    Vielen Dank fürs aufmerksame Durchlesen! Dieses Gefühl von Dankbarkeit empfinde ich übrigens wirklich. Denn ich schätze deine Ansichten sehr.


    Vielen lieben Dank für dieses große Kompliment. :):rose:


    Karnataka:


    Mit dem Training Liebevoller Güte meine ich das bewusste Erzeugen Liebevoller Güte im Setting der Meditation. Wenn mein Sohn bei mir ist und im Nebenzimmer noch schläft, gelingt es mir häufig besonders gut, ein tiefes Gefühl der Zuneigung entstehen zu lassen und auszuweiten, bis es zu einer generellen Stimmung liebender Güte wird.


    Warum nicht Hilfsmittel nehmen, wenn dein Sohn nicht da ist - Fotos z.B., oder Erinnerungen an glückliche Momente im Leben... und dann versuchen, dieses Gefühl - die enthaltene Energie - zu sammeln und den Menschen zu schicken, mit denen man täglich zu tun hat... weiß nicht ob das jetzt auch buddhistisch ist... es gibt da z.B. im Yoga eine Übung, wobei du dir vorstellst, beim Einatmen Licht und Energie über's Scheitelchakra aufzunehmen, ins Herzchakra weiterzuleiten und beim Ausatmen von dort den Menschen Liebe und Freude zu schicken - jedem eine Minute lang. Hab ich mal bei einem Gelassenheits-Seminar von Yoga-Vidya gelernt... damit änderst du auch gleich deine Einstellung ins Positive. :om:


    Karnataka:


    Bin ich hingegen ganz alleine und setze mich zum Training, dann ist es häufiger so, dass ich mir selbst zunächst am Wichtigsten bin. Meine Überlegungen haben mit dem Überwinden dieser Egozentrik zu tun.


    Dann bist du bedürftig und musst dich erstmal um dich selbst kümmern. Dann kannst du dich selbst erstmal zum Objekt deiner Liebevollen Güte Meditation machen und dir überlegen, was du dir Gutes tun kannst: Massagen, gutes Essen, Sport draußen an der frischen Luft, Sauna, gute Musik, nette Gespräche, ... einfach mal eine Liste machen und dann direkt im Kalender einplanen. Wenn du dich erstmal um dich selber gekümmert hast, klappt's auch mit der liebevollen Güte anderen gegenüber - weil du dann nicht mehr aus Bedürftigkeit Erwartungen generierst. :rainbow:


    Karnataka:


    Wenn du an einem speziellen Tag für deine Familie kochst, wird der Gedanken vermutlich von selbst entstehen: „Das wird ihnen schmecken – wie schön!“ Sobald eine solche Tätigkeit jedoch als Belastung empfunden wird, macht es aus meiner Sicht Sinn, das natürliche Empfinden der Freude extra zu fördern.


    Ich koche nicht jeden Tag, weil ich auch arbeiten gehe. Wenn ich eine Tätigkeit als Belastung empfinde, kann ich die Erfüllung dieser Aufgabe auch anders organisieren, z.B. delegieren, oder die eigenen Ansprüche überdenken wie perfekt etwas gemacht werden muss und wieviel Zeit ich dafür aufwenden möchte. In Ruhe überdenken und dann der Intuition folgen ist dabei ganz hilfreich. :moon:


    Karnataka:


    Um dies aber zu fördern, so mein Gedanke, müssen wir uns den Gewinn von Fürsorglichkeit bewusst machen. Denn wenn ich in meiner Egozentrik verhaftet bin, dann sehe ich den Gewinn, ein Gernhaben für andere zu empfinden, nicht unbedingt ein. Viel lieber denke ich darüber nach, wie ich Erfolg und Anerkennung für mich selbst gewinnen kann. So macht es etwa Sinn, über einen Zusammenhang von Altruismus und Erfolg und Anerkennung theoretisch nachzudenken.


    siehe oben.


    Karnataka:


    Besonders aber ging es mir um die erfolgreiche Meditation Liebevoller Güte. Denn mit dem Verlassen der Egozentrik und dem Festhalten Liebevoller Güte kann in mir ein Gefühl tiefempfundenen Glücks kurz entstehen, gefolgt von einer geistigen Stimmung, die ich als ein bisschen geläutert charakterisieren würde. Manche Menschen scheinen dies beim Gebet ähnlich zu erleben, glaube ich. Ob man dann von einer Belohnung durch unsere Biologie oder von Gott spricht, ist wohl Ansichtssache.


    Wichtiger erscheint mir die Frage, ob wir durch ein solches Training unsere Persönlichkeit prägen können, ob eine Schulung des Geistes möglich ist und wir dadurch lernen können, auch tatsächlich fürsorglicher zu werden.


    Ja, das funktioniert. Die Energie folgt der Aufmerksamkeit (hab ich irgendwo schonmal geschrieben).


    Karnataka:


    Noch mal vielen Dank für deine Bereitschaft, dich mit meinen Gedanken auseinanderzusetzen und eigene Erfahrungen und Überlegungen mitzuteilen!


    Nichts zu danken - wenn ich keine Freude daran hätte, dann hätte ich sicherlich statt dessen genug anderes zu tun. :)

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Carneol:
    Karnataka:


    Bin ich hingegen ganz alleine und setze mich zum Training, dann ist es häufiger so, dass ich mir selbst zunächst am Wichtigsten bin. Meine Überlegungen haben mit dem Überwinden dieser Egozentrik zu tun.


    Dann bist du bedürftig und musst dich erstmal um dich selbst kümmern. Dann kannst du dich selbst erstmal zum Objekt deiner Liebevollen Güte Meditation machen und dir überlegen, was du dir Gutes tun kannst: Massagen, gutes Essen, Sport draußen an der frischen Luft, Sauna, gute Musik, nette Gespräche, ... einfach mal eine Liste machen und dann direkt im Kalender einplanen. Wenn du dich erstmal um dich selber gekümmert hast, klappt's auch mit der liebevollen Güte anderen gegenüber - weil du dann nicht mehr aus Bedürftigkeit Erwartungen generierst. :rainbow:


    Hallo, hier muss ich doch widersprechen. Bitte, nimm dies nicht als Missachtung. Mir ist durchaus bewusst, dass viele Menschen die Sache genau so sehen wie du.


    Bereits vorgestern hast du geschrieben: „Den anderen lieben wie sich selbst setzt erstmal Selbstliebe voraus.“ Nun meinst du ähnlich, ich solle mich erstmal selbst zum Objekt der Meditation Liebevoller Güte machen.


    So zu denken ist populär. Ich sprach mal mit einem sympathischen Meditationslehrer, der Mitgefühl als „Mitgefühl für uns selbst“ unterrichtete. Er erklärte mir dann, dass sonst kein Mensch zu seinen Seminaren käme. Wir wollen also so denken.


    Ich halte diese Ansicht aber für grundverkehrt. Das Geheimnis, Wertschätzung und Sympathie für sich selbst zu gewinnen, liegt darin, Mitgefühl für andere Menschen zu entwickeln. Nicht umgekehrt. Nimmst du es dagegen umgekehrt, dann verliert alles, was ich bisher geschrieben habe, die Basis.


    Das Thema „Bedürftigkeit“ finde ich sehr spannend. Hilft die Meditation Liebender Güte dabei, mit Einsamkeitsgefühlen und unerfüllten Sehnsüchten klarzukommen? Wie siehst du das?

  • Ich denke es gibt das Extrem, dass jemand nur auf sich selbst schaut... Und das Extrem, dass jemand nur auf die anderen schaut... In Beiden Fällen erhofft man sich etwas davon d.h. beide Fälle wurzeln im Egoismus...im Glauben eines unabhängigen Selbst.
    Das "Geheimnis" ist, einen Ausgleich zu schaffen.. D.h. eigentlich ist es kein Geheimnis, sondern die natürliche Folge aus der rechten Erkentnis vom abhängigen Entstehen.

  • Sunu:

    Ich denke es gibt das Extrem, dass jemand nur auf sich selbst schaut... Und das Extrem, dass jemand nur auf die anderen schaut... In Beiden Fällen erhofft man sich etwas davon d.h. beide Fälle wurzeln im Egoismus...im Glauben eines unabhängigen Selbst.
    Das "Geheimnis" ist, einen Ausgleich zu schaffen.. D.h. eigentlich ist es kein Geheimnis, sondern die natürliche Folge aus der rechten Erkentnis vom abhängigen Entstehen.


    Genau. So sehe ich das auch. :)

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Karnataka:

    Hallo, hier muss ich doch widersprechen. Bitte, nimm dies nicht als Missachtung. Mir ist durchaus bewusst, dass viele Menschen die Sache genau so sehen wie du.


    Bereits vorgestern hast du geschrieben: „Den anderen lieben wie sich selbst setzt erstmal Selbstliebe voraus.“ Nun meinst du ähnlich, ich solle mich erstmal selbst zum Objekt der Meditation Liebevoller Güte machen.


    Warum willst du dich weniger wichtig nehmen als Andere? Ich sage ja nicht, dass du dein Ego kultivieren und dich selbst höher stellen sollst. Umgekehrt aber auch nicht niedriger. Wenn du dich auf einer Stufe mit deinen Mitmenschen siehst, wirst du feststellen, dass du Anderen nur helfen kannst, wenn du selbst eine feste Basis hast. Und es nützt auch den Anderen nichts, wenn du diese untergräbst - vorgeblich zum Wohle der anderen. Was meinst du denn, wo das hinführt?


    Karnataka:

    Ich halte diese Ansicht aber für grundverkehrt. Das Geheimnis, Wertschätzung und Sympathie für sich selbst zu gewinnen, liegt darin, Mitgefühl für andere Menschen zu entwickeln. Nicht umgekehrt. Nimmst du es dagegen umgekehrt, dann verliert alles, was ich bisher geschrieben habe, die Basis.


    Mitgefühl, Wertschätzung und Sympathie für sich selbst und für andere. Wer gerade dran ist, d.h. wer bedürftiger ist, um wen sich gekümmert werden muss, verrät dir dann deine Intuition. Von Moment zu Moment. Es hilft nichts, wenn du nur die Anderen siehst und dich selbst dabei vergisst. Damit generierst du nur Erwartungen den Anderen gegenüber. Und das ist wieder Egoismus.


    Karnataka:


    Das Thema „Bedürftigkeit“ finde ich sehr spannend. Hilft die Meditation Liebender Güte dabei, mit Einsamkeitsgefühlen und unerfüllten Sehnsüchten klarzukommen? Wie siehst du das?


    Die Meditation Liebender Güte hilft dabei, eine Verbindung zu den anderen Menschen aufzubauen bzw. zu erkennen. Zu Einsamkeitsgefühlen und unerfüllten Sehnsüchten hilft es vielleicht am meisten, diese Verbindung zu dir selbst wieder herzustellen. Weiß nicht ob du verstehst was ich jetzt damit gemeint habe, aber probier's doch einfach mal. Keine Angst - das ist kein Egoismus. ;)

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Sunu:

    Ich denke es gibt das Extrem, dass jemand nur auf sich selbst schaut... Und das Extrem, dass jemand nur auf die anderen schaut... In Beiden Fällen erhofft man sich etwas davon d.h. beide Fälle wurzeln im Egoismus...im Glauben eines unabhängigen Selbst.
    Das "Geheimnis" ist, einen Ausgleich zu schaffen.. D.h. eigentlich ist es kein Geheimnis, sondern die natürliche Folge aus der rechten Erkentnis vom abhängigen Entstehen.


    Hallo Sunu,


    das Extrem, dass jemand nur auf die anderen schaut, gibt es vermutlich nicht. Die Evolution hätte ein solches Wesen nicht zugelassen, denke ich. (Übrigens Danke für den Artikel: Brauche wir eine neue Evolutionstheorie?) Vielleicht ist das Ausdehnen unseres sozialen Empfindens andererseits jedoch die Evolutionsgeschichte schlechthin. Ich glaube, dass der DL es so sieht.


    Auch Menschen, die große Probleme damit haben, selbstfürsorglich zu sein, besitzen daher einen starken Wunsch dazu. Aus begreiflichen Gründen sind gerade solche Menschen sogar ständig um sich bekümmert und leiden sehr unter ihrem Unvermögen.


    In diesem Gespräch geht es um die Meditation (Liebender Güte). Die eben getroffene Feststellung ist daher für die Richtung unseres Bemühens wichtig. Wie ich früher mehrfach angesprochen habe, geht es dabei durchaus um Eigennutz, wenn wir uns um Liebevolle Güte nicht für uns, sondern für unsere Mitmenschen bemühen.


    Ein paar Worte zu diesem Nutzen:


    Einmal liegt dieser Eigennutz in einer bestimmten Belohnung, die wir uns selbst dafür schenken, wenn die Meditation gelingt. Das intuitive Wissen darum drückt sich in den Religionen aus. Gläubige bemühen sich um die Liebe zu Gott, niemals jedoch um Selbstliebe. Die innere Ruhe, die eine solche Meditation schenkt, hilft dann auch, die eigenen Probleme mit Abstand zu betrachten und weniger anfällig für Stress zu sein. Ich glaube übrigens auch an einen biologischen Nutzen.


    Der rationale Nutzen liegt einmal darin, Eigenschaften zu entwickeln, die wir auch an anderen Menschen uns gegenüber schätzen, beispielsweise Hilfsbereitschaft, eine gewisse Bescheidenheit, Anerkennung und Aufmerksamkeit und so weiter. Daher ist es nur vernünftig und klug, solche Eigenschaften auch an sich selbst zu schätzen. So hat das Selbstwertgefühl mit dem Wert, den wir anderen Menschen geben, sogar rational zu tun.


    Als weitaus größten Nutzen erlebe ich jedoch den psychologische Nutzen. Einmal verbinden wir mit einer solchen Motivation das Gefühl von Sinn und Zweck. Zum anderen erweitert sich unsere soziale Kompetenz. Dieses Thema möchte ich jedoch in einem Beitrag extra behandeln.


    Lieben Gruß :)