Frage zu Vipassana

  • Hallo,
    Ich habe mich ein wenig eingelesen und es wird gesagt dass man das " so sein", also die Dinge so nehmen wie sie sind, lernen soll. Also auch keine Bewertung von gut oder schlecht. Wenn aber etwas schönes oder etwas ist, was einem gut tut, soll man dann auch kein gutes Gefühl mehr haben? Oder noch krasser ausgedrückt, wenn mein Sohn mit 10Jahren sterben würde, soll ich dann einfach denken " es ist wie es ist" ... Das schafft doch niemand oder?


    Danke und Grüße,
    Frank

  • medi1210:

    Hallo,
    Ich habe mich ein wenig eingelesen und es wird gesagt dass man das " so sein", also die Dinge so nehmen wie sie sind, lernen soll. Also auch keine Bewertung von gut oder schlecht. Wenn aber etwas schönes oder etwas ist, was einem gut tut, soll man dann auch kein gutes Gefühl mehr haben? Oder noch krasser ausgedrückt, wenn mein Sohn mit 10Jahren sterben würde, soll ich dann einfach denken " es ist wie es ist" ... Das schafft doch niemand oder?


    Danke und Grüße,
    Frank


    Hallo Frank,
    die Entwicklung von Gleichmut ist einer der schwierigsten Übungen im Buddhismus. Wie hier auch schon immer wieder betont wurde, ist Gleichmut nicht zu verwechseln mit Gleichgültigkeit !

  • Hallo Sherab,


    Ich finde im Internet unter dem Wort Gleichmut:


    Gleichmut ist das seelische Gleichgewicht, oder die innere Ruhe oder die innere Einstellung. Es bedeutet einen ausgeglichenen Geist in Freude und Leid zu haben, in Erfolg und Scheitern, in Ehre und Schmach, in Tadel und Lob. Gleichmut ist die Haltung des Geistes, namentlich die Gemütsruhe und die Beständigkeit der Gedanken inmitten beschwerlicher Umstände.
    Die Fähigkeit des Gleichmuts ist jenseits allen Lobes. Der Mensch, der über diese Tugend verfügt, wird weder durch Missgeschick entmutigt, noch durch Erfolg ermutigt. Er ist freundlich zu anderen und zufrieden mit sich selbst. Wer ein gelassenes Wesen hat, ist zu allen Zeiten und unter allen Lebensumständen beherrscht. Ein Jivanmukta weist immer innere Ruhe und Gleichmut auf, verliert nie die Fassung. Er besitzt vollkommene, unerschütterliche Gemütsruhe, ist in der Erkenntnis, der Intuition oder Atman verwurzelt.


    Also soll man sich auch nicht freuen? Ich verstehe das nicht. Kannst du mir das bitte genauer erklären?

  • Sherab Yönten:

    Wie hier auch schon immer wieder betont wurde, ist Gleichmut nicht zu verwechseln mit Gleichgültigkeit !


    medi1210:

    Also soll man sich auch nicht freuen? Ich verstehe das nicht. Kannst du mir das bitte genauer erklären?


    Natürlich darf man sich auch freuen (solange es keine Freude zu Lasten von anderen ist, also etwa Schadenfreude) und man darf auch traurig sein. Wichtig ist nur, die Anhaftung an diese Emotionen zu überwinden. Das passiert aber nicht sofort (ich hafte immer noch eine gewisse Zeit an "meine" Emotion "Ärger" an :roll: und merke aber recht schnell, dass es mir nicht gut tut, mich von diesem Gefühl vereinnahmen zu lassen), aber schrittweise mit fortschreitender Meditation. Das meinte ich, als ich oben schrieb: "Gleichmut ist nicht dasselbe wie Gleichgültigkeit". In der buddhistischen Praxis gibt es unter den 4 Unermässlichen (neben Gleichmut) sogar die schöne Praxis der "Mitfreude" ! Sich innerlich mit anderen mit freuen, wenn sie glücklich sind (anstatt Neid zu entwickeln). Außerdem: Liebende Güte und Mitgefühl (auch sich selbst gegenüber !)

  • medi1210:

    es wird gesagt dass man das " so sein", also die Dinge so nehmen wie sie sind, lernen soll. Also auch keine Bewertung von gut oder schlecht. Wenn aber etwas schönes oder etwas ist, was einem gut tut, soll man dann auch kein gutes Gefühl mehr haben? Oder noch krasser ausgedrückt, wenn mein Sohn mit 10Jahren sterben würde, soll ich dann einfach denken " es ist wie es ist" ... Das schafft doch niemand oder? Frank


    Hallo Frank, das Ziel des Buddhismus ist nicht der Gleichmut, sondern die Erleuchtung. Gleichmut ist eine Übung auf dem Weg zur Erleuchtung. Es gibt aber auch die Übung des Mitgefühls, der umfassenden Liebe und der Mitfreude. Diese Eigenschaften wiedersprechen sich natürlich. Du solltest die richtige Eigenschaften im richtigen Moment praktizieren. Du solltest so praktizieren, dass du dadurch zur Erleuchtung wächst.


    Erleuchtung ist ganz einfach. Du hast dann so viel Glück in dir selbst, dass du von äußeren Dingen relativ unabhängig bist. Gelassenheit entsteht von alleine. Aber wenn du nur gleichmütig bist und keine Gefühle mehr hast, steckst du in der Falle des Nihilismus fest. Das ist keine Erleuchtung, sondern ein inneres Absterben. Erleuchtung dagegen bedeutet Erwachen zum wahren Leben. Und das wahre Leben ist ein Leben im inneren Frieden, im inneren Glück, in der Kraft, in der Weisheit und in der Liebe. Du lebst im Licht, bist voller Liebe und bringst das Licht in die Welt und zu deinen Mitwesen.


    Und natürlich darfst du dich am Leben freuen. Du darst das Leben genießen. Dazu ist das Leben doch da. Einfach leben und glücklich sein. Und in der Liebe sein. Und die Erleuchtung muss du nicht schaffen. Sie kommt zu ihrer Zeit von alleine, wenn du konsequent deinen spirituellen Weg gehst. Du musst einfach nur in der Weisheit, in der umfassenden Liebe und im beständigen spirituellen Üben leben (Gedankenheit, Meditation, richtiges Streben, Achtsamkeit). Gut ist es einen spirituellen Meister zu haben und sich jeden Tag geistig mit seinem spirituellen Vorbild (Buddha) zu verbinden.

  • medi1210:

    Hallo,
    Ich habe mich ein wenig eingelesen und es wird gesagt dass man das " so sein", also die Dinge so nehmen wie sie sind, lernen soll. Also auch keine Bewertung von gut oder schlecht. Wenn aber etwas schönes oder etwas ist, was einem gut tut, soll man dann auch kein gutes Gefühl mehr haben? Oder noch krasser ausgedrückt, wenn mein Sohn mit 10Jahren sterben würde, soll ich dann einfach denken " es ist wie es ist" ... Das schafft doch niemand oder?


    Es ist eine Form der Fehlentwicklung in der Wohlstandgesellschaft, dass "Lehren", die vormals jenen vorenthalten waren, die in Abgeschiedenheit, außerhalb der "Normalo"-Gesellschaft lebten, heutzutage allen "Normalos" zugänglich sind, die in der Wohlstandgesellschaft die Zeit haben, sie mit allem Möglichen zu beschäftigen (wobei Esoterik sich besonderer Beliebtheit erfreut ;) ), und nicht nur das, sondern diesen "Normalos" wird sogar von interessierter Stelle noch eingeredet, sie könnten das auch praktizieren. Sogar junge Mütter sehen es plötzlich kritisch, dass sie an ihren kleinen Kindern anhaften. Bitte? Geht's noch? :lol:;)