niedere Wiedergeburten

  • Hallo


    gib es eindeutige Stellen in der Lehre Buddhas welche Taten zu einer niederen Wiedergeburt führen. was ist dann mit seinen bisherigen Verdientsnisen. bzw gute angesammelte karma. Irngdwie müsste doch einmal gut angesammeltes karma auch irgendwie für "immer" ich meine solang man noch nicht ins Nirvana eingegangen sein beibehalten werden. Kann mir kaum vorstellen das wenn man anschließend schlechtes karma ansammelt man wieder als moralische null geboren wird. oder man sich zumindest wieder daran erinnert müsste(intuitiv)wie man gutes Karma ansammeln kann .


    viele Grüße

  • Hallo,


    nichts ist für immer, das karma wirkt sich eine gewisse Zeit aus und dann ist die Wirkung vorbei. Wie das genau funktioniert, wann und wo es sich auswirkt, lässt sich nicht ergründen:


    Zitat

    Vier unerfaßbare Dinge gibt es, ihr Mönche, über die man nicht nachdenken sollte, über welche nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte. Welches sind diese vier Dinge?


    Der Machtbereich der Buddhas, ihr Mönche, ist etwas Unerfaßbares, über das man nicht nachdenken sollte und über das nachdenkend man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.
    Der Machtbereich der Vertiefungen (*1) -
    die Wirkung der Taten (kamma-vipāka)
    das Grübeln über die Welt ist etwas Unerfaßbares, worüber man nicht nachdenken sollte, und worüber nachdenkend, man dem Wahnsinn oder der Verstörung anheimfallen möchte.


    http://www.palikanon.com/angutt/a04_071-080.html

  • Fred1234:

    gib es eindeutige Stellen in der Lehre Buddhas welche Taten zu einer niederen Wiedergeburt führen.


    Nein. Aber es gibt "eindeutige Stellen", welches Tun zur Befreiung führt und welches Tun nicht. Über "Wiedergeburt" sollte man - falls überhaupt - erst nachdenken oder gar sprechen / schreiben, wenn man Buddhas anatman-Lehre verstanden hat. Dann hat man vor allem verstanden, was nicht "wiedergeboren" wird.

    Fred1234:

    was ist dann mit seinen bisherigen Verdientsnisen. bzw gute angesammelte karma. Irngdwie müsste doch einmal gut angesammeltes karma auch irgendwie für "immer" ich meine solang man noch nicht ins Nirvana eingegangen sein beibehalten werden.


    Karma ist nichts, was man "sammelt" wie Briefmarken oder Duplo-Fußballerbildchen. Karma ist das, was man beabsichtigt tut. Und da gibt es keinen Nikolaus, der das alles in ein dickes Buch schreibt und einem dafür Geschenke bringt oder einen mit der Rute verprügelt.


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  • ....

    Suche nicht nach der Wahrheit; höre nur auf, an Meinungen festzuhalten.


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    2 Mal editiert, zuletzt von Jon ()

  • Die Frage war unter anderem ob es eindeutige Stellen in der Lehre Buddhas gibt, welche Taten zu einer niederen Wiedergeburt führen.


    Die gibt es, z.B. hier:


  • Entscheidend für die Art der Wiedergeburt ist der karmische Zustand des Geistes zum Todeszeitpunkt.
    Man kann sich "gutes" und "schlechtes" Denken, Fühlen, Handeln als eine Art Spur vorstellen die man mit dem Finger in eine Schüssel mit Sand zeichnet.
    Je öfter ich die gleiche Spur mit dem Finger nachzeichne desto tiefer gräbt sie sich in den Sand.
    Habe ich vorwiegend die "gute" Spur in meinen Geist gegraben, so dürfte "schlechtes" Handeln auch kurz vor dem Tode kaum merkliche Auswirkungen auf den vorwiegend karmisch positiven Zustand meines Geistes haben und ich kann mit einer positiven Form der Wiedergeburt rechnen. (Es sei denn ich zünde nukleare Sprengköpfe und töte Zigtausende Menschen o.ä. ;) )
    Ist natürlich auch abhängig davon in welches Leben ich vor dem Tode geboren wurde.. hatte ich eine gute Ausgangsposition oder eine schlechte?
    Evtl. könnte eine auch nur gering vorhandene negative Spur die im jetzigen Leben entsteht auch ein Abstieg im Gegensatz zum nahezu "reinen" karmischen Zustand davor darstellen und somit zu einer niedrigeren Wiedergeburt führen.

  • Fred1234:

    Hallo


    gib es eindeutige Stellen in der Lehre Buddhas welche Taten zu einer niederen Wiedergeburt führen.


    ...


    Hallo lieber Fred1234,


    diese Sutta finde ich auch ganz gut zu dem Thema:



    Genauso gibt es natürlich noch die 10 heilsamen Wirkensfährten:



    Also im Grunde werden in dieser Sutta 4 der 5 Silas etwas genauer erklärt und in manchen Punkten erweitert. Die ersten 4 Punkte der heilsamen Lauterkeit entsprechen ungefähr den 4 der 5 Silas. Und außerdem wird auch noch gesagt in welche Richtung die Gedanken kultiviert werden sollten. Dafür fehlt die Sila die besagt, dass man keine berauschenden Getränke und Mittel zu sich nehmen soll. Außer man sieht die Aussage in dieser Sutta : "... Den unrechten Wandel in Sinnenlüsten meidet er ..." als Hinweis darauf.
    Und es wird auf die rechte Rede ausführlicher eingegangen und nicht nur auf das Nicht-Lügen.


    Zu den Silas kann man hier nachlesen, gibt aber sicher noch viele andere gute Quellen:


    https://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnf_Silas


    http://www.palikanon.com/wtb/sikkhapada.html


    Grundsätzlich sind die 5 Silas ja als Übungsregeln zu verstehen. Das heißt die meisten Menschen und Praktizierenden werden die wohl nicht 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr fehlerlos und völlig rein und in höchster Perfektion einhalten, denke ich.


    Ich kann es jedenfalls noch nicht. Aber ich bemühe mich so gut es geht.


    Ich hatte auch mal eine Phase wo mir die Silas nicht so wichtig waren und ich lieber befreit vom Denken und irgendwelchen anerzogenen und aufgezwungenen Verhaltensregeln frei leben wollte.
    War eine gute Zeit und ich habe bestimmt manches dabei gelernt. Das heißt auch nicht, dass ich in der Zeit unmoralisch gelebt habe, aber ich habe mir auch keine großen Gedanken über Moral oder Nicht-Moral gemacht.


    Letztendlich bin ich aber wieder mehr zurück zu diesen Verhaltensregeln, den Silas, und sehe sie mittlerweile als tolle Übung.
    Nicht nur als Übung im Verhalten selbst, sondern das Wissen um die Silas und das Einhalten-Wollen führt bei mir auch zu einer Achtsamkeit und ich bleibe mehr bei mir.
    Nett sein macht mir auch einfach mehr Spaß, glaube ich.


    Was für mich nichts bringt ist mir ständig die Silas im Geist herzusagen und den ganzen Tag Angst zu haben ja gegen keine Regel zu verstoßen.
    Ich denke da muß jeder seinen individuellen Umgang damit herausfinden. Manchen tut es vielleicht gut sich ganz genau daran zu halten und den ganzen Tag damit gedanklich zu beschäftigen. Und andere gehen damit vielleicht etwas lockerer um so wie ich.


    Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es hilfreich auf dem Weg ist sich ständig Selbstvorwürfe zu machen, weil man die Silas nicht eingehalten hat.


    Die Silas sollen ja auch zu einer inneren Ruhe führen und damit die Meditation/Sammlung und die Weisheit/Erkenntnis unterstützen. Wenn man ständig mit Selbstvorwürfen zu tun hat, wird man erst recht keine Ruhe finden.


    Ich kann mich eigentlich jetzt erst immer mehr auf die Silas einlassen, wo ich eine gewisse innere Ruhe habe und auch den Sinn der Silas wirklich einsehe und selbst spüre.


    Wenn man es übertreibt wird man wahrscheinlich eh irgendwann am Rade drehen und sie dann erst recht nicht einhalten.
    Bei mir ist es so, wenn ich sowas übertreibe, dann läßt meine Kraft irgendwann nach und dann schlägt das Pendel sowieso in die andere Richtung wieder aus und vielleicht noch heftiger. Wie ein gespanntes Gummiband das man nichtmehr halten kann oder das reißt und dann losfliegt. Hoffentlich trifft es niemanden.


    Auf der anderen Seite finde ich eine gewisse Ernsthaftigkeit schon gut und wirklich den Willen zu haben mein Bestes zu geben auch.


    Man kann es aber sportlich sehen, denke ich, und wenn man die Silas mal nicht einhalten konnte, dann kann man sich ja bemühen es nächstes Mal besser zu machen.
    Manche Sila kann man vielleicht nie einhalten oder erst nach Jahren der Übung. Ist dann halt so. Was soll man machen. Wenn es immer einfach so mit Entschlußkraft gehen könnte, würde ich mich entscheiden jetzt auf der Stelle vollkommen erwacht zu sein. :)


    Wobei ich die Silas damit nicht relativieren will, wer es schafft sie immer perfekt einzuhalten, auch in ihren subtilsten Ausformungen, hat meinen Respekt.


    Nur mal so ein paar Gedanken dazu.
    Und alles nur meine unvollkommene, vergängliche Meinung, die mir nicht gehört und die ich nicht bin.


    :)


    Liebe Grüße

  • Sudhana:

    Über "Wiedergeburt" sollte man - falls überhaupt - erst nachdenken oder gar sprechen / schreiben, wenn man Buddhas anatman-Lehre verstanden hat. Dann hat man vor allem verstanden, was nicht "wiedergeboren" wird.
    ()


    Ja, alles was es nie gegeben hat wird nicht wiedergeboren.

  • Also ich finde, man kann ja zu dem ganzen Sila-Zeugs und Wiedergeburts-Zeugs stehen wie man will, aber wie der Raphy drüber schreibt, das hat doch was ... fast möcht ich sagen ... was Authentisches.
    Keine Ahnung, was mich bewegt das zu schreiben ... aber wenn ich den Eindruck habe, dass Leute sich ausdrücken und nicht nur nachplappern, dann find ich das gut ... auch wenn ich mich anders ausdrücken würde. ;)

  • Raphy:


    Grundsätzlich sind die 5 Silas ja als Übungsregeln zu verstehen. Das heißt die meisten Menschen und Praktizierenden werden die wohl nicht 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr fehlerlos und völlig rein und in höchster Perfektion einhalten, denke ich.


    Erfahrungsberichte finde ich da sehr hilfreich wie von z.B. Ajahn Martin http://www.theravada-dhamma.org/blog/?p=9192

  • Hallo Fred1234


    Vielleicht stellst du dir das Karma-Prinzip zu statisch vor.
    Es unterliegt aber ebenfalls dem abhängigen Entstehen, ist also veränderbar.
    “Positives“ Karma kann eine negative karmische Wirkung verändern, also zB. abschwächen oder eine positive Wirkung verstärken.
    Ebenso kann „negatives“ Karma eine positive Auswirkung abschwächen oder eine negative Wirkung noch weiter verstärken.
    Auch eine karmische Handlung besteht ja nicht zwingend aus „rein“ negativem oder positivem Anteil sondern kann „gemischt“ sein.
    Dieses Geflecht ändert sich ständig, deshalb ist es auch für uns nicht klar nachvollziehbar, lediglich für einen Buddha.
    Buddha erläutert irgendwo den Umstand, daß er anstatt getötet zu werden, kurzzeitig an Kopfschmerzen litt, einfach weil sein verdienstvolles Karma diese Wirkung abgeschwächt hat.


    Wenn du also, wie in deinem Beispiel, in eine negative Wiedergeburt geworfen wirst,
    kann es sein das dein zuvor angesammelter positiver Karma-„Anteil“ deine Umstände ein wenig
    erleichtert, oder aber es kommt erst in einer späteren Wiedergeburt zum Tragen.


    Positive oder negative Umstände verändern sich auch, wenn der entsprechend auslösende karmische Anteil „aufgebraucht“ ist.
    Nichts bleibt also statisch, deshalb gibt es wohl auch keine „moralische Null“.


    Also grobe Orientierung finde ich eine Analogie ganz hilfreich, die ich irgendwo gelesen habe:
    So wie du eine große Menge sauberen Wassers mit einem kleinen Teil schmutzigen oder salzigen Wassers kaum beeinträchtigen kannst, so kannst du mit einer kleinen negativen Tat kaum schlimme Auswirkungen erzielen wenn du grundlegende viel positives Karma angesammelt hast.
    Umgekehrt ist es aber genau so.
    Hast du viel negatives Karma angesammelt, wird dich eine gute Tat kaum rausreißen…


    LG Rolf

  • Hallo Fred1234


    Vielleicht stellst du dir das Karma-Prinzip zu statisch vor.
    Es unterliegt aber ebenfalls dem abhängigen Entstehen, ist also veränderbar.
    “Positives“ Karma kann eine negative karmische Wirkung verändern, also zB. abschwächen oder eine positive Wirkung verstärken.
    Ebenso kann „negatives“ Karma eine positive Auswirkung abschwächen oder eine negative Wirkung noch weiter verstärken.
    Auch eine karmische Handlung besteht ja nicht zwingend aus „rein“ negativem oder positivem Anteil sondern kann „gemischt“ sein.
    Dieses Geflecht ändert sich ständig, deshalb ist es auch für uns nicht klar nachvollziehbar, lediglich für einen Buddha.
    Buddha erläutert irgendwo den Umstand, daß er anstatt getötet zu werden, kurzzeitig an Kopfschmerzen litt, einfach weil sein verdienstvolles Karma diese Wirkung abgeschwächt hat.


    Wenn du also, wie in deinem Beispiel, in eine negative Wiedergeburt geworfen wirst,
    kann es sein das dein zuvor angesammelter positiver Karma-„Anteil“ deine Umstände ein wenig
    erleichtert, oder aber es kommt erst in einer späteren Wiedergeburt zum Tragen.


    Positive oder negative Umstände verändern sich auch, wenn der entsprechend auslösende karmische Anteil „aufgebraucht“ ist.
    Nichts bleibt also statisch, deshalb gibt es wohl auch keine „moralische Null“.


    Also grobe Orientierung finde ich eine Analogie ganz hilfreich, die ich irgendwo gelesen habe:
    So wie du eine große Menge sauberen Wassers mit einem kleinen Teil schmutzigen oder salzigen Wassers kaum beeinträchtigen kannst, so kannst du mit einer kleinen negativen Tat kaum schlimme Auswirkungen erzielen wenn du grundlegende viel positives Karma angesammelt hast.
    Umgekehrt ist es aber genau so.
    Hast du viel negatives Karma angesammelt, wird dich eine gute Tat kaum rausreißen…


    LG Rolf

  • Danke für eure Antworten


    Über "Wiedergeburt" sollte man - falls überhaupt - erst nachdenken oder gar sprechen / schreiben, wenn man Buddhas anatman-Lehre verstanden hat. Dann hat man vor allem verstanden, was nicht "wiedergeboren" wird.


    Also wenn das,das Kritrium sein sollte denk ich wohl besser nicht drüber nach, so ganz klar ist mir die anatman Lehre nicht. Denke schon das es schon einen Wesenskern geben könnte,das alles sich nur durch kausalität verursachte Prozesse sind kann ich mir nur schwer vorstellen. Wer oder was hat den diesen Prozess des bedingten entstehens in Gang gesetzt da bleibt für mich dann nur Gott oder ein persönlicher unzerstörbarer Wesenskern.
    Vielleicht kannst du es ja kurz erklären.



    P.S.
    Die Veranschaulichung mit der Kerze wo eine Flamme die ursache für die nächste Flamme der anderen Kerze ist find ich nicht so erleuchtend. Ich frag mich dann immer und welche rolle spielt das Feuerzeug mit der die erste Kerze angezündet wurde.

  • Fred1234:
    Sudhana:


    Über "Wiedergeburt" sollte man - falls überhaupt - erst nachdenken oder gar sprechen / schreiben, wenn man Buddhas anatman-Lehre verstanden hat. Dann hat man vor allem verstanden, was nicht "wiedergeboren" wird.


    Also wenn das,das Kritrium sein sollte denk ich wohl besser nicht drüber nach, so ganz klar ist mir die anatman Lehre nicht.


    Das ist das Problem - aus einer solchen Unklarheit entwickeln sich leicht und schnell Vorstellungen, die bestenfalls unklar, schlimmstenfalls falsch sind.


    Auch, wenn es manchmal nervig ist, Zitate aus dem Palikanon um die Ohren gehauen zu bekommen, möchte ich doch hier ebenfalls zitieren, und zwar das Sabbasava-Sutta (Majjhima Nikaya I.2, Übersetzung Kurt Schmidt):


    Nun sollte man dies nicht als 'Denkverbot' auffassen. Der Kern dieser Aussage ist vor allem die Warnung vor dem Anhaften an Ansichten, hier als 'Theorienfessel' bezeichnet. Stattdessen verweist Buddha auf die von ihm gelehrte Praxis, auf den edlen achtfachen Pfad, der - ohne spekulatives Denken zu bemühen - zur Einsicht in die vier edlen Wahrheiten und damit zur Befreiung führt. Dabei ist das Anhaften an einseitigen Ansichten, wie sie unter den Nummern 1. bis 6. aufgeführt werden, hinderlich und zu vermeiden. Auch in dieser Hinsicht ist der Dharma ein 'mittlerer Weg'.


    Fred1234:

    Wer oder was hat den diesen Prozess des bedingten entstehens in Gang gesetzt da bleibt für mich dann nur Gott oder ein persönlicher unzerstörbarer Wesenskern.
    Vielleicht kannst du es ja kurz erklären.


    Wieso muss "jemand" einen solchen Prozess in Gang setzen? Solch eine Annahme sagt weniger etwas darüber aus, wie die 'Dinge' sind und eher etwas darüber, wie wir sind. 'Kausalität' ist eines unserer grundlegenden Denkmuster, ein Schema, nach dem unser Verstand funktioniert. Er sortiert die Daten, die er empfängt, nach ihren Orten im Raum und in der Zeit - und er setzt Dinge zueinander in kausale Beziehungen. Ob die Wirklichkeit tatsächlich so ist, wie sie sich uns nach dem Sortieren der Daten darstellt, ist eine ganz andere (und nicht unwichtige) Frage. Merkwürdig ist schon einmal, dass wir uns Kausalität notwendig als eine Kette vorstellen - keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache. Wobei jede Wirkung zur Ursache weiterer Wirkungen wird. Anders gesagt - wir können - so, wie unser Verstand gebaut ist - nicht einmal rein theoretisch einen (unverursachten) ersten Anfang der Kausalitätskette erkennen und ebenso wenig eine letzte Wirkung, die selbst nichts mehr verursacht. Hier kommt dann der (religiöse) Glaube dem Verstand zu Hilfe. Anders gesagt: wir füllen unsere Erkenntnislücken mit unbegründeten Vorstellungen, mit reinen Spekulationen, die vor allem Folge dessen sind, was wir aus psychologischen Gründen gerne hätten. Das verbreitetste Beispiel ist der Glaube an eine erste Ursache, einen ersten Beweger, die man dann gerne 'Gott' nennt und von dem man sich - als hypostasierter Vaterfigur - wahlweise behütet oder bestraft glaubt. Was aber, wenn die Kausalitätskette keinen Anfang und kein Ende hat, sondern - um nur eine von verschiedenen Möglichkeiten zu nennen - ein Kreislauf ist? Um nicht missverstanden zu werden - ich empfehle nicht, statt an einen Gott und ein eschatologisches Endziel an ein zyklisches Kreisen des Universums (angetrieben von karma als Motor) zu glauben. Ich empfehle vielmehr, erst einmal ohne hinreichenden Grund gar nichts zu glauben.


    ()

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  • Fred1234:

    Wer oder was hat den diesen Prozess des bedingten entstehens in Gang gesetzt da bleibt für mich dann nur Gott oder ein persönlicher unzerstörbarer Wesenskern.


    Irgendwie unlogisch. Etwas ewiges wie SuperGott oder ein unzerstörbarer Wesenskern
    dient doch nur als Trick um der Frage nach deren Herkunft ausweichen zu können, was
    aber doch keineswegs irgend etwas erklären würde.

  • Fred1234:

    Also wenn das,das Kritrium sein sollte denk ich wohl besser nicht drüber nach, so ganz klar ist mir die anatman Lehre nicht. Denke schon das es schon einen Wesenskern geben könnte,das alles sich nur durch kausalität verursachte Prozesse sind kann ich mir nur schwer vorstellen. Wer oder was hat den diesen Prozess des bedingten entstehens in Gang gesetzt da bleibt für mich dann nur Gott oder ein persönlicher unzerstörbarer Wesenskern.
    Vielleicht kannst du es ja kurz erklären.


    Was wir durchgehend (!) beobachten können - und auch der Buddha hat das getan: Nichts ist monokausal, hat nicht eine einzige Ursache. Auch die "Reihe Bedingten Entstehens" - nicht etwa wie manchmal geschrieben wird: "Kette des Bedingten Entstehens". "Reihe" deutet darauf hin, daß etwas - durch unsere Vorstellungen - in eine Reihe, in eine bestimmte Anordnung, gestellt wurde.
    Als Modell, um bestimmte, wesentliche Verknüpfungen verdeutlichen soll.
    Modelle habe immer Begrenzungen.
    Deshalb wird überliefert:

    Zitat

    Nicht (nur) aus einem, nicht (nur) aus einem völlig anderen, nicht aus diesen beiden und nicht ohne Grund.


    Damit wird verdeutlich, dass alles was geschieht, polykausal ist, mindestens 3 Bedingungen zu Grundlage hat. Grundlage des Geschehens ist also ein Netzwerk von Bedingungen/Möglichkeiten (Kausalnexus), keine Kette. In einem Netzwerk ist aber keine "erstes" isolierbar.
    Nur wenn man fälschlicherweise monokausale Verknüpfungen annimmt (also ein offensichtliches falsche Modell), führt das zu Fragen nach einer "Ersten Ursache".

    Fred1234:

    Die Veranschaulichung mit der Kerze wo eine Flamme die ursache für die nächste Flamme der anderen Kerze ist find ich nicht so erleuchtend. Ich frag mich dann immer und welche rolle spielt das Feuerzeug mit der die erste Kerze angezündet wurde.


    Eben, auch nur wieder ein Modell mit sehr geringer Reichweite, eigentlich nur ein Gleichnis, daß nur einen einzigen Aspekt des Gesamtgeschehens beleuchtet.

  • bel:


    Was wir durchgehend (!) beobachten können - und auch der Buddha hat das getan: Nichts ist monokausal, hat nicht eine einzige Ursache. Auch die "Reihe Bedingten Entstehens" - nicht etwa wie manchmal geschrieben wird: "Kette des Bedingten Entstehens". "Reihe" deutet darauf hin, daß etwas - durch unsere Vorstellungen - in eine Reihe, in eine bestimmte Anordnung, gestellt wurde.
    Als Modell, um bestimmte, wesentliche Verknüpfungen verdeutlichen soll.
    Modelle habe immer Begrenzungen.
    Deshalb wird überliefert:

    Zitat

    Nicht (nur) aus einem, nicht (nur) aus einem völlig anderen, nicht aus diesen beiden und nicht ohne Grund.


    Das Ganze mit dem Kausalnexus hast Du besonders schön erklärt, bel. Danke.


    Frage an die Runde:


    Was ist der Kausalnexus in der Wiedergeburt. Von Leben über die Todesschwellle zum Leben. Ist es ein Kausalnexus auf das Bewusstsein? Denn die Buddhanatur ist doch nur der Geist der wie es im Palikanon heißt allen Dingen vorangeht. Ist die Buddhanatur das Feuerzeug von dem bel schrieb? Aber eben nicht das Bewusstsein auf das sich der Kausalnexus bezieht?


    In den Upanishaden wird das Bewusstsein als Atman bezeichnet. Mich würde interessieren welchen Stellenwert es für den Buddha hatte? Oder den Buddhismus?

  • accinca:
    Fred1234:

    Wer oder was hat den diesen Prozess des bedingten entstehens in Gang gesetzt da bleibt für mich dann nur Gott oder ein persönlicher unzerstörbarer Wesenskern.


    Irgendwie unlogisch. Etwas ewiges wie SuperGott oder ein unzerstörbarer Wesenskern
    dient doch nur als Trick um der Frage nach deren Herkunft ausweichen zu können, was
    aber doch keineswegs irgend etwas erklären würde.


    Was war der erste Beweger mit Aristoteles gefragt.
    Gibt es für den Kausalnexus keinen erten Beweger?
    Bei den Jahreszeiten gibt es ja das Funkenfeuer als "Erstbeweger"? das den Winter vertreiben soll. Das ist doch Dialektik der Jahreszeiten?
    Der Kreislauf der Jahreszeiten aber, scheint wie eine Leierkastenmelodie, wie eine Sphärenmusik, eine Harmonie.


    Da scheint mir der Kausalnexus... Zwischenfrage: Was hat der mit der Vergänglichkeit zu tun? ... wie ein "Netzt" das nirgenwo befestigt ist. Ist das nicht eine Verlagerung von bels Feuerzeugproblem, denn braucht es nicht auch zusätzlich zur Befestigung einen Erstbeweger im Zentrum des "Netzes"?


    Accinca hat auch etwas interessantes gesagt, indem er meinte ein Erstbeweger würde nichts erklären. Erklärt er nur für sich alleine nichts?

  • gbg:

    Was ist der Kausalnexus in der Wiedergeburt. Von Leben über die Todesschwellle zum Leben. Ist es ein Kausalnexus auf das Bewusstsein?


    In den buddhistischen Überlieferungen ist nur von einem Kausalnexus die Rede, und zwar dem von dukkha.

  • gbg:

    Was ist der Kausalnexus in der Wiedergeburt.


    Der 'Kausalnexus' (pratityasamutpada) ist ein Erklärungsmodell dafür, warum scheinbar 'Dinge' (dharmas) entstehen, bestehen und vergehen. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass sich bei genauerer Analyse (in Form logischer Dekonstruktion) zeigt, dass tatsächlich keine dharmas existieren, sondern lediglich dynamische relationale Beziehungen ohne Substanz. Das ist mit 'Leerheit' (sunyata) gemeint - pratityasamutpanna (bedingt entstanden, bestehend und vergehend) ist gleichbedeutend mit 'leer' (sunya) von einem Für-sich-Sein (svabhava, inhärenter Existenz) und umgekehrt.


    Es gibt keinen "Kausalnexus in der Wiedergeburt". "Wiedergeburt" ist nur die Märchenversion von Kausalnexus. So, wie man kleinen Kindern das Märchen vom Klapperstorch erzählt, wenn sie noch nicht die Reife haben, bestimmte Zusammenhänge und die zu ihrer Formulierung notwendigen Konzepte (hier: Geburt, Schwangerschaft, Empfängnis, Sexualität usw.) zu verstehen. Das Märchen vom Klapperstorch ist ja zunächst auch völlig hinreichend. Spätestens, wenn die Kinder anfangen, sich für das andere Geschlecht zu interessieren, sollten sie allerdings besser auf eine etwas plausiblere Erklärung zurückgreifen können.

    gbg:

    Ist es ein Kausalnexus auf das Bewusstsein? Denn die Buddhanatur ist doch nur der Geist der wie es im Palikanon heißt allen Dingen vorangeht.


    Ich begnüge mich mal damit, festzustellen, dass Du nicht die geringste Ahnung hast, was eigentlich unter 'Buddhanatur' zu verstehen ist. Vielleicht beschäftigst Du Dich mal mit dem Ratnagotravibhāga, um dieses Defizit ausgleichen. Dann hätten wir da zumindest mal eine Diskussionsgrundlage - bloße Mutmaßungen über 'Buddhanatur' taugen dazu nicht. Die hier geäußerte Mutmaßung ist jedenfalls unzutreffend.


    Deine Frage "Ist es ein Kausalnexus auf das Bewusstsein?" verstehe ich als Frage nach einer Substanz, die sich unter der formalen Bedingung des Kausalnexus manifestiert. Die Frage ist zu verneinen - der Buddhadharma nimmt in dieser Beziehung eine Gegenposition zum Vedanta ein, er ist antisubstantiell und antiessentialistisch. Selbst den Kausalnexus / pratityasamutpada (svw. sunyata, Leere) darf man nicht als als monistische Substanz missverstehen und ihm eine ontische Qualität zuweisen - es ist lediglich ein Werkzeug zur logischen Dekonstruktion und Zurückweisung substantialistischer Sichtweisen (drsti), nicht selbst eine als zutreffend deklarierte Sichtweise sondern ein illokutionärer Akt. Es ist der Standpunkt der Standpunktlosigkeit. So weit nur kurz angerissen - das Thema (zu dem unbedingt eine eingehende Betrachtung des buddhistischen Wahrheitsbegriffs gehört) ist ziemlich komplex.

    gbg:

    In den Upanishaden wird das Bewusstsein als Atman bezeichnet. Mich würde interessieren welchen Stellenwert es für den Buddha hatte? Oder den Buddhismus?


    Zitat

    "Ist das Bewußtsein unvergänglich oder vergänglich?" - "Vergänglich, o Herr." - "Was aber vergänglich ist, ist das leidig oder freudig?" - "Leidig, o Herr." - "Was nun vergänglich, leidig, wandelbar ist, kann man dies mit Recht so ansehen: 'Dies ist mein, das bin ich, das ist mein Selbst'?" - "Gewiß nicht, o Herr." [...] "Daher, o Sona, was es irgend an Bewußtsein gibt, vergangen, künftig, gegenwärtig, eigen oder fremd, grob oder fein, gewöhnlich oder edel, fern oder nahe: von jedem Bewußtsein gilt: 'Dies ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst'. - So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu betrachten.


    Samyutta Nikaya 22.49


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • gbg:

    In den Upanishaden wird das Bewusstsein als Atman bezeichnet.


    Könntest Du da mal ein paar konkrete Zitate anführen? So, wie Du das formulierst, kenne ich das nämlich nicht. Eher so etwas:

    Zitat

    Die Welt war anfangs Brahman. Er schuf die Götter und nach ihrer Schöpfung setzte er sie einzeln in die Welten ein ... Der Brahman aber selbst ging nach der entgegengesetzten Seite. Nach der entgegengesetzten Seite gegangen, überlegte es: 'wie möchte ich in diese Welten wieder hinabgehen?' Es ging mittels zweier Dinge, nämlich mittels Name und Gestalt [namarupa] in sie wieder hinab. Was immer einen Namen trägt, das ist eben Name; was aber keinen Namen trägt und, indem man sich sagt, 'diese Gestalt ist das', an seiner Gestalt erkennbar ist, das ist Gestalt. So weit reicht diese Welt, wie Name und Gestalt.
    Shathapatha-Brahmana XI


    oder so:


    oder so:


    Insofern scheint mir (vorbehaltlich der erbetenen Zitate) Deine Aussage eher eine ziemlich vergröbernde persönliche Interpretation zu sein.
    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • sudhana:


    Zitat

    Der entscheidende Punkt dabei ist, dass sich bei genauerer Analyse (in Form logischer Dekonstruktion) zeigt, dass tatsächlich keine dharmas existieren, sondern lediglich dynamische relationale Beziehungen ohne Substanz. Das ist mit 'Leerheit' (sunyata) gemeint - pratityasamutpanna (bedingt entstanden, bestehend und vergehend) ist gleichbedeutend mit 'leer' (sunya) von einem Für-sich-Sein (svabhava, inhärenter Existenz) und umgekehrt.




    Wenn es wirklich die Nicht-Existenz ist, kannst du nicht daran denken.


    Nicht-Form ist weder leer noch nicht-leer. Sie ist die wahre Form der Weisheit des Buddha. Shodoka

  • keks:
    Raphy:


    Grundsätzlich sind die 5 Silas ja als Übungsregeln zu verstehen. Das heißt die meisten Menschen und Praktizierenden werden die wohl nicht 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr fehlerlos und völlig rein und in höchster Perfektion einhalten, denke ich.


    Erfahrungsberichte finde ich da sehr hilfreich wie von z.B. Ajahn Martin http://www.theravada-dhamma.org/blog/?p=9192


    Danke für den Link, lieber keks.
    Habe mir sogar ein paar Vorträge angehört. :)


    Liebe Grüße