Rückzug

  • Hallo Ihrs,


    Wie ich in meiner Vorstellung schon erwähnt habe, beschäftige ich mich erst seit einigen Monaten mit dem Buddhismus und seit gut zwei Monaten sehr intensiv.


    Was mir an mir auffällt ist, dass ich das Gefühl habe, ich hätte im Moment wenig Zeit für ein Gesellschaftsleben, da ich sehr mit mir selbst beschäftigt bin oder besser gesagt an meiner Entwicklung. Bin ich in der Arbeit oder sonstwo unter Menschen, bin ich auch völlig anwesend, aufmerksam und achtsam. Aber bin ich daheim, lese, studiere, meditiere und reflektiere ich. Da sich seit Beginn meiner Praxis so viel an mir und in mir verändert hat, ich so viele Dinge anders sehe und wahrnehme und dadurch so viele neue positive Erfahrungen sammle, möchte ich nicht mehr in meine alte unheilsame Denk- oder Lebensweise abdriften. Kurzum, ich sehe mich einfach intensiv an mir arbeiten, wenn Ihr wisst was ich meine.


    Leider vernachlässige ich dadurch im Moment auch meine Freunde und habe seit einigen Wochen kaum Lust, etwas zu unternehmen. Das heißt Lust habe ich schon aber einfach keine Zeit. Buddha hat einen Mönch, der sich abgekapselt hat darauf hingewiesen, dass es nicht der richtige Weg sei, sich zu isolieren. Und im Grunde ist es ja auch ein großer Widerspruch, Buddhist zu sein und sich zurück zu ziehen.


    Wie war das bei Euch, als Ihr angefangen habt, Buddhismus zu praktizieren? Ich würde mich über Eure Erfahrungsberichte freuen.


    Lieben Gruß
    Doris

  • Zitat

    Buddha hat einen Mönch, der sich abgekapselt hat darauf hingewiesen, dass es nicht der richtige Weg sei, sich zu isolieren. Und im Grunde ist es ja auch ein großer Widerspruch, Buddhist zu sein und sich zurück zu ziehen.


    Wann und Wo soll denn der Buddha, der Erwachte diesen Unsinn gesagt haben? Zu den notwendigen Dingen, die man tun sollte, um ein Buddha, ein Erwachter zu werden, gehören u.a.
    6. Lossagung von der Familie und Aufgabe des Besitzes
    7. Übung der Askese
    8. Hervorbringung von Bodhichitta
    9. Bezwingung der dämonischen Kräfte Maras
    https://de.wikipedia.org/wiki/Zw%C3%B6lf_Taten_des_Buddha

  • Also ich denke Buddha hat alles mögliche ausprobiert bis er seinen Weg fand zumindest steht es so in einer Biographie, die ich gelesen habe, von Askese hin bis zum Gegenteil und Widerspruch sehe ich im Buddhismus auch keinen. Außerdem soll man nicht übertreiben - du lebst ja im Westen und bist kein Guru, abgesehen davon ist das sowieso nicht der Weg, selbst in buddhistischen Klöstern ist Alltag in sofern, dass jeder neben der Meditation auch andere Aufgaben hat, damit das Klosterleben funktioniert, wobei ich ja nicht denke, dass dein Ziel Mönch sein wird.


    Meditation, Reflektieren und gute Bücher lesen sind alles gute Geschichten dauern aber nicht 24 Stunden und grad wenn man Einsteiger in den Buddhismus ist halte ich auch nichts davon Stundenlang zu meditieren, wenn man es zweimal am Tag regelmäßig schafft 30 min. ist das schon ein Erfolg.


    Ein Buddhist lebt für mich auch ein Leben für andere, also weg von seinem eigenen Ego und das heißt auch für andere da zu sein, zu helfen usw. und am meisten lernt man im Umgang mit anderen Menschen, je schwieriger die sind desto mehr kann man von ihnen lernen, also eine Rückzug sehe ich keinesfalls als gute Entwicklung, weil da wirst du höchstens depressiv, der Mensch braucht Gesellschaft und nochmals von den dümmsten Menschen kann man was lernen, man muss nur achtsam durchs Leben gehen, abgesehen davon wollte ich mit dümmsten Menschen eigentlich nicht das so sagen wie ich es geschrieben habe sondern eher dass man auch von anders denkenden viel lernen kann, ob die nun total oberflächlich sind oder bösartig egal.


    Und klar ist es auch ein Vorteil wenn du eine Gemeinschaft hast wo du dich über deine Themen austauschen kannst, in größeren Städten sollte das kein Problem sein.


    Aber der Buddhismus ist generell sehr facettenreich und ist ein Angebot und kein Gebot, also sieh es mal ein wenig lockerer, LG Son

  • http://www.palikanon.com/buddhbib/07budjng/budjng05.htm


    Als Kassapa erwachsen war, verließ er, wie es damals viele junge Männer taten, das Elternhaus und widmete sich dem Studium des Yoga. Von vornherein entschloß er sich zu streng asketischer Lebensweise, schor sich Haupthaar und Bart, machte sich aus aufgelesenen Lumpen ein Büßergewand und suchte die Waldeinsamkeit auf. Gelegentlich einer Wanderung von Rājagaha nach Nālandā begegnete er beim Bahuputta-Denkmal Buddha, warf sich mit der Stirn zu dessen Füßen nieder und bat ihn um Aufnahme in den Bhikkhu-Orden. Darauf belehrte ihn Buddha, und schon nach sieben Tagen hatte Kassapa die höchste Erkenntnis und damit das Nirvana erreicht (S.16.10).



    Kassapa behielt, obwohl es nicht zu den Vorschriften für die Buddha-Jünger gehörte, seine strenge Askese bei. Er lebte einsam im Walde, übernachtete unter einem Baum, ging in ein Dorf nur, um Speise zu sammeln, und ernährte sich nur von dargebotener Speise; niemals nahm er eine Einladung zum Essen in einem Haus an, niemals ließ er sich von Laien ein Gewand schenken, sondern kleidete sich nur mit weggeworfenen Lumpen, die er zusammenflickte. Er war äußerst bedürfnislos und mit dem geringsten zufrieden.


    Als er einmal im Bambushain bei Rājagaha mit Buddha zusammensaß, sagte dieser zu ihm: "Kassapa, du bist alt geworden. Für dich sind die alten, schäbigen Lumpen lästig. Trage doch von Laien geschenkte Bhikkhugewänder, nimm Einladungen zum Essen an und wohne in meiner Nähe!" Kassapa aber lehnte ab: er sei das Waldleben, die Lumpenkleidung und das Almosensammeln nun einmal gewöhnt, er wolle nicht mit Menschen verkehren. "Warum willst du denn daran festhalten?" fragte Buddha. "Aus zwei Gründen", erwiderte Kassapa, "erstens weil es mir so bequemer ist, und zweitens tue ich es wegen der Nachwelt; ich will den kommenden Geschlechtern ein gutes Vorbild geben." Nachsichtig ließ Buddha dies gelten: "Wenn du es wegen der Nachwelt tust, dann bleibe nur dabei!" Buddha gab es auf, ihn zu einer milderen Lebensweise zu bekehren, aber er ließ deutlich durchblicken, daß er die übertriebene Askese, wie Kassapa sie betrieb, nicht besonders schätzte.

  • Hallo Frangipani,


    ich erzähle dir jetzt mal eine wahre Geschichte :-). Ich bin früher mal mehrere Jahre wie verrückt Salsa tanzen gegangen. Habe Kurse genommen (mind. 2 Kurse parallel) und bin die Woche noch 3-4 mal weggegangen zum Tanzen. Ob man mir das jetzt glaubt oder nicht ;-). War eine sehr schöne Zeit, aber das Ganze war einfach zu viel. So nach 4 Jahren hatte ich keine Energie mehr dafür. Es ging langsam zurück wogegen ich ankämpfte, weil ich mir ja davon mein Mojo holte. Irgendwann war ich dann wirklich ausgebrannt. Bei vielen anderen war es das Gleiche. So etwa 95% der Leute hören nach 1-2 Salsa-Kursen auf. Der Rest macht weiter wovon nochmal so 95% verrückt wird nach dem Zeug. Es ist immer wieder das Gleiche egal ob es Salsa, Buddhismus, Nirwana, Fußball oder sonstwas ist: Sobald der Geist in einen ausufernden Zustand geraten ist, ist es sehr mühsam und langwierig ihn wieder zu einem normalen heilsamen Maß zurückzubekommen.


    Die Moral von der Geschichte: Was man heute über das heilsame Maß zu viel macht, kommt später als Kater-Stimmung wieder zurück. Deswegen lehrte Buddha den Mittleren Weg. Nebenbei gesagt dauert die Kater-Phase oft länger als die euphorische Phase. Keine von beiden tut einem wirklich gut. Wenn man seine Freunde zu lange vernachlässigst, wird man sie irgendwann verlieren und vereinsamen. Das ist Karma: Die Rückwirkung der eigenen Taten auf einen selbst. Deswegen würde ich dir raten ein heilsames Maß zu finden und auf dem mittleren Weg zu bleiben. Dann wäre ein wichtiges Prinzip aus der Lehre Buddhas verstanden und richtig angewandt :-).


    Gruß, Anandasa

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn