Ende des Leidens

  • Hallo Zusammen,


    Leid und Leiden ist ja ein Hauptthema im Buddhismus und die vierte edle Wahrheit verspricht das Ende des Leidens.


    Mich würde interessieren, wie ihr das Erlöschen des Leidens seht. Welches Leid erlischt genau, was ist überhaupt mit Leid gemeint? Erlischt auch das Leid, das entsteht, wenn meine Freundin mit mir Schluss macht oder wenn ich mir mit dem Messer beim Kochen in den Finger schneide? Kann es überhaupt ein Ende des Leidens geben oder gehört das Leiden nicht viel mehr zum Leben dazu wie das Atmen?


    Gruß



  • Soweit ich die Lehre verstanden habe, ist "Leid" die der Existenz innewohnde Unzulänglichkeit. Dass du z.B. schon eine Freundin wilst/brauchst. Also "vom Lieben getrennt sein, mit Ungeliebten vereint sein". Frei davon ist erst ein Erleuchteter.


    Aber schon zuvor kann man dieser Grundfreiheit von Gier, Hasss und Verblendung näher kommen. Also einen Vor-Geschmack von Nirvana bekommen.


    Ob und inwiefern ein Erleuchteter körperliche Schmerzen empfindet und was er/sie damit macht, ist ein Gegenstand langer Diskussionen.

  • sinn-los:

    Dass du z.B. schon eine Freundin wilst/brauchst. Also "vom Lieben getrennt sein, mit Ungeliebten vereint sein". Frei davon ist erst ein Erleuchteter.


    In erster Linie liebe ich mich, ich laufe mir auch nie davon, ab und an vergesse ich mich, bin dann aber bald wieder da, ich suche keine Beziehung, wenn eine kommt dann kommt sie eben aber ich tue nichts dafür dass sie kommt. Und wenn sie geht dann geht sie wieder. So wie ich auch den Eltern nicht hinterhertrauerte als sie starben.
    Ich bin also erleuchtet, fein. Dann kann ich nun verkünden: es gibt den Schmerz wenn man mit dem Rad gegen einen Traktor rauscht auch für mich :badgrin:

  • Hallo Christian,
    wenn ich die Lehrreden des Buddha lese und verstehe, dann - soweit es mir möglich ist - danach handele, minimiert sich schon mal ganz natürlich das Leid. Denn wer ähnlich wie ein Mönch oder eine Nonne lebt, wer sich keine "süßen" Kinderlein mehr wünscht, wer kein großes Zuhause mit entsprechender Ausstattung mehr benötigt, wer in Maßen isst und sich ausreichend bewegt, wer seine übernommenen Pflichten erfüllt und frei von sexueller Ausschweifung bzw. Gier und Hass ist, wird automatisch weniger Leid erleben.


    Der Buddha fragte eine trauernde Großmutter einmal, ob sie sich 100 Enkel wünsche. Ja, antwortete diese. Der Buddha: Wer 100 Enkel hat, hat 100faches Leid, wer 10 Enkel hat, 10 faches, wer 1 Enkel hat, 1faches Leid. Genauso ist es mit allen anderen Wünschen ja auch. Dazu brauche ich keine Nonne zu werden, das lehrt mich das Leben. Ich hätte mir viel Leid erspart, hätte ich bereits vor 50 Jahren von Buddha gewusst und begriffen, was gemeint ist.


    Andererseits geht es aber vor allem - so meine ich - darum, sich von Allem, was Gier und Hass erzeugt, zu distanzieren, es loszulassen, nicht anzuhaften. Selbst körperliche Schmerzen bekommen eine andere Qualität, wenn sie nicht mehr bekämpft, sondern akzeptiert werden. So habe ich z.B. das Glück gehabt, bereits die Geburt meiner Tochter ganz anders zu erleben als Frauen, die vor Angst und Widerstand die Geburt hinauszögerten, die dadurch viel, viel leidvoller wurde. Und diese Erfahrung habe ich vor 44 Jahren gemacht. Bereits das war eine Erfahrung, die zu dem, was ich im Laufe des Lebens lernte, sehr viel beigetragen und Buddhas Lehre bestätigt hat.


    Der Buddha hatte auch Schmerzen, ein Rückenleiden. Das Karma wirkt im Leben weiter. Erst durch das völlige Erlöschen im Tod wurde auch ER frei davon.
    Aber ich spüre bereits jetzt den Frieden, wenn ich wieder mal von einer falschen Vorstellung loslassen konnte. Desto weniger Anhaftung vorhanden ist, desto freier. Und das geht von Jetzt auf Gleich. Dazu bedarf es lediglich ein Sich-Zurücklehnen.


    Mir helfen dann auch Texte aus dem "Geist des Zen": "“Breitet nur eine Matte aus, auf der ihr stillsitzen könnt. Liegt euer Denken danieder wie ein schwerkranker Mann, hört alles Karma auf, und alle Vorstellungen schwinden. Das ist es, was man als Bodhi bezeichnet.”
    und
    "Über das Ruhenlassen der Gedanken
    Würdet ihr jetzt üben, eure Gedanken zu jeder Zeit ruhen zu lassen, sei es beim Gehen, Sitzen oder Liegen, und euch vollkommen auf das Ziel konzentrieren, keine Gedanken, keine Dualität zu schaffen, euch nicht auf andere zu verlassen, an nichts zu haften, einfach den Dingen den ganzen Tag hindurch ihren Lauf zu lassen, als wäret ihr zu krank, euch um sie zu kümmern, der Welt unbekannt zu sein, von dem Wunsch unberührt zu sein, anderen bekannt oder unbekannt zu sein, mit einem Bewußtsein, wie Steinblöcke, die keine Löcher flicken - dann würden alle Dharmas euer Verständnis ganz durchdringen. Nach einiger Zeit wäret ihr an nichts mehr gebunden. Ihr würdet nun zum ersten Mal in eurem Leben entdecken, dass eure Reaktionen den Erscheinungen gegenüber abnehmen, ... Reine und leidenschaftslose Erkenntnis bedeutet ein Beenden des unaufhörlichen Flusses der Gedanken und Bilder. Auf diese Weise schafft ihr kein Karma mehr, das zur Wiedergeburt führt, weder als Gott noch als Mensch, noch als Höllenwesen."


    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Hallo,



    Der Versuch im Vergänglichen Glück zu finden, zieht Leid nach sich. Wenn man das erkannt hat, erlischt alles Leid. Vergänglich ist alles, auch die Beziehung, die Freundin und der heile Finger. Vergänglichkeit gehört zum Leben, und im Leben gibt es kein dauerhaftes Glück.

  • Monika:

    Zitat

    "Über das Ruhenlassen der Gedanken
    Würdet ihr jetzt üben, eure Gedanken zu jeder Zeit ruhen zu lassen, sei es beim Gehen, Sitzen oder Liegen, und euch vollkommen auf das Ziel konzentrieren, keine Gedanken, keine Dualität zu schaffen, euch nicht auf andere zu verlassen, an nichts zu haften, einfach den Dingen den ganzen Tag hindurch ihren Lauf zu lassen, als wäret ihr zu krank, euch um sie zu kümmern, der Welt unbekannt zu sein, von dem Wunsch unberührt zu sein, anderen bekannt oder unbekannt zu sein, mit einem Bewußtsein, wie Steinblöcke, die keine Löcher flicken - dann würden alle Dharmas euer Verständnis ganz durchdringen. Nach einiger Zeit wäret ihr an nichts mehr gebunden. Ihr würdet nun zum ersten Mal in eurem Leben entdecken, dass eure Reaktionen den Erscheinungen gegenüber abnehmen, ... Reine und leidenschaftslose Erkenntnis bedeutet ein Beenden des unaufhörlichen Flusses der Gedanken und Bilder. Auf diese Weise schafft ihr kein Karma mehr, das zur Wiedergeburt führt, weder als Gott noch als Mensch, noch als Höll

    enwesen."
    Huang Po


    Das ist ein feines Lehrstück.
    Vielen Dank, Moni ♥

  • Ja, danke liebe Blue-Apricot, dieses "Lehrstück" habe ich vor 25 Jahren als Kassette bekommen, jahrelang jeden Abend vor dem Einschlafen gehört und verinnerlicht. Sobald ich mich verstricke, fällt mir dieser Text ein. Ganz abgesehen davon, dass tatsächlich auch


    "die Reaktionen den Erscheinungen gegenüber abnehmen,"


    und deshalb sichtbar wird, wie Leid entsteht und vergeht.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Danke für Eure Beitrage.


    Ich möchte noch eine weitere Frage hinzufügen. Bedeutet ein Ende des Leides nach Euren Argumenten nicht auch ein Ende der Freude? Freud und Leid sind oft zwei Seiten der gleichen Münze. Alles, was Freude bereiten kann, wie z.B. sich verlieben, kann auch Leid bedeuten. Wenn ich also diesen Anhaftungen, wie z.B. der Liebe entsage, engeht mir natürlich auch eine Menge Freude.


    Das kann man auch ganz gut an Euren Beiträgen sehen:


    sinn-los:

    Soweit ich die Lehre verstanden habe, ist "Leid" die der Existenz innewohnde Unzulänglichkeit. Dass du z.B. schon eine Freundin wilst/brauchst. Also "vom Lieben getrennt sein, mit Ungeliebten vereint sein". Frei davon ist erst ein Erleuchteter.


    keks:

    ich suche keine Beziehung, wenn eine kommt dann kommt sie eben aber ich tue nichts dafür dass sie kommt. Und wenn sie geht dann geht sie wieder. So wie ich auch den Eltern nicht hinterhertrauerte als sie starben.


    Monikadie4.:

    Der Buddha fragte eine trauernde Großmutter einmal, ob sie sich 100 Enkel wünsche. Ja, antwortete diese. Der Buddha: Wer 100 Enkel hat, hat 100faches Leid, wer 10 Enkel hat, 10 faches, wer 1 Enkel hat, 1faches Leid.


    blue_aprico:

    ... Reine und leidenschaftslose Erkenntnis bedeutet ein Beenden des unaufhörlichen Flusses der Gedanken und Bilder. Auf diese Weise schafft ihr kein Karma mehr, das zur Wiedergeburt führt, weder als Gott noch als Mensch, noch als Höllenwesen


    Eure Beiträge hören sich für mich ziemlich leidenschaftslos an, so wie schon in dem Zitat von blue_aprico angeklungen. Ein Ende des Leidens bedeutet also Leidenschaftslosigkeit, was sich für mich stark nach Emotionslosigkeit, Abgestumpftheit und Freudlosigkeit anhört.
    Gleiches gilt auch für Monikas Zitat mit den Enkeln. Enkel, oder Kinder, bedeuten natürlich Leid aber man könnte die Aussage auch genau so umkehren in ein Beispiel für Freude. 10 Enkel bedeuten 10x Freude, 1 Enkel bedeutet 1x Freude und keine Enkel bedeuten keine Freude.


    Also mein Hauptargument ist, dass jemand, der Anhaftungen vermeidet, auch gleichzeitig viele Freuden vermeidet und damit viel im Leben verpassen kann. Empfindet ihr noch Freude in gleichem Maße wie früher oder hat die buddhistische Praxis eine gewisse abstumpfende Wirkung?


    Gruß

  • -Christian-:


    Eure Beiträge hören sich für mich ziemlich leidenschaftslos an, so wie schon in dem Zitat von blue_aprico angeklungen. Ein Ende des Leidens bedeutet also Leidenschaftslosigkeit, was sich für mich stark nach Emotionslosigkeit, Abgestumpftheit und Freudlosigkeit anhört.
    Gleiches gilt auch für Monikas Zitat mit den Enkeln. Enkel, oder Kinder, bedeuten natürlich Leid aber man könnte die Aussage auch genau so umkehren in ein Beispiel für Freude. 10 Enkel bedeuten 10x Freude, 1 Enkel bedeutet 1x Freude und keine Enkel bedeuten keine Freude.


    Also mein Hauptargument ist, dass jemand, der Anhaftungen vermeidet, auch gleichzeitig viele Freuden vermeidet und damit viel im Leben verpassen kann. Empfindet ihr noch Freude in gleichem Maße wie früher oder hat die buddhistische Praxis eine gewisse abstumpfende Wirkung?


    Diese Befürchtung hege ich auch. Ich denke nicht, dass "Ende des Leidens" bedeutet, dass ich Freuden und Leidenschaften aus dem Weg gehen muss. Ich denke eher, dass man diese nach wie vor genießen kann und darf, nur eben nicht mit der Angst im Hinterkopf, dass das ja alles wieder ein Ende hat und ob man dann noch glücklich ist.


    Es hat für mich mehr was mit Angst zu tun, wenn ich z. B. Beziehungen aus dem Weg gehe, nur weil sie ja nicht zum "wahren Glück" führen. Als Mensch werde ich immer irgendwelche Leidenschaften haben oder Trauer empfinden. Das muss ja nicht heißen, dass ich mich dann in Abhängigkeiten oder Verlustschmerz hineinsteigere.
    Leugnen und Verdrängen von menschlichen Bedürfnissen ist schließlich genauso eine Form von Anhaftung.

  • -Christian-:

    Also mein Hauptargument ist, dass jemand, der Anhaftungen vermeidet, auch gleichzeitig viele Freuden vermeidet und damit viel im Leben verpassen kann. Empfindet ihr noch Freude in gleichem Maße wie früher oder hat die buddhistische Praxis eine gewisse abstumpfende Wirkung?


    Gruß



    :D


    Nein, eine klärende, reinigende Wirkung. Positive Gefühle sind ruhiger und tiefer, die negativen schwächer (und seltener, weil man sich seltener Reizen aussetzt, die solche generieren könnten).


    Noch ein Tipp: Die buddhistische Grundunterscheidung ist zwischen heilsam und unheilsam. Also was zur Abkehr von potenziell gier- und hassverursachenden Reizen führt ist heilsam, was zu solchen führt, unheilsam.

  • Elke:


    Diese Befürchtung hege ich auch. Ich denke nicht, dass "Ende des Leidens" bedeutet, dass ich Freuden und Leidenschaften aus dem Weg gehen muss. Ich denke eher, dass man diese nach wie vor genießen kann und darf, nur eben nicht mit der Angst im Hinterkopf, dass das ja alles wieder ein Ende hat und ob man dann noch glücklich ist.


    Diese Angst, dass das ein Ende hat, wird man durchaus los, doch es bleibt die Verantwortung gegenüber demjenigen/derjenigen, der diese Angst noch hat und die man nicht durch Beruhigung nehmen kann.
    Ende des Leidens bedeutet schon, dass man diese Zusammenhänge von Leidensentstehung und Leidensvergehen erkennt und ihnen aus dem Weg geht, schließlich läuft man auch nicht wie bewußtlos über die Strasse. Darin besteht ja auch der Sinn von Sati - Achtsamkeit - bereits der kleinste Hauch von Leidensentstehung kann da wahrgenommen werden .... auch wenn man noch so viel zu vermeiden sucht - es gibt eben vieles, was sich nicht vermeiden lässt und mit jeder Begegnung erscheint eben dann auch Freude und Leid. An Freude haftet man jedoch wesentlich stärker an - das ist Gier - und Leiden hingegen will man vermeiden - das ist nichts anderes als Aversion und auch bloß eine Form der Anhaftung.


    Zitat


    Es hat für mich mehr was mit Angst zu tun, wenn ich z. B. Beziehungen aus dem Weg gehe, nur weil sie ja nicht zum "wahren Glück" führen.


    Das hat zunächst etwas mit Vorstellung zu tun - nämlich der Vorstellung wie eine Beziehung sein soll und wohin sie führen soll/kann etc. Die Angst kommt dann eher aus der Erfahrung, dass das ja enttäuscht wird und so jemand, der schon bereits mit Vorstellungen in eine Begegnung geht, der muss erst einmal seine Vorstellunge fallen lassen.

    Zitat


    Als Mensch werde ich immer irgendwelche Leidenschaften haben oder Trauer empfinden. Das muss ja nicht heißen, dass ich mich dann in Abhängigkeiten oder Verlustschmerz hineinsteigere.

    Es tut aber auch ohne Hineinsteigern ziemlich weh, wenn jemand stirbt, der einem sehr nahe war.

  • -Christian-:
    Monikadie4.:

    Der Buddha fragte eine trauernde Großmutter einmal, ob sie sich 100 Enkel wünsche. Ja, antwortete diese. Der Buddha: Wer 100 Enkel hat, hat 100faches Leid, wer 10 Enkel hat, 10 faches, wer 1 Enkel hat, 1faches Leid.


    Also mein Hauptargument ist, dass jemand, der Anhaftungen vermeidet, auch gleichzeitig viele Freuden vermeidet und damit viel im Leben verpassen kann. Empfindet ihr noch Freude in gleichem Maße wie früher oder hat die buddhistische Praxis eine gewisse abstumpfende Wirkung?



    Wenn Du noch keine Erfahrungen damit gemacht hast, kann es sich natürlich so anfühlen wie Abgestumpfheit. Dies ist jedoch keineswegs so. Es geht ja auch nicht darum, kein normal menschliches Leben zu fühlen, es geht - jedenfalls für mich - darum, sich völlig bewusst über alle Konsequenzen zu werden. Danach entscheide ich, ob ich diese zu tragen wünsche oder nicht. Ich habe schließlich auch solch Leben gewählt, aber ich trage auch das Karma. Und auch wenn meine Tochter bereits Mitte Vierzig ist, so berühren ihre Sorgen und Ängste mich auch weiterhin. Wenn ich also noch mehr von der Sorte hätte, :lol: hätte ich mehrfaches Anhaften loszulassen. Weiter bedeutet das nichts, was der Buddha zur Großmutter sagte. Er selbst hatte ja auch einen Sohn, Rahula (die Fessel).


    Die Freude, die entsteht, weil Freiheit und Frieden ins Herz eingekehrt sind, ist viel größer als das kurze Glück verbunden mit rosaroter Brille einer Verliebtheit. Ich kenne niemanden, der oder die nach dieser Phase nicht die Perspektive gewechselt hätte oder vielleicht sogar sehr enttäuscht wurde. Sich in jemand anderen zu verlieben, ist ein wichtiges Naturgesetz, aber auch ein Zeichen für Mangel, denn das, was mich am anderen fasziniert ist meist das, was ich an mir selbst vermisse. Die andere Person holt mich praktisch aus meiner Begrenztheit heraus, auf einmal scheint die Welt leuchtend und schön. Plötzlich scheine ich in der Lage, auch innere Grenzen zu übersteigen, bin vielleicht lustiger, einfallsreicher usw.


    Wer jedoch um diese Energie weiß, der kann sich diese auch auf weniger gefährlichem Gebiet "beschaffen" und immer wieder damit versorgen. Diese Energie ist z.B. eine Folge von Meditation. Wer das erlebt hat, wird sie gegen eine Verliebtheit mit möglicherweise unangenehmen Konsequenzen vorziehen.


    Das ist für mich wirkliche Freude, denn ich bin von niemandem abhängig. Doch selbst diese Energie wird möglicherweise auch auf Dauer langweilig - genau so wie die neue Bettwäsche, die neuen Schuhe, das neue Haus und vieles mehr, deshalb ziehe ich den inneren Frieden vor.
    Das Wichtigste ist für mich, mir dessen bewusst zu sein - und dann kann ich machen, was ich will, auch Autoscooter fahren :lol: .
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • -Christian-:


    Also mein Hauptargument ist, dass jemand, der Anhaftungen vermeidet, auch gleichzeitig viele Freuden vermeidet und damit viel im Leben verpassen kann.


    Ich sehe es so, dass man durch die Sinnesfreuden eine viel größere Freude verpasst.

  • Zitat

    Also mein Hauptargument ist, dass jemand, der Anhaftungen vermeidet, auch gleichzeitig viele Freuden vermeidet und damit viel im Leben verpassen kann.


    Christian, warum vermeidet man (weltliche Freuden) wenn man nicht daran anhaftet ?
    Im Gegenteil. Wenn man nicht an ihnen anhaftet genießt man sie bewusster, weil man sich klar ist, dass sie vergänglich sind.

  • Sherab Yönten:


    Christian, warum vermeidet man (weltliche Freuden) wenn man nicht daran anhaftet ?
    Im Gegenteil. Wenn man nicht an ihnen anhaftet genießt man sie bewusster, weil man sich klar ist, dass sie vergänglich sind.


    Für mich ist das so ähnlich wie mit allen anderen Genüssen, z.B. das Essen schmeckt besonders gut, wenn ich es maßvoll genieße oder zeitweise sogar auf bestimmte Speisen verzichte. Das mache ich jetzt seit fast einem Jahr, ich esse nur so viel, um gerade gesättigt zu sein und verzichte, wenn ich weiß, dass ich schon genug an diesem Tag zu mir genommen habe. Wenn ich an einem Lebensmittel besonders "anhafte", dann streiche ich es ganz, um davon wieder frei zu werden. Das sind einfache Schritte, die nicht nur nicht (mehr) wehtun, wenn dies aus Überzeugung geschieht, sondern auch noch die unangenehmen Folgen verhindern, unter denen ich sonst leide. Übrig bleibt ein zufriedenes, körperlich angenehmes Gefühl. Inzwischen fühlt es sich besser an, weniger zu essen als sich den Bauch vollzuschlagen. Dass ich das schaffe, hätte ich nie für möglich gehalten. Und jetzt scheint es gar nicht anders sinnvoll. Die Freude am Essen ist mir dabei jedoch noch nicht vergangen. Es ist also kein Widerspruch.


    Genau so ist es mit dem Rauchen. Früher habe ich bei jeder Gelegenheit gequalmt und mich vor der Leere gefürchtet, die ich mir beim Entsagen der Glimmstengel vorstellte. Verbunden mit dem Qualmen waren z.B. Wein, Kaffee, Eis essen und viel klugscheißerisches Schwatzen mit Freundinnen. All das fiel gleichzeitig mit ab. Manche Dinge, die ich losgelassen habe, hatten weitere heilsame Folgen, ohne dass ich mir über deren Unsinnigkeit überhaupt zuvor bewusst war.


    Jedes Innehalten und genaue Hinschauen bzw. Reflektieren wird die Einsicht in die Lehre fördern. Ohne dieses aber wird sich nichts ändern.


    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Sherab:

    Zitat

    Christian, warum vermeidet man (weltliche Freuden) wenn man nicht daran anhaftet ?


    Autosuggestion ??? ---- "Funktioniert" das ?


    Nicht-Anhaften ist ein merkwürdiges Wort;
    nicht-Anhaften tut nur ein Buddha nicht. Nun sind wir ja angeblich mit bussho begabt
    und hangen trotzdem den Phänomenen an. Ist also nicht so einfach damit
    meint es doch eine gewisse Haltung &Sichtweise, die der Übung bedarf,
    sogar des Trainings. Wahrhaftige Haltung und bloße Sichtweise ist zwar unser "natürlicher Zustand",
    doch die selbst bezogenen Gewohnheiten und Tendenzen,
    das Erzeugen von Emotionen und Vorstellungen im Fassen der Gedanken
    verschleiern und irritieren als ein Strom an Gestaltungen verwirklichtes Da-Sein.
    Nur eine "lichte" Sichtweise ist zu Anstrengung im Subtilen fähig,
    um die Spreu vom Weizen zu sondern, das Heilsame zu entfalten,
    das Unheilsame aufzulösen. Vergegenwärtigung in allen "Lagen" ist also ganz notwendig.
    Sitzen und Wachsamkeit. Mit Erfahrung von Loslösung steigt die Freude auf.
    Das ist eine andere Freude als die von Wohlgefühl durch Befriedigung ( objektbasiert ).
    Diese Freude kommt von einem intutiven, gedankenlosen Verständiss, von einem
    Geschmack an "Heimat", Freiheit, ja sogar Todlosigkeit;
    sie basiert nicht auf einem Kontakt-Objekt. Bussho. Großes Dao. Om. _()_ ;)


    Predigt des Tages -
    Weitere Dharma-Popularisierungen auf Podcast abrufbar, momentan wahlweise mit einer mahnend-erhabenen Stimmelage
    oder einer beruhigend- eingängigen - ! nur 3 Euronen Fuffzig ! 8)


    :);)


  • sagen wir mal so: das Leidhafte, das Leiden, das Unangenehme gehört (scheinbar) zum Dasein dazu.
    Wenn buddha der Grossmutter sagt, dass 100 Enkel mehr Sorgen (Leiden) bereiten als 1 Enkel. dann ist das ja logisch nachvollziehbar. Allerdings kann auch ein einzelnes Kind zu einer Marter werden. Kann ! .. Es ist nicht immer die Menge, die Ärger oder Sorgen macht.
    Per se gibt es allerdings kein Leiden. Kinder, kennen die Leiden ? Oder wird es ihnen gezeigt/beigebracht ? .. Kinder schreien, wenn sie hungrig sind .. . Oft grantig und sehr vehement. Der Körper will Nahrung.
    Auch wenn Leiden nicht hausgemacht ist, nicht angestrebt wird, so ist es doch auf der Strasse des Daseins immer mal wieder da.
    Ich würd gern mal Jemanden treffen, der wirklich voller Harmonie ist (der Dalai Lama?) und der/die durch nichts in der Welt zu erschüttern ist und nicht nur nicht in den Grundfesten, also im Inneren (Gleichmut) sondern auch im sich geben und sein nach Aussen hin.


    Leiden sind all die grossen und kleinen Querelen, die uns im Erleben des Daseins so über den Weg huschen.
    An und für sich ist es recht leicht (an und für sich !), all den Misständen und Hemnissen aus dem Weg zu gehen. Und zwar auf direkte Art und Weise: indem du siehst was kommt und dann entscheidest, ob es nicht leidvoll ist.
    Oder du bist ein Mensch, der einfach ein dickes Fell hat, der/die ein starkes emotionales Bollwerk hat.
    Und um das zu entwickeln bedarf es nicht des Buddha-Dharma, denn so oder so lehrt das Buddha-Dharma das ganz "einfache Erleben des Daseins". Um das Da-Sein "einfach" zu erleben, bedarf es schon der Kenntnis der Vorgänge. Denn durch Er-Kenntnis werden die Dinge erkennbar und dadurch "einfacher".


    Eine Beziehung kannst du nicht von vornherein beurteilen, denn sowas ist eher ein Prozess der Entwicklung.
    Du begibst dich in ein Fahrwasser, das unbekannt ist. Es kann ein seichter Weiher werden ebenso wie ein reissender Strom, ein Wasserfall an Emotionen .. etc ... .
    Das ist doch mit allen Dingen so.
    So wie du kommst gegangen, so wirst du empfangen.
    So wie du in den Wald rufst, so hallt es zurück. Wobei der 2te Satz schon eine Menge Praxis voraussetzt.
    Denn du bist Rufer/in oder Tuende/r und du entscheidest, WAS du rufst oder tust (tun willst .. rufen willst/wirst) und du löst mit deinem Tun etwas aus. Wohl keine Lawine, jedoch wenn du in den Bergen rufst, bekommst du ein Echo.


    Das mit dem Schnitt in den Finger ist erstmal Schmerz und du bist es, der/die dann Leiden draus macht. So nach dem MOtto: Ooohh,, ich hab mich verletzt .. ich muss leiden/weinen/mich ärgern.
    Das Leiden ist in diesem Fall eher selbstgemacht, weil du gelernt hast, was Schmerz ist und dass Schmerz eben "leidvoll" sein muss/ist.
    Also mit einem offenen Geist durchs Dasein zu tingeln ohne dieses laissez faire ist mit Sicherheit sehr weit weg von all den Leidensvorkommen, denen wir uns aussetzen anstatt zu widersetzen oder .. oder ... .


    es sind nur Gedankenspiele meinerseits ..
    .
    Blue .. guter Vortrag
    .

    Suche nicht nach der Wahrheit; höre nur auf, an Meinungen festzuhalten.


    Meister Seng Ts'an

  • Aiko:


    Es tut aber auch ohne Hineinsteigern ziemlich weh, wenn jemand stirbt, der einem sehr nahe war.


    Natürlich tut es weh! Ich weiß nicht, was du damit sagen willst? Keine Nähe mehr zulassen?


    Und soll es mein Ziel sein, dass ich nichts mehr dergleichen spüre? Das schaff ich schneller mit Psychopharmaka.


    Vielleicht reden wir aber auch nur aneinander vorbei.

  • -Christian-:


    Eure Beiträge hören sich für mich ziemlich leidenschaftslos an, so wie schon in dem Zitat von blue_aprico angeklungen. Ein Ende des Leidens bedeutet also Leidenschaftslosigkeit, was sich für mich stark nach Emotionslosigkeit, Abgestumpftheit und Freudlosigkeit anhört.


    Hm nein. Ich empfinde Freude in mir bei dem was ich tue ebenso wie Emotionen. Ich suche die Freude und Emotionen aber nicht bei anderen um sie irgendwie in mich reinzuspiegeln.



  • Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Ich finde die bisherigen Antworten nicht besonders überzeugend. Ich stehe auf einem grundsätzlich anderen Standpunkt. Für mich gehört das Leiden einfach als fester Bestandteil zum Leben dazu und wer Neues tut, sich in neue Sitationen begiebt und neue Menschen kennenlernt wird zwangsläufig Leid erleben. Das ist jedoch kein Grund, diese Dinge zu vermeiden oder als "Gier" und "Anhaftung" zu verteufeln.


    Viel wichtiger ist es meiner Meinung nach zu lernen, mit dem Leid umzugehen und das Leben als grundsätzlich leidhaft zu akzeptieren. Die Leidhaftigkeit und Fehlerhaftigkeit des Lebens zu erkennen und es trotzdem zu leben und ihm nicht aus dem Weg zu gehen - das ist für mich die wahre Erkenntnis aus dem Dharma.


    Wenn ich bestimmten Dingen aus dem Weg gehe, weil diese leiderzeugend sein können, so begebe ich mich in ein selbsterschaffenes Gefängnis, in das ich immer tiefer hineinrutsche, je mehr ich das Leid in den Vordergrund stelle und meine Handlungen danach ausrichte.

  • Es bleibt Dir natürlich unbenommen, Deinen Weg zu gehen. Wer will Dir das nehmen? Auch ich überzeuge schon lange niemanden in meiner näheren Umgebung mehr, der dieses Leben so leben will, ohne es tiefer zu hinterfragen. Jeder ist für sich selbst verantwortlich. Das ist meine Akzeptanz des Lebens.
    ich wünsche Dir alles Gute. :D
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • -Christian-:

    Ich finde die bisherigen Antworten nicht besonders überzeugend. Ich stehe auf einem grundsätzlich anderen Standpunkt. Für mich gehört das Leiden einfach als fester Bestandteil zum Leben dazu und wer Neues tut, sich in neue Sitationen begiebt und neue Menschen kennenlernt wird zwangsläufig Leid erleben. Das ist jedoch kein Grund, diese Dinge zu vermeiden oder als "Gier" und "Anhaftung" zu verteufeln.


    Viel wichtiger ist es meiner Meinung nach zu lernen, mit dem Leid umzugehen und das Leben als grundsätzlich leidhaft zu akzeptieren. Die Leidhaftigkeit und Fehlerhaftigkeit des Lebens zu erkennen und es trotzdem zu leben und ihm nicht aus dem Weg zu gehen - das ist für mich die wahre Erkenntnis aus dem Dharma.


    Wenn ich bestimmten Dingen aus dem Weg gehe, weil diese leiderzeugend sein können, so begebe ich mich in ein selbsterschaffenes Gefängnis, in das ich immer tiefer hineinrutsche, je mehr ich das Leid in den Vordergrund stelle und meine Handlungen danach ausrichte.


    Dem stimme ich Wort für Wort zu!

  • Ich bin der Neuling hier, aber ich nehme an, das Leben IST der Schmerz, aber wir machen daraus das Leiden. Selbst. Und damit ist der himmelsweiter Unterschied. Der Schmerz ist einfach unausweichlich....oder unvermeidlich. So es einfach ist, aber wir er-schaffen das Leiden daraus. Rein mechanisch, oder einafch konditioniert, wir re-agieren so auf den Schmerz. Wir versuchen uns von ihm loszuwerden. Und genau darin ist der Hund begraben.
    LG.
    Igor.

  • -Christian-:

    Mich würde interessieren, wie ihr das Erlöschen des Leidens seht. Welches Leid erlischt genau, was ist überhaupt mit Leid gemeint? Erlischt auch das Leid, das entsteht, wenn meine Freundin mit mir Schluss macht oder wenn ich mir mit dem Messer beim Kochen in den Finger schneide? Kann es überhaupt ein Ende des Leidens geben oder gehört das Leiden nicht viel mehr zum Leben dazu wie das Atmen? Gruß


    Das Leiden erlöscht dadurch, dass man sich auf eine andere Bewusstseinsebene erhebt. Das Erleuchtungsbewusstsein besteht aus Frieden, Glück, Kraft, Liebe, Egolosigkeit und Einheit. Leiden gehört zum Leben auf der Erde dazu. Aber man kann es psychisch integrieren und sich innerlich darüber erheben. In der Erleuchtung ist man so stark mit innerem Glück gefüllt, dass einem äußere Probleme nicht mehr viel ausmachen. Man ruht in der Einheit, im Frieden und im Glück.