Buddha, Mahakashyapa, Blume, Lächeln

  • Hier geht es um eine schöne Geschichte aus dem Mahayana, bei denen Buddha Shakyamuni, eine Blume und Mahakashyapa die Hauptrolle spielen. Vielleicht ist sie von Interesse. Ich habe sie in einem anderen Buddhaland-Zusammenhang geschrieben, aber an jenem Ort, wo Titanen des Geistes gegeneinander argumentieren, geht sie verloren. Manche haben das Bedürfnis, auch noch die allerletzte Blume zu zertreten.


    Es ist eine Geschichte eines unbekannten (?) Verfassers: Im Sutra "Gespräch zwischen dem Buddha und Mahapitaka Brahmaraja" bzw. dem "Sutra über die Fragen des Mahapitaka Brahmaraja" (Dialogue of the Buddha and Mahapitaka Brahmaraja, Sutra on the Questions of Mahapitaka Brahmaraja) gibt es diverse Geschichten.


    Die zweite davon ist die sogenannte Blumengeschichte, wörtlich „Blume nehmen, leicht lachen“, 拈花微笑, niān huā wēi xiào. Ihr Kern ist sehr kurz, im Original auf chinesisch:


    爾時世尊著坐其座。廊然拈華。時眾會中。百萬人天。及諸比丘。悉皆默然。時 於會中。唯有尊者摩訶迦葉。即見其示。破顏微笑。從座而起。合掌正立。有氣無言 。爾時佛告摩訶迦葉言。吾有正法眼藏涅槃妙心實相無相微妙法。不立文字。教外別 傳。有智無智。得因緣證。今日付屬摩訶迦葉。


    Das war´s.


    D.T. Suzuki übersetzt in Studies in Zen, 1955, S. 12 so:


    "Buddha ascended the seat and brought forth the flowers before the congregation of gods and men. But none of them could comprehend the meaning of this act on the part of Buddha, except the venerable Mahakashyapa, who softly smiled and nodded. Then exclaimed Buddha: "I am Nirvana, the Mind, and the mystery of reality and non-reality, and the gate of transcendental truth. I now hand it over to Mahakashyapa."


    Vielleicht war Suzuki der erste, der diesen anrührenden Gründungsmythos des Chan/Zen in eine westliche Sprache übersetzte, vielleicht auch nicht. Ich habe ihn zum ersten Mal bei Heinrich Dumoulin, Der Erleuchtungsweg des Zen im Buddhismus, 1976, S 23, auf deutsch gelesen:


    "Als einst der Welterhabene auf dem Geierberg weilte hob er mit den Fingern eine Blume empor und zeigte sie der versammelten Schar. Damals schwiegen alle. Nur der Ehrwürdige Kashyapa verzog sein Gesicht zu einem Lächeln. Da sprach der Erhabene: "Das wahre Dharma-Auge, den wunderbaren Geist des Nirvana, die formlose wahre Form, das geheimnisvolle Dharma-Tor, das nicht auf Worte und Buchstaben beruht, eine besondere Überlieferung außerhalb der Schriften, vertraue ich dem großen Kashyapa an."


    Die Geschichte wurde in das Mumonkan, als Koan Nr. 6, aufgenommen:


    "Buddha und die Blume. Als der Buddha sich in den Grdhrakuta-Bergen befand, drehte er eine Blume zwischen seinen Fingern und hielt sie seinen Zuhörern hin. Ein jeder war still. Nur Maha-Kashapa lächelte bei dieser Offenbarung, obwohl er versuchte, seine Miene zu beherrschen. Buddha sagte: "Ich habe das Auge der wahren Lehre, das Herz des Nirvana, den wahren Aspekt der Nicht-Form und den fehlerlosen Fluss des Dharma. Dies ist nicht in Worten auszudrücken, sondern wird jenseits des Lehrens auf besondere Weise vermittelt. Diese Lehre habe ich Maha-Kashapa gegeben."
    http://www.mumondo.de/content/Mumonkan.pdf


    Drei Übersetzungen, die Unterschiede sind nicht gering.


    Welche anderen deutschsprachigen Übersetzungen der Geschichte kennt ihr?


    Habe ich schon mal gelächelt oder geweint, als ich mit Buddha, Dharma, Sangha in Berührung kam?


    Kongjiazhong

  • kongjiazhong:


    Zitat

    aber an jenem Ort, wo Titanen des Geistes gegeneinander argumentieren, geht sie verloren.


    Die Buddha aus Stein ? Der unbarmherzige Blick der Unterscheidung. Medusa.


    Zitat

    Welche anderen deutschsprachigen Übersetzungen der Geschichte kennt ihr?


    Einige. Aber es ist mir zu aufwändig sie abzuschreiben.


    Mahākāśyapa ist der erste Zen Patriarch.


    "According to the Chinese Dharma master Shan-tao, the true disciple of the Buddha is one who knows the ‘deeply entrusting mind’ (jinshin)"
    Nach dem chinesischen Dharma Meister Shan-tao, ist der wahre Jünger des Buddha, der den "tief vertrauten Geist" (jinshin) weiß.


    Aus dem Lotus Sutra:


    Zitat

    It’s difficult to hear this Dharma.
    And those who can hear this Dharma--
    Such people too, are rare,
    Like the udumbara flower,


    Hógen: "In Myriaden von Formen zeigt sich eine einziges - Ni!" Ni ! = Mu


    "Die ganze Welt ist eine Blume" ( Seung Sahn )


    Koan von Hyo Bong: Zen Meister Yong Song fragte Zen Meister Ko Am:
    "Was bedeutet es, dass der Buddha eine Blume pflückt und Mahakasyhyapa zeigt" ?
    Ko Am: "In der Höhle des Löwen gibt es keine anderen Tiere."





    () ;)

  • Hallo Kongjiazhong,


    wenn man diese Geschichte durchdringen will, dann stellt sich natürlich die Frage, warum Kashyapa in diesem Moment gelächelt hat. Entscheidend ist bei der Übersetzung nach meiner Auffassung daher hier vor allem der Teil: "Maha-Kashapa lächelte bei dieser Offenbarung, obwohl er versuchte, seine Miene zu beherrschen."


    Lediglich aus meinem "Verständnis" dieser Annekdote und ohne selber des Chinesischen mächtig zu sein, halte ich die von dir angeführten Überstzungen von D.T. Suzuki und in geringerem Maße auch die neutralere von Heinrich Dumoulin für reichlich irreführend. Im Geiste eines Übersetzungsinns wie "Kashyapa lächelte sanft und nickte" und Ähnlichem ist sicherlich schon allerhand hochtrabender Unsinn über dieses Koan geschrieben worden. Eine kurze Googletour zum Thema zur Veranschaulichung:


    Da ist zum Beispiel die Rede davon, dass Kashyapa "selbstidentisch mit der von Buddha gezeigten Blume lebe" (Quelle: https://books.google.de/books?…ElID4Dw&ved=0CD8Q6AEwBTgU )


    Oder: "Während alle anderen Schüler nicht begriffen, was er damit aussagen wollte, verstand ihn nur sein Schüler Kashyapa und lächelte. Durch diese Geste seines Meisters war er urplötzlich zur Erleuchtung gelangt." (Quelle: http://www.zenbuddhismus.de/zen-geschichte.html )


    "Vor langer Zeit bot Kashyapa Buddha eine Blume an. Wie Papaji sagt war es eine Blume, die niemals je berührt wurde, niemand hatte je ihren Duft gerochen." (Quelle: http://www.madhukar.org/blog/ ) u.s.w. u.s.f.


    Treffend finde ich dagegen die Übersetzung Dietrich Roloffs (aus: Die Torlose Schranke des Zen, Spirit Fischer):


    "Nur der ehrwürdige Kashyapa konnte ein Lächeln nicht unterdrücken."


    Und in Wumens Lobgesang (ebd.):


    "Kashyapa kann sich des Lächelns nicht erwehren."


    _()_
    Tai

  • Hallo Tai


    vielleicht ist es nützlich zu erwähnen, dass Mahakashyapa als der in der "Sittlichkeit", d.h. in den Regeln strengster Nachfolger galt,
    deswegen leitete er auch das erste Konzil. Er tadelte gar Ananada gern wegen dessen "Rührseeligkeit". Der Ausdruck von Freude galt den Asketen eher als unwürdig:


    Zitat

    Kassapa, der selbst sehr streng lebte, hielt auf strenge Zucht in der Gemeinde, rügte es, wenn sich andere nicht würdig benahmen, machte Buddha darauf aufmerksam und gab ihm dadurch mehrmals Anlaß, Verhaltungsvorschriften für die Bhikkhus zu erlassen. (MV I, 74; II, 12; VIII, 21; X, 5)


    Ich denke, so können diese Übersetzungen verständlicher werden.


    ()