Bin ich auf dem richtigen Weg?

  • Hallo liebe Mitbuddhisten,


    ich möchte diejenigen unter euch, die den Weg schon ein Stück gegangen sind, fragen, ob ich denn in die richtige Richtung gehe. Dazu möchte ich euch kurz das letzte Jahr meines Lebens beschreiben, da ich im letzten Dezember auf den Buddhismus gestoßen bin und ich finde, dass das ein guter Zeitpunkt ist, um das Jahr Revue passieren zu lassen.


    Dieses Jahr könnte vom weltlichen Standpunkt aus nicht besser laufen. Ich habe mein Studium mit Sehr Gut abgeschlossen, habe mit einer einzigen Bewerbung einen tollen Job gefunden und ziehe demnächst mit meiner Partnerin in eine schicke Wohnung. Mein "Ich" vor einem Jahr (Prä-Buddhimus Ära) hätte sich darüber vielleicht noch gefreut, aber meinem aktuellen "Ich" ist das alles fast schon egal. Das aktuelle "Ich" sieht das alles, zuckt mit der Schulter und meint "ich sterb ja sowieso". Versteht mich nicht falsch, das sind keine Depressionen, eher eine Gleichgültigkeit. Als mein Computer kaputt gegangen ist war mir das ähnlich egal, das "wäre ja sowieso irgendwann passiert". Und genau diese Einstellung frustriert mich! Ich kann mich für nichts mehr begeistern. Das Essen ist fad, weil es weder gut noch schlecht schmeckt, kein Computerspiel kann mich mehr fesseln und staunen lassen und selbst einen tollen Sonnenaufgang quittiere ich mit "sehen....sehen....sehen....". Wann kommt denn das weise buddhismus typische Lächeln, dass ich immer an den Mönchen sehe?


    Ich werde nun sehr viel seltener aggressiv und bin allgemein viel ruhiger geworden, meint meine Freundin. "Ganz daneben wirst du dann ja wohl auch nicht liegen", meint mein Verstand. Der folgende Gedanke ist dann: "Moment mal. Bist du eigentlich wirklich ruhige geworden oder hast du nur riesige Angst davor, dass das eines Tages auf dich zurückfällt?"
    Der Zweifel wird immer größer. Sollte das nicht genau andersherum sein?


    Ich verstehe immer besser wie die Dinge laufen. Ich beobachte Gefühle, wie sie kommen und gehen, selbst der Zweifel und die Angst. Ich zerlege den Bussitz in seine Bestandteile und sehe den Sitz plötzlich gar nicht mehr. Ich habe eine gute Vorstellung davon, was Meditation ist. Ich erreiche auch teilweise ganz angenehme Zustände, die mich tatsächlich zum Lächeln bringen, auch wenn ich nicht verstehe, warum. Einen Meilenstein, wie etwa ein Jana, vermisse ich bis heute. "Du übst jetzt schon ein ganzes Jahr lang. Hast du dich wirklich genug bemüht, das Jana nicht zu wollen, damit du das Jana erreichst? Meditierst du überhaupt genug?"


    Ich erlebe hier täglich einen Kampf zwischen meiner "denkenden" Seite und der Seite, die loslassen will von dieser kaputten Welt. Leider habe ich das Gefühl, dass ich immer mehr Dinge freilege, die ich überhaupt nicht sehen will.


    Soll ich vor oder zurück?

  • Ob du vor oder zurück sollst, solltest du schon selber entscheiden können. Schließlich bist du erwachsen und das Forum nicht dein Papa.
    Wenn ich deine weltlichen Erfolge hätte, würde ich mich mehr als nur freuen. Zum Glück habe ich meine eigenen weltlichen Erfolge. Und sie freuen mich und ich genieße sie.
    Und das du immer mehr Dinge freilegst, die du eigentlich gar nicht sehen willst ist völlig normal. Was willst du denn sonst freilegen??
    Und wenn dich deine Einstellung frustriert, dann ändere sie gefälligst und jammere nicht rum.


    Ist doch alles im grünen Bereich. Was willst du denn??


    Ich liebe Sonnenaufgänge. Wenn mein PC kaputt geht, bin ich pissig.


    Und der Zweifel wird noch größer werden. Und zwar genau so lange, bis er eines Tages weg ist. Wobei das nicht heißen muss, das du nicht mehr zweifelst. :lol:
    Also, willst du nun vor oder zurück? Entscheide dich!!!

  • Hallo sascha,


    sascha_108:


    ...Und genau diese Einstellung frustriert mich! Ich kann mich für nichts mehr begeistern....
    Soll ich vor oder zurück?


    Loslösung hat nicht Frustration zur Folge, sondern Freiheit, Weisheit, Glück und Frieden. Frustration entsteht immer nur aus Begehren und Anhaftung. Es dauert aber gewöhnlich sehr lange, völlige Befreiung zu erreichen. Ich denke daher man muss weder ein hausloser Bikkhu werden noch ein Materialist, sondern kann gemäß seiner Situation langsam und stetig weitermachen, den eigenen Mittelweg finden.


    Schöne Grüße,
    mukti

  • sascha_108:


    ...


    Einen Meilenstein, wie etwa ein Jana, vermisse ich bis heute. "Du übst jetzt schon ein ganzes Jahr lang. Hast du dich wirklich genug bemüht, das Jana nicht zu wollen, damit du das Jana erreichst? Meditierst du überhaupt genug?"


    ...


    Hallo lieber sascha_108,


    ich kann dir leider nicht sagen ob du auf dem richtigen Weg bist. Die anderen haben ja schon ein paar Sachen angesprochen. Aber die Dinge die du hier ansprichst, kennen bestimmt viele Praktizierende, ich auch.
    Und jeder hat seine Art damit umzugehen. Zweifel und Schwierigkeiten sind normal, denke ich.


    Zu den Jhanas. Meistens will man ja Jhanas gerne haben, wenn man hört was da für tolle Empfindungen und Zustände damit verbunden sein sollen.
    Aber nach meiner Erfahrung fällt man in die Jhanas, wenn man loslässt. Deswegen wohl oft der Hinweis, dass man nicht versuchen soll Jhanas zu "erreichen". Sonst wäre es "ergreifen", wenn man versucht sie zu erreichen.


    Und wenn du schreibst: "Hast du dich wirklich genug bemüht, das Jana nicht zu wollen, damit du das Jana erreichst? " klingt das für mich nach ergreifen. Was ja auch normal ist. Die meisten Menschen, wie auch ich, sind seit langem darauf trainiert und konditioniert zu ergreifen, Glück im Außen zu finden, in den äußeren Erscheinungen und Phänomenen Glück zu finden. Das alles zu greifen, haben zu wollen, besitzen zu wollen, sich zu eigen zu machen, sich daran zu ergötzen.


    Nach deiner Aussage und meinem Empfinden willst du Jhanas immernoch genauso ergreifen, nur hast du jetzt von dem Trick gehört, dass man Jhana nicht wollen soll um es zu erreichen. Aber du willst es nur nicht, um es dann doch zu erreichen. Es ist nur ein Trick, der aber nicht funktioniert. Die Motivation ist immer noch Jhana haben zu wollen, versteckt sich aber hinter dem Trick. Es ist nicht unschuldig. Es ist Berechnung. Haben wollen.


    Wenn du Jhanas haben willst, kannst du aber ersteinmal nichts dagegen machen. Es ist ja auch genau der richtige Weg sich vom sinnlichen Begehren zu lösen, um ein höheres, feineres Glück zu erleben. Das ist meiner Meinung nach eine gute Richtung.


    Der Buddha hat das auch immer gelobt, den Überlieferungen im Palikanon nach.
    Aber du merkst ja selbst, dass man es nicht erzwingen kann.



    Es ist auch oft gut eine Lehrrede ganz zu lesen, weil dann manchmal noch verschiedene Aspekte zur Sprache kommen und die Lehrrede in ihrer Ganzheit wirken kann.


    Am besten man setzt sich einfach zur Meditation und schaut was passiert. Ohne Leistungsdruck und ohne unbedingt jetzt gleich, auf der Stelle etwas erreichen zu wollen.
    Einfach sitzen und den Übungsanweisungen folgen, wenn man welche hat. Aber ohne etwas erreichen zu wollen. Im Grunde sind Jhanas eher der Wegfall von etwas, als etwas zu bekommen oder zu erreichen.
    Im Theravada wird das als der Wegfall oder die zeitweise Hemmung der 5 Hindernisse bezeichnet: 1. Sinnenlust, sinnliches Begehren 2. Übelwollen, Ablehnung ( Hass) 3. Stumpfheit und Mattheit (auch: Starrheit, Trägheit) 4. Ruhelosigkeit und Aufgeregtheit (auch: Aufgewühltheit, Sorge, Gewissensunruhe) 5. skeptischer Zweifel.


    Diese 5 Hindernisse oder Hemmungen fallen zeitweise weg im Jhana oder sind wenigstens geschwächt, so sagt man.


    Und wenn man aufhört etwas erreichen zu wollen, etwas bekommen zu wollen, kann man nach Innen fallen. Und dann ist man glücklich. Weil das Glück schon immer da war. Aber Innen, nicht Außen. Wir schauen einfach oft nur in die falsche Richtung. Es ist schon alles da an Glück, Liebe und Frieden. Wird aber oft überdeckt, übersehen. In der Hektik des Alltags, durch erlernte Überzeugungen wie Leben auszusehen hat, Überzeugungen wie man sich zu verhalten hat, Überzeugungen welche Ziele man im Leben zu haben hat, Überzeugungen wo Glück zu finden ist.


    Deswegen ist es auch ein großes Glück und Geschenk in einer Gesellschaft oder Umständen leben zu können, wo man die Ruhe und Muße hat, sich mit innerem Glück oder sogar vollkommener Befreiung von allem Leid beschäftigen zu können und die Möglichkeit hat es auch zu leben im Alltag.


    Das ist alles aber nur meine Erfahrung und Meinung. Ich kann mich auch irren. Es soll eher eine Anregung sein.


    Letztendlich muß jeder mit sich leben und zurecht kommen mit dem was er denkt, sagt und tut. Man kann die Verantwortung nicht an andere abgeben. Aber wenn man hilfreiche Lehrer trifft oder liest, super.


    Zum Thema Jhana hat Ayyah Khema viel gesagt, was ich ähnlich erlebe:


    http://www.buddha-haus-shop.de…diovortraege-Deutsch.html


    Wenn du bei dem Link runterscrollst findest du unter der Überschrift: "Ayya Khema - Kolpinghaus 1995 - Die Vertiefungen" eine Vortrag in 3 Teilen. Wo sie gerade für Anfänger gut erklärt, wie ich finde, wie man Zugang zu den Jhanas bekommen kann.
    Mir half zum Beispiel "liebende Güte Meditation" als Zugang zu den Jhanas. Vorher hatte ich das durch Konzentration, Visualisationen und Achtsamkeit auf den Atem gemacht, was auch funktionierte, war mir aber irgendwann zu hart und starr. Also ich kam mir zu hart und zu starr vor irgendwann. Und jetzt funktioniert auch wieder der Atem ganz gut für mich.
    Ich meditiere zur Zeit allerdings eher selten.


    Daran sieht man auch, dass Meditation und Praxis nicht etwas Starres ist, sie entwickeln sich. Es ist wie wenn man einen Beruf oder eine Kunst erlernt. Für den Anfang gibt es Hinweise und Ratschläge die sich bewährt haben. Aber die Theorie ist nicht alles, sie ist nur der Anfang und ergänzend. Sie muß lebendig ins Leben gebracht werden, mit Leben erfüllt werden. Es muß funktionieren und nicht nur eine schöne Theorie bleiben. Und man ist normalerweise nicht von Anfang an perfekt darin, man lernt. Und das kann dauern. Deswegen ist wohl Geduld auch eine spirituelle Tugend.


    Der edle achtfache Pfad nach Buddha ist meiner Ansicht nach etwas sehr Tiefes. Nichts was man an einem Wochende meistert. Es gehört Übung dazu. Immer wieder. Rückschläge gehören genauso dazu. Deswegen sind auch qualifizierte, am besten verwirklichte Lehrer wichtig. So wie man auch im Beruf oder erlernen einer Kunst möglichst gerne von den besten Meistern lernt. Manchmal ist aber auch nur das Leben der Meister, was ja super wäre.


    Und zur Übung kann auch gehören, jeden Gedanken an eine Übung oder etwas zu erreichen, loszulassen. Aber das entscheidet der Einzelfall, jeder Mensch ist anders und einzigartig. Was für den einen jetzt gut ist, kann für einen anderen jetzt eher nicht hilfreich sein. Und was mir jetzt hilft, muß mir morgen nicht unbedingt weiter helfen. Praxis ist eine Kunst. Man sollte sich weder überfordern, noch unterfordern.
    Ich denke aber jeder der es will, sich in diese Richtung hingezogen fühlt, kann es schaffen.


    Ein gutes Beispiel, was jetzt nichts direkt mit der überlieferten Buddhalehre zu tun hat, ist Beppo Strassenkehrer aus Momo:



    Kann ich nur unterstreichen, genauso ist es.


    Allgemein kann ich noch das Buch: Anapanasati - Die sanfte Heilung der spirituellen Krankheit, von Ajahn Buddhadasa empfehlen, falls du es noch nicht kennst sascha_108:


    http://www.dhamma-dana.de/buec…a_bhikkhu-anapanasati.pdf


    Gibt aber sicher noch andere gute Literatur. Das Leben wird dich schon da hinführen, wo du gut lernen kannst. Mir hat auch geholfen mich mit anderen Lehren als der Buddhistischen zu beschäftigen und andere Dinge auszuprobieren.
    Muß man aber nicht. Aber eine allgemeine Offenheit ist sicher hilfreich.


    Am besten ist es, wenn man einen Lehrer oder eine Gruppe von Praktizierenden treffen kann, zu denen man Vertrauen hat und mit denen man umgehen kann. Ist aber nicht immer möglich. Dann kann oder muß man den Weg auch so gehen.


    Alles Gute lieber sascha_108. :)


    Und alles nur meine persönliche, unvollkommene Meinung. Nur weil es für mich gerade passt, muß es nicht bei dir auch so sein. Ich tanze und singe zum Beispiel auch gerne mal. Oder tue verrückte Dinge. Das tut mir gut.


    Liebe Grüße


  • Hallo Ji'un Ken, danke für deine Antwort. Vielleicht habe ich es falsch formuliert. Ich will nicht wissen, ob ich den buddhistischen Weg weiter gehen soll, vielmehr bin ich mir nicht sicher, ob er das überhaupt ist. Wenn mir nun jemand sagt, dass er oder sie das auch durchgemacht hat, alles bestens, dann freue ich mich, weil das wohl so sein muss, bevor es besser wird.


    mukti:

    Hallo sascha,
    Loslösung hat nicht Frustration zur Folge, sondern Freiheit, Weisheit, Glück und Frieden. Frustration entsteht immer nur aus Begehren und Anhaftung. Es dauert aber gewöhnlich sehr lange, völlige Befreiung zu erreichen. Ich denke daher man muss weder ein hausloser Bikkhu werden noch ein Materialist, sondern kann gemäß seiner Situation langsam und stetig weitermachen, den eigenen Mittelweg finden.


    Schöne Grüße,
    mukti


    Ja da hast du Recht. Ich begehre das Begehren. Ich bin traurig darüber, dass ich nichts mehr finde, dass mir wirklich Spaß macht, weil ich sofort das schlechte darin sehe: Sinnesvergnügen, Gefahr der Anhaftung, etc., gleichzeitig aber nicht den Ausgleich finde, den man hat, sobald man tiefere Meditationszustände erreicht.


    Raphy Danke für die Antwort, du hast mir einigen Stoff zum Nachdenken gegeben. :)

  • Hallo Sascha_108,
    ganz egal ob du einen buddhistischen Weg oder einen anderen geistigen Weg gehst - Wie erkennst du, dass du den für dich richtigen Weg gefunden hast und ihn auch richtig praktizierst?:
    Das ist immer dann der FAll, wenn genau drei Dinge zusammenkommen und persönlich erfahrbar anwachsen:
    Freude, Tatkraft und Furchtlosigkeit.
    Nehmen diese drei Tugenden zu, dann kannst du dir sicher sein, im Moment alles richtig zu machen. Fehlt eines der drei Elemente, dann läuft etwas falsch und du musst nach der Ursache dafür suchen.
    Warum sind es genau diese Eigenschaften? Weil sie letztendlich nicht abhängig von der bedingten Welt sind, sondern aus dem befreiten Geist von selber heraus entstehen. Erleuchtete Buddhas und Yogis zeigen genau diese drei Eigenschaften im Überfluss.
    Ebenso gilt: Wenn Mitgefühl und Weisheit aus ihren Ketten befreit werden, zeigt sich sich eine furchtlose freudvolle Kraft.


    Wenn ich mir deinen FAll anschaue, dann bemerkst du selber, dass dir die Freude etwas abgeht und sich mehr in Richtung Gleichgültigkeit verlagert. Hier gilt es, sein Verständnis erneut zu überprüfen. Setze ich z.B. irrigerweise Gleichmut mit Gleichgültigkeit gleich? HAbe ich wirklich verstanden, warum und wieviel Leid es tatsächlich gibt und habe ich verstanden, warum dann meine jetzige Situation so unglaublich kostbar ist? Weiss ich, dass ich selber mein KArma in der HAnd habe, und dieses MAl sogar bewusst? Weiss ich, dass zwar alles Bedingte entstehen und vergehen muss, es darüber hinaus aber etwas gibt, das nicht zusammengesetzt ist, also nicht geboren wurde und niemals zerfällt, eben das, was gerade jetzt durch deine Augen schaut und die Welt erlebt?
    Es gibt da sehr viele Ansätze und es obliegt immer dem einzelnen Praktizierenden, sich auch selber kritisch zu prüfen, ob noch alles rund läuft.
    Wie gesagt, drei Eigenschaften, die stetig auf dem richtigen Weg wachsen: Freude, Tatkraft und Furchtlosigkeit.

    Ewige Wachsamkeit ist der Preis der Freiheit

  • Mir ging es ähnlich.


    Binnen kürzester Zeit befreite ich mich vom Leid durch die Aufgabe der Anhaftung. Ich nahm Gutes hin, wenn es kam und blieb mir stets bewusst, dass es weder real noch dauerhaft war.
    Die Lust auf meine damalige Frau ließ mich nehmen, was gegeben wurde und ließ mich unbekümmert von dem, was nicht oder nicht jetzt gegeben wurde. Hat ihr auch nicht gepasst, dass anstatt des Begehrens nun Ruhe eingekehrt ist. Auf diesem Weg konnte ich also zwar mir, aber nicht meiner Umwelt den Frieden bringen.


    In genau dieser Zeit (auch für mich war es etwa ein Jahr der Einübung) musste ich mir einen neuen fahrbaren Untersatz beschaffen, weil die Familienkutsche anderweitig benötigt wurde. So stieg ich ganz unversehens nach 20 jahren familienbedingter Abstinenz auf ein gebrauchtes Motorrad und hatte schon bei der Probefahrt Tränen der Freude in den Augen. Es gelang mir ein paar Wochen, das überwältigende Glücksgefühl des kinetischen Erlebnisses buddhistisch zu dämpfen und das Motorrad auch als Quelle von Leid zu erkennen. Wenn es defekt ist, mir schaden kann, oder anderen.


    Aber weil meine buddhistische Konversion in meinem Umfeld von niemandem als hilfreich empfunden wurde oder eher der Umstand, dass ich viel weniger manipulierbar wurde störte, und mir das Motorrad so unglaubliche, kaum ungterdrückbare Freude machte, gab ich dem buddhistischen Weg den Abschied. Einiges, was ich damals erkannte und erlernte, beherzige ich bis heute, insbesondere die Einsicht in die Ursache des Leides.


    Genau gestern habe ich mir für 10.000 Euro ein neues Motorrad gekauft. Das, das ich bis dahin gefahren habe, hat mich seit dem Neukauf 2007 mehr als zweimal um die Erde getragen und ist verschlissen. Das neue hat 150 PS, es war mir wichtig, dass es schneller als 240 km/h fahren kann.
    Damit habe ich alle Anwartschaften auf neues Leid erworben und bin es auch noch selbst schuld. Und trotzdem wollte ich lieber leben, als mich von eigener Hand buddhistischerweise zum "Absterben" zu bringen, noch bevor ich Tod bin. Damit will ich Menschen, die den buddhistischen Weg weiter gehen, nicht gering achten und für viele ist es ein guter Weg zu Zufriedenheit und Wohlergehen. Ich habe mich so entschieden, jede andere Meinung respektiere ich.

  • üpoi:

    Und trotzdem wollte ich lieber leben, als mich von eigener Hand buddhistischerweise zum "Absterben" zu bringen, noch bevor ich Tod bin.


    Mein Gott, was habt ihr da gelernt? Ich denke, das war ein Missverständnis, oder? Es kann doch nicht darum gehen, sinnliches Erleben zum Absterben zu bringen. Oder darum, anderen Menschen gegenüber passiv zu werden. WAs ist das für eine Variante von Buddhismus?


    Lumin hat es sehr gut ausgedrückt, finde ich:

    Zitat

    Wie erkennst du, dass du den für dich richtigen Weg gefunden hast und ihn auch richtig praktizierst?:
    Das ist immer dann der FAll, wenn genau drei Dinge zusammenkommen und persönlich erfahrbar anwachsen:
    Freude, Tatkraft und Furchtlosigkeit.

  • Das Entsagen von der Welt ist ja nur Stufe 1 von 4. Ein Tor sozusagen zur großen weiten Welt des Dharma.
    Nun kommt Schritt zwei: es geht nicht um MICH und meine Freude an irgendwas.


    Es geht um die Entwicklung von Weisheit und Mitgefühl. Ein großartiger wunderbarer Weg. Das Höchste vom Höchsten. Da kann man jedes Sonstwas für in die Tonne drücken - außer die anderen Wesen. Mitgefühl ist der Schlüssel.


    Metta _()_ LL

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • sascha_108:

    Ich habe mein Studium mit Sehr Gut abgeschlossen, habe mit einer einzigen Bewerbung einen tollen Job gefunden und ziehe demnächst mit meiner Partnerin in eine schicke Wohnung.


    Das ist ja ekelhaft: Sehr gut, toll, Partnerin, schick.


    Zitat

    meinem aktuellen "Ich" ist das alles fast schon egal.


    Das glaubst du doch selbst nicht.


    Zitat

    Ich kann mich für nichts mehr begeistern.


    Außer für dein "Ich" (was immer das bei dir sein soll). Zähle doch mal, wie häufig du "ich, Ich" geschrien hast.


    Zitat

    Soll ich vor oder zurück?


    Bei dir ist das egal.


    Kongjiazhong

  • Erst mal danke an dich, sascha, dass du deine Gedanken geteilt hast. Offensichtlich ein wichtiges Thema.


    Losang Lamo:

    Das Entsagen von der Welt ist ja nur Stufe 1 von 4. Ein Tor sozusagen zur großen weiten Welt des Dharma.
    Nun kommt Schritt zwei: es geht nicht um MICH und meine Freude an irgendwas.


    Wenn ich entsagen will, geh ich zu den Christen.
    Zu den Buddhisten bin ich gegangen, weil ich hörte, dass sie Methoden haben, die einem helfen, unabhängig von den äußeren Umständen Freude zu entwickeln.

  • Jojo:

    Wenn ich entsagen will, geh ich zu den Christen.


    "Entsagung" meint hier: Samsara entsagen, den Geistesgiften entsagen.
    Ist leider ein missverständliches Wort, aber im Lamrim des tibetischen Buddhismus wird es in diesem Sinne verwendet.


  • Woher kommt diese Feindseligkeit? Neid, Eifersucht? Glaub es oder nicht, aber Erfolg im Leben zu haben macht nicht automatisch glücklich.
    üpoi hat scheinbar sehr ähnliche Erfahrungen gemacht. Man tötet das Glücksgefühl ab, weil man ja irgendwo mal gelesen hat, dass Sinnesvergnügen ja was schlechtes sind.


    Jojo gelernt habe ich von Büchern und Videos, d.h. ohne Lehrer oder Gruppe.


    EDIT:
    Jojo Das ich meine Gedanken hier öffentlich poste ist nicht ganz uneigennützig. Ich erhoffe mir ja auch davon, dass ich von euch etwas lernen kann. Ich mache scheinbar etwas fundamental falsch, sonst wärst du ja von üpoi's Antwort nicht so "geschockt" gewesen, die meinen Erfahrungen sehr nahe kommt.

  • Jojo:

    Erst mal danke an dich, sascha, dass du deine Gedanken geteilt hast. Offensichtlich ein wichtiges Thema.


    Losang Lamo:

    Das Entsagen von der Welt ist ja nur Stufe 1 von 4. Ein Tor sozusagen zur großen weiten Welt des Dharma.
    Nun kommt Schritt zwei: es geht nicht um MICH und meine Freude an irgendwas.


    Wenn ich entsagen will, geh ich zu den Christen.
    Zu den Buddhisten bin ich gegangen, weil ich hörte, dass sie Methoden haben, die einem helfen, unabhängig von den äußeren Umständen Freude zu entwickeln.


    Ach, komm schon: das meinte ich doch.


    Ich kann nix dafür, dass wir hier Deutsch sprechen und dass da viele Begriffe christlich besetzt sind.
    Auch in Buddhismus-Sprach benutzt man den Begriff "Entsagung", und meint damit die Konsequenz auf die 1. der 4 Edlen Wahrheiten. Wieso ist es eigentlich immer so schwierig in diesem buddhistischen Forum, Begriffe nicht im christlichen sondern im buddhistischen Kontext zu verstehen? :P

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Zitat

    Kongjiazhong


    Zitat

    Woher kommt diese Feindseligkeit?


    "Diese"? Welche?


    Zitat

    Neid, Eifersucht?


    Weswegen? Worauf?


    Zitat

    Glaub es oder nicht, aber Erfolg im Leben zu haben macht nicht automatisch glücklich.


    Hast du denn Erfolg im Leben, dass du dir darüber den Kopf zerbrechen musst? Sollen etwa deine einleitenden Aufzählungen Indikatoren des Erfolgs sein?


    Kongjiazhong


  • Lieber kongjiazhong, wenn ich folgendes geschrieben hätte:


    "Meine Freundin hat mich verlassen, meine Katze tot, meine Lieblingsserie wurde abgesetzt und ich habe meinen Job verloren und bin trotzdem nicht glücklich. Ich habe das Gefühl ich bin auf dem falschen Weg und bitte hiermit um Hilfe."


    wäre der Diskussionskern ein ganz anderer gewesen. Ich habe aber geschrieben, dass es mir eigentlich total super gehen müsste, weil in meinem Leben gerade alles gut läuft. Das entspricht den Tatsachen und sollte nicht mein Ego polieren. Wenn das anders gewirkt hat, dann bitte ich um Entschuldigung.


    Leider nagt z.Z. der Zweifel an mir. Ich kann nichtmals ein Buch lesen ohne an Buddhas Aufruf zur Ernsthaftigkeit zu denken. Das frisst Stück für Stück Energie und ich frage mich, was ich eigentlich falsch mache.

  • sascha_108:

    Ich habe (...) geschrieben, dass es mir eigentlich total super gehen müsste, weil in meinem Leben gerade alles gut läuft.


    Tut es also aber nicht. Das ist doch schon mal eine sehr gute Voraussetzung für die Praxis.


    Zitat

    Leider nagt z.Z. der Zweifel an mir.


    Noch eine sehr gute Voraussetzung, für eine wirklich effektive Praxis.


    Hör nicht auf zu fragen und mit vielen verschiedenen Leuten zu reden, bis es klickt. Folge deinem inneren Ampelsystem. Und gib dich nicht mit etwas zufrieden, was in deinem persönlichen Leben nicht funktioniert. Zweifel sind ein sehr gutes Instrument bei der Suche, auch Zweifel an sich selbst und der Art, wie man vorgeht.


    Ich sehe das wie ein Wissenschaftler. Der stellt auch nicht die Wahrheit auf, sondern erst mal eine Hypothese, und dann checkt er sie von allen Seiten durch. Wenn sie nicht funktioniert, wird sie hinterfragt und adjustiert.


    Natürlich muss man zwischendurch immer wieder Geduld zu üben, sich mit Texten (= die Berichte anderer "Wissenschaftler") in Offenheit und Ruhe auseinandersetzen, Dinge gründlich ausprobieren, bevor man sie verwirft (= Wiederholbarkeit von empirischen Versuchen testen), und auch mal was Unangenehmes aushalten (z.B. lange Sitzungen im Labor :)).


    Viel Glück auf deinem Weg. Es kann ein sehr interessanter Weg sein, finde ich.

  • Losang Lamo:

    Ach, komm schon: das meinte ich doch.


    Ich kann nix dafür, dass wir hier Deutsch sprechen und dass da viele Begriffe christlich besetzt sind.
    Auch in Buddhismus-Sprach benutzt man den Begriff "Entsagung", und meint damit die Konsequenz auf die 1. der 4 Edlen Wahrheiten. Wieso ist es eigentlich immer so schwierig in diesem buddhistischen Forum, Begriffe nicht im christlichen sondern im buddhistischen Kontext zu verstehen? :P


    He losang, ich hab dich nicht aus "pädagogischen" Gründen missverstanden.


    Ich begreife es nicht. Wie kann man den Begriff "entsagen" (= verzichten) benutzen, wenn man was ganz anderes meint? "Entsagen" meint im Wortsinne "sich abzuwenden". Das IST genau eines der drei Gifte.


    Ich weiß, wie diese Begriffe in den Buddhismus gelangt sind, sie entstammen Übersetzungen der grundlegenden Schriften, die im 20. Jahrhundert entstanden sind. Aber müssen wir sie wirklich weiter transportieren?


    Ich nehme ein kleines Beispiel aus den Meditationsanweisungen meiner Sangha. Dort wurde immer gesagt, man solle die Knie in den Boden "drücken", weil das irgendwann mal vom Japanischen über das Französische so ins Deutsche übersetzt worden war. Ich habe von Anfang an innerlich gegen diesen Begriff rebelliert, und mir das persönlich parallel-übersetzt als "Beine entspannen, Knie auf dem Boden ruhen lassen". Inzwischen wird gesagt: "Mit den Knien im Boden verwurzelt sein". Damit kann ich leben. Aber einige meiner Sitzkollegen, besonders die sehr eifrigen, haben einen kaputten Meniskus davon getragen, weil sie blindlings dieser Anweisung gefolgt sind, und ihre Schmerzen ignoriert haben.


    Ich finde, man muss notfalls jedes einzelne Wort hinterfragen, was man liest.

  • Gut, dann verstehe ich den Begriff anders. Vielleicht sollte ich es immer mit "freudig" Entsagen verziehren, um verstanden zu werden.
    Ich lerne aus solchen Missverständnissen, wie Du da dieses "Kniedrücken" beschrieben hast, dass man nie den gesunden Menschenverstand zugunsten von irgendwelchen Richtlinien aufgeben sollte.


    Entsagung bedeutet für mich: etwas als dumm oder schädlich erkannt zu haben und sich dann davon abzuwenden, ja, indem man sich zu etwas besseren, intelligenterem, unschädlichem, heilsameren hinwendet. In diesem Falle entsteht das Abwenden aus kluger Einsicht und nicht aus Hass bzw Geistesgift.
    Is schon nicht so einfach alles.


    Wenn ein Zennie auf seinem Kissen gerade sitzen bleibt ohne zu ruscheln und durchhält ohne zu klagen, dann ist das mMn eine Art der Entsagung in dem Moment. Er wird seine positiven Gründe haben, das so zu tun. Er macht das ja sicherlich nicht, um sich im katholischen Sinne selbst zu kasteien.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Jojo:

    Entsagen" meint im Wortsinne "sich abzuwenden".


    Richtig. Habe ich doch weiter oben erklärt wie der Begriff zu verstehen ist:


    Sherab Yönten:

    "Entsagung" meint hier: Samsara entsagen, den Geistesgiften entsagen.


    Jojo:

    Ich finde, man muss notfalls jedes einzelne Wort hinterfragen, was man liest.


    Man muss nicht jedes einzelne Wort hinterfragen, sondern den Zusammenhang verstehen.

  • Sherab Yönten:

    Man muss nicht jedes einzelne Wort hinterfragen, sondern den Zusammenhang verstehen.


    Und woher weiß ich, wann ich beim richtigen Verständnis angelangt bin? :|

  • Jojo:

    einige meiner Sitzkollegen, besonders die sehr eifrigen, haben einen kaputten Meniskus davon getragen, weil sie blindlings dieser Anweisung gefolgt sind, und ihre Schmerzen ignoriert haben.


    Und dem Lehrer hat noch keiner rechts und links eine runtergehauen ? }:-)

  • Jojo:
    Sherab Yönten:

    Man muss nicht jedes einzelne Wort hinterfragen, sondern den Zusammenhang verstehen.


    Und woher weiß ich, wann ich beim richtigen Verständnis angelangt bin? :|


    Wie wäre es mit Nachfragen ? :)


    Bitte erklärt mal wie der tibetische Buddhismus den Begriff Entsagung versteht !


    Du hattest so reagiert:


    Jojo:

    Wenn ich entsagen will, geh ich zu den Christen.