Achtsamkeit für Dummies :-/

  • Als ich neulich einen Waldspaziergang machte, ist mir nach einiger Zeit aufgefallen, dass ich nicht die Stille der Natur genieße und die Atmosphäre des Waldes, sondern mal wieder Grübeleien über Alltagskram nachhing. Ich hielt inne :) und beschloss, den Rest des Weges achtsam dahinzuschreiten. Und ich dachte mir, wie schön es doch ist, achtsam durch den Wald zu gehen, achtsam die Bäume zu betrachten und achtsam dem Vogelgezwitscher zu lauschen, bis mir klar wurde, dass ich nun schon wieder nicht achtsam im Hier und Jetzt des Waldes verweile, sondern über meine Achtsamkeit nachdenke *grmpf*


    Auch in der Meditation ist es immer noch so, dass ich nur wenige Sekunden bei meinem Atem verweilen kann und immer wieder in Grübeleien verfalle – falls ich nicht ohnehin dabei einschlafe. :| Natürlich fällt mir das immer wieder auf und ich kehre brav zu meinem Atem zurück, aber irgendwie ist es dann auch eher so, dass ich darüber nachdenke, dass ich nun – Hurra! – wieder bei meinem Atem bin. Bin ich deppert?


    Kann jemand wie ich, der ohnehin als zerstreuter Professor bekannt ist, und der nicht in der Beschaulichkeit eines Klosters verweilt, wo achtsames Bodenschrubben eine willkommene Abwechslung im müßigen Kloster-Alltag ist, überhaupt lernen, über längere Zeit wirklich achtsam zu sein?


    Wie ist das bei euch? Schafft ihr 100%ige Achtsamkeit auf eine Sache, ein Ding usw. über einen längeren Zeitraum als nur ein paar Sekunden, wenn überhaupt?


    Wird das irgendwann besser? Ich kann doch nicht ewig Anfängerin bleiben. :(

  • Hi Elke,


    den folgenden Beitrag stelle ich immer wieder gerne ein. Wallace beschreibt sehr gut die verschiedenen Stufen der Achtsamkeit. Es ist normal wenn man mit der Stufe 1 beginnt.


    1. Nach innen gerichtete Achtsamkeit
    2. Stetig gerichtete Achtsamkeit
    3. Wieder zurück gerichtete Achtsamkeit
    4. Zunehmend gerichtete Achtsamkeit
    5. Gezähmte Achtsamkeit
    6. Beruhigte Achtsamkeit
    7. Vollständig beruhigte Achtsamkeit
    8. Einsgerichtete Achtsamkeit
    9. Ins Gleichgewicht versetzte Achtsamkeit
    10. Shamatha


    Zu 1)


    Was erreicht ist: Man vermag die Achtsamkeit auf das gewählte Objekt zu richten.
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Die Anweisungen erlernen
    Welche Probleme bleiben: Keine Kontinuität der Achtsamkeit auf das Objekt
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Grobe Erregung
    Art des mentalen Engagements: Fokussiert
    Qualität der Erfahrung: Bewegung
    Unfreiwillige Gedanken: Der Fluss unfreiwilliger Gedanken gleicht einem tosenden Wasserfall


    Zu 2)


    Was erreicht ist: Kontinuierliche Achtsamkeit auf das gewählte Objekt bis zu einer Minute
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Die Praxis überdenken
    Welche Probleme bleiben: Die Achtsamkeit ruht zumeist nicht auf dem Objekt
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Grobe Erregung
    Art des mentalen Engagements: Fokussiert
    Qualität der Erfahrung: Bewegung
    Unfreiwillige Gedanken: Der Fluss unfreiwilliger Gedanken gleicht einem tosenden Wasserfall


    Zu 3)


    Was erreicht ist: Schnelles Wiederherstellen der abgelenkten Achtsamkeit
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Achtsamkeit
    Welche Probleme bleiben: Das Objekt wird immer noch kurzzeitig völlig vergessen
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Grobe Erregung
    Art des mentalen Engagements: Unterbrochen
    Qualität der Erfahrung: Bewegung
    Unfreiwillige Gedanken: Der Fluss unfreiwilliger Gedanken gleicht einem tosenden Wasserfall


    Zu 4)


    Was erreicht ist: Man vergißt das gewählte Objekt nicht mehr vollkommen
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Achtsamkeit, nun sehr stark
    Welche Probleme bleiben: Ein gewisses Maß an Selbstzufriedenheit bzgl. Samadhi
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Grobe Laschheit und mittlere Erregung
    Art des mentalen Engagements: Unterbrochen
    Qualität der Erfahrung: Erlangung
    Unfreiwillige Gedanken: Unfreiwillige Gedanken gleichen einem rasch duch eine Felsenschlucht strömenden Fluss


    Zu 5)


    Was erreicht ist: Man bezieht Befriedigung aus dem Samadhi
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Selbstbeobachtung
    Welche Probleme bleiben: Ein gewisser Widerstand gegen Samadhi
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: mittlere Laschheit und mittlere Erregung
    Art des mentalen Engagements: Unterbrochen
    Qualität der Erfahrung: Erlangung
    Unfreiwillige Gedanken: Unfreiwillige Gedanken gleichen einem rasch duch eine Felsenschlucht strömenden Fluss


    Zu 6)


    Was erreicht ist: Kein Widerstand mehr gegen das Achtsamkeitstraining
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Selbstbeobachtung
    Welche Probleme bleiben: Begierde, Depression, Lethargie und Schläfrigkeit
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Mittlere Laschheit und subtile Erregung
    Art des mentalen Engagements: Unterbrochen
    Qualität der Erfahrung: Erlangung
    Unfreiwillige Gedanken: Unfreiwillige Gedanken gleichen einem gemächlich duch ein Tal fließenden Fluss


    Zu 7)


    Was erreicht ist: Befriedigung von Anhaftung, Melancholie und Lethargie
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Enthusiasmus
    Welche Probleme bleiben: Subtile Unausgewogenheiten der Achtsamkeit, werden rasch behoben
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Subtile Laschheit und Erregung
    Art des mentalen Engagements: Unterbrochen
    Qualität der Erfahrung: Vertrautheit
    Unfreiwillige Gedanken: Der begrifflich denkende Geist ist still wie ein von Wellen unbewegter Ozean


    Zu 8


    Was erreicht ist: Samadhi ist, ohne Erregung oder Sinken, lange anhaltend
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Enthusiuasmus
    Welche Probleme bleiben: Das Abwenden von Erregung und Sinken erfordert immer noch Anstrengung
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Latente Impulse zu subtiler Erregung und Laschheit
    Art des mentalen Engagements: Ununterbrochen
    Qualität der Erfahrung: Stille Unbewegtheit
    Unfreiwillige Gedanken: Der begrifflich denkende Geist ist still und unbewegt wie der Berg Meru, der König der Berge


    Zu 9)


    Was erreicht ist: Makelloser Samadhi
    Die Kraft durch die das erreicht wird: Vertrautheit
    Welche Probleme bleiben: Unausgewogenheiten der Achtsamkeit können künftig wiederkehren
    Unausgewogenheit der Achtsamkeit: Die Ursachen für diese Unausgewogenheiten sind noch latent vorhanden
    Art des mentalen Engagements: Mühelos
    Qualität der Erfahrung: Vervollkommung
    Unfreiwillige Gedanken: Der begrifflich denkende Geist ist still und unbewegt wie der Berg Meru, der König der Berge


    Die Erregungszustände werden von Wallace wie folgt definiert:


    Grobe Erregung: Die Achtsamkeit löst sich vollkommen vom meditativen Gegenstand
    Mittlere Erregung: Unfreiwillige Gedanken stehen im Mittelpunkt der Achtsamkeit, während der meditative Gegenstand an den Rand versetzt ist.
    Subtile Erregung: Der meditative Gegenstand verbleibt im Mittelpunkt der Achtsamkeit, aber unfreiwillige Gedanken tauchen an ihrem Rande auf


    Die Definition der Laschheitszustände:


    Grobe Laschheit: Die Achtsamkeit löst sich weitgehend vom Objekt aufgrund unzureichender Wachheit und Frische.
    Mittlere Laschheit: Das Objekt erscheint, aber nicht sehr scharf und deutlich
    Subtile Laschheit: Das Objekt erscheint scharf und deutlich, aber die Achtsamkeit ist ein bißchen schlaff."


    Zitiert aus "Die Achtsamkeitsrevolution" von B. Alan Wallace.


    Anmerkung:
    Ab Stufe 6 wären die Zustände nur noch im Rahmen eines längeren Retreats zu realisieren.


    Je nach Erregungs - oder Laschheitszustand pendel ich zwischen den verschiedenen Stufen hin und her. Mal klappt es sehr gut, mal weniger gut. :)

  • Namaste Elke


    wenn du bemerkst was du da tust, kannst du doch gar nicht so unachtsam sein, oder ?
    Vielleicht ist deine Achtsamkeit auf deinen Atem nur ein Vorwand, ein Katalysator um wahre Achtsamkeit zu üben.
    Zu beobachten was im Geist passiert, ihn zurück zu holen und zu besänftigen.
    Da haben Vorwürfe keinen Platz. Du machst das super.



    Gute Wünsche,
    Karma Pema

  • Hallo Elke,
    als kleine Einschätzungshilfe: in meinem Job bringe ich psychiatrischen Patienten das Achtsamkeitskonzept nahe.
    Sie bleiben für einen Zeitraum von bis zu 8 Wochen bei uns. Diese Zeit reicht, um eine deutliche Veränderung im
    Sinne von gesteigerter Achtsamkeit und Symptomverminderung / -Freiheit zu erreichen.


    Woran es bei dir liegt, das du das Gefühl hast nicht voran zu kommen weiß ich nicht.
    Aber ein paar Gedanken:
    - übst du wirklich kontinuierlich/ regelmäßig ? Eine regelmäßige, sprich tägliche Übung (mindestens 1x) ist unabdingbar.
    Hier gilt: Viel hilft viel !
    - übst du mit der richtigen Maßnahme ? Man benötigt sowohl die formale Achtsamkeitsmeditation als auch die in-
    formellen Übungen (die alltäglichen Verrichtungen achtsam durchführen).


    - wendest du das Konzept richtig an ? Für Grübeleien und den "zerstreuten" Professor benötigst du eine Grundlage
    (Achtsamkeit auf Körper und Atmung). Darauf aufbauend dann die Übung "Achtsamkeit auf die Gedanken".
    Das Gedanken auftreten ist normal. Sie sollen dann wahrgenommen, identifiziert und losgelassen werden. Immer wieder.


    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß sich die Achtsamkeit sehr wohl einen langen Zeitraum über bewahren lässt.
    Das benötigt aber auch einen ernsthaften Entschluß des Übens und kontinuierliches Üben und eben die beiden Richtungen
    des TRainings: formale Meditation + informelle Übungen im Alltag.


    LG Rolf

  • Hallo Elke,
    ich fand es sehr hilfreich, was im "Geist des Zen" gesagt wird: Das Merken der Un-Achtsamkeit ist Achtsamkeit.
    So und nicht anders konnte ich mich darin schulen, immer wieder "die Kuh aus dem Gemüsebeet" zu ziehen.


    Ich verstehe unter Achtsamkeit - abgesehen von der Meditation -, dass ich immer mit einer "hinterkopfartigen" Aufmerksamkeit meinen üblichen Beschäftigungen oder Nicht-Beschäftigen nachgehe, wie z.B. beim Autofahren. Achtsam alle Bäume und Blumen wahrzunehmen, ist für mich der Fokus, den ich ganz bewusst darauf richte, wenn ich das will. Ich kann auch achtsam über bestimmte Themen nachdenken - auch im Wald. Sobald ich jedoch merke, dass ich grüble, hat meine Achtsamkeit die Bremse angezogen und ich kann mich erneut ausrichten.
    Wie ich an anderer Stelle schon mal schrieb, sobald mir ein Fehler unterläuft oder ich mich beispielsweise am Türrahmen stoße, weiß ich, dass ich nicht achtsam bin und schon justiere mich wieder neu.


    Es geht in Fleisch und Blut über, wenn es immer wieder geübt wird. Deshalb weiß ich eigentlich gar nicht mehr, wie ich ohne diese Methode je hab überleben können. :lol:
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Elke:


    Kann jemand wie ich, der ohnehin als zerstreuter Professor bekannt ist, und der nicht in der Beschaulichkeit eines Klosters verweilt, wo achtsames Bodenschrubben eine willkommene Abwechslung im müßigen Kloster-Alltag ist, überhaupt lernen, über längere Zeit wirklich achtsam zu sein?


    Lächle :) Lass dich durch dein Lächeln an Achtsamkeit erinnern.

  • Genauso sehe ich das auch.

    Karma Pema:

    Namaste Elke


    wenn du bemerkst was du da tust, kannst du doch gar nicht so unachtsam sein, oder ?

  • Ich danke euch für eure Antworten, die ich alle sehr hilfreich finde!


    Danke Sherab für das ausführlich Zitat aus der „Achtsamkeitsrevolution“. Da hab ich noch ein ganzes Stück Weg vor mir. :?


    Karma:

    wenn du bemerkst was du da tust, kannst du doch gar nicht so unachtsam sein, oder ?


    Das ist auch meine Hoffnung, Karma, auch wenn die Meinungen da hier ein wenig auseinandergehen, wie ich sehe. Aber ich bemerke schon, dass es mir schneller auffällt, wenn ich ins Grübeln abgleite.


    RolfGe:

    übst du wirklich kontinuierlich/ regelmäßig ?


    Ich muss gestehen, da bin ich noch undiszipliniert und lasse es mitunter wieder schleifen. Ich habe mir jetzt vorgenommen (mal wieder...) nun wirklich täglich zu üben, z. B. Mahlzeiten achtsam einzunehmen. :|


    Monikadie4.:

    Es geht in Fleisch und Blut über, wenn es immer wieder geübt wird. Deshalb weiß ich eigentlich gar nicht mehr, wie ich ohne diese Methode je hab überleben können.


    Ich hoffe, es wird bei mir auch so sein, Monika.


    Keks:

    Lächle :) Lass dich durch dein Lächeln an Achtsamkeit erinnern.


    Danke, Keksi :D

  • Grüne Berge zeugen weiße Wolken.
    Weiße Wolken sind die Kinder der Berge.
    Weiße Wolken hängen Tag um Tag umher.
    Die grünen Bege stört dies wenig.


    Tongshan Liangjie


    Wieso sollten also Gedankenwolken ein Problem sein? Kämpf einfach nicht gegen dich.

    Ich bin nicht im Heiligen Geschäft. Ich sing mein eigenes Lied.
    U.G.

  • Hallo Elke,

    Elke:

    Kann jemand wie ich, der ohnehin als zerstreuter Professor bekannt ist, und der nicht in der Beschaulichkeit eines Klosters verweilt, wo achtsames Bodenschrubben eine willkommene Abwechslung im müßigen Kloster-Alltag ist, überhaupt lernen, über längere Zeit wirklich achtsam zu sein?


    Das meiner Meinung nach wirklich beste Meditationsobjekt für den Alltag ist: Metta.


    Wenn dieses Gefühl des Wohlwollens / der Freundlichkeit für einen Anfänger nicht gleich wie Selbstverständlich entsteht: es beginnt mit einem Lächeln.


    Ich habe es so getan, als ich bei meinem Lehrer anfing: Ich war recht verbissen, hatte auch kaum Klarheit und Achtsamkeit im Alltag. Also habe ich eine Übung verschrieben bekommen, die umzusetzen mir anfangs wirklich schwer fiel: Ich sollte lächeln: Wann immer ich bemerkte, dass ich nicht lächelte, sollte ich, welchen Gedanken auch immer, einfach loslassen, mich entspannen und zum Lächeln zurückkehren. Haha. Man, ich kam mir vielleicht komisch vor. Aber, ich habe es so gut es ging durchgezogen und es hat funktioniert. Auf diese Weise habe ich alle wichtigen Aspekte der buddhistischen Meditation geübt: Unheilsames erkennen, damit aufhören, Heilsames aufbringen und es aufrecht erhalten.


    Es ist wundervoll und richtig, im Alltag Achtsamkeit auf' Lächeln (im Herzen, in den Augen und auf den Lippen) zurück zu kehren.


    Auf diese Weise Meditation zu üben ist jederzeit möglich und stört bei keiner Tätigkeit - was immer man gerade auch tut.


    Der Trainingseffekt machte sich dann natürlich auch auf dem Kissen bemerkbar, da ich man ja permanent Erkennen, Loslassen, Entspannen und zum Objekt zurückkehren geübt hatte. Ich tue es bis heute.


    Schöne Grüße

  • 1. Lächeln
    2. Mu :)


    Nicht Mu als Koan benutzen und sich immer wieder eine Frage stellen, sondern beim Ausatmen ein langezogenes Muuu :) Zum einen kommen da dann nur noch wenig andere Gedanken auf, zum anderen kann man sich so auch immer wieder leicht an Achtsamkeit erinnern. Da kommen dann nach und nach immer öfter so klitzekleine Momente von vielleicht 1 oder 2 Sekunden wo alles - ich weiss nicht wie ich es beschreiben soll - alles voll Liebe und Freie ist. Das fühlt sich an wie, hm, besser als Sex :oops:

  • keks:

    Nicht Mu als Koan benutzen und sich immer wieder eine Frage stellen, sondern beim Ausatmen ein langezogenes Muuu :)


    Da kommt das Lächeln dann ganz automatisch bei mir. ;)


    keks:

    Da kommen dann nach und nach immer öfter so klitzekleine Momente von vielleicht 1 oder 2 Sekunden wo alles - ich weiss nicht wie ich es beschreiben soll - alles voll Liebe und Freie ist.


    Das liest sich sehr verheißungsvoll und ich möchte das auch erleben - und muss natürlich dabei aufpassen, nicht mit allzu großen Erwartungen an die Sache ranzugehen.


    keks:

    Das fühlt sich an wie, hm, besser als Sex :oops:


    Äh…das fällt meinereiner schwer zu glauben, motiviert mich aber nun umso mehr! :grinsen:

  • Elke:


    Das liest sich sehr verheißungsvoll und ich möchte das auch erleben - und muss natürlich dabei aufpassen, nicht mit allzu großen Erwartungen an die Sache ranzugehen.


    Das muss von der eigenen Erfahrung kommen, alles andere wäre nur wieder übernommenes Zeugs von anderen Menschen und genau das macht es auch so reizvoll. Das meiste andere haben wir von anderen Menschen ungefragt übernommen. Nun haben wir mal die Möglichkeit durch eigene Erfahrung etwas rauszufinden das dann auch keiner mehr wegnehmen kann :shock:


    Gedanken müssen gezwungenermassen angehalten werden, ansonsten funktioniert da gaaar nichts :? Die kann man danach beim Geschirr waschen wieder haben, bei Erleuchtungsdingern sind sie hinderlich. Wenn man dann beim Meditieren andauernd nur Mu ausatmet und nach einiger Zeit damit aufhört dann sind Gedanken erstmal eine Weile angehalten und das Gewurstel im Kopf unterbrochen }:-)

  • Elke,
    bitte verzeih, doch die reine Achtsamkeit auf die Atmung scheint mir tatsächlich eine Achtsamkeit nur für Dummies! Ich halte sie für beinahe sinnlos, jedenfalls aber für extrem langweilig. Würde ich vergleichsweise statt einen Film anzusehen unentwegt nur auf den Filmprojektor glotzen, wäre meine Aufmerksamkeit ebenso bald pfutsch. Offen gesagt habe ich auch keine Ahnung, was am Zählen von Atemzügen angeblich so heilsam ist, abgesehen von ein bisschen Einstimmung.


    Ebenso bin ich mir nicht ganz sicher, wie intelligent es ist, Mu zu rufen und die Gedanken anzuhalten, wie keks gerade meinte. Bitte verzeih auch du, lieber keks, die Ansichten zur Meditation sind nun mal sehr verschieden. :!:


    Ich möchte jedoch erklären, was es aus meiner Sicht mit der Atmung auf sich hat und wie ich mir das alles so vorstelle. Leider brauche ich dafür etwas mehr als nur drei Sätze. Ich habe aber ehrliches Interesse, auch die Erfahrungen anderer Menschen zu hören und zu sehen, wie es bei anderen funktioniert. Von mir aus auch mit Mu.


    Zunächst finde ich Mircos Rat ausgesprochen gut. Denn die vorgeschlagene Achtsamkeit auf das Lächeln hilft wirklich, Heilsames zu erkennen, wie er schreibt. Es ist daher keine beliebige Achtsamkeit, sondern eine Achtsamkeit, die davon motiviert ist, inneres Glück zu finden, erfolgreich zu meditieren, unterstelle ich mal. Dieses Glück hat, wie Mirco schreibt, mit liebender Güte zu tun. Warum ist das so?


    Ich meine, unser soziales Hirn lässt uns lächeln. Unser Lächeln beginnt im allerersten Lebensjahr und da ausschließlich im Kontakt zu anderen Menschen. Beziehungsweise kann es zu Beginn auch durch das gezeichnete und leicht bewegte Schema eines Gesichts ausgelöst werden – etwas später dann nur noch durch echte Gesichter, das Kind erschrickt vor der Attrappe.


    Der Gedankeninhalt, der verlässlich lächeln lässt, ist daher die tiefe Zuneigung zu einem anderen Menschen, würde ich sagen. Hier ist die Spur zu finden, die m.E. zu einem harmonischen Geist führt. Die Spur selbst, das Lächeln, ist aber bloß ein simpler Reflex. Eigentlicher geht es natürlich darum, Zuneigung für einen anderen Menschen auch wirklich empfinden zu können. Erst wenn das gelingt, dann darf die Achtsamkeit sagen: Erfolg!


    (Es ist übrigens zumeist nicht so, dass mir dieses Gernhaben gleich gelingen würde, selbst wenn ich an meinen Lieblingsmenschen denke.)


    Auch wenn das Lächeln also eine Art Anker ist, so gilt die Ausrichtung den Gefühlen im Hintergrund. Ich glaube, dieses Erfahren von Emotion kann sehr helfen, eine generelle Verbindung zum Wohlbefinden der anderen Menschen herzustellen, um das es nun gehen soll.


    Wieder handelt es sich m.E. nur um die soziale Beschaffenheit unseres Gehirns, das sich seit vermutlichen 100 000 Jahren organisch und größenmäßig kaum verändert hat. Diese uralte Beschaffenheit sagt schlicht Folgendes: Die Freude der Gruppe, in der wir sind, ist die eigene Freude – und zwar ohne alle intellektuellen Vorbehalte. Primitives Primatenhirn!


    Daher möchte ich diesen Zustand als geistige Harmonie bezeichnen, und zwar, weil ihm eine Ahnung von tiefem Glück folgen kann. Ein Gefühl, das irgendwie an Gold denken lässt, jedenfalls an Tagen, wo unser Primatenhirn chemisch ausreichend mitspielt. Vielleicht ist es allerdings auch Gott, der Hallo sagt :)


    Ein typisches Signal für das Empfinden von geistiger Harmonie scheint mir nun der nach dem Lächeln zweite Reflex: die Veränderung des Atemmusters – die Atmung wird reflexartig tiefer. Jetzt ist es, jedenfalls nach meiner Ansicht, erst möglich, die Atmung wirklich zu benutzen. Denn sie kann nun helfen, etwas so schwer Fassbares wie bewusstes Glück auszudehnen und ein bisschen darin zu baden. So sehe ich das mit der Atmung.


    Übrigens kann natürlich auch eine liebe Fellatorin tolle Gefühle schenken, insofern hat keks mit seinem Vergleich womöglich recht. Bloß würde ich auch dabei an was anderes als meine Atmung denken ;)

    Einmal editiert, zuletzt von Karnataka ()

  • keks:

    ...dann sind Gedanken erstmal eine Weile angehalten und das Gewurstel im Kopf unterbrochen


    Wenn es denn darum ginge, die Gedanken anzuhalten.... Darum geht es aber nicht. Es geht z.B. darum, zu beobachten, wie Gedanken entstehen. Um zu lernen, wie der Geist funktioniert. Uebt man Techniken ein, mit denen das Entstehen von z.B. Gedanken verhindert wird, kann nichts ueber die Funktionsweise des Geistes (Bedingtes Entstehen) gelernt werden.


    Schoene Gruessee

  • Zitat

    Wenn es denn darum ginge, die Gedanken anzuhalten.... Darum geht es aber nicht. Es geht z.B. darum, zu beobachten, wie Gedanken entstehen. Um zu lernen, wie der Geist funktioniert. Uebt man Techniken ein, mit denen das Entstehen von z.B. Gedanken verhindert wird, kann nichts ueber die Funktionsweise des Geistes (Bedingtes Entstehen) gelernt werden.


    Das Anhalten von Gedanken ist nach meiner Erfahrung sehr unheilsam. Irgendwann kommt das Verdrängte nämlich wieder hoch. Und zwar in geballter Form.
    Ich lief sehr lange diesem Irrtum nach und habe nun festgestellt, dass es äußerst schwer ist, den natürlichen Fluss zu erlauben.
    Beobachten und akzeptieren. Daraus lernen und weiter gehen.


    Danke für die Erinnerung, Mirco.
    Der Irrglaube löst sich langsam auf.

  • keks:


    Gedanken müssen gezwungenermassen angehalten werden, ansonsten funktioniert da gaaar nichts :? Die kann man danach beim Geschirr waschen wieder haben, bei Erleuchtungsdingern sind sie hinderlich. Wenn man dann beim Meditieren andauernd nur Mu ausatmet und nach einiger Zeit damit aufhört dann sind Gedanken erstmal eine Weile angehalten und das Gewurstel im Kopf unterbrochen }:-)


    Hallo Keks,
    Gedanken müssen nicht gezwungen werden anzuhalten, der Fluss der Gedanken löst sich von selbst, wenn er nicht weiter beachtet wird. Immer wiederkehrende Muster jedoch sollten beobachtet werden. Es kommt aber darauf an, welche Form der Meditation Du bevorzugst. Ich z.B. beachte gerade beim Geschirrspülen oder ähnlichem - eigentlich den ganzen Tag - meine Gedanken, mal mehr, mal weniger. Je nach Verfassung. Ein friedvoller Geist braucht keine besondere Aufmerksamkeit. ;)


    Was sind denn Erleuchtungsdinge? Ich trenne das nicht vom Alltäglichen. Die gesamte Lebensweise ist entweder hinderlich oder fördernd in puncto Befreiung. Du kannst meditieren bis zum Umfallen. Wenn sich Deine Praxis nur darauf bezieht, dann hört das Gewurschtel im Kopf nie auf. Die Achtsamkeit kann ununterbrochen geübt werden - und sie gibt reichlich Aufschlüsse und Einsichten.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

    • Offizieller Beitrag

    Es ist sehr schön, die Natur zu geniesen und ganz in einen Wald und seine Stimmung einzutauchen. Das kann gerade im Kontrast zum hektischen Alltagsleben sehr erhohlen. Will man aber sowas wie in einer besonders schönen Umgebung ganz aufgehen, dann wird alles was nicht zum gewünschten Naturelebnis gehört, zur Störung.


    Es gibt eine Tendanz Achtsamkeit mit dem Idyllischen und Schönen zu assoziieren. Aber eigentlich bedeutet Achtsamkeit im Budhismus nur gegenwärtigen Moment zu sein. Das heisst es sollte egal sein, ob es sich um einen idyllischen Wald oder um eine lärmende Baustelle handelt. Wenn das egal ist, dann ist auch das Wirrwarr der eigenen Gedanken keine Störung.

  • Monikadie4.:
    keks:


    Hallo Keks,
    Gedanken müssen nicht gezwungen werden anzuhalten, der Fluss der Gedanken löst sich von selbst, wenn er nicht weiter beachtet wird. Immer wiederkehrende Muster jedoch sollten beobachtet werden.


    Gehen wir mal von Buddha aus.
    http://www.palikanon.com/wtb/jhana.html
    Erst alle 8 Vertiefungen, danach der sogenannte grosse Tod (pro Vertiefung rechnet man im Schnitt 30 Minuten). Dafür müssen gezwungenermassen Gedanken zur Seite geschoben werden.
    Das kann man durch Koans bewerkstelligen.
    Daraus entsteht eigenes Wissen und Erfahrung. (Ohne eigene Erfahrung braucht man gar nicht erst am Karma arbeiten) Danach kommt die daraus entstehende Karmaarbeit.
    Dazwischen kleinere weitere Abschnitte z.B. auslösen von angelernten Verhaltensmustern.
    Dann Buddhaschaft, dann Nirvana.

  • Hallo Keks,
    die Jhanas sind nicht notwendig, um Befreiung zu erlangen. Buddhaschaft werden wir ohnehin nicht erlangen, denn das ist eine ganz andere Liga. Zu einem Buddha wurde der Siddharta geboren. Er konnte dies nicht durch noch so viele Maßnahmen erreichen. Es war sein Karma.


    "Arbeiten an meinem Karma" kann ich auch ganz ohne Meditation, sobald ich das Prinzip verstanden habe.
    Wer aufmerksam beobachtet, erkennt auch die Ursachen für die entstandenen Wirkungen. So jedenfalls meine Erfahrungen.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)