Wie finde ich von Mitleid zu Mitgefühl?

  • Hallo,


    in der Praxis und durch einen "Zufall", bin ich mir dessen bewußt geworden, dass ich häufig mitleide, wenn es anderen schlecht geht.


    Stattdessen würde ich aber gerne nur Mitgefühl haben. Gibt es eine Übung oder eine sonstige Hilfestellung, wie man "nicht mitleidet, sondern mitfühlt"? Doch mir fehlt nicht nur das praktische Mitgefühl, ich verstehe schon theoretisch nicht ganz wie das geht, denn wenn ich fühle, leide ich ggfs. ja auch!?


    Würde mich freuen, wenn ihr mir aushelft oder mir zumindest die Richtung weist, in die ich gehen könnte! :)

  • Da hilft nur Achtsamkeit (Sati) auf sich und andere.
    Sati beinhaltet auch das "sich rückbesinnen". Wie hat sich das (Trauer, Schmerz, Eifersucht usw.) mal bei mir angefühlt? War das angenehm, unangenehm oder neutral? Wie hätte ich mir da den Umgang "der Anderen" mit mir gewünscht? Was hätte gut getan bzw. geholfen?



    Wenn Du z.B. zornig bist, geht es Dir dann gut? Fühlt sich das gut an? Nicht so richtig oder? (Warum tust Du es dann)
    Auch der Grund für Zorn ist ja meist kein angenehmer für den Be - (Ge-) troffenen.


    Wie entsteht .... ist .....vergeht denn Zorn. Beobachte es mal.


    So kannst Du es mit allen Gefühlen machen. Beobachten wie sie entstehen, .... sind .... und wieder vergehen.


    Ist dann da Mit-fühlen ohne darunter zu leiden nicht auf einmal etwas einfacher?


    ()

  • Naja, schon, Achtsamkeit bezüglich Gefühlen hab ich schon mal gehört. :) Aber ich will mal das Problem konkretisieren:


    Ich streite mich mit jemandem. Mein Gegenüber ist wütend. Ich werde auch zunehmend wütend. --- Ich merke es, werde achtsam, und finde heraus, warum der andere mich anblufft. Er ist sehr gestresst und macht sich große Sorgen um seine große Liebe, die schwer krank darniederliegt. Er ist nicht wirklich wütend auf mich, sondern einfach mit der Situation überfordert.


    In dem Moment wo ich mir das klar mache, leide ich aber mit ihm, denn "wie aus dem Nichts" spüre ich seinen Schmerz und würde ihm am Liebsten seinen Schmerz von den Schultern streichen. Ist das nun Mitleid oder Mitgefühl? Ich habe den Eindruck, es ist Mitleid, was ich für ihn empfinde.


    Ich meine, es ist insofern egal (ob Mitleid oder Mitgefühl), als ich mich beruhige und ihm nicht die Schuld für seinen Ausfall gebe, sondern es gelassen hin nehme, dass er sich abreagieren muss. Aber für mich persönlich unangenehm ist, dass ich seine Probleme "mittrage" bzw. "mitleide" und mich hier nicht richtig abgrenzen kann, sobald ich mich in ihn hineinversetze. Ich spüre dann seinen Schmerz, seine Verlustangst in meiner Brust.

  • buddhassohn:

    Aber für mich persönlich unangenehm ist, dass ich seine Probleme "mittrage" bzw. "mitleide" und mich hier nicht richtig abgrenzen kann, sobald ich mich in ihn hineinversetze. Ich spüre dann seinen Schmerz, seine Verlustangst in meiner Brust.


    Hi & willkommen buddhassohn


    Mit-leid (karuna) ist eben auch ein Leid (dukkha).


    Der Buddha lehrt Leid kommt von Anhaftung, und Anhaftung kommt von anhaltendem Gefühl.


    Wenn Karuna seinen Zweck erfüllt hat, sollte man es nicht anhalten, nicht festhalten, sondern rauslassen, loslassen und Gleichmut (upekkha) anwenden.


    Karuna ist ein tugendhafter Verweilzustand.


    Upekkha ist ein tugendhafter Verweilzustand und ein Erleuchtungsfaktor.


    :)

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Lieber buddhassohn


    Deswegen bei Dir genauer hinschauen wie es auch wieder vergeht.


    Erinnerst Du Dich z.B. noch daran worüber Du Dich am 28.04.2007 aufgeregt hast?


    Worüber Du am 13.08.2002 traurig warst?


    anicca - dukkha- anatta


    Hilft es Deinem Freund, wenn Du leidest? Hilft es Dir wenn Du leidest? Hilft es Euch beiden wenn Du leidest?


    Hilft ihm nicht mehr, wenn Du sein "starker Felsen in der Brandung" bist?


    Es ist nicht Dein Film, was er da mit seiner Freundin hat. Es ist sein geistgemachtes Produkt.
    Dein Film ist, wie gehst Du mit Deinen Gedanken die Deinen Freund betreffen um?
    Heilsam oder unheilsam. Achtsam oder unachtsam.


    Ist gar nicht so einfach. Das bedarf schon ein wenig Übung und Geistesruhe die Achtsamkeit auf sich selber immer aufrecht zu haben.


    Geht auch nicht von heute auf morgen. Und da fängt z.B. auch Metta an. Metta (Freundlichkeit) und Geduld mit sich selber. :)


    ()

  • Mitleid verliert sich ( und reine Achtsamkeit )
    Mitgefühl verliert sich nicht ( und projeziert und fantasiert und denkt sich nicht in den zustand des anderen )
    Rechtes Mitgefühl kommt erst durch intensive Meditation auf.

  • Onyx9:

    Mitleid verliert sich ( und reine Achtsamkeit )
    Mitgefühl verliert sich nicht ( und projeziert und fantasiert und denkt sich nicht in den zustand des anderen )
    Rechtes Mitgefühl kommt erst durch intensive Meditation auf.


    Was verstehst Du unter "intensiver Meditation".
    Z.b. : (›würg shit happens ich‹), denke dann nicht du und ich :!:
    Da ist kein DU kein MEIN SEIN, kein ICH WILL; ODER DU WILLST!
    Ich würde diesbezüglich,
    Dich bzw. Deine Dir gehörige Meinung niemals achtlos missachten wollen, noch können, weder möchten und dürfen :idea:


    Lebt lange gesund & in Frieden


    _()_ Nomad

  • buddhassohn:

    Hallo,


    in der Praxis und durch einen "Zufall", bin ich mir dessen bewußt geworden, dass ich häufig mitleide, wenn es anderen schlecht geht.


    Stattdessen würde ich aber gerne nur Mitgefühl haben. ...


    Besser du bleibst beim Leiden 8)

  • buddhassohn:


    In dem Moment wo ich mir das klar mache, leide ich aber mit ihm, denn "wie aus dem Nichts" spüre ich seinen Schmerz ...


    Aber für mich persönlich unangenehm ist, dass ich seine Probleme "mittrage" bzw. "mitleide" und mich hier nicht richtig abgrenzen kann, sobald ich mich in ihn hineinversetze. Ich spüre dann seinen Schmerz, seine Verlustangst in meiner Brust.


    Bist du sicher, dass du seinen Schmerz, und nicht deinen alten Schmerz spürst?


  • Nomad, Dein babylonischer Buchstabensalat in Ehren,
    aber vielleicht schaltest Du einfach mal das angenommen, vervielfältigte Strafgericht in Deinem Hirn aus.
    Aber Du hast recht: rechtes Mitgefühl muss nicht erst durch intensive Meditation aufkommen.
    Sati,Sila und Metta "reichen".


  • Nimm dir deinen Vater zum Vorbild. Wenn der geflüchtet wäre, dann hätte er es nie gepeilt. 8)

  • [quote='buddhassohn']Gibt es eine Übung oder eine sonstige Hilfestellung, wie man "nicht mitleidet, sondern mitfühlt"? quote]


    Hallo Buddhasohn
    Meine Antwort auf Deine Frage: "Durch die rechte Zielsetzung."
    Mitgefühl bedeutet lediglich das Erkennen des Leids anderer. Daraus entsteht das Gefühl der Verantwortung zum Handeln und Unterstützen. Ziel ist das Überwinden des Leids, was immer dies in einem konkreten Fall auch sein mag.
    Reines Mitleid erscheint mir mehr als ein "auf der Stelle Treten" und ein Verharren im Leid, auch wenn ebenfalls der Wunsch besteht, das Leid zu negieren. Mitleid hat man meist nur mir Freunden und geliebten Menschen, Mitgefühl erstreckt sich auch über Feinde.
    Gruß, Wusheng

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()


  • Hallo buddhassohn,
    ich denke, wenn es nicht dazu führt, dass Du ihm Deine Hilfe aufzwingst oder es Dich völllig fertig macht, ist es Mitgefühl und nicht Mitleid. Ein weiteres Kennzeichen für echtes Mitgefühl ist meiner Ansicht nach, dass man sich mit der Person in wohlwollender Weise verbunden fühlt.
    Wenn man sich dem anderen zuwendet, wird der Schmerz so wahrgenommen als wäre es eigener, und auch genauso aufgelöst, nämlich mit Weisheit, d.h. das Sehen der 3 Daseinsmerkmale, Shunyata oder So-Sein.
    Vielleicht ist Tonglen Meditation etwas für Dich, dort wird dieser Wechsel von Hinwenden und in die Weisheit auflösen auch direkt geübt ( z.B. Pema Chödrön:Tonglen).
    Ich wünsche Dir alles Gute, da hat der andere aber Glück gehabt mit Dir als Streitpartner.
    _()_ ekkhi


  • Mit"leiden" ist eine Stagnation, lähmt und führt nicht weiter.
    Mit-Gefühl ist Achtung und Respekt vor den Empfindungen anderer
    und ihr Wesen.


    Dies entsteht erst nach langer Meditation und Hineingehen
    in alle Sinnesbereiche und ein Auseinandersetzen damit,
    weil ich mich selbst auch erkenne.
    Dadurch kommt die Einsicht in Freude und Leid für
    alle Mitmenschen.


    LG

    Es ist eine wahre Schmach und Schande, daß wir Christen wie blinde Hühner umhergehen und nicht erkennen, was in uns ist und davon gar nichts wissen.
    Johannes Tauler

  • Vielen Dank für die vielen Beiträge - einige sind, zugegeben - etwas kryptisch für mich, nicht zuletzt weil ich einige Begriffe nicht kenne.


    Was ich herausgenommen habe für mich, ist was v.a. Nibutti anspricht:
    Ich darf kurz das Mitleid fühlen, um mein Gegenüber zu akzeptieren und sollte es dann wieder loslassen. Ich werde das einmal versuchen, eventuell auch indem ich mir ein geistiges Bild vom Loslassen des Leids zurechtlege, dass ich dann immer vor meinem inneren Auge sehen kann.


    Außerdem werde ich mich mal über Tonglen Meditation schlau machen & sehen, ob das was für mich ist. Vielen Dank nochmal an ALLE! :)