Mediation & "mental images"

  • Ich habe 2008 mit Meditationsübungen begonnen und dieselben 2009 durch Regelmäßigkeit intensiviert. Eine der ersten großen Hürden, auf die ich stieß, waren die sogenannten "mental images". Diesen Begriff hörte ich zum ersten Mal von einem Mönch in einem thailändischen Kloster.
    Es sind Bilder, die nach der Entspannung vor dem inneren Auge auftreten, klarer, als man normalerweise sieht und schärfer als jede multimediale Darstellung es projizieren könnte. In meinem Tagebuch schilderte ich es wie folgt:
    "Vor mir lag der blütenblaue Himmel. Sein tiefes Blau leuchtete mir so intensiv entgegen, dass es mich blendete. Es umgab und umschlang mich, bettete mich ein in seiner majestätischen Pracht, ließ mich ein Teil seiner Existenz werden. Und dann fiel ich…


    Ich raste mit schier unglaublicher Geschwindigkeit auf den Boden zu, ohne jegliche Kontrolle, sah eine sattgrüne Landschaft auf mich zukommen und wurde von der Farbenpracht verschlungen. Ich tauchte ein in ein Waldpanorama, das mich aufsog und ausspie, sodass ich quer durch die Gegend schoss.


    Ich war umgeben von makelloser Herrlichkeit. In schneller Abfolge überquerte ich die schönsten Orte, denen ich je begegnet war. Es war pure Lebendigkeit, die vor mir auftauchte und mich an sie band, ohne dass ich nur den geringsten Widerstand aufbauen konnte.


    Eindrucksvoll wurde mir in dieser meditativen Erfahrung demonstriert, wie sehr ich mit allem verbunden war."


    Nun denn, ich wähnte Mediation als adäquates Mittel, drogenähnliche Rauschzustände zu erreichen, ganz natürlich. Gott sei Dank sprach dann dieser Mönch von den mental images und erklärte gleichzeitig deren Gefahren: Anhaftung, Begehren usf.
    Ich läuterte mich und habe seitdem nie wieder, auch nur ansatzweise eines dieser Bilder/Szenarien erlebt. Dafür kamen dann andere "Zustände"...


    Habt ihr "mental images" auch schon hinter euch, oder kennt ihr sie überhaupt? Wie würdet ihr sie deuten?


    Viele Grüße!


    Melvin

  • melv0:

    Habt ihr "mental images" auch schon hinter euch, oder kennt ihr sie überhaupt? Wie würdet ihr sie deuten?


    Papañca, fehlende (rechte) Achtsamkeit während der Meditation, an das Dasein fesselnd, Sinnesgier, keine "rechte Erkenntnis" bewirkend, wasting time.


    Liebe Grüße
    Kusala

  • Im Zen nennt man dies Makyo - Teufelszeug - und beachtet sie nicht. Durch intensive Meditation oder auch Schlafentzug und ähnlichem werden körpereigene Drogen ausgeschüttet, Endorphine usw. - und diese können derartige Effekte auslösen und die Wahrnehmung verändern.


    _()_

  • Bei manchen Menschen treten während der Mediation visuelle Erscheinungen auf. Sie sind Nebeneffekte, in denen man sich nicht verlieren soll. Man nimmt sie zur Kenntnis und kehrt wieder zu seinem Meditationsobjekt zurück.


    LG
    Onda

  • Zitat

    Habt ihr "mental images" auch schon hinter euch, oder kennt ihr sie überhaupt? Wie würdet ihr sie deuten?


    Naja - wärend der Meditation wird das Gehirn eben in spezielle Zustände versetzt und kann mitunter exotische Erlebnisse generieren. Das ist völlig normal. Interessant sind solche Effekte natürlich schon. Aber irgendwann wird man dem auch überdrüssig und es tritt ein gewisser "Sättigungseffekt" ein, wie dies bei jeder Droge (sei sie nun extern zugeführt oder direkt im Hirn erzeugt) letztlich der Fall ist.


    Mit "Teufelszeug" oder "Paranormalem" hat das alles nichts zu tun. Es handelt sich einfach um biologische Effekte, wenn man sein Gehirn in gewissen "Betriebsmodi" fährt. Ich für mich habe mich nach der einen oder anderen Exkursion in diese Bereiche wieder auf Wichtigeres konzentriert, wobei ich die Wichtigkeit mit der Nutzbarkeit im Alltag verkoppelt sehe.


    Die Meditation ist kein Selbstzweck sondern eine Hilfe im Alltag gut zurechtzukommen und Erkenntnisse zu gewinnen die dann dort nutzbar sind. Die trivialen, banalen und bodenständigen Anforderungen des Alltags zu meistern ist viel schwerer als irgendwelche "blumigen" Zustände herbeizuführen durch Meditationstechniken. Rückgrad, Ehrlichkeit und Standhaftigkeit im Alltag zu beweisen und seinen "Mann" zu stehen, dass nenne ich bewundernswert. Und genau dies sind die Dinge, die man nur in vielen Jahren kultivieren kann, durch Geduld und Fleiß.


    gruß
    maus

  • Danke für eure Antworten! Es war eine durchaus interessante Erfahrung, aber eben auch sehr kurzlebig, da ich früh genug über die Negativwirkung erfuhr. Wobei ich zugeben muss, dass ich anfangs hin und wieder zurückwollte, in diese berauschenden Zustände. Aber das war "normal" bei mir, war ich doch noch tief und fest am schlafen..

  • menno .. menno


    über Sonnenaufgänge und gutes Wetter freut ihr euch doch auch .. oder wollt ihr das auch abschaffen, weil es unter Anhaftung fällt ?
    Selbst der Dalai Lama erfreut sich des Morgens an den Sonnenaufgängen im Gegensatz zu seinem Bruder, der dann noch schläft.
    Warum willst Du diese beschriebenen wunderbaren Erlebnisse aufgeben. Sind sie halt mental images .. na und ??
    Wenn sie dich beglücken ??
    Ich hab voller Erstaunen und ungläubig deinen Bericht gelesen.
    Wenn du konsequenterweise alles unter diesen Begriff stellst und dann noch eine alles übergreifende Loslösung von Anhaftung dazukommt, was bleibt denn dann noch ??
    Dann seid ihr nur noch Funktionen ohne eine eigene nennenswerte Persönlichkeit zu haben.


  • Hallo Peter,


    Ich glaube der Threadstarter meinte etwas anderes als Sonnenaufgänge und gutes Wetter. Ich erfreue mich morgens auch an einem Sonnenstrahl, der mich am Nacken kitzelt und wenn jetzt im Frühling die Blümchen hervorwuseln und die ersten Bienchen herumsurren erfüllt mich dies auch mit Entzücken. Hier bin ich voll auf deiner Linie Peter. Ich kann diesem extremen (--> mittlerer Weg sieht anders aus) Ablehnen jedweden Erfreuens auch nichts abgewinnen.


    Ich glaube aber, dass es hier jetzt um spezielle, exotische Erlebnisse in der Meditation geht, welche durch gewisse Techniken hervorgerufen werden. Da geht es um Zustände die nicht alltäglich sind. Es ging um deren Relevanz und wie wir damit umgehen. Setzen wir uns zur Meditation hin um irgendwelche "tollen" Zustände zu erreichen und darin zu verharren, oder wollen wir den Alltag meistern und lernen das komplette Spektrum von angenehm bis unangenehm anzunehmen und Höhen und Tiefen bewusst zu leben?


    gruß
    maus

  • Es spricht doch nichts dagegen die Sonne zu genießen, sofern man dann nicht darunter "leidet", wenn sie dann untergeht. Oder man sich die schöne Sonnenschein-Zeit mit den Gedanken vermiest: "Ach möge es doch immer so sein; gleich geht die Sonne unter, wie schade" usw.
    Das ist mit "leiden" durch "anhaften" gemeint.


    Liebe Grüße
    Kusala

  • Erdmaus:

    Ich glaube aber, dass es hier jetzt um spezielle, exotische Erlebnisse in der Meditation geht, welche durch gewisse Techniken hervorgerufen werden. Da geht es um Zustände die nicht alltäglich sind. Es ging um deren Relevanz und wie wir damit umgehen. Setzen wir uns zur Meditation hin um irgendwelche "tollen" Zustände zu erreichen und darin zu verharren, oder wollen wir den Alltag meistern und lernen das komplette Spektrum von angenehm bis unangenehm anzunehmen und Höhen und Tiefen bewusst zu leben?


    gruß
    maus


    Hallo maus
    Ja, da gehe ich konform, wenn die Meditation/Kontemplation hilft, die Lebenssituationen besser zu bestehen/verstehen/anzunehmen.

  • Es bestand halt die Gefahr, Meditation nur für die Erreichung visueller Rauscherfahrungen anzusteuern, nicht aber der Loslösung von solchen Begierden wegen. Ich habe mal mit jemandem gesprochen, der wegen diesartigen Momenten süchtig nach Mediation geworden ist. Ein höchst unglücklicher Mensch, ohne Rast und Ruhe...

  • melv0:

    Ich habe mal mit jemandem gesprochen, der wegen diesartigen Momenten süchtig nach Mediation geworden ist. Ein höchst unglücklicher Mensch, ohne Rast und Ruhe...


    Hi melv,


    ja, das sind sie wohl, die Süchtigen, rast- und ruhelos, auf der wahnsinnigen Suche nach etwas Äusserem, das inneren Frieden bringen soll. Ups, wer ist es dann nicht?


    Wohl ist er nicht wegen der derartiger Momente so geworden, sondern wegen des Verlangens, seiner Reaktion darauf. Der Moment kann nichts dafür.


    _()_ Mirco :)

  • melv0:

    Es bestand halt die Gefahr, Meditation nur für die Erreichung visueller Rauscherfahrungen anzusteuern, nicht aber der Loslösung von solchen Begierden wegen. Ich habe mal mit jemandem gesprochen, der wegen diesartigen Momenten süchtig nach Mediation geworden ist. Ein höchst unglücklicher Mensch, ohne Rast und Ruhe...


    Jemand der "süchtig" nach den Übungen ist die der Buddha lehrte
    ist ganz sicher weder unglücklich noch ohne Rast und Ruhe.

  • Kusala:

    Es spricht doch nichts dagegen die Sonne zu genießen, sofern man dann nicht darunter "leidet", wenn sie dann untergeht. Oder man sich die schöne Sonnenschein-Zeit mit den Gedanken vermiest: "Ach möge es doch immer so sein; gleich geht die Sonne unter, wie schade" usw.
    Das ist mit "leiden" durch "anhaften" gemeint.


    Wenn es so ein kaltes Klima wie hier ist könnte man so denken.
    Andere genießen es wenn die Sonne untergeht.

  • Zitat

    Wohl ist er nicht wegen der derartiger Momente so geworden, sondern wegen des Verlangens, seiner Reaktion darauf. Der Moment kann nichts dafür.


    Sucht ist komplexe Materie, welche ich mit meinem Laienwissen nur ungern betreten möchte. Aber ich denke, dass sein Verlangen zunächst ausgelöst werden musste. Jene Mediationseffekte haben ihn nunmal auf den Geschmack gebracht und da ist es ähnlich wie bei manchen Heroinabhängigen, die auch zunächst Kontakt zur Droge haben müssen, bishin sie Suchtstrukturen ausbilden. Ich für meinen Teil habe Meditation nie mit etwas derartigem assoziiert und hätte ich luzide Erfahrungen machen wollen, dann doch direkt mit psychedelischen Substanzen.



    Zitat

    Jemand der "süchtig" nach den Übungen ist die der Buddha lehrte
    ist ganz sicher weder unglücklich noch ohne Rast und Ruhe.


    Sondern bestenfalls psychotisch, oder wie?

  • melv0:

    Sondern bestenfalls psychotisch, oder wie?


    Er/Sie wird dann nicht so meditieren/kontemplieren, wie der historische Buddha es gelehrt hat.


    Als "Meditation" wird so manches verkauft. Auch in der Buddhistischen Scene.


    Liebe Grüße
    Kusala

  • accinca:

    Jemand der "süchtig" nach den Übungen ist die der Buddha lehrte ist ganz sicher weder unglücklich noch ohne Rast und Ruhe.


    Begrifflliche Fehlbesetzung in diesem Zusammenhang. Sucht ist eine zwanghaft ausgelebte Gier, bei der Versehrtheit von Geist und Leib ignoriert werden.


    Alles Gute, Mirco :)

  • mirco:
    accinca:

    Jemand der "süchtig" nach den Übungen ist die der Buddha lehrte ist ganz sicher weder unglücklich noch ohne Rast und Ruhe.


    Begrifflliche Fehlbesetzung in diesem Zusammenhang.


    Die beste Sucht nenne ich das die man haben kann.
    Die Sucht nach dem Übungen zur Überwindung der Sucht führt ja
    zur Suchtlosigkeit.

  • Zitat

    Jemand der "süchtig" nach den Übungen ist die der Buddha lehrte ist ganz sicher weder unglücklich noch ohne Rast und Ruhe.


    Es gibt auch Menschen, welche medikamentenabhängig sind. Jede Sucht ist per Definition pathologisch. Es spielt keine Rolle nach was man süchtig ist. Übungen sind nunmal nicht per se gut oder schlecht. Sie können pathologisch wirken, wenn die Dosis nicht stimmt. Jedes Medikament wirkt bei Überdosierung schädlich. Darum lehrte der Buddha auch den mittleren Weg. Zuviel des Guten ist wieder schlecht und zuwenig des Guten ebenso. --> immer schön in der Mitte bleiben und es nicht übertreiben, denn damit erweist man sich einen Bärendienst


    lg
    maus

  • Wenn man weder die rechte noch die linke Seite kennt, wir es schwer sein die Mitte zu sehen. Da bleibt es dann immer die Mitte des eigenen Horizonts. Was glaubst du, gibt es jemanden der nicht in der Mitte die er sieht geht?

  • accinca:
    mirco:


    Begrifflliche Fehlbesetzung in diesem Zusammenhang.


    Die beste Sucht nenne ich das die man haben kann.
    Die Sucht nach dem Übungen zur Überwindung der Sucht führt ja
    zur Suchtlosigkeit.


    Richtig, so wie wenn man trinkt und trinkt. Irgendwann macht dann die Leber nicht mehr mit und man beendet das trinken. So gesehen hat dich das trinken vom trinken befreit.
    Die Sucht nach dem Übungen zur Überwindung der Sucht führt bestenfalls zu einer anderen Abhängigkeit. So wie man merkt, dass es eine Sucht ist, gleich wieder weg... Dann kommt man mit den entrinnen wollen vor der Sucht ganz alleine zur Ruhe. Sicher braucht der Affe zum beginn etwas Zucker. Kommt er dann nach und nach auf ohne Zucker, weil du ihm den Zucker nicht immer gibst, nennt man das Vertrauen. Urvertrauen wieder aufzubauen, hat seinen Feind und der heißt Deal.

  • Erdmaus:

    Jede Sucht ist per Definition pathologisch. Es spielt keine Rolle nach was man süchtig ist. [....] Jedes Medikament wirkt bei Überdosierung schädlich. Darum lehrte der Buddha auch den mittleren Weg. Zuviel des Guten ist wieder schlecht und zuwenig des Guten ebenso. [...] in der Mitte bleiben und es nicht übertreiben...


    Genau das meinte ich ja mit meinem Kommentar zu accinca's Beitrag. Deshalb halte ich es für die falsche Vokabel für die Beschreibung der Übung des Achtfachen Pfades. Schließt sich aus, denn es wird empfohlen, Extrema nicht auszuleben.


    Alles Gute, Mirco :)

  • mirco:
    Erdmaus:

    Jede Sucht ist per Definition pathologisch. Es spielt keine Rolle nach was man süchtig ist. [....] Jedes Medikament wirkt bei Überdosierung schädlich. Darum lehrte der Buddha auch den mittleren Weg. Zuviel des Guten ist wieder schlecht und zuwenig des Guten ebenso. [...] in der Mitte bleiben und es nicht übertreiben...


    Genau das meinte ich ja mit meinem Kommentar zu accinca's Beitrag. Deshalb halte ich es für die falsche Vokabel für die Beschreibung der Übung des Achtfachen Pfades. Schließt sich aus, denn es wird empfohlen, Extrema nicht auszuleben.


    Alles Gute, Mirco :)


    Ja genau, das hast du gut erkannt Mirco :)


    lg
    maus

  • Hallo,


    ich verwende immer lieber das Wort abhängig statt süchtig. Mit dem Wort Sucht assoziiere ich eher eine sehr grobe Form der Abhängigkeit, wie Alkohol-, Spiel-, Drogensucht, ... .
    Deswegen finde ich Abhängigkeit besser. Und abhängig von etwas sind wir ja letztendlich alle. Beim Junkie kann man das eben viel besser sehen. Und dann zeigen alle mit den Fingern auf solche Menschen, als ob sie um so viel besser wären :D .
    Insofern kann ich accinca schon verstehen, wenn er das mit der Sucht so sagt. Auch wenn die Süchte auf dem Weg wohl immer weniger und feiner werden.


    Liebe Grüße

  • Ich halte eine solche Betrachtung für zu pauschal. Nur weil jemand der Meditation frönt, ohne dabei die Lehren des Buddhas ausgiebig zu reflektieren - sonst wäre er nicht über einen Zeitraum von mehreren Jahren in solch eine Abhängigkeit geraten - wird er noch lange nicht seine Sucht nach irgendetwas ablegen. Zumal man in dem Fall nicht im Entferntesten von Meditation sprechen kann. Ich habe schließlich diesen Mann selbst auf einem Wanderpfad in Thailand getroffen und meine Menschenkenntnis reicht aus, um beurteilen zu können, dass er sowohl "rastlos" als auch unglücklich war. Ganz davon ab, dass er sich selbst so darstellte. Jahrelang ziehe er nun umher, war in Indien und diversen europäischen Ländern, könne nicht mehr zurück, sei auf der verzweifelten Suche nach irgendeinem Sinn und so fort.


    Zitat

    Die beste Sucht nenne ich das die man haben kann.
    Die Sucht nach dem Übungen zur Überwindung der Sucht führt ja
    zur Suchtlosigkeit.


    Eine Sucht ist nichts anderes als die Flucht vor dem Hier & Jetzt. Und solange man flieht - egal in welche Richtung - kommt man niemals zur Ruhe. Sonst müssten religiöse Fanatiker christlicher (oder andersartiger) Couleur auch irgendwann zur bedingungslosen Menschenliebe finden...


    Viele Grüße,


    Melvin