Meditationsstruktur verschiedener Schulen im Vergleich

  • Hallo,


    in den vielen buddhistischen Schulen und deren Unterzweige gibt es sehr viele verschiedene Arten von Meditation. Es scheint aber so zu sein, dass die einzelnen Meditationen in ihrer Form einiges gemeinsam haben. So besteht eine klassische Meditation im Vajrayana meines Wissens nach aus folgenden Teilen:


    Konzentration auf den Atem
    Vier Grundgedanken (kostbare Möglichkeit, Vergänglichkeit, Ursache/Wirkung, warum meditieren wir)
    Vierfache Zuflucht (Buddha, Dharma, erleuchtete Sangha, Lama)
    Aufbau der Visualisierung/Vergegenwärtigung
    Mantraphase
    Verschlemzungsphase
    Widmung


    Mich würde jetzt ein ähnlich strukturierte Übersicht über die Meditation in den anderen Schulen, insbesondere Theravada und Zen, interessieren.


    Mag mir jemand helfen?


    Bambus

    Von mehreren Theorien, die die gleichen Sachverhalte erklären, ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.


    Die Leute von denen Du am meisten lernen kannst sind die mit denen Du nicht einer Meinung bist.

  • Hallo Bambus,


    ich freu mich über dein Thema. Hab das "organisiert" auch nur in der tibetischen Schule kennengelernt.
    Bin sehr gespannt, wie dies in westlichen Theravada praktiziert wird. Kenne das nur "unorganisiert", das heißt Meditation ist im Theravada (traditionell ein Weg der Ordinierten) eine rund um die Uhr Beschäftigung sein sollte.
    Jedenfalls ist eine Gruppenmeditation eher selten in Südostasien, nach einer Unterweisung geht jeder seinen Weg sozusagen.
    Die "Zuflucht" ist denke ich in allen Richtungen gleich (vor einer Sitzmeditation). Das persönliche einstellen (aufwärmen) für eine Sitzmeditation, hängt von der Meditation ab.
    Anapanasati (Achtsamkeit mit Atmung) dient dem Training des Geistes und die verschieden Bewusstseinsebenen kennen zu lernen und um Vertiefungen zu erreichen.
    Vipassana setzt Anapanasati voraus und ist eine geführte (angeleitete) Technik zur Einsichtsgewinnung.
    Metta - Mediation wird sicher sehr ähnlich dem tibetischen Ablauf.
    Jedenfalls ist es unüblich ausser den Atem ein anderes Zielobjekt zu verwenden. Ausnahme hierbei ist die "Buddho"-Mediation (rezitieren des Mantras Buddho), wird im Osten von Laien zumeist angewendet und ist wie auch im Amitabha Buddhismus eine sehr effektive Methode die wenig Kenntnis brauch und für "einfache" Menschen leicht anzunehmende Technik ist.


    Genaue Beschreibungen füllen Bücher und sprengen sicher den Rahmen und sind vielleicht schon ab vom Eigentlichen Thema. Für Details ist es sicher gut in den einzelnen Unterforen zu kramen oder zu posten.
    Entschuldige, dass ich hierzu nicht mehr geben kann als einen kurzen Aufwärmer so zu sagen.

  • Hanzze:

    Die "Zuflucht" ist denke ich in allen Richtungen gleich (vor einer Sitzmeditation). Das persönliche einstellen (aufwärmen) für eine Sitzmeditation, hängt von der Meditation ab.


    Außerhalb des Mahayana gibt sicher nur die drei- und nicht die vierfache Zuflucht.


    Hanzze:

    Für Details ist es sicher gut in den einzelnen Unterforen zu kramen oder zu posten.


    Genau das habe ich schon recht ausgiebig getan, und genau deshalb stelle ich meine Frage. Über den Ablauf des Adäquates der Mantraphase, also des zeitlich variablen, "eigentlichen" Teil der (Sitz-)Meditation gibt es haufenweise Literatur und viele verschiedene Detailauslegungen.


    Mich interessiert aber der äußere Rahmen, wenn es denn einen gibt.


    Konkret: Setzt ihr Euch aufs Kissen, schließt die Augen und legt los? Wenn der Gong der Uhr ertönt, oder ihr eine subjektiv abgeschätzte Zeit gesessen haben, steht ihr dann sofort auf und ... geht Geschirr spülen oder aufs Klo?

    Von mehreren Theorien, die die gleichen Sachverhalte erklären, ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.


    Die Leute von denen Du am meisten lernen kannst sind die mit denen Du nicht einer Meinung bist.

  • Bambus:

    Konkret: Setzt ihr Euch aufs Kissen, schließt die Augen und legt los? Wenn der Gong der Uhr ertönt, oder ihr eine subjektiv abgeschätzte Zeit gesessen haben, steht ihr dann sofort auf und ... geht Geschirr spülen oder aufs Klo?


    Tut mir leid, auf solche fragen kann ich dir nicht antworten. Aber vielleicht ist es besser so eine Frage nicht unter "Meditationsstruktur verschiedener Schulen im Vergleich" zu führen.


    Bambus:
    Hanzze:

    Die "Zuflucht" ist denke ich in allen Richtungen gleich (vor einer Sitzmeditation). Das persönliche einstellen (aufwärmen) für eine Sitzmeditation, hängt von der Meditation ab.


    Außerhalb des Mahayana gibt sicher nur die drei- und nicht die vierfache Zuflucht.


    Die "Zuflucht" heißt nicht die ""Art der Zuflucht"


    Bleib offen

  • Bambus:


    Vierfache Zuflucht (Buddha, Dharma, erleuchtete Sangha, Lama)


    Das Du von aussen betrachtet auf die Idee kommst, es gäbe eine vierfache Zuflucht, kann ich nachvollziehen.


    Dem ist aber nicht so. Auch im Vajrayana gibt es die dreifache Zuflucht:


    Buddha Dharma Sangha


    Wenn in einem Sadhana Text mal zusätzlich Lama steht, so steht er immer auch für Yidam und Khandro, die innere Ebene der Zuflucht:


    Lama Yidam Khandro


    Jetzt könntest Du von sechsfacher Zuflucht ausgehen, was auch nicht zutreffend wäre, da es insgesamt vier Ebenen der dreifachen Zuflucht gibt, also zwölf *Zufluchten* ;) . Ich verstehe es wohl, wenn wir manchmal als esoterische Buddhisten bezeichnet werden :grinsen:


    Trotzdem gibt es auch im Vajrayana ausschließlich die dreifache Zuflucht.


    Beste Wünsche


    KRY

  • Im Theravada gibt es zwei Hauptzweige, die Ruhemeditation und die Einsichtsmeditation. Bei der Ruhemeditation kann man sich z.B. auf den Atem konzentrieren (oder besser gesagt in den Atem fallen lassen) oder auf ein anderes Objekt. In der Einsichtsmeditation kann der Atem ebenfalls eine Art "Objekt" sein, aber es geht darum zu erkennen, was Buddha erkannt hat, also dass alle bedingten Phänomene vergänglich, unbefriedigend und kernlos sind. Auch die Achtsamkeit auf die Gefühle oder auch auf die Gedanken wird praktiziert.
    Dann werden noch die 4 Brahma Viharas praktiziert, meistens die erste davon, bekannt als Metta-Meditation (Liebende Güte, Lovingkindness).
    Auch Kontemplationen gehören dazu, wie z.B. die fünf täglichen Betrachtungen ( Anguttara Nikaya V, 57), die Betrachtungen über die vier Elemente (aus denen unser Körper und diese Welt bestehen, ohne wirklichen Unterschied) usw.
    All das aber nur und grundstäzlich gestärkt und untermauert von einem reinen, geläuterten Herzen (Praxis der Tugendübungen=sila), welches einen ebensolchen Alltag entstehen lässt, der geprägt ist von Harmonie, Mitgefühl und Wohlwollen, so dass der Geist geschmeidig ist zum meditieren.
    Sehr unterstützend für die Kraft der Meditation ist der Grund, weshalb man auf dem Kissen sitzt. Ahnt man, wie unerfüllend dieses Weltleben ist, wenn es doch nur vergänglich ist und nie, nie niemals zufrieden macht. Versteht man, dass die Sine brennen, das wir in einem brennenden Haus sitzen und mit Spielzeug spielen und deshalb immer wieder Alter, Krankheit und Tod erfahren werden. Da sucht man doch gerne einen Ausweg! Nibbana.

  • Kapitulation:

    Im Theravada gibt es zwei Hauptzweige, die Ruhemeditation und die Einsichtsmeditation.


    Das ist in der Lehre des Buddha auch so.
    Aus der einen Übung geht die sog. Gemütserlösung (cetovimutti)
    und aus der anderen der sog. Weisheitserlösung (paññāvimutto) hervor.
    Als höchstes gilt der sog. Beidseitserlöste. (ubhatobhāgavimutto)

  • Kapitulation:

    Im Theravada gibt es zwei Hauptzweige, die Ruhemeditation und die Einsichtsmeditation. Bei der Ruhemeditation kann man sich z.B. auf den Atem konzentrieren (oder besser gesagt in den Atem fallen lassen) oder auf ein anderes Objekt. In der Einsichtsmeditation kann der Atem ebenfalls eine Art "Objekt" sein, aber es geht darum zu erkennen, was Buddha erkannt hat, also dass alle bedingten Phänomene vergänglich, unbefriedigend und kernlos sind.


    Hallo,


    Unterschied? Keine zwei Methoden. Nur samatha-vipassana. Kein Unterschied. Das gehört zusammen.


    Alles Gute :) _()_

  • Ja, Du hast Recht, da habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Beide bedingen sich gegenseitig, sind in der Praxis nicht zu trennen.

  • mirco:


    Unterschied? Keine zwei Methoden. Nur samatha-vipassana. Kein Unterschied. Das gehört zusammen.


    Sie unterstützen sich gegenseitig, aber dennoch gibt es ein Unterschied.
    Samadhi bildet den Geist zu einer scharfen Waffe aus. Und wenn man diese scharfe Waffe benutzt, um die kilesas zu durchschauen bzw. zu töten, dann nennt man das Weisheit.
    Das bedeutet, dass man diese beiden Sachen in der Praxis strikt trennen sollte.
    Entweder man übt Samadhi und schärft das Messer, oder man macht Weisheitsuntersuchung und benutzt das Messer um die Dinge zu zerlegen und zu durchschneiden.
    Es sind zwei verschiedene Säulen, die beide möglichst ausgeglichen aufgebaut werden müssen. Natürlich darf man die dritte Säule nicht vergessen.Sila.


  • Richtig, auf alle Fälle sind nicht nur die Wörter verschieden.

  • lagerregaL:

    Sie unterstützen sich gegenseitig, aber dennoch gibt es ein Unterschied. Samadhi bildet den Geist zu einer scharfen Waffe aus. Und wenn man diese scharfe Waffe benutzt, um die kilesas zu durchschauen bzw. zu töten, dann nennt man das Weisheit. Das bedeutet, dass man diese beiden Sachen in der Praxis strikt trennen sollte. Entweder man übt Samadhi und schärft das Messer, oder man macht Weisheitsuntersuchung und benutzt das Messer um die Dinge zu zerlegen und zu durchschneiden. Es sind zwei verschiedene Säulen, die beide möglichst ausgeglichen aufgebaut werden müssen. Natürlich darf man die dritte Säule nicht vergessen.Sila.


    Hallo regallageR,


    interessant. Ich bin ja ein Freund der Überlieferungen des Kanons. Mich interessiert daher auch, ob sich diese Deine Übungsanweisung vom "strikten Trenne der Methoden" eventuell so dort zu finden sind.


    Alles Gute :) _()_


  • 8. "Während ich so umsichtig, eifrig und entschlossen weilte, erschien ein Gedanke der Entsagung in mir. Ich verstand folgendermaßen: 'Dieser Gedanke der Entsagung ist in mir entstanden. Dies führt nicht zu meinem eigenen Leid, oder zum Leid anderer oder zum Leid beider; es fördert Weisheit, verursacht keine Schwierigkeiten, und führt zu Nibbāna hin. Wenn ich über diesen Gedanken nachdenke und nachsinne, und sei es sogar eine Nacht lang, sogar einen Tag lang, sogar eine Nacht und einen Tag lang, sehe ich nichts, das davon zu befürchten wäre. Aber mit übermäßigem Nachdenken und Nachsinnen könnte ich meinen Körper ermüden, und wenn der Körper ermüdet ist, wird der Geist überanstrengt, und wenn der Geist überanstrengt ist, ist er von Konzentration weit entfernt.' Also festigte ich meinen Geist innerlich, beruhigte ihn, brachte ihn zur Einheit und konzentrierte ihn. Warum ist das so? Weil mein Geist nicht überanstrengt werden sollte."
    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m019z.html


    Weil wenn man zu lange mit dem Messer rumschneidet, wird es wieder stumpf. Dann muss man es wieder schärfen.
    Um so schärfer das Messer, um so glatter der Schnitt. Um so glatter der Schnitt, um so länger kann man mit dem Messer schneiden, ohne dass es abstumpft.
    Ist der Schnitt nicht so glatt, weil das Messer nicht scharf genug für das bestimmte Objekt ist, ist das Schneiden natürlich auch anstrengender und man kriegt weniger von der Struktur des durchschnittenen Objektes mit. Außerdem stumpft so das Messer schneller ab.
    So bauen sich beide Faktoren gegenseitig auf oder ab.
    Es ist eben so wie accinca schon sagte, "auf alle Fälle sind nicht nur die Wörter verschieden."