Freiräume schaffen für Meditation / Praxis

  • Liebes Forum,


    ich hoffe, ich bin mit meiner Frage zur Meditation hier richtig und ihr könnt mir einige Tipps geben.


    Ich habe im Rahmen einer Schmerztherapie wegen Migräne das Zazen kennengelernt. Ich gehe ca. alle zwei Monate zu einem Zen-Abend in dieser Einrichtung und möchte natürlich auch zu Hause üben, was ich auch tue, allerdings nicht so regelmäßig wie ich möchte.


    Ein Grund dafür ist - und das ist auch meine Frage an euch - wie ihr euch in der Partnerschaft oder bei Wochenend-Ausflügen mit Freunden eure Freiräume für ungestörte Praxis schafft.


    Klar, ich kann einfach die Türe zumachen, "ich mach jetzt mal Entspannungsübungen" und dann bin ich weg. Aber irgendwie hab ich da immer das Gefühl, jemand könnte nachfragen, und dann "muss" ich erklären was ich da mache, und das weiß ich ja selber nicht so 100%ig, außer: Sitzen und Atmen. Ich hab keine Lust, dann eine Diskussion anzufangen oder den Erklär-Bären zu spielen - zumal ich dafür auch viel zu wenig weiß und gar nicht wissen möchte, denn ich will ja vor allem sitzen und atmen... Ich will auch hinterher nicht gefragt werden, was ich da gemacht habe, wenn mich jemand sieht, weil ich im Garten sitze oder so.


    Mein Partner interessiert sich nicht aktiv für Buddhismus und Meditiation. Auch ihm gegenüber habe ich manchmal das Gefühl, mich erklären zu müssen, obwohl er nicht nachfragt. Aber ich hab latent Angst, dass er es albern oder zu abgehoben finden könnte...


    Nächstes Wochenende bin ich auf einem Seminar, im Doppelzimmer mit einer entfernten Arbeitskollegin. D.h. kein besonders enges persönliches Verhältnis. Wie könnte ich mir da eine halbe Stunde rausnehmen, und wohin gehe ich dann um wirklich meine Ruhe zu haben?


    Die Meditation fühlt sich als sehr zartes Pflänzchen an, das noch keinen kritischen Sturm aushält. Die Erfahrungen die ich mit Meditation bis jetzt gemacht habe zeigen mir, das es für mich gut ist. Aber: Wenn ich nicht übe, kann das Pflänzchen nicht wachsen, wenn ich übe, muss ich mein Pflänzchen verteidigen.


    Ich freue mich auf eure Tipps und Erfahrungen, und/oder über eure Einschätzungen der Situation.


    Herzlichen Dank und bis bald,


    LaVerte

  • Du schaffst dir deine Freiräume indem du sie dir nimmst.


    Das "Problem", sich erklären zu müssen, ist deines. Du machst dich von der Meinung anderer abhängig und richtest dein Verhalten danach aus, anderen zu gefallen oder zumindest nicht anzuecken.
    So lange du das nicht änderst, bekommst du keine Freiräume.


    Zitat

    ...Nächstes Wochenende bin ich auf einem Seminar, im Doppelzimmer mit einer entfernten Arbeitskollegin. D.h. kein besonders enges persönliches Verhältnis. Wie könnte ich mir da eine halbe Stunde rausnehmen, und wohin gehe ich dann um wirklich meine Ruhe zu haben? ...


    "Ich brauche mal eine halbe Stunde meine Ruhe. Kannst du mich bitte so lange allein lassen."
    und schon hast du das Zimmer für dich.
    Und so geht das auch zu Hause. Ich mache das seit fast 30 Jahren so. Es klappt ohne Probleme.


    LG
    Ji'un Ken

  • Hallo und herzlich Willkommen, LaVerte,
    ich habe mir diesen Freiraum sogar als alleinerziehende und ganztags arbeitende Mutter genommen. Ich habe meine damals 12jährige Tochter gebeten, mir die erste halbe Stunde nach meinem Nachhausekommen für meine Meditation zu schenken. Was sie auch akzeptierte. Danach habe ich mich erfrischt und umgezogen und hatte dann den ganzen späten Nachmittag und Abend für sie Zeit, jeden Tag.


    Es war nicht nur für mich wichtig, sondern auch für sie. Denn Kinder, Eltern und sonstwer können sehr egoistisch sein und einen mit ihren Sorgen, Wünschen und sonstigen Geplapper überfallen. Mit meiner 93jährigen Schwester geht es mir heute noch so. Wenn ich sie besuche, komme ich kaum in die Wohnung, ohne nicht gleich mit wasweißichnicht überfallen zu werden. Aber ihr nehme ich das nicht übel, sondern ich bitte sie nur, mich erstmal reinzulassen :lol: .
    Rücksicht kann und sollte man lernen, denn es fällt für mich unter Achtsamkeit. Insofern ist es Praxis.


    Wenn Du Angst hast, dass Dein Partner Dich albern und abgehoben finden könnte, dann ist es gerade sehr wichtig, sich für Dich selbst stark zu machen. Und dazu gehört m.E., dass Du zunächst einmal zu Dir und Deinen Wünschen stehst. Solange Du in dieser Beziehung ambivalent bleibst, "riechen die anderen den Braten" und werden eben auch entsprechend re-agieren. Deine Ausstrahlung entscheidet darüber, wie Du behandelt wirst.


    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • LaVerte:

    Aber: Wenn ich nicht übe, kann das Pflänzchen nicht wachsen, wenn ich übe, muss ich mein Pflänzchen verteidigen.
    LaVerte


    Also ist aus Deiner Sicht beides falsch- dann tue doch einfach das Richtige... ;) Die Methoden suchst Du ebenfalls selber aus. Und den Weg gehen must Du auch alleine. :oops:
    _()_c.d.

    Tag für Tag ein guter Tag

  • LaVerte:


    Ein Grund dafür ist - und das ist auch meine Frage an euch - wie ihr euch in der Partnerschaft oder bei Wochenend-Ausflügen mit Freunden eure Freiräume für ungestörte Praxis schafft.


    Ich nehme mir den Raum und die Zeit. Das musst du auch, sonst bist zu ständig am überlegen, was denn die anderen ..... und was du tust, das kann ja jeder selbst sehen und auch selbst erfahren, wenn er sich setzt.


    Zitat


    Auch ihm gegenüber habe ich manchmal das Gefühl, mich erklären zu müssen, obwohl er nicht nachfragt. Aber ich hab latent Angst, dass er es albern oder zu abgehoben finden könnte...


    Das kann ich verstehen. Ich habe mich auch immer gefragt, warum ich das mache und wie albern das doch ist - tagelang nur rumsitzen und atmen und schweigen - irgendwann erledigt sich das aber von selbst - man macht es einfach und gut ist.
    Vielleicht liest du mal was dazu: http://antaiji.org/muho/books/?lang=de


    Zitat


    Nächstes Wochenende bin ich auf einem Seminar, im Doppelzimmer mit einer entfernten Arbeitskollegin. D.h. kein besonders enges persönliches Verhältnis. Wie könnte ich mir da eine halbe Stunde rausnehmen, und wohin gehe ich dann um wirklich meine Ruhe zu haben?


    Ich würde mich da nach einer Möglichkeit umsehen - vielleicht gibt es da einen Raum oder du gehst nach draußen - man kann auch Zen üben im Gehen (Kinhin) - das geht ganz prima.

  • Ihr Lieben,


    herzlichen Dank für eure Beiträge!


    Im Prinzip hatte ich das schon so vermutet, aber es ist doch nochmal was anderes, es von anderen zu hören / zu lesen.


    Ji'un Ken:


    Das "Problem", sich erklären zu müssen, ist deines. Du machst dich von der Meinung anderer abhängig und richtest dein Verhalten danach aus, anderen zu gefallen oder zumindest nicht anzuecken.


    Ja - Nein - Jein: ich richte mich an der von mir vermuteten oder befürchteten Meinung anderer aus. Das ist noch eine Ecke verkopfter, aber umso mehr MEIN Anteil an dem Thema. Ich mache oft und gerne Dinge, die anderen nicht passen, wenn die Fronten klar sind, wenn mein Selbstbewusstssein sich "abgesichert" fühlt. Danke für den Gedankenanstoß!


    Monikadie4.:


    Wenn Du Angst hast, dass Dein Partner Dich albern und abgehoben finden könnte, dann ist es gerade sehr wichtig, sich für Dich selbst stark zu machen. Und dazu gehört m.E., dass Du zunächst einmal zu Dir und Deinen Wünschen stehst.


    Ich hab ihn gestern abend darauf angesprochen - alle Ängste überflüssig. Er findet das gut wenn ich mich um mich selber kümmere und wenn ich die Tür zu mache weiß er Bescheid. Manchmal hilft reden ja wirklich ;)


    Monikadie4.:


    Solange Du in dieser Beziehung ambivalent bleibst, "riechen die anderen den Braten" und werden eben auch entsprechend re-agieren. Deine Ausstrahlung entscheidet darüber, wie Du behandelt wirst.


    Wenn ich mich so an diverse Stationen in meinem Leben erinnere, stimmt das größtenteils: Je überzeugter ich von einer Idee war (neues Hobby, berufliche Entscheidungen, ehrenamtliches Engagement) desto weniger kritische Rückfragen kamen, und desto weniger störten die kritischen Aspekte mein Selbstbewusstsein. UND: Wenn ich von meinem Risikobewusstsein bezüglich eines Projektes sehr offen berichtet habe (Existenzgründung) kam mehr Respekt und Unterstützung als warnende Worte. Fazit: je aufgeräumter man selber ist, desto aufgeräumter sind die Reaktionen --> Interessante Beobachtung - danke für den Impuls!


    crazy-dragon:


    Also ist aus Deiner Sicht beides falsch- dann tue doch einfach das Richtige... ;) Die Methoden suchst Du ebenfalls selber aus. Und den Weg gehen must Du auch alleine.


    wahre Worte...


    Aiko:


    man kann auch Zen üben im Gehen (Kinhin) - das geht ganz prima.


    Hab das heute auf dem Weg in die Arbeit ein paar Minuten lang gemacht. Schwupps - flog mir ein Zitronenfalter entgegen. Das ist für mich dann immer so eine Bestätigung: Wenn ich nicht achtsam und offen gewesen wäre, hätte ich ihn nicht bemerkt ...


    Ich danke euch sehr für eure Anregungen und jetzt freue ich mich schon ein bisschen auf die Herausforderung Doppelzimmer :)
    Ganz liebe Grüße und einen guten Wochen-End-Spurt wünscht


    LaVerte