Sterbebegleiter

  • Ist jemand hier im Forum, die oder der Erfahrungen mit Hospizarbeit hat ?


    Ich überlege schon recht lange, eine Ausbildung zum "Sterbebegleiter"" zu machen, habe aber keine Vorstellung ob ich das neben dem Beruf und neben einer Ehe (und neben dem Besuch meines buddhistischen Zentrums) zeitlich organisieren kann.


    Die Motivation, die ich für mich sehe: Viele Menschen sterben heute alleine, da viele Pfleger und Ärzte nicht die Zeit haben, sich um sterbenskranke Menschen zu kümmern.

  • Sherab Yönten:

    Die Motivation, die ich für mich sehe: Viele Menschen sterben heute alleine, da viele Pfleger und Ärzte nicht die Zeit haben, sich um sterbenskranke Menschen zu kümmern.


    Hättest du denn wirklich die nötige Zeit ?

  • Die Frage ist: Was ist die "nötige" Zeit ?
    Die Ausbildung dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen, aber dann in der Praxis der Hospizarbeit...? Theoretisch könnte man als Sterbebegleiter sich ja den ganzen Tag Zeit nehmen....

  • Sherab Yönten:

    Die Frage ist: Was ist die "nötige" Zeit ?
    Theoretisch könnte man als Sterbebegleiter sich ja den ganzen Tag Zeit nehmen....


    ... wem hilfts?

  • Zorița Câmpeanu:
    Sherab Yönten:

    Die Frage ist: Was ist die "nötige" Zeit ?
    Theoretisch könnte man als Sterbebegleiter sich ja den ganzen Tag Zeit nehmen....


    ... wem hilfts?


    Du hast recht. Theorie hilft gar nicht. Trotzdem darf man sich auch nicht überfordern.

  • Frag doch einfach mal im Hospiz nach, ob du dort zunächst ehrenamtlich etwas tun kannst. Dann bekommst du schon mal einen Einblick und sicherlich auch die nötigen Informationen.

  • Hallo Sherab Yönten,


    warum willst Du eine Paliativ- Ausbildung machen ?
    das Sterben hat viele Gesichter, so viele wie es Sterbende und Sterbebegleiter gibt.


    Manchmal verlaufen die Sterbefasen ruhig.
    Manchmal will der Mensch gehen.
    Manchmal will der Mensch bleiben,kämpf und verliert den Kampf.
    Manchmal ist das ein älterer Mensch.
    Manchmal ist das ein Kind.


    Manchmal sind das viele Tumoren deren Geruch nicht zu ertragen ist.
    Manchmal ist es Deckubitus 4-tes Grades, der ins Körper sich gebohrt hat und deren Geruch schwer in der Luft hängt.
    Erbrechen, Durchfall, Blutungen, Inkontinenz gehören auch dazu.


    Es ist nicht Jedes-mann Sache dem Verfall des Körpers Tage lang zu begegnen und das Körper zu pflegen.
    Es ist nicht Jedesmann Sache tag täglich im leid Alle beteiligten zu unterstützen.


    Glaub mir. Ich weiß worüber ich spreche.


    Wenn ich Dir etwas raten dürfte..... Hospize freuen sich über freiwillige Helfer.
    Probiere vielleicht erst in so einem Hospiz aushelfen oder hospitieren bevor Dein weg in die Richtung weiter geht.


    Warum möchtest Du Paliativ- Ausbildung machen ? ( gehe in Dich hinein und probiere es rauszukriegen ...)

  • Hallo Dana,


    es ist von mir keine spontane Eingebung. Ich habe vor ca. 3 Jahren ein buddhistisches Seminar besucht wo wir über das Thema Sterbebegleitung geredet haben. Das Seminar fand in einem Hospiz statt, der beeindruckende Leiter dieses Hospizes (er hatte es vor ein paar Jahrzehnten gegen den Widerstand der Gesellschaft und der Kirche gegründet) kam auch zu Wort. Seitdem hat sich bei mir der Wunsch langsam aber sicher weiterentwickelt vor allem der Wunsch den Sterbenden, die einsam sterben ein wenig Gesellschaft zu leisten und ihnen zuzuhören wenn sie reden möchten.


    Seit kurzem kam hinzu, dass mein buddhistisches Zentrum seit einem Jahr eine Ausbildung zur "Buddhistisch orientierten Sterbebegleitung" anbietet. Die Leiterin der Ausbildung ist selbst Hospizbegleiterin Sie leitet die AG Sterben, Tod und Trauer in unserem Zentrum. Dieses Angebot erschien mir wie ein "Wink mit dem Zaunpfahl".


    Die Idee eines "freiwilligen Helfers" oder einer Hospitation in einem Hospiz finde ich aber auch gut ! Ich werde das Thema auch noch mal mit in meine Meditation nehmen. Vielen Dank !

  • Guten Morgen Sherab!


    Ich finde Deine Idee absolut klasse! Wenn Du Dir das zutraust, dann mach' das! Ich hätte derzeit nicht im entferntesten die Zeit und die Ruhe dafür und ich bin mir auch überhaupt nicht sicher, ob ich die Kraft und die Ruhe dafür jemals hätte.
    Ich wäre im Falle eines Falles aber sehr, sehr dankbar für jemanden, der mich oder uns oder meine Kinder begleitet.


    Ich weiß nicht, wie weit Du Dich schon informiert hast, aber hier kannst Du Dich über die Ausbildung zum ehrenamtlichen Sterbebegleiter informieren (sooo viel Aufwand ist das eigentlich gar nicht...) und hier findest Du jede Menge Informationen und Adressen. Du wirst das wahrscheinlich alles schon wissen, aber vielleicht interessiert das ja noch andere. :)


    Ich würde mich freuen, wenn Du mal "erzählst", wie das weiter gegangen ist.


    Herzliche Grüße
    Bailong

  • Wenn man es hinkriegt, dass jemand in seinem Sterbeprozess friedlich und gelassen wird, dann hat man dieser Person wahrhaft helfen können.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Hallo Sherab,
    als Ergänzung zu Deiner Weiterbildung würde ich Dir Bücher von Elisabeth- Köbler -Ross warm empfehlen. :)
    Aber auch " Das tibetische Buch vom Leben und Sterben "- Sofyal Rinpoche.

  • Es kommt drauf an, was man unter einen Sterbebegleiter versteht.


    Meine Ansicht ist, Sterbebegleiter sind hilfsbereite Menschen, die darauf geschult sind, andere Menschen zeitlich weit vor dem Eintritt des Todesmomentes zu begleiten und sie dabei auf ihren bevorstehenden Abschied vorzubereiten.


    Eine andere Art von Sterbebegleitung findet sich in den Religionen, wo z.B. im Christentum dem Todgeweihten die " letzte heilige Ölung" verabreicht wird, oder im tib. Buddhismus, wo das Karma des Sterbenden noch im allerletzten Atemzug und sogar noch eine gewisse Zeit nach dem physischen Tod, ins positive zu gedreht werden soll.
    Beide Varianten sind m.E. eine reine Glaubensangelegenheit.


    hedin

  • hedin:

    Beide Varianten sind eine reine Glaubensangelegenheit.


    In der Sterbebegleitung sollte man meiner Meinung nach den Glauben des sterbenden Menschen respektieren.
    Man sollte wissen ob da ein Christ, ein Buddhist oder ein Atheist stirbt und versuchen, soweit
    es eben geht, ihm in seinem Glauben zu unterstützen und ein offenes Ohr dafür zu haben,
    welche spirituellen Vorstellungen er "im Jenseits" hat - wenn er denn welche hat.

  • Noch ein vielleicht kleiner Blick-Weiter von mir:


    Die Hospize und Hospizvereine die ich kenne/kannte sind bzw. waren relativ gut versorgt mit Helfern (aber sicher kann das von Stadt zu Stadt verschieden sein).
    Wo aber auch Bedarf für ehrenamtliches Engagement besteht sind Alten- und Pflegeheime, sowie Krankenhäuser (einschließlich Palliativstationen). Und auch dort wirst du zweifellos viel konkrete Erfahrungen mit "Alter, Krankheit, Leiden und Tod" machen können.


    Grüße,
    Sôhei

  • Sôhei:

    Noch ein vielleicht kleiner Blick-Weiter von mir:


    Die Hospize und Hospizvereine die ich kenne/kannte sind bzw. waren relativ gut versorgt mit Helfern (aber sicher kann das von Stadt zu Stadt verschieden sein).
    Wo aber auch Bedarf für ehrenamtliches Engagement besteht sind Alten- und Pflegeheime, sowie Krankenhäuser (einschließlich Palliativstationen). Und auch dort wirst du zweifellos viel konkrete Erfahrungen mit "Alter, Krankheit, Leiden und Tod" machen können.


    Grüße,
    Sôhei



    Hallo Sôhei,


    was würden diese Ehrenämter denn konkret beinhalten ?
    Pflegerische Tätigkeiten wären da sicherlich nicht möglich, da dafür das Pflegepersonal ausgebildet wurde.

  • Das wird ganz unterschiedlich sein. In München gibt es beispielsweise einen Ausbildungskurs für Ehrenamtliche in der Klinikseelsorge. In Alten- und Pflegeheimen gibt es Besuchsdienste, Begleitung und Freizeitgestaltung durch Ehrenamtliche, ich würde da keinen großen Unterschied zum Hospiz sehen. Formal ist die eigentliche Pflege natürlich Sache der Pfleger und Pflegehelfer, aber das wird auch je nach Einrichtung variieren. Unterstützung beim Essen ist aber z.B. auch grundsätzlich durch Helfer zulässig. (Oder mit Anpacken beim Lagern u.ä.).
    Neben den klassischen Hospizhelfer-Ausbildungen (und Derivaten wie Sterbebegleiter, Trauerbegleiter etc.) könntest du dir auch noch eine Qualifizierung zum Betreuungsassistenten überlegen.
    Wie gesagt, ich denke Bedarf gibt es in diesen Einrichtungen genug, am Besten wird es wohl sein, wenn du bei den Einrichtungen vor Ort nachfragst was sie brauchen und was sie erwarten.
    Auch noch als Anlaufstelle dienen können die Berufsfachschulen für Alten- und Krankenpflege.


    Gruß,
    Sôhei

    • Offizieller Beitrag

    Meine Mutter hat einen Hospizkurs besucht, der in seiner Ausrichtung sehr offen war. Er war für Leute, die (wie meine Mutter) ihren eignen sterbenden Angehörigen beistehen wollen aber auch auch für Leute, die bei der Hospizarbeit helfen wollen. Dieser offene Ansatz scheint mir sehr gut zu sein, weil man sich da Schritt für Schritt rantasten kann, was man jeweils mit offenen Herzen aushalten kann und ab wo es einem zu viel wird. Sterbende brauchen ja gerade erfahrene Leute, denen sie und ihr Sterben nicht zu viel ist und wo dann unaufearbeitete Ängste rattern. Meine Mutter meint, dass ihr der Kurs auch geholfen hat, sich mit sich selbt und der eigenen Sterblickeit auseinanderzusetzten.

  • Sherab Yönten:

    AG Sterben, Tod und Trauer


    Was würde ein Buddha tun?


    Zitat

    Oder er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren im Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er die Auflösungsfaktoren im Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er die Ursprungs- und Auflösungsfaktoren im Körper betrachtet. Oder die Achtsamkeit, daß da ein Körper vorhanden ist, ist einfach in dem Ausmaß in ihm verankert, das für bloße Vergegenwärtigung und Achtsamkeit nötig ist. Und er verweilt unabhängig, haftet an nichts in der Welt an.


    http://www.phathue.de/buddhismus/mittlere-sammlung/mn10/



    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Zitat

    Oder er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren im Körper betrachtet,...


    Was sind denn "Ursprungsfaktoren"?

  • Hotei:

    @ NIBBUTI: Oh,wie wundervoll diese Sutra ist.Es ist von Samatha/Sazen die Rede.Danke!


    Bitte.

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • accinca:
    Zitat

    Oder er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren im Körper betrachtet,...


    Was sind denn "Ursprungsfaktoren"?


    Im Pali steht samudayadhamma.

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Menschen beim Sterben zu begleiten ist gar nicht so schwer. Einfach da sein, man selbst sein und den Sterbenden in den Mittelpunkt stellen. Ehrlichkeit und sich einlassen können.


    In den Altersheimen wird sehr viel ehrenamtliche Unterstützung benötigt. Ich denke, das wird weniger gerne gemacht, weil es oft bedeutet, Leute über Jahre zu begleiten. Das verpflichtet. Aber die Menschen dort brauchen Gesellschaft. Jemanden, der mit ihnen spazieren geht, der ihnen beim Essen behilflich ist, der ihnen was vorliest oder Musik vorspielt. Jemand, dem sie ihre ewig alten Erinnerungen erzählen können, dem sie vorjammern können. Jemand, der ihre Hand hält und sie streichelt, der sie mit dem Vor- und Kosenamen anredet, den sie gewohnt sind (merkwürdigerweise darf man auch Demente nicht mit ihrem Vornamen ansprechen, auch wenn sie mit ihren Nachnamen nichts mehr anfangen können). Sie brauchen jemanden, der sich darum kümmert, dass sie ein bisschen hübsche Kleidung haben, der mit ihnen Fotoalben anguckt oder Blumen mitbringt. Jemanden, der die Zeit hat, sich um die verkümmerte Sprache zu bemühen und so herausfinden, was sie benötigen und wollen, wo der Schuh drückt oder was schmerzt. Jemand, der mit ihnen zum Gottesdienst geht oder ihnen aus der Bibel oder dem Koran vorliest oder mit ihnen am Bett betet. Jemanden, der mit ihnen Kinderlieder singt, und Bilderbücher aus der Heimat durchblättert. Jemand, der ihnen Fußpflege macht und eine hübsche Frisur. Und vieles mehr. Die Pflegekräfte haben leider nur wenig Zeit sich um all das zu kümmern, obwohl die meisten das gerne machen wollen.


    Und vielleicht führt noch mehr ehrenamtliches Engagement dazu, dass sich die Leute bewusst werden, dass es sie auch treffen kann, und sie gehen den Politikern endlich mal gehörig auf die Nerven, so lange, bis die Pflege kein Geschäft mehr ist und sich was ändert.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • nibbuti:
    accinca:


    Was sind denn "Ursprungsfaktoren"?


    Im Pali steht samudayadhamma.


    Ich wollte aber wissen was "Ursprungsfaktoren" sind.
    Weiß das denn keiner? Was soll man sich darunter vorstellen?
    Ich glaube nämlich, das das garnichts mit "Ursprungsfaktoren" zu tun hat.
    Was immer das sein soll.