Metta zum Fließen bringen

  • Hallo zusammen,


    ich praktiziere die Achtsamkeitsmeditation und versuche sie mit der Metta-Meditation zu kombinieren. Das Problem, das ich damit habe, ist, dass ich immer das Gefühl habe, nur hohle Worte zu wiederholen. In den Büchern, die ich gelesen habe, ist immer davon die Rede, dass Metta sehr kraftvoll ist, etwas, das fließt. Bei mir war das bisher allenfalls ein Rinnsal. Ist es überhaupt möglich, durch Wiederholen von Formeln Mitgefühl zu entwickeln? Wie haltet ihr das? Arbeitet ihr mit Visualisierungen? Praktiziert ihr reine Metta-Sitzungen oder fangt ihr mit Metta an, um darüber in die Stille zu kommen? Bin gespannt auf eure Antworten.


    LG
    Sinai

  • Hallo Sinai,


    das sind in der Tat nur hohle Worte.
    Du füllst sie im Leben mit Leben.


    Bei mir läuft das so:
    Die Wiederholung der Worte wird zu einer Gewohnheit.
    Beispiel: Wo ich früher z.B. wenn ich angegriffen wurde, ablehnende Gedanken hatte, kommt heute immer häufiger der Gedanke: "Das ist eine ganz arme Sau!" (Das ist bei uns nicht abwertend, sondern Ausdruck höchsten Mitgefühls, ehrlich :) ) Mir wird der Mangel, unter welchem der Andere leidet immer bewusster. Das ist auch ein Ergebnis von Kontemplation. Ich weiß, was bei mir den Zorn auslöst und wie sehr es ein Ausdruck meines Unmuts und Leidens ist, so dass ich vermute, dem anderen geht es momentan nicht gut, sonst hätte er das nicht nötig. Wir sind uns ja als Menschen ähnlich, so dass ich mir diesen Rückschluss erlaube. Ich versetze mich also in die Lage des anderen, versuche es zumindest, und stelle meinen Zorn ob des Angriffs kurz zurück. Manchmal gelingt das, manchmal nicht. Dann gilt die Vermutung dennoch. Wissen ist ein ganz wichtiges Hilfsmittel für mich, um Mitgefühl entstehen zu lassen, also nicht nur die Oberfläche zu betrachten.
    Entfalten tun sich diese Erkenntnisse im Alltag. Es gibt immer weniger Situationen, in denen sich Mitgefühl nicht früher oder später entfaltet. Da wo es nicht von alleine entsteht, muss ich mir mit dem Wissen als solchem helfen. Mein Herz ist zwar voller Zorn, aber der Verstand zwingt mich, diesen nicht auszuleben. Er vergeht ja dann sowieso von alleine und ich werde dann viel kreativer im Umgang mit solchen verstörenden Situationen. Auch das verstehe ich unter Metta: die trennenden Emotionen nicht auszuleben, selbst wenn sie mächtig daherkommen.


    Das ist für mich die eigentliche Kraft des Metta, sie offenbart sich in den aktuellen Situationen, nicht in tränenrührigen Emotionen während einer Meditation.
    Ich denke, immer wenn ich eine Meditation mache um ein Ergebnis zu erzielen, sei es eine Veränderung oder ein bestimmtes Gefühl, dann bin ich nicht achtsam, für mich passt das nicht zusammen.
    Ich habe übrigens nichts gegen tränenreiche Emotionen, z.B. wenn ich einen Film ansehe oder mit jemandem spreche, der mir von seinem Schmerz berichtet. Ich weine oft mit und lasse das zu. Für mich persönlich ist es jedoch wichtig, darüber nicht den Verstand zu verlieren, den kühlen Kopf wieder zurück zu bekommen. Der ist halt für ein kluges Handeln unabdingbar.


    All das bedeutet jedoch nicht, dass ich mir alles gefallen lassen muss. Es gibt Grenzen des Tolerierbaren. Mit einer gehörigen Portion Metta für mich und dem Gegenüber, kann das sehr klar und deutlich ausfallen, ist aber kein feindseliger Dauerzustand, sondern sach- und situationsgebunden. Das ist in meinen Augen eine ganz wichtige Übung, denn das bedeutet loslassen.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Hi Sinai,


    So wie ich das sehe bist du nicht allein mit dem "Metta-Problem" ;)
    Vielen scheint es noch nicht einmal aufzufallen, da bist du schon weiter...es ist gut ( sich) zu fragen.


    Metta ist ja eine altruistische Haltung und so tief und flach und alles dazwischen wie ein Ozean.
    Das bedeutet auch, daß die "Qualität" ganz unmittelbar mit der "Qualität" von Shamatha zusammenhängt.
    Es heißt: "Awaken your heart by opening your mind" ( RTR ?)


    Imgrunde ist es so, daß Metta ein Problem mit uns hat ;) ... bzw. es kann das heilsame nicht (hinein)fließen,
    wenn der Herzgeist zu dolle getrübt ist. Metta scheitert sozusagen am Ego. Und das wir da alle mehr oder weniger,
    häufiger oder weniger häufig dran scheitern ( bzw. uns dran aufhängen ), kannst du leicht im Forum ablesen.


    Metta "fließt" wenn der Geist frei ist von unheilsamen Geistfaktoren und umgekehrt: wenn das Herz "überfliest",
    reinigt das den Geist von unheilsamen Geistfaktoren.


    Und Metta und Medi ist stark abhängig von der rechten Ansicht, bzw. der Überzeugung von den buddhistischen Kerngedanken.
    Dazu gehört auch Leidenserfahrung, die Erfahrung was heilsam auf dieses Leiden gewirkt hat ... Vergebung, Hingabe...und und und...


    Manchmal braucht man auch erstmal andere Übungen um das Herz zu öffnen. Mir war/ist Tonglen sehr nützlich.
    Als "Westler" unterliegen wir oft anderen kulturellen und erziehungstechnischen Einflüssen, die sich einnisten.


    Im übrigen-meiner Meinung nach-kommen "automatisch" Visualisationen beim Rezitieren. Das ist ok.
    Ich habe die "gefiltert", die den Prozess unterstützen.


    Aber sag mal: erscheinen dir alle Begriffe und Wörter in Metta-Texten hohl oder nur bestimmte ?
    Welche Assoziationen hast Du bei diesen Wörtern ?


    Viele Grüße !

  • Hallo Sinai,


    Sinai:

    ich praktiziere die Achtsamkeitsmeditation und versuche sie mit der Metta-Meditation zu kombinieren. Das Problem, das ich damit habe, ist, dass ich immer das Gefühl habe, nur hohle Worte zu wiederholen. In den Büchern, die ich gelesen habe, ist immer davon die Rede, dass Metta sehr kraftvoll ist, etwas, das fließt. Bei mir war das bisher allenfalls ein Rinnsal. Ist es überhaupt möglich, durch Wiederholen von Formeln Mitgefühl zu entwickeln? Wie haltet ihr das? Arbeitet ihr mit Visualisierungen? Praktiziert ihr reine Metta-Sitzungen oder fangt ihr mit Metta an, um darüber in die Stille zu kommen? Bin gespannt auf eure Antworten.


    Eigentlich wollte ich ja bloß dieses Heftchen (Anleitung zu Mettā-Meditation) hinwerfen und sagen: Ich mach's so. :lol::roll: Reicht mir aber doch irgendwie nicht.


    Das 'Problem', zu den Worten kein Gefühl zu haben, kenne ich nämlich sehr gut. Es hat zwei Jahre gedauert, bis bei mir zu den Worten ein Gefühl des Wohl Wollen und der Freundlichkeit entstanden ist.


    Und als erstes fällt mir dazu ein: Wie lebst Du Deinen Alltag?


    Mir hat es geholfen, im Alltag großzügig mit Freundlichkeit zu sein (immer und überall) [und b) wirklich nach den Tugenden(sīla)zu leben].


    Und vor allem: ich habe gelernt, zu entspannen. Dadurch konnte überhaupt erst der Gedanke in's Herz rutschen. Da war vorher nämlich gar kein Platz.



    Herzlich,
    Mirco

  • Sinai:

    ich praktiziere die Achtsamkeitsmeditation und versuche sie mit der Metta-Meditation zu kombinieren. Das Problem, das ich damit habe, ist, dass ich immer das Gefühl habe, nur hohle Worte zu wiederholen. In den Büchern, die ich gelesen habe, ist immer davon die Rede, dass Metta sehr kraftvoll ist, etwas, das fließt. Bei mir war das bisher allenfalls ein Rinnsal. Ist es überhaupt möglich, durch Wiederholen von Formeln Mitgefühl zu entwickeln? Wie haltet ihr das? Arbeitet ihr mit Visualisierungen? Praktiziert ihr reine Metta-Sitzungen oder fangt ihr mit Metta an, um darüber in die Stille zu kommen? Bin gespannt auf eure Antworten.


    Hi & willkommen Sinai


    Ganz richtig, Wiederholen ist hohl, verbunden mit rituellem Anhang (3. Fessel, sīlabbata-parāmāso).


    Erst wenn Geist, Worte & Handeln in Einklang sind, kann man Metta, oder was auch immer, sinnvoll anwenden.


    Dazu ist das dreifache Training nützlich:


    1. Tugend (sila), also zuträgliche Absicht in Gedanken, Worten & Taten


    2. Meditation (samadhi)


    3. Weisheit (panna), also Untersuchen & weises Reflektieren des von Buddha gelehrten in den Suttas.


    Der 1. und 3. Punkt wird von einigen unterschätzt, vor allem im Zen oder modernen Formen der Achtsamkeitsmeditation.


    Grüße

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Zitat

    Der 1. und 3. Punkt wird von einigen unterschätzt, vor allem im Zen oder modernen Formen der Achtsamkeitsmeditation.


    Pulp fiction

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Pulp fiction


    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Hallo,


    danke schon mal für eure Antworten.


    Doris: Ja, ich stimme dir zu, dass Metta durch Achtsamkeit entsteht und dass sie sich im Alltag entwickeln muss. Du hast das auch sehr anschaulich erklärt. Die Frage ist eben: Macht es Sinn, sie unterstützend auf formale Art zu praktizieren?


    Jikjisa:

    Aber sag mal: erscheinen dir alle Begriffe und Wörter in Metta-Texten hohl oder nur bestimmte ?
    Welche Assoziationen hast Du bei diesen Wörtern ?


    Tja, es gibt ja so einiges an Empfehlungen, wie und mit welchen Worten man Metta praktiziert. Gerade diese häufigen Formeln wie "Möge ich frei von Leid sein" oder "Mögest du glücklich sein" sind so umfassend interpretierbar. Wenn man nicht genau aufpasst, ist es nicht viel anders, als würde man pflichtbewusst das Vaterunser herunterleiern. Es liegt wohl gar nicht an bestimmten Wörtern, sondern an der Gefahr, dass Wörter generell leicht zu Worthülsen verkommen. Wahres Mitgefühl ist wohl jenseits von Worten, aber man muss ja mit irgendetwas anfangen ...


    Danke für den Link, Mirco.


    Was mir noch einfällt, ist: Wie kann ich sicher sein, dass es überhaupt Mitgefühl ist, das ich empfinde? Doris spricht von "tränenrührigen Emotionen". Ist es echtes Mitgefühl, das ich empfinde, oder doch nur Sentimentalität?


    LG

  • Hi Sinai, hier meine Antworten:


    Sinai:

    Ist es überhaupt möglich, durch Wiederholen von Formeln Mitgefühl zu entwickeln?


    Nein - Die Entwicklung von Mitgefühl muss aus dem Herzen kommen, wenn es wirken soll: "Mögen alle Lebewesen frei sein von Leid und von den Ursachen des Leides" ! Diese Art der Meditation entwickelst Du zunächst für Dich selbst, dann für einen "Freund", dann für eine "neutrale Person", dann für alle Personen in Deiner Nachbarschaft und schließlich für alle Wesen auf diesem Planeten und im Universum.


    Sinai:

    Arbeitet ihr mit Visualisierungen?


    Als tibetisch Praktizierender "arbeite" ich mit Visualisierungen. Welche Frage hast Du dazu ? Vielleicht findest Du im tibetischen Bereich auch schon Antworten.


    Sinai:

    Praktiziert ihr reine Metta-Sitzungen oder fangt ihr mit Metta an, um darüber in die Stille zu kommen? Bin gespannt auf eure Antworten.


    Stille, d.h. ein ruhiger Geist, ist bei JEDER Meditation Voraussetzung, um zu meditieren.

  • Sinai:

    Zitat

    Was mir noch einfällt, ist: Wie kann ich sicher sein, dass es überhaupt Mitgefühl ist, das ich empfinde?


    Was löst denn Mitgefühl in Dir aus ?
    Kennst Du Güte, Milde, Freundlichkeit, Wohlwollen ?
    Wenn ja, wovon bist du frei in diesen Momenten ?


    Mirco: Und vor allem: ich habe gelernt, zu entspannen. Dadurch konnte überhaupt erst der Gedanke in's Herz rutschen. Da war vorher nämlich gar kein Platz.

  • Sinai:

    Mitgefühl ist, das ich empfinde?


    Es ist MItgefühl, wenn es zu Aktivität, Tatkraft neigt. Es ist (Selbst)mitleid, wenn Passivität und Dumpfheit einhergehen oder folgen; also keine kreative Veränderung der Situation
    zum konkret Besseren.
    Mitgefühl bringt dich (nach einem interessierten Einfühlen in die Situation/den anderen) freudig in die Gänge, das andere nicht.




    Zum Rezitieren: wenn du es anfangs nur formal rezitierst ist das in Ordnung. Aber dabei sollte es nicht bleiben. Du füllst die Worte mit Sinn und Deutlichkeit,
    sodass sie schließlich nur Träger, Gerüst eines innerlich lebhaft durchfühlten Ablaufs sind.


  • Schöne Ergänzung lieber (liebes) Boehnchen :)


  • bist du zum Zen Meister mutiert?


    .

  • Sinai:

    Was mir noch einfällt, ist: Wie kann ich sicher sein, dass es überhaupt Mitgefühl ist, das ich empfinde?
    Doris spricht von "tränenrührigen Emotionen". Ist es echtes Mitgefühl, das ich empfinde, oder doch nur Sentimentalität?


    Eins nach dem anderen. Mitgefühl entsteht, nachdem man sich an Mettā gewöhnt hat.


    Es ist sozusagen die Fortsetzung in der Entwicklung.


    Und: Sentimentalität fühlt sich schwer an, Mitgefühl hingegen leicht.



    Herzlich,
    Mirco

  • Ich muss zugeben, dass ich immer - mein ganzes Leben lang - geglaubt habe, Mitgefühl zu haben. Es war ein großer Schreck als ich erkannte, dass ich lediglich oberflächlich so empfand.
    Durch die Beschäftigung mit der Metta-Meditation erkannte ich dies überhaupt erst, weil dies für mich auch zunächst leere Worthülsen waren. Also ist der Beginn damit schon mal gut!
    Es gibt sicher viele Menschen, die von klein auf an mehr Mitgefühl haben. Da ich aber von mir ausgehe, schließe ich daraus, dass - besonders wir im Westen - meist nur Lippenbekenntnisse machen und wenig tief fühlen. Das - so hab ich begriffen - konnte ich also durch die zunächst leeren Worthülsen und darüber Reflektieren lernen.


    Den Dingen geht der Geist voran :D
    _()_ Monika

  • Es gibt ja im Zen den Begriff des Anfängergeistes. Wird ja oft falsch verstanden.
    Bedeutet eigentlich: Ehrfurcht, Glauben,Hingabe. So wie ein Adept zum Kloster kommt---
    er/sie weiß sein/ihr Leben ist nur "ein Tautropfen am Schnabel einer Ente" ( Dógen), zerbrechlich, ungewiss.


    Die Rezitationen, Niederwerfungen, all das gibt es, um das Schlimmste zu verhindern:
    Einen völligen Verlust des Anfängergeistes mit den ersten Erfolgen der Übung.
    Das Ego aufzublähen bedeutet sich wie ein Narr in den Abgrund zu stürzen.
    Was auch immer uns bei dem Fakt hält ein unbedeutender Wurm zu sein, der seine Potentiale nicht ausschöpft, ist gut.


    Es ist gut, wenn man seinen Lehrer mit Hierarchiefuzzis teilen muss, die einen zur Seite drängen.
    Es ist gut, wenn man Lama s begegnet, die die Brahmavihara entfaltet haben. Es ist gut, wenn die Knete
    nicht reicht. Es ist gut, wenn man nachts an Schmerzen aufwacht. Es ist gut, wenn die pupertierende
    Tochter einem das Gefühl gibt Lakaie zu sein. Es ist gut traurig zu sein.


    Es ist "arsch"gut zu verstehen: Das was den Schleier hebt ist das was ihn gewebt hat ( Khalil Gibran )
    Aber noch besser ist: nicht zu meinen man verstünde. Gar nicht meinen.
    Die Kernübung ist: Wirf alles weg was du jemals hochgehalten hast im Geist * ( Lin Chi )


    Wenn Metta dann nicht "flutscht" ist es genetisch. Muss man dann akzeptieren. Aber aufhören darf man trotzdem nicht. Hat man denn eine Wahl ?


    * Gewinn und Verlust, Ruhm und Schande,
    Lob und Tadel, Freude und Leiden,

  • Sinai:

    Hallo zusammen,


    Ist es überhaupt möglich, durch Wiederholen von Formeln Mitgefühl zu entwickeln? Wie haltet ihr das? Arbeitet ihr mit Visualisierungen? Praktiziert ihr reine Metta-Sitzungen oder fangt ihr mit Metta an, um darüber in die Stille zu kommen? Bin gespannt auf eure Antworten.


    LG
    Sinai


    Hallo Sinai,


    für mich ist das im Herzen ein Gefühl und im Denken eine Haltung oder Gesinnung. Formeln helfen mir dabei mich daran zu erinnern, so als Auslöser oder um von Hass auf Metta "umzuschalten". Regelmäßige Metta - Sitzungen mache ich eigentlich nicht, ich möchte einfach ein wohlwollender und gütiger Mensch sein, es gibt ständig Gelegenheit, Metta zum Fließen zum bringen.
    Wenn ich darüber meditiere stelle ich mir die Welt mit allen Wesen vor, denen ich von Herzen alles Gute wünsche, Verständnis habe für das "Böse" als ein bedauerliches Zeichen von Unwissenheit, allen Glück gönne ohne neidisch zu sein, und ihre Leiden ehrlich bedauere.


    Metta führt zu einem ruhigen Gewissen und ist Voraussetzung für völlige Loslösung - Stille. Ansonsten führt es zur himmlischen brahma-Sphäre.


    Schöne Grüße

  • genetisch ist gut :D


    metta wird schon auch mit visualisation gemacht. man schickt das metta ja in alle 10 richtungen. das geht also ständig im kreis und ist ein aktiver vorgang der visualisation.
    ansonsten würde ich mich an die klassischen anweisungen halten, die das stück für stück aufbauen.
    man kann da aber auch selber kreativ werden. gibt genug leiden in der welt, mit dem man arbeiten kann.


    beim metta ist auch imo. besser kürzere zeiten zu nehmen und diese immer wieder mit anderen übungen abzuwechseln. die worte würde ich nicht weglassen, denn die werden irgendwann zu einem eigenen mantra, das metta automatisch hervor ruft, wenn man sie denkt oder spricht.

  • Sinai:

    Praktiziert ihr reine Metta-Sitzungen oder fangt ihr mit Metta an, um darüber in die Stille zu kommen?


    Es gibt ja einschlägige Ratgeber, zum Beispiel das viele Jahrhunderte alte Visuddhi Magga:


    Zitat

    ... Darauf beginne er mit der Entfaltung der Güte, um den Geist von dem als unsegenbringend erkannten Hasse zu befreien und ihn in Langmut zu festigen, dessen Segnungen er erkannt hat. Der diese Übung Unternehmende nun soll zunächst die Einteilung der Personen kennen und wissen, zu welchen Personen er zuerst die Güte zu entfalten hat, und zu welcher nicht. Die Güte nämlich darf man anfangs nicht zu vier Arten von Personen entfalten: zu einer unlieben Person, zu einem sehr lieben Freunde, zu einer gleichgültigen Person, zu einem Feinde. Zu einer bestimmten Person des anderen Geschlechts darf man die Güte nicht entfalten, hinsichtlich eines Toten aber soll man diese Übung überhaupt nicht entfalten.

    Warum aber soll man die Güte zu solchen Personen, wie dem Unlieben usw., vorerst nicht entfalten? Weil es einem widerstrebt, einen unlieben Menschen an die Stelle des geliebten Menschen zu setzen oder einen sehr lieben Freund an die Stelle des Gleichgültigen - denn sollte jenem auch nur ein ganz kleines Leid widerfahren, so wird man schon zum Weinen gestimmt; - und weil es einem widerstrebt, den Gleichgültigen an die Selle des verehrten und geliebten Menschen zu setzen. Beim Nachdenken über den Feind aber erhebt sich Groll. Somit also entfalte man die Übung vorerst nicht hinsichtlich solcher Menschen, wie des unlieben usw. Richtet man sie aber auf eine bestimmte Person des anderen Geschlechts, so kommt es dadurch zum Aufsteigen von Begierde. Ein gewisser Ministersohn soll einst den Ordensälteren Kulūpaka gefragt haben, zu wem er die Güte zu entfalten habe. "Zu einem geliebten Menschen" war die Antwort des Ordensälteren. Nun hatte aber jener sein eigenes Weib sehr lieb, und während er die Güte zu ihr entfaltete, hatte er die ganze Nacht hindurch auf seiner Matte zu kämpfen. Darum richte man die Übung nicht auf eine bestimmte Person des anderen Geschlechts. ...


    (http://www.palikanon.com/visuddhi/vis09.html)


    Wenn ich beispielsweise Yoga praktiziere, dann tue ich das oft in einer Gruppe, in der Frauen klar in der Überzahl sind. Manchmal bin ich sogar der einzige Mann. Am Ende der Übungen folgt dann immer die Meditation.


    Tatsächlich erlebte ich dabei oft, schon bei den vorbereitenden Übungen, wie sich ein Wohlgefühl einstellt, ein immer mehr bedingungsloses Wohlwollen und eine Art grundsätzliches Verständnis und auch Zuneigung, die kaum von Begehren gefärbt, eher von Freude und dem Wunsch, für jemanden - in dem Fall für diese Frauen - dasein zu wollen. Dieses Wohlgefühl, diese glückliche Wahrnehmung von Nähe und Zuneigung, war dann ein verlässlicher und gewohnter Begleiter in tiefere Meditation.


    Ich bin mir nicht sicher, ob dies noch als Metta-Entfaltung gelten kann. Es macht aber deutlich, wie eng die Entfaltung von Metta und das Anhaften, das Verlangen nach Dasein und Nähe, auch das Begehren miteinander benachbart sein können.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Dass Metta und Entspannung/Losgelöstheit zusammengehören, spüre ich immer wieder (und arbeite dran....). Ich habe im letzten Jahr außerdem gemerkt, wie entscheidend für mich ist, dass ich meine Gefühle (positive wie negative) überhaupt erst einmal wahrnehme, um dann weiter auch Metta entwickeln zu können. Mit anderen Worten empfinde ich es für mich als wichtig, meine Achtsamkeitspraxis gerade auch auf meine Gefühle zu richten, um für Metta überhaupt eine Basis zu schaffen.


    LG peema

    event.png

  • Sinai:

    Hallo zusammen,


    ich praktiziere die Achtsamkeitsmeditation und versuche sie mit der Metta-Meditation zu kombinieren. Das Problem, das ich damit habe, ist, dass ich immer das Gefühl habe, nur hohle Worte zu wiederholen. In den Büchern, die ich gelesen habe, ist immer davon die Rede, dass Metta sehr kraftvoll ist, etwas, das fließt. Bei mir war das bisher allenfalls ein Rinnsal. Ist es überhaupt möglich, durch Wiederholen von Formeln Mitgefühl zu entwickeln? Wie haltet ihr das? Arbeitet ihr mit Visualisierungen? Praktiziert ihr reine Metta-Sitzungen oder fangt ihr mit Metta an, um darüber in die Stille zu kommen? Bin gespannt auf eure Antworten.


    LG
    Sinai


    Dann lass es! Wenn du meinst dich mit Wiederholungen langweilen zu müssen, ist das nicht notwendiger Weise hilfreich!
    Ich suche mir Dinge,die mich anregen, Freude machen. Würde ich mich langweilen wollen, wäre ich wahrscheinlich Professor für eingeschlafene Podologie geworden.

  • Es geht wohl weniger um hohle Worte als darum, mit stetem Tropfen den Stein zu höhlen. Und darum, dass die Worte mit der Zeit immer mehr verinnerlicht werden.
    Das Fließen entsteht durch die immer wiederkehrende Erinnerung und daran anschließend gleichzeitig auch durch die Übung beim Umgang im Alltag. Beim Nicht-Sitzen. :grinsen:
    Dadurch betrachtet man die Sache von immer neuen Seiten und erfasst es allmählich immer mehr. Das wird nicht langweilig, weil das Leben so facettenreich ist - und man selbst auch.


    Meine neueste Facette ist gerade: Wie entwickelt man eigentlich Metta für jemanden, vor dem man sich ekelt? Komisch ist das. Da setzt sich ein Mensch in einem Café an den Nebentisch, er stinkt und zündet sich zusätzlich noch eine Zigarette an. Der Mann ist genauso viel "wert" wie ich, logo. Ich wünsche ihm alles Glück - aber er stinkt echt ekelig. Ab der zweiten Zigarette nahm ich dezent Reißaus an einen weiter entfernten Tisch. Genug ertragen. Metta-Königin, ich. :roll:


    Wahrscheinlich kann man solche Begebenheiten dann auch wieder gut mit aufs Kissen nehmen und da mal ausgiebg betrachten... Ja, mach ich mal gleich.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:

    Meine neueste Facette ist gerade: Wie entwickelt man eigentlich Metta für jemanden, vor dem man sich ekelt? Komisch ist das. Da setzt sch ein Mensch in einem Café an den Nebentisch, er stinkt und zündet sich zusätzlich noch eine Zigarette an. Der Mann ist genauso viel "wert" wie ich, logo. Ich wünsche ihm alles Glück - aber er stinkt echt ekelig. Ab der zweiten Zigarette nahm ich dezent Reißaus an einen weiter entfernten Tisch. Genug ertragen. Metta-Königin, ich.


    Oh, du bist schon bei der Fortgeschrittenen-Variante. :D Ich sehe immer die Gesichter morgens in der S-Bahn und mir wird so deutlich bewusst, dass keine Verbindung da ist zwischen ihnen und mir.