Ganesha und Schamanismus

  • Hallo,


    wie ich informiert bin wird in Nepal und Tibet (und anderen buddhistischen Ländern) der elefantenköpfige Gott Ganesha u.a. vor schamanistischen Ritualen angerufen.


    Ganesha transformiert alte schamanistische Praktiken in buddhistische:

    Zitat

    In the bKa'gyur tradition of the tibetan buddhism, the Ganapatihrdaya, an old sutra of the Mâhâyana , explains the role of Ganapati as the mediator between the Buddhist and the non-Buddhist traditions. When one uses the mantra sacred formula with magical propertiesd given in this text, non-buddhist rituals can be transformed into buddhist.


    (Quelle: Ganesh in Tibet)


    Hier konnte ich auf die Schnelle das Ganapatihrdaya-Dharani finden.


    Im tibetischen Kanon sind 30 Tantras mit bzw über Ganesha enthalten von denen in "The Tantric Gaṇeśa: Texts Preserved in the Tibetan Canon" von Christopher Wilkinson 15 ins englische übersetzte Texte enthalten sind.


    Auch im Buch "Schamanismus und Tantra in Nepal: Heilmethoden, Thankas und Rituale aus dem Himalaya" von Christian Rätsch u.a. wird von diesem Ganesha-Ritual geschrieben.


    Insbesondere von Nepal weiß ich das dort hinduistische, schamanistische Rituale sowohl von Hindus als auch Buddhisten rege praktiziert werden.


    Wie sieht das in Tibet aus?


    Ich finde es sehr interessant schamanistische Tänze, Gesänge, Trommeln, Beschwörungen, Anrufungen und und und.. mittels Ganesha ins buddhistische transformieren zu können.


    Letztlich wäre Ganapati (Ganesha) somit die Schlüsselfigur zur Integration von "Fremdritualen" ins buddhistische!


    Weiß jemand mehr darüber?

  • Ich weiss da nicht wirklich was drüber. Dass er als Verbindung zwischen Buddhismus und anderen Religionen gesehen wird ist mir neu und das finde ich echt spannend. Intuitiv habe ich nämlich immer einen Bezug zu Ganesh gehabt, auch lange bevor ich wusste, dass er auch in den Buddhismus übernommen wurde. Auf dem Weg vom Hinduismus zum Buddhismus hat sich die Bedeutung und Form allerdings ganz schön verändert. Für die Hindus war er schon immer eine der wichtigsten Schutzgottheiten, ein Beseitiger von Hindernissen. Aus buddhistischer Sicht soll er ein böser Geist gewesen sein, der wie ein wild gewordener Elefant eine Gefahr für die Menschen wurde, bis er Zuflucht zu Buddha nahm und sich zum Schützer transformieren liess. Das zeigt m.E. auch, wie die Geschichten die sich um diese Gottheiten ranken eben Mythen sind, die sich verändern lassen je nach Bedarf.


    Komisch finde ich dann wenn man das alles zusammen packt: einerseits soll er eine Brücke zwischen Religionen bauen, auf der anderen Seite ist die Sichtweise, er sei vorher ein böser Geist gewesen und der Buddha hätte ihn transformiert womöglich eine ziemlich übergriffige Vereinnahmung. Man hätte ihn wenigstens von seinem tatsächlichen Status aus auf freundliche Weise auch Zuflucht zu Buddha nehmen lassen können. Dann würde das mit der Brücke auch besser passen.



    http://upload.wikimedia.org/wi…s/7/7f/GanpatiTibetan.jpg

  • Hallo kilaya,


    ich gebe Dir recht!
    Die "Übernahme" hinduistischer Gottheiten in den Buddhismus scheint nicht immer respektvoll verlaufen zu sein.
    Ich habe mich eine Weile mit dem Thema beschäftigt. Teilweise werden die ursprünglichen Gottheiten verunglimpft indem sie zB auf ehemals heiligen Symbolen (Reittier Ratte im Falle Ganeshs) herumtrampeln. Dieses Herumtrampeln auf für Hinduisten hl. Symbolen scheint ein mehrfach angewandter Stil zu sein, der ebenfalls aus dem Hinduismus übernommen wurde wo dieses auf Leichen etc herumtrampeln gängiges Stilelement ist. Mir persönlich kommt das irgendwie vor wie ein "Herumtrampeln" auf für Hindus heiligen Ikonen.


    Ich weiss nicht wie seriös die Quelle ist, aber wenn die Info stimmt spricht das Bände zum Thema:

    Zitat

    Moreover, the Buddhist Ganapati is not the same entity as the Goddess Pârvatî's son, as described in the hindu tradition. The tantric Buddhist Ganapatin is an emanation of Avalokiteshavara who, having killed the hindu Ganesh by cutting His head, put that head on His own top, thus taking the same appearence than the subdued Ganesh.


    (Quelle: Ganesh in Tibet)


    Auf die gleiche Weise ist man auch mit der "Überführung" der hinduistischen Gottheit Yama zu Yamantaka vorgegangen:

    Zitat

    Yamantaka gilt als der Bezwinger Yamas, daher auch sein Name Yama (Todesgott) - Antaka (Bezwinger).


    (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Yamantaka)


    Yamantaka wird ikonografisch auf der Leiche Yamas herumtrampelnd dargestellt.


    Was eine fried- und respektvolle Mischung hinduistischer Gottheiten mit Buddhismus angeht scheint mir das Kathmandu-Tal in Nepal und der Newar-Buddhismus das weltbeste Beispiel zu sein!
    Die Newar verfügen über einen eigenen Kanon und haben andere Gottheiten als in Tibet. Sie sind eng (enger gehts nicht!) mit den Hindus verflochten. Nepal ist ja auch Geburtsland des Buddha ;)
    Ganesha wird dort sowohl von Hindus als auch Buddhisten kollektiv verehrt und ich kann mir vorstellen das dort die oben beschriebene Transformation auf andere Art abgelaufen ist.


    Aber abgesehen von diesen eher unschönen Infos finde ich die Option über Ganapati schamanistische Rituale ins buddhistische zu transformieren wie bereits gesagt sehr reizvoll.

  • der Grund, warum auf den Abbildungen die buddhistischen "Gottheiten" bzw. Himmlische Wesen (skrt. deva) auf den hinduistischen Wesen herumtrampeln liegt daran, dass dadurch die Überlegenheit der buddhistischen Lehre über die (verschiedenen) hinduistischen Lehren symbolisiert werden soll. Aus hinduistischer Sichtweise ist dies natürlich nicht sehr positiv und auch respektlos, aber wenn man davon ausgeht, dass nur die buddhistische Lehre, d.h. die Lehre von Nicht-Selbst (annatta), Unbeständigkeit (anicca), Leidhaftigkeit (dukkha) zum vollständigen Erwachen (bodhi) und Verlöschen (nirvana) von Gier (lobha), Hass (dosa) und Unwissenheit (avidya) führt, so wird dies vielleicht etwas verständlicher. Natürlich beinhalten auch die hinduistischen Lehren einige sinnvolle und heilsame Elemente, wie man sie auch in anderen Religionen und Philosphien findet, aber zum vollständigen Erwachen (sammásambuddha) kann man hierdurch nicht gelangen (so jedenfalls nach der buddhistischen Überlieferung).

  • Für mich verkörpert Ganesha den mittleren spirituellen Weg. Er hält in seinen Händen vier verschiedene Symbole. Das Seil mit dem kreisförmigen Ende steht für die Anbindung an das spirituelle Ziel (das erleuchtete Sein), also für Zielstrebigkeit. Der Dreizack steht für Kraft und Selbstdisziplin. Der abgebrochene Stoßzahn für die Opferung des Ego (weltliche Anhaftungen überwinden). Und die Schale mit den Süßigkeiten bedeutet, dass man auch etwas die schönen Dinge des Lebens genießen kann. Das passt gut zum tibetischen Buddhismus und speziell zum Dalai Lama.

  • Danke für Deine Wahrnehmung der hinduistischen Bedeutung. Was das mit dem Dalai Lama zu tun haben soll, leuchtet mir nicht ein, aber das brauchen wir an diese Stelle auch nicht zu vertiefen ;)


    kilaya

  • Ganesha, Vinayaka, Ganapati geniesst in allen Religionen Ostasiens große Popularität:
    Ganesha in world religions
    Dabei variiert seine Bedeutung für Buddhisten von Land zu Land und Tradition zu Tradition.


    Hier wurde das Thema auch diskutiert (in englisch):
    Ganesh and Tsongkhapa
    What is Ganesh/Ganapati's position in Buddhism?


    Im tibetischen Buddhismus existieren verschiedene Darstellungsformen von Ganapati mit u.a. einer unterschiedlichen Anzahl an Armen und Gegenständen.
    Es existieren auch Darstellungen von Mahakala, Aparajita, Parnasabari, Vignatakader auf Ganapati herumtrampelt.



    Bild: Vignantaka trampelt auf Vinayaka


    Oftmals wird er bekannt als Vinayaka oder Nritya Ganapati in tanzender Form dargestellt. Es gibt aber auch Darstellungen in Meditationshaltung.
    Ganapati wird im Tantra wohl als eine Emanation des Avalokiteshvara oder gar des Buddha selbst angesehen.


    Ich vermute man muss auch hier wieder den "normalen" vom tantrischen Ganapati unterscheiden.
    Des öfteren las ich das Ganesha vor allen Ritualen als erstes angerufen wird.


    Eine Ganapati-Sadhana ist auch in den 13 Goldenen Dharmas der Sakya-Linie enthalten: The Thirteen Golden Dharmas of Sakya
    Hier konnte ich das Sadhana finden: Meditation of Maharakta Ganapati by Ngorchen Konchog Lhundrup
    Er soll in dieser Tradition als eine der drei roten Gottheiten 12armig und von Buddha Amithaba gekrönt dargestellt werden.



    Bild: Tanzender roter Ganapati der drei roten Gottheiten, Rubin Museum of Art


    Die Keimsilbe GAH des buddhistischen Ganapati unterscheidet sich von der hinduistischen Keimsilbe GAM.


    Hier finden sich auch viele Informationen zum buddhistischen Ganapati (Seriosität unbekannt!):
    Arya Maha Ganapati Hridaya Dharani


    Dort ist von zwei Sutren mit Ganapati die Rede:
    - Dharani Sutra of the Golden Ganapati aus T. XXI 1269
    - “Arya Maha Ganapati Hridaya Dharani” [Heart Dharani of Maha Ganapati] (in nepalesischer und tibetischer Version)
    tibetisch: ‘Phags pa Tshogs kyi dDag po’I sNiying po

  • Laut der Seite Arya Maha Ganapati Hridaya Dharani existieren zwei verschiedene Entstehungslegenden über den buddhistischen Ganapati:


    1. Avalokiteshvara erscheint in elfköpfiger Form und bezwingt den Zerstörung bringenden Ganapati. Er trennt Ganapati den Kopf ab und platziert ihn auf sich selbst so dass er die Erscheinung von Vinayaka annimmt.


    2. Avalokiteshvara erscheint als Frau um Ganapati zu verführen und zu verhindern das dieser Hindernisse erzeugt. In entgültiger Essenz handelt es sich aber bei beiden um Manifestationen des Buddha Vairocana. Hanguag, ein Schüler von Amoghavajra, erklärt das es sich bei den Keimsilben Avalokitesvara hrīh & Ganapati gaḥ um einen Ausdruck vorläufiger/zwischenzeitlicher Realität handelt.


    Hmm.. in beiden Legenden wird Ganesha als übelwollend dargestellt.
    Ich muss ehrlich sagen das mir das nicht gefällt!
    Der hinduistische Ganesha ist ein gütiger, den Menschen naher Gott und hat diese Form der Darstellung nicht verdient.
    Ich bevorzuge Ganesha in seiner "richtigen" Form so wie Nils es tut und wie es in zahlreichen buddhistischen Ländern gehandhabt wird.

  • Merkwürdig ist allerdings das "Langohr-Rattinchen" ;) Aber wenigstens wird nicht drauf herumgetrampelt und auch ansonsten gefällt mir die Darstellung besser als die anderen...


    kilaya

  • verrückter-narr:

    der Grund, warum auf den Abbildungen die buddhistischen "Gottheiten" bzw. Himmlische Wesen (skrt. deva) auf den hinduistischen Wesen herumtrampeln liegt daran, dass dadurch die Überlegenheit der buddhistischen Lehre über die (verschiedenen) hinduistischen Lehren symbolisiert werden soll. Aus hinduistischer Sichtweise ist dies natürlich nicht sehr positiv und auch respektlos, aber wenn man davon ausgeht, dass nur die buddhistische Lehre, d.h. die Lehre von Nicht-Selbst (annatta), Unbeständigkeit (anicca), Leidhaftigkeit (dukkha) zum vollständigen Erwachen (bodhi) und Verlöschen (nirvana) von Gier (lobha), Hass (dosa) und Unwissenheit (avidya) führt, so wird dies vielleicht etwas verständlicher. Natürlich beinhalten auch die hinduistischen Lehren einige sinnvolle und heilsame Elemente, wie man sie auch in anderen Religionen und Philosphien findet, aber zum vollständigen Erwachen (sammásambuddha) kann man hierdurch nicht gelangen (so jedenfalls nach der buddhistischen Überlieferung).


    Guter Beitrag. Ergänzen möchte ich, dass das "Herumtrampeln" eine Form der Integration darstellt.
    Yeshe

    Wenn ich eine Frage stelle, ist das immer als echte Frage gemeint! :vajra:

  • "Herumtrampeln eine Form der Integration" - na ja - Fleisch Essen ist auch "eine Form der Integration" - von Tieren - nett gegenüber den Tieren ist das aber trotzdem nicht ;)


    Die Kernbedeutung des Trampelns ist "Sieg über...". Dabei sind die Darstellungen immer symbolisch gemeint. Es geht also nicht um die Ratte, sondern wenn man den Aspekt des Hereinholens aus einer anderen Religion ausser Acht lässt, um etwas für das die Ratte jeweils symbolisch steht.


    Allerdings gibt es im TB meines Wissens auch eine positive Bedeutung der Ratte im Zusammenhang mit Wohlstand. Darauf deutet auch hin, dass sie meist ein Juwel im Mund hat.


    Nun ist der Schutz von Besitz und Wohlstand auch beim Hindu-Ganesha ein wichtiger Aspekt. Insofern wären sie eigentlich wieder viel ähnlicher, als die Legenden vermitteln wollen.


    kilaya

  • Yeshe:

    Guter Beitrag. Ergänzen möchte ich, dass das "Herumtrampeln" eine Form der Integration darstellt.


    Diese Form der Integration findet sich nur im Vajrayana.
    In Thailand, Burma, Sri Lanka u.a (hauptsächlich Theravada-Länder) wurden die hinduistischen Gottheiten bis heute unverändert belassen integriert.
    Aber wie erwähnt exisitieren auch im Vajrayana verschiedene Darstellungsformen des Ganesha.
    Bei den Newar werden hinduistische Ganesha-Schreine sowohl von Hindus als auch Buddhisten besucht.
    Die Geschichte zeigt auch eine "normale" Integration in den Mahayana-Buddhismus anhand der Darstellungen auf Tempeln in Kambodscha.

    Bild: Ganesha in Ta Prohm, Angkor


    Ich vermute das der beliebte und länder- und religionenübergreifend gelebte Ganesha-Kult im Tantra zum Problem werden kann. Die mit u.a. Mitgefühl und Glück assoziierte und real existent vorgestellte Gottheit muss durch Avalokiteshvara ersetzt werden damit sie nicht zum Hindernis auf dem Pfad wird. Im tantrischen Fahrzeug kann der Ganesha-Glaube vermutlich tatsächlich hinderlich sein um Fortschritte zu machen. So gesehen wäre Ganesha im Tantra tatsächlich ein Erzeuger von Hindernissen.

  • Thomas23:

    Ich vermute das der beliebte und länder- und religionenübergreifend gelebte Ganesha-Kult im Tantra zum Problem werden kann. Die mit u.a. Mitgefühl und Glück assoziierte und real existent vorgestellte Gottheit muss durch Avalokiteshvara ersetzt werden damit sie nicht zum Hindernis auf dem Pfad wird. Im tantrischen Fahrzeug kann der Ganesha-Glaube vermutlich tatsächlich hinderlich sein um Fortschritte zu machen. So gesehen wäre Ganesha im Tantra tatsächlich ein Erzeuger von Hindernissen.


    Ich glaube damit hast Du den Nagel auf den Kopf getroffen... Ich neige dazu ohnehin Gottheiten mit denen ich arbeite immer an die höchste Ebene anzubinden, auch wenn ich mal über den buddhistischen Tellerrand schaue. Das ist mir so selbstverständlich, dass ich z.B. in diesem Fall ausgeblendet habe, dass aus tantrischer Sicht Ganesh im Grunde sowas wie ein "weltlicher Schützer" ist, also seine Verehrung nicht darauf abzielt, höchste Erleuchtung zu erlangen. Weiterhin stört mich aber noch die Legende vom bösen Geist. Zwischen einer wohlwollenden weltlichen Gottheit und einem übelwollenden bösen Geist ist halt doch nochmal ein grosser Unterschied.


    kilaya

  • Aber vielleicht ist dieses Trampeln im Falle Ganapatis auch gar nicht mit dem Trampeln von Yamantaka auf Yama zu vergleichen!?



    Bild: Tanzender Ganesha, Nordbengalen, 11. Jahrhundert.


    Diese auf der Ratte tanzende Ikonographie ist wohl in Nordindien entstanden.
    Auf manchen Bildern macht die Ratte allerdings einen bemitleidenswerten Eindruck und sieht recht gequält aus.
    Nachtrag: Hmmm.. eigentlich sieht die Ratte gar nicht so gequält aus. Ich glaube meine eigenen Vorstellungen bzgl Elefant auf Ratte haben dieses qualvolle automatisch reininterpretiert.


    Hier sieht es nicht so schlimm aus:

    Einmal editiert, zuletzt von 123XYZ ()

  • kilaya:

    Weiterhin stört mich aber noch die Legende vom bösen Geist. Zwischen einer wohlwollenden weltlichen Gottheit und einem übelwollenden bösen Geist ist halt doch nochmal ein grosser Unterschied.


    Ja, diese Legenden stören mich auch. Das passt i.m.A. weder zu Ganesha noch zu Avalokiteshvara.

  • Hallo Jazz :)


    Spock:

    Wofuer steht die Ratte?


    Im Hinduismus hat sie laut Wikipedia folgende Symbolik:


    Zitat

    Bei ihm ist immer sein Reittier (vahana), eine Maus oder Ratte, die ebenfalls unter anderem Symbol für Intelligenz und Stärke ist und als Hindernisüberwinder gilt. Philosophisch gedeutet verkörpert er die Kontrolle über das menschliche Ego oder die Fähigkeit, dass selbst das kleinste Wesen das Göttliche tragen kann.


    (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ganesha)

  • kilaya:

    "Herumtrampeln eine Form der Integration" - na ja - Fleisch Essen ist auch "eine Form der Integration" - von Tieren - nett gegenüber den Tieren ist das aber trotzdem nicht ;)


    Ob das "nett" ist oder nicht, hängt von der Kapazität des Yogis/ der Yogini ab. Wer darüber mehr erfahren möchte, befasse sich z. B. mit dem Hevajra-Tantra.
    Yeshe

    Wenn ich eine Frage stelle, ist das immer als echte Frage gemeint! :vajra:

  • Aus meiner Sicht kann das erleuchtete Bewusstsein (über allen Formen) bestimmte Formen annehmen, um den Menschen zu helfen. Ganesha ist so eine Form, ebenso wie Shiva, Buddha oder Jesus. Andererseits kann die Form (einer Gottheit) auch ein Weg zur Erleuchtung sein. Man identifiziert sich mit der Gottheit und erweckt dadurch die Kundalini-Energie bzw. die Erleuchtungs-Energie.


    Ganesha ist eine Art dicker Buddha. So wird Buddha auch in China oft dargestellt. Seine Symbole zeigen die Eigenschaften, die man auf seinem Weg üben muss. Das Typische bei Ganesha ist die Schale mit Süßigkeiten. Das erinnert an den Dalai Lama, der gerne Honig isst. Ich esse übrigens gerne Kekse und motiviere mich damit auf dem spirituellen Weg zu bleiben. Ich belohne mich damit für mein konsequentes spirituelles Üben. Nach zehn Stunden Meditation gibt es einen Keks.


    Die zentrale Eigenschaft der Ratte oder Maus besteht darin, dass sie sehr klein ist. Letztlich geht es darum das Ego so klein zu machen, dass es sich auflöst. Es ist die Übung der Nichtswerdung.


    Ganesha ist deshalb so beliebt, weil er eine Art Glücksgott ist. Wer sich mit ihm verbindet, ist erfolgreich und hat Glück. Ich interpretiere das so, dass man sich mit seiner eigenen Weisheit verbinden sollte und so den Weg des Glücks und Erfolges erkennen und gehen kann.

  • Nils: Toll das Du einen Zugang zu Ganesha gefunden hast der Dich auf dem Pfad zur Erwachung weiterbringt!


    Wie ich gelesen habe ist es eine Fähigleit der Bodhisattvas den Praktizierenden in den unterschiedlichsten Gestalten zu erscheinen sei es als Gottheit, Mensch, Tier...


    Christiane Willers:

    Bodhisattvas (Helfende Verwirklichte)


    Noch ausgeprägter (Anm. als die transzendenten Buddhas) haben diese Funktion die Bodhisattvas übernommen. Als menschliche Wesen haben sie einst geschworen, Erleuchtung zu erlangen, alle charakterlichen "Vollkommenheiten" zu verwirklichen und allen Wesen auf dem Weg zur Erlösung beizustehen, bevor sie selber ins Paranirvana eingehen.
    Sie existieren in einem der Buddha-Länder oder unabhängig davon in der Sphäre der Verwirklichten. Der bekannteste von ihnen ist der Bodhisattva der Jetzt-Zeit Avalokiteshvara, aus Sukhavati, dem Land Amithabas. Sein wesentlichster Charakterzug ist das Mitleid. Er rettet aus akuten irdischen Gefahren und arbeitet unermüdlich für die Rettung der Wesen, sogar in den Höllen.
    Aufgrund seiner eigenen Fortgeschrittenheit auf dem Weg kann er sich in verschiedenen bekannten Gestalten inkarnieren, um alle Wesen anzusprechen, so heißt es als Dalai Lama diene er den Tibetern, als Brahma oder Indra den Hindus usw.


    (Quelle: [url=https://books.google.de/books?id=J6OzF28KMgoC&pg=PP1&dq=Hinduismus,+Buddhismus+von+Christiane+Willers&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjy6-7Jhr_OAhVlBcAKHRSNA2gQ6AEIHjAA#v=onepage&q=Hinduismus%2C%20Buddhismus%20von%20Christiane%20Willers&f=false]"Religionen und Weltanschauungen 4. Hinduismus/Buddhismus"[/url] von Christiane Willers, Bwv - Berliner Wissenschafts-Verlag (2009) ISBN-10: 3830515979, Seite 64)


    Auch im japanischen Shingon und Shinto wurden die Gottheiten entsprechend integriert:

    Zitat

    Vor allem innerhalb der einflussreichen buddhistischen Richtungen Tendai und Shingon wurden Shintō-Gottheiten als Inkarnationen oder Manifestationen von Buddhas und Bodhisattvas aufgefasst. Buddha-Verehrung und kami-Verehrung diente somit – zumindest auf theoretischer Ebene – dem gleichen Zweck. Diese theologische Entwicklung begann in der Heian-Zeit und erreichte im japanischen Mittelalter (12.–16. Jahrhundert) ihren Höhepunkt. Sie ist als Theorie von „Urform und herabgelassener Spur“ bekannt, wobei die „Urform“ (本地, honji) den Buddhas, die „herabgelassene Spur“ (垂迹, suijaku) den kami entspricht.


    (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Shint%C5%8D)


    Wenn man eine Gottheit eines nicht-buddhistischen Kontextes als Manifestation eines Buddha oder Bodhisattva begreift dürfte es auch keine Verwirrungen hierdurch geben.


    Unabhängig von den eher nicht so schönen oben beschriebenen Legenden um die Entstehung des buddhistischen Ganapati lässt sich festhalten das Ganapati im Vajrayana eine (von außerordentlich zahlreichen!) Manifestation/Ausstrahlung des Chenresig ist.

  • Vielleicht sollte man die zwei oben geschilderten Legenden kritisch sehen denn die Seriösität der Quelle ist unbekannt.


    Ein viel wichtigeres Werk ist "The Tantric Gaṇeśa: Texts Preserved in the Tibetan Canon" von Christopher Wilkinson


    Hier lassen sich einige wertvolle Informationen zum Werdegang Ganeshas bis zum tibetischen Buddhismus finden.
    Die 15 darin enthaltenen Tantras aus dem tib. Kanon stammen wohl größtenteils aus Bengalen von Autoren wie Sri Diparhkarabhadra, Amoghavajra, Vajrabodhi, Arya Nagarjuna, Jnanavajra, Atisa, Vairocana und Chos kyi Grags pa vom 7. bis 11. Jhdt.
    Die dominierende Tendenz Ganesha als eine Emanation des Avalokitesvara zu deuten wird auch hier bestätigt.
    Die enthaltende Auswahl an Texten zeigt die Vielfalt an Funktionen und Erscheinungsformen.
    Ganesha werde oft als Gottheit die den Praktizierenden zu Essen, Wohlstand, Sex und übernatürlichen Fähigkeiten verhilft beschrieben.


    Der erste der Texte ist das Ganapatihrdaya, welches in der Form eines Sutra geschrieben ist und die Rolle des Ganapati als Mediator zwischen buddhistischen und nicht-buddhistischen Traditionen beschreibt. Durch Nutzung des enthaltenen Mantras können nicht-buddhistische in buddhistische Zeremonien transformiert werden.


    Im zweiten Text, dem Mahaganapatitantra wird Ganapati ikonografisch wie im Hinduismus beschrieben:
    Weiß, elefantenköpfig, ein abgebrochener Stoßzahn, einen Rettich in der rechten Hand, auf einem Rattenfahrzeug reitend, juwelengeschmückt, der Kopf vom Vollmond umrahmt, klares Licht ausstrahlend, mit gesundem Teint und Farbe, fett aufgebläht.


    Der Autor schreibt das neben den 30 im Kangyur enthaltenen Tantren auch nachkanonische Schriften zu Ganapati existieren.

  • Die Legende mit dem von Avalokiteshvara abgerissenen Kopf scheint doch stimmig zu sein und aus der Maharakta-Tradition (keine Ahnung was das ist) zu stammen.
    Es ist aber nur eine von vielen Varianten :)


    Habe die Info hier gefunden: Buddhist Deity: Ganapati Main Page
    Eine tolle Seite um eine Übersicht zu Ganesha im Vajrayana zu erhalten.


    Hier konnte ich auch eine recht informative Diskussion um Ganesha finden: Ganesh in Tibetan Buddhism
    Es lassen sich in diesem Thread zahlreichen wertvolle Infos wie zB Übersetzungen finden.


    Weitere Bilder von Ganapati:
    [url=http://www.himalayanart.org/items/48975/images/primary#-2210,-3412,4575,0]Zweiarmig sitzend mit Ratte auf Arm[/url]
    [url=http://www.himalayanart.org/items/81648/images/primary#-2142,-3648,5111,0]Vierarmig weiss reitend[/url]
    [url=http://www.himalayanart.org/items/81649/images/primary#-2222,-3747,5229,0]Vierarmig rot reitend[/url]
    [url=http://www.himalayanart.org/items/500/images/primary#-6144,-9395,12537,0]Zweiarmig rot mit Affe auf Arm und erigiertem Penis![/url]


    Nachtrag: Bei der Maharaktra-Tradition handelt es sich um den 12armigen tanzenden roten Ganapati wie bereits weiter oben gepostet im Sadhana "Meditation of Maharakta Ganapati" von Ngorchen Konchog Lhundrup praktiziert.
    Hier findet sich eine ausführliche Beschreibung der Ikonografie: Great Red Ganapati
    Er hat u.a. eine Kapala mit Blut in der Hand wie auch u.a. die zornvollen Ausstrahlungen der Hindu-Gottheiten Durga, Kālī and Shiva. Beim roten Maharakta Ganapati handelt es sich um eine zornvolle Ausstrahlung des Chenresig. Passt also mit der Legende zusammen.

  • Mal was anderes: Der pornografische Ganapati der Atisha- und Nyingma-Tradition 8)
    In der Kapala ist Alkohol.
    Ganesha goes Sex&Drugs :badgrin:


    Atisha-/Gelug-Linie:
    [url=http://www.himalayanart.org/items/50421/images/primary#-803,-1390,1960,0]Dreiköpfig, weiss, 6armig und oral befriedigt[/url]
    [url=http://www.himalayanart.org/items/40524/images/primary#-521,-1030,1528,0]Dreiköpfig, weiss, 6armig und oral befriedigt2[/url]


    Nyingma-Linie:
    [url=http://www.himalayanart.org/items/207/images/primary#-4746,-7737,10639,0]Vierarmig, rot und oral befriedigt[/url]
    [url=http://www.himalayanart.org/items/53161/images/primary#-2477,-4000,5476,0]Zweiarmig, rot mit Erektion[/url]


    Interessant. Eine ähnliche Vielfalt an außergewöhnlichen Erscheinungsformen dürfte es von keiner anderen Gottheit geben.
    Die Hauptform ist aber die des Glück und Wohlstand spendenden Ganapati!

  • Man sollte dabei allerdings nicht vergessen, dass die Schützer im TB immer mit Erektion gemalt werden, die dann aber übermalt wird... Die Erektion steht dann aber nicht für sexuelle Erregung, sondern für maximalen Ausdruck von Kraft und Energie. "Unter Strom stehen" sozusagen.


    kilaya