Rationalismus und Mystik

  • Aus dem Artikel:


    Zitat

    Das reale Leben in Verbindung mit allen Dingen wird ausgetauscht gegen ein virtuelles Leben in Begriffen, Erinnerungen, Dogmen und Illusionen.


    "reales Leben" :o


    Zitat

    „Der aufgeklärte Mensch”, so Pietschmann, „setzt einseitig auf das Reproduzierbare, Quantifizierbare, Zerlegbare, die Eindeutigkeit, Widerspruchsfreiheit und kausale Begründung. Alles, was nicht in diesen Rahmen fällt, wird nicht zugelassen. Ausgeschlossen wird das Einmalige, Qualität, Vernetzung, das
    Offene, die Konflikte des Lebendigen, das Wollen und die Kreativität.


    Das stimmt doch gar nicht. Eine gescheite Aufklärung bewirkt Offenheit. Als ob "Wollen", "Kreativität" und "Qualität" per se von einem "aufgeklärten Menschen" (den es so gar nicht gibt) abgelehnt werden...tzz



    Zitat

    Was aber widerspruchsfrei ist, dass ist nach
    Hegel tot


    Dann ist ja gut, dass es nicht nur Hegel gibt/gab. Als ob Hegel das Ultimum der Philosophie wäre.

    • Offizieller Beitrag
    Sprite:
    Zitat

    „Der aufgeklärte Mensch”, so Pietschmann, „setzt einseitig auf das Reproduzierbare, Quantifizierbare, Zerlegbare, die Eindeutigkeit, Widerspruchsfreiheit und kausale Begründung. Alles, was nicht in diesen Rahmen fällt, wird nicht zugelassen. Ausgeschlossen wird das Einmalige, Qualität, Vernetzung, das
    Offene, die Konflikte des Lebendigen, das Wollen und die Kreativität.


    Das stimmt doch gar nicht. Eine gescheite Aufklärung bewirkt Offenheit. Als ob "Wollen", "Kreativität" und "Qualität" per se von einem "aufgeklärten Menschen" (den es so gar nicht gibt) abgelehnt werden...tzz


    Vilelicht hilft es, wenn statt von "Rationalismus" von dem Unterschied zwischen einem analytischen Vorgehen (in dem man alles in Teil zerteilt) und einem holistischen Vorgehen (in dem man auf den Bezug auf die Zusammenhänge schaut) redet.


    Und ist es ja so, dass sich gerade in der Wissenschaft viel vom analytischen Denken in Richtung auf das holitische Denken verschoben hat. Vom "Eisamen Atom" hin zur verntzten Quantentheorie. Vom einzelenen Tier hin zum Ökosystem und der Evolution.


    Von daher braucht man, wenn man aufgeklärt ist, kein analystischer Erbenzähler sein, sondern das ist ohne weiteres mit vernetztem, komplexen System vereinbar. Man kann auch holitisch rational und aufgeklärt sein.
    Gerade heute habe ich gelesen, dass China bei den Patentanmeldungen auf dem zweiten Platz hinter der USA ist. Holistisches Denken muss also kein Makel in der Forschung sein -gerade in Zeiten immer komplexerer Zusammenhänge.

  • Zitat

    void hat geschrieben:


    Von daher braucht man, wenn man aufgeklärt ist, kein analystischer Erbenzähler sein, sondern das ist ohne weiteres mit vernetztem, komplexen System vereinbar. Man kann auch holitisch rational und aufgeklärt sein. Gerade heute habe ich gelesen, dass China bei den Patentanmeldungen auf dem zweiten Platz hinter der USA ist. Holistisches Denken muss also kein Makel in der Forschung sein, gearde in Zeiten immer komplexerer Zusammenhänge.


    Ich habe den Eindruck, dass die Worte oft vertauscht werden eigentlich eine Konditionierung des Ausschlusses oder eines Denkens, dass der Selbstbestätigung dient, gemeint ist. Ich empfinde das schon so, dass man "hier" oft erstma sagt "Nee, das is aber doof." und das Ablehnen als "kritisches Denken" gesehen wird. Selbst wenn das total plakative Pöbler sind, die ausser Polemik nix können (zb. iwelche Komödianten, die dann gehypet werden).

    • Offizieller Beitrag
    JazzOderNie:

    Ich habe den Eindruck, dass die Worte oft vertauscht werden eigentlich eine Konditionierung des Ausschlusses oder eines Denkens, dass der Selbstbestätigung dient, gemeint ist. Ich empfinde das schon so, dass man "hier" oft erstma sagt "Nee, das is aber doof.". Und das Ablehnen als "kritisches Denken" gesehen wird. Selbst wenn das total plakative Pöbler sind, die ausser Polemik nix können (zb. iwelche Komödianten, die dann gehypet werden).


    Naja, in dem pdf das yofi verlinkt hat, geht es um Rationalität und Mystik im Kontext des tibetischen Buddhismus.
    Und da ist Gegenüberstellung zwischen dem "aufgeklärten, rationalistischen Westen" und der Mystik des Buddhism, schon um einiges plakativer, als in dem von dir verlinkten Artikel.


    Kannst du dir nicht vorstellen, dass da jemand das Gefühl kriegt, dass da jemand auf dem Sterotypen vom mystischen Osten und dem vernünftigen Westen rumreitet?
    Und da ne Allergie dagegen hat.

  • Mythen und Mystik sind zwei sehr verschiedene Dinge!


    Eine Mythe ist eine fiktionale Geschichte. aber meist mit einem der Bedeutung nach wahren Kern. Bsp. der hiesigen Mythologie der Donnergott Thor und sein Vater Odin. Der wahre Kern steckt in der Beobachtung der Wetterphänomene, die dann in eine Geschichte verpackt für alle verständlich vermittelt werden. So kommt immer erst der Blitz und dann der Donner: also ist Odin der Vater von Thor. usw.


    Umgangssprachlich meint man mit "Mythe" oft sogar eher "Lügengeschichte, die sich herumgesprochen hat". Bsp. Urbane Mythen.


    Mystik bezieht sich auf die innere Erfahrung und ist ein rein spiritueller Begriff. Mystik hat eigentlich gerade nichts mit exotischen Ritualen und fremden Religionen zu tun. Der Mystiker fühlt sich jeder Tradition nahe, bei der es um diese innere Erfahrung geht. Oft haben die Mystiker der Religionen unter einander mehr Ähnlichkeit als die Mystiker zu ihrer eigenen Religion. Man kann sagen, dass der Buddhismus die einzige Weltreligion ist, die ihre eigene Mystik nicht fast vollständig abgeschafft hat. Den christlichen Mystikern ging es bis auf wenige Ausnahmen an den Kragen (Katharer, Gnostiker). Im Islam ist vom Sufismus nicht viel übrig geblieben.


    kilaya

  • Aufgrund bestimmter "Defizite" geh ich immer von den Dudendefinitionen aus, das is quasi meine Bibel (ironiefrei) und dort steht bei "Mythos":


    Zitat

    Bedeutungsübersicht:


    1. Überlieferung, überlieferte Dichtung, Sage, Erzählung o. Ä. aus der Vorzeit eines Volkes (die sich besonders mit Göttern, Dämonen, Entstehung der Welt, Erschaffung der Menschen befasst)
    2. Person, Sache, Begebenheit, die (aus meist verschwommenen, irrationalen Vorstellungen heraus) glorifiziert wird, legendären Charakter hat


    Also ich ging von letzterem, dem "Glorifizieren" aus, was man ja auch mit der eigenen Erfahrung machen kann.

    • Offizieller Beitrag


    Und Mystik bezeichnet laut wiki "Berichte und Aussagen über die Erfahrung einer göttlichen oder absoluten Wirklichkeit sowie die Bemühungen um eine solche Erfahrung."


    Also kann alles mögliche zum "Mythos" werden, während man sich "urbane Mystik" nur sehr schwer vorstellen kann.

  • Das hab ich nicht verstanden. Warum kann man sich eine "urbane Mystik" schwer vorstellen?

    • Offizieller Beitrag
    JazzOderNie:

    Das hab ich nicht verstanden. Warum kann man sich eine "urbane Mystik" schwer vorstellen?


    Ich würde sagen, weil es da ja um etwas Tranzendetes geht.
    Und dass ja definitionsgemäß die konkreten Umstände übersteigt.
    Weswegen es egal, ob es in der Stadt ist oder auf dem Land, im Flugzeug oder auf dem Klo.


    Aber ich bin mir nicht sicher. s gibt ja auch Religionen, wo es heilige Städte gibt.
    Viellleicht ist Varansi ein Ort "urbaner Mystik".

  • Wenn ich als Mystiker in Berlin lebe und an der Spree meditiere, ist das vllt. auch "urbane Mystik" ;)


    kilaya

  • Also ich bleibe dabei. Der "Mensch" egal ob Ost oder West ist immer auf eine gewisse Art mystisch. Denn keiner kann ihm angelernte Konzepte zu 100% für immer ausmerzen. Und "mystisch" meint hier nicht "mystische Erfahrung", sondern alles was nicht greifbar ist: Gott, Orakel, positives Denken, Geister, Seele usw.


    Darum gibt es den oft gezeichneten "rationalen Westler" überhaupt nicht. Gerade der Westen ist überschwemmt mit mystischen Denkgebäuden. Die "bewussten Mystiker" sind vielleicht einfach nur diejenigen, denen dies aufgefallen ist und die dies gerne tiefer untersuchen wollen, bzw. ihren Glauben intensivieren möchten.

  • void:

    Aber ich bin mir nicht sicher. s gibt ja auch Religionen, wo es heilige Städte gibt.


    Zum Beispiel das sogenannte "himmlische Jerusalem"

    Das Tao ist nicht auf die Vereinigung mit den Menschen bedacht;
    wenn die Menschen auf nichts bedacht sind, vereinigen sie sich mit dem Tao.
    Yuanwu Keqin (1063 - 1135)

  • Zitat

    Das letzte mal hab ichs mit nem Dzogchenbuch versucht


    Das ist dann natürlich direkt mal harter Stoff.


    Auch wenn ich vom Christentum nichts halte, muss ich doch sagen, dass die christlichen Mystiker dir sehr nahe bringen könnten, was Mystik bedeutet. Oder auch die schwärmerischen Gedichte von Rumi. Aber die Rationalität ist dort überhaupt nicht von Belang. Ich denke Mystik und Rationalität sind konträr und bilden keine Einheit, sondern so ziemlich die stärkste Dualität, die ich mir vorstellen kann...abgesehen von Mann und Frau :badgrin:

  • Im Wikipedia Artikel über Rationalität wird das sehr gut erklärt. Geschichte der Rationalität von den alten Griechen übers Mittelalter durch die Aufklärung in die Neuzeit.

    • Offizieller Beitrag
    Sprite:

    Also ich bleibe dabei. Der "Mensch" egal ob Ost oder West ist immer auf eine gewisse Art mystisch. Denn keiner kann ihm angelernte Konzepte zu 100% für immer ausmerzen. Und "mystisch" meint hier nicht "mystische Erfahrung", sondern alles was nicht greifbar ist: Gott, Orakel, positives Denken, Geister, Seele usw.


    Darum gibt es den oft gezeichneten "rationalen Westler" überhaupt nicht. Gerade der Westen ist überschwemmt mit mystischen Denkgebäuden. Die "bewussten Mystiker" sind vielleicht einfach nur diejenigen, denen dies aufgefallen ist und die dies gerne tiefer untersuchen wollen, bzw. ihren Glauben intensivieren möchten.


    Das krasseste überhaupt, ist ja dass der Begriff der "Ratio" in gewisser Weise auch ein mystischer Begriff ist. Lange Zeit ging man ja davon aus, dass die Ordnung die der Welt innwohnt, etwas Göttliches hat.


    Gerade bei Pythagoras gab es ja ein sehr religiösese Verhältnis zur Mathematik. Die Phytagoräer sahen, dass in allem die gleichen Gesetzte wirkten und das diese sich durch Zahlen und Zahlenerhältnisse ausdrücken liesen.
    Die Bahn der Planeten genauso wie die Harmonie in der Musik. Von daher war "Ratio" ein Weg, der verborgenen Ordnung Natur der Welt - ihrer höheren Harmonie näherzukommen.


    Auch später gab es da noch. Da war die "Ratio" einerseits das rationale Denken des Menschen, aber auf der anderen Seite auch die "vernünftige Ordnung der Welt" die man ja mit Gottes Plan und damit Gottes Gedanken identifizierte. Von daher war Wissenschaft ein Prozess, mit dem man in den eignen Gedanken die Gedanken Gottes nachgehen konnte, und ihm so näherkommen konnte.


    Noch für Newton war Wissenschaft ein religiöses Unterfangen. Newton war ja nicht nur Wissenschaftler sondern ja auch Okkultist (und Erfinder der Katzenklappe, was aber total OT ist)

  • Hallo void,


    da hast du sicherlich Recht.


    Es liegt natürlich auch daran, dass es fast kein Philosoph (egal welche Epoche) und Wissenschaftler geschafft hat, aus dem Dogma "Gott" rauszukommen, was wieder für meine These spricht. Selbst Atheisten sind ja auf absurde Weise einfach in diesem Dogma gefangen. Die Mystik oder Gott schwingt fast überall mit, mal mehr mal weniger (Platon oder Plotin als Extremfall). Manche stellen sich auch ganz listig auf die Seite von Gott, ohne es offen zu verlauten (wie etwa Pascal).


    Ich denke, es ist durchaus so, dass wenn sich einer vermehrt dem Werkzeug "Ratio" widmet, es zu Konflikten kommt. Diese Konflikte versucht man dann aufzulösen, indem man irgendwie wieder eine Verbindung zu Gott herstellt. Das betrifft die meisten. Wer dies allerdings gut gelöst hat in meinen Augen ist Ayn Rand. Dort spielt Gott überhaupt keine Rolle mehr, da sie die Grundaxiome ihrer Philosophie einfach ohne Gott formuliert hat (z.B.: Existenz existiert). Natürlich hat auch diese Philosophie ihre Schwächen, aber in Sachen Ratio ist sie doch ein sehr guter Vertreter.



    Zitat

    Das krasseste überhaupt, ist ja dass der Begriff der "Ratio" in gewisser Weise auch ein mystischer Begriff ist. Lange Zeit ging man ja davon aus, dass die Ordnung die der Welt innwohnt, etwas Göttliches hat.


    Ja, das ist wieder die alte Verfahrensweise, dass alles Gott unterstellt wird. Oder alles "Anteil des Göttlichen" ist. Der Mystiker pocht ja gerade darauf. Es ist seine Sehnsucht nach Einheit. Das Aufheben von Konflikten, Dualität und Widersprüchen. Nur die wenigsten können sich vorstellen, dass eine Ordnung einfach so entsteht. Aber was heißt schon Ordnung? Mit einer anderen "Brille" kann ich stets nur Chaos erblicken. Dann kommt Hegel ins Spiel, der dies alles verbinden möchte mit seiner Synthese. Alles Versuche, Dualität auszuschalten oder zumindest zu "vergöttlichen" und "vergeistigen".


  • Zum Knotennpunkt Rationalität/Mystik kam mir spontan der Satz in den Sinn.


    Rationalismus ist die Mystik der Vernunft.


    Wiki:

    Der Ausdruck Mystik (von griechisch μυστικός mystikós ‚geheimnisvoll‘, und dies zu myō ‚Mund oder Augen schließen‘) bezeichnet Berichte und Aussagen über die Erfahrung einer göttlichen oder absoluten Wirklichkeit sowie die Bemühungen um eine solche Erfahrung.


    Einsteins suche nach der Weltformel war z.B die Bemühung mit Hilfe von Rationalität die absolute Wirklichkeit zu erfahren. Die Weltformel war der Mythos hinter dem er herjagde. Rationalisten vertreten die Auffassung, dass sie mit Hilfe der Vernunft eine absolute Wirklichkeit aufgefunden werden kann.


    Für mich ein Mythos.... Anders als der Buddhismus so wie ich ihn sehe keinen Mythos hinterhereifert. Deswegen sehe ich ihn als arational. Es gibt dort keine absolute Wirklichkeit, was aber nicht heißt, dass es gar keine gäbe... Das ganz zu erfassen, bedeutet eben die Beendigung dieses hinterherjagens nach einem Mythos...

  • Zitat

    Anders als der Buddhismus so wie ich ihn sehe keinen Mythos hinterhereifert.


    :lol:


    Der war gut.

  • Sprite:
    Zitat

    Anders als der Buddhismus so wie ich ihn sehe keinen Mythos hinterhereifert.


    :lol:


    Der war gut.


    Nicht wahr? :D
    Es mag natürlich viele Augen und Perspektiven geben, die das anders sehen. Für mich gibt es da weder etwas
    "absolutes" noch ein bloßes " Nichts"...
    Das sind Dinge die einem Geist entspringen, der krampfhaft nach etwas sucht an dem er sich orientieren bzw. an das er sich klammern kann.... Es ist auch nichts falsches daran das zu tun...Nur halte ich diese Suche für unbefriedigend, leidbehaftet und für vergeblich. Eine Suche nach einem Mythos.

  • Zitat

    Das sind Dinge die einem Geist entspringen, der krampfhaft nach etwas sucht an dem er sich orientieren bzw. an das er sich klammern kann....


    Z.b. der Sunu Geist, der sich an Buddhismus orientiert :D

  • Sprite:
    Zitat

    Das sind Dinge die einem Geist entspringen, der krampfhaft nach etwas sucht an dem er sich orientieren bzw. an das er sich klammern kann....


    Z.b. der Sunu Geist, der sich an Buddhismus orientiert :D


    Z.b. Da fängt es an... Ja...
    Mit: "Das Leben ist letztendlich leidvoll"..... Da wird man abgeholt....

  • Sunu:
    Sprite:

    Z.b. der Sunu Geist, der sich an Buddhismus orientiert :D


    Z.b. Da fängt es an... Ja...
    Mit: "Das Leben ist letztendlich leidvoll"..... Da wird man abgeholt....


    Ja schon, das ist ja schon mal ne gute Voraussetzung. Man kann natürlich, statt abgeholt zu werden, sich auch einfach aufs Fahrrad schwingen und lostreten.

  • Seinen Weg muss jeder selber gehen..klar......Niemand kutschiert einen.... Aber es gibt immer begleitende Umstände, die einen irgendwo abholen und ein Stück weit begleiten....Zumindest solange man sie braucht. So wie dein Fahrrad z.b. ;)

  • Zitat

    Zumindest solange man sie braucht. So wie dein Fahrrad z.b. ;)


    Mein Fahrrad hat ja auch die Buddha Natur :P