Einstiegs-Meditation Vajrayana

  • Hallo,


    ich habe bislang fast ausnahmslos Zazen praktiziert.
    Was unterscheidet eine "Basis-Meditation" des Vajrayana vom Zazen?
    Wie steige ich am besten in Vajrayana ein? Gibt es da gute Anleitungen zu einem Einstieg (möglichst traditionell)?


    Im voraus danke!

  • Der Vajrayana ist sehr vielschichtig und umfasst v.a. Tantra und die nicht-dualen Ebenen der reinen Sicht (Dzogchen / Essenz-Mahamudra). Die Meditation auf Chenrezig, die ich Dir in einem anderen Thread verlinkt hatte, ist durchaus typisch für die tantrische Ebene. Wobei Tantra sich auch wiederum um recht verschiedene Tantraklassen aufteilt, die wiederum in den Schulen unterschiedlich kategorisiert werden. Womit man anfängt, hängt sehr stark von der Schule oder Linie ab. Wenn Du Dich nicht auf eine Schule oder einen Lehrer einlassen willst, kannst Du so eine Meditation wie die aus dem Link ausprobieren, solange Du willst. Erfahrungsgemäß wird man aber im Tantra ohne Lehrer nicht weit kommen.


    Wenn Du die innere Haltung vom Zazen als "Behälter" für Visualisierungen einnimmst, dürfte Deine tantrische Meditation im Vergleich zu jemand, der ohne Vorerfahrung anfängt, direkt wesentlich tiefer gehen. Es lohnt sich m.E. nicht nur auf die Unterschiede zu schauen, sondern v.a. auch auf die Überschneidungen, Ähnlichkeiten. Das gilt nicht nur für Dzogchen, wo das einigermassen naheliegend ist (weil man sich ohne selbst erzeugtes Objekt direkt mit der Welt im Hier und Jetzt auseinander setzt) sondern teilweise auch für die tantrischen Übungen.


    Ein Kernelement im Vajrayana ist wohl die Identifikation mit dem "Ziel". Das könnte man "Buddhazustand" nennen, also die Erfahrungsebene eines Buddha. Die wird mit jedem Meditationsaspekt, den Du visualisierst und mit dem Du vielleicht in der Meditation eins wirst, mittransportiert. Oder man identifiziert sich mithilfe der reinen Sicht direkt mit dem formlosen Zustand der Erleuchtung: alles, die Welt, alle Wesen, ich selbst, waren schon immer erleuchtet. Kann man das nicht sehen, ist man in einer Illusion gefangen - nicht in dem Sinne, dass die Dinge nicht da sind, sondern in dem Sinne, dass sie einem nicht so erscheinen, wie sie tatsächlich sind.


    kilaya

  • Die Identifikation mit dem Ziel ist eine Methode um eine andere Identifikation abzulösen, eben die Identifikation mit dem illusionären Ich. Die Methode des Zen ist die der direkten Nicht-Identifikation durch eine Konzentration auf die Nicht-Existenz desselbigen, also auf die Eliminierung der Illusion ohne dass man sie durch 'etwas anderes' außer die Natur des Geistes selbst ersetzt. Kann man das so sagen?


    Im Tibetischen Buddhismus geht es um eine nonverbale Übertragung vom Lehrer auf Schüler, die quasi im Hintergrund der sprachlichen Mitteilung läuft, so würde ich das ausdrücken auch unter Gefahr, dass man sich nun auf den einzelnen Begriffen aufhängen kann. Sie selbst hatten auch Lehrer, und in den einzelnen Linien kann man sehr altem Wissen begegnen, d. h. Methoden der Auffassung, die vielfach erprobt sind. Das ist im Zen sicher ähnlich. Ich finde auch, dass die Verbindung Zen-Vajrayana sehr hilfreich sein kann. Man hat bereits gelernt zu relativieren und die Gefahr, die Methode mit dem Ziel zu verwechseln, wird dadurch aus meiner Sicht erheblich reduziert.

  • Danke schonmal!


    Mit dem Lehrer-Schüler-Ideal ist das so ne Sache! Einen Lehrer überhaupt erstmal zu finden und dann ja auch noch die Frage ob man miteinander kann..
    Ich möchte erstmal alleine Praxiserfahrungen sammeln und denke da an Audio-Visualisierungen, Mantras, Sutren und natürlich eine gut verstandene Übungsanleitung.


    Was mir so im Vergleich zu Zazen durch den Kopf geht: Wie sieht es mit den ganzen verschiedenen Mudras aus? Bislang kenne ich nur die im Zazen typische Dhyanamudra.
    Werden in Vajrayana-Meditationen verschiedene Mudras angewendet und vor allem wie und wann?

  • Zitat

    Was mir so im Vergleich zu Zazen durch den Kopf geht: Wie sieht es mit den ganzen verschiedenen Mudras aus? Bislang kenne ich nur die im Zazen typische Dhyanamudra.
    Werden in Vajrayana-Meditationen verschiedene Mudras angewendet und vor allem wie und wann?


    In der Tradition wo ich gelernt habe, wurden Mudras ganz selten mal bei traditionellen Einweihungen verwendet, ansonsten eher nicht. Das ist also wieder eine Frage der Schule und Tantra-Ebene. Bestimmt kann jemand mehr dazu sagen, bei dem es in der Praxis eine Rolle spielt. Es kann aber sicher auf keinen Fall schaden, die Symbolbedeutung der Mudras zu kennen, damit man die Symbolik der Abbildungen richtig interpretieren kann.


    kilaya

  • Wikipedia:

    Im tibetischen Buddhismus werden nur Mantras von Buddhaaspekten aus der Lotusfamilie ohne Einweihung oder Bevollmächtigung frei weitergegeben. Deshalb werden Mantras gewöhnlich erst bei den rituellen Einweihungen genannt und mit ihnen praktiziert.


    aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Sitatapatra


    Also lieber die Lotusfamilie für den Einstieg? Stimmt diese Behauptung überhaupt?
    Avalokiteshvara wäre also ein guter Einstieg wie Du ja sagtest, kilaya.

  • Ich würde das nicht so absolut sagen, wie es da steht. Es gibt durchaus Mantras von Aspekten, die nicht zur Lotusfamilie gehören, die man frei bekommen kann. Alle Dhyani-Buddhas an sich z.B., oder Medizinbuddha. Oder Mantras für Guru Yoga. Aber es ist schon richtig, Tara, Chenrezig, Manjushri und Amithaba gehören zu den Aspekten, die am ehesten "in freier Wildbahn" funktionieren. Bei Vajrapani bin ich mir schon nicht so sicher.


    kilaya

  • kilaya:

    In der Tradition wo ich gelernt habe, wurden Mudras ganz selten mal bei traditionellen Einweihungen verwendet, ansonsten eher nicht. Das ist also wieder eine Frage der Schule und Tantra-Ebene.


    Was mich irritiert sind zB die ganzen Meditationshaltungen die man angezeigt bekommt wenn man in der Google-Bildsuche "Meditation" eingibt: siehe hier

  • Es gibt ein paar typische Sitzhaltungen im tibetischen Buddhismus. Zwei davon sind für den Einstieg besonders geeignet, andere braucht man eigentlich nur für "fortgeschrittene" Yogas. Was im Buddhismus untypisch ist, ist das was man bei Deinem Link in den meisten Bildern sieht, nämlich die Hände auf den Knien nach oben geöffnet. Man könnte sagen, dass das eher "hinduistisch" ist.


    1. Empfohlen werden im tibetischen Buddhismus zum einen die Haltung die Du hier siehst: http://static6.businessinsider…i_graphics_meditation.png (die Tipps im Text in dem Bild sind auch sehr gut...)
    Man nennt das auch die "Marpa"- Haltung - Hände auf den Knien und die Arme ohne zu verkrampfen gerade ausgestreckt. Das ist eine sehr stabile Haltung die hilft, den Rücken gerade zu halten ohne angespannt zu sein.


    2. Zum anderen wäre das der halbe oder volle Lotussitz (letzterer ist aber erst nach viel Übung ungezwungen möglich) wo man die Hände im Schoss zusammen legt, die rechte in die linke Handfläche, geöffnet nach oben, die Daumen berühren sich. So wie hier: https://upload.wikimedia.org/w…bot_of_Watkungtaphao..jpg (im Bild der halbe Lotussitz)


    kilaya

  • Danke wieder mal!


    Beim Soto-Zazen sitze ich vor einer weißen Wand.
    Wie ist es im Vajrayana? Da werden doch auch Objekte, Figuren, Thangas verwendet.
    Außerdem gibt es doch verschiedene Meditationen wie zB Vipassana oder Samatha..


    Beim Zen hat mans recht einfach: Zazen-Anleitung und los gehts.


    Aber der Vajrayana ist ja sehr vielseitig an Meditationsformen. Wie steigt man da ein? Und wie kombiniert man die verschiedenen Formen miteinander?
    Gibt es einen Link mit einer guten Übersicht und Erklärung?

  • Ich weiss meine letzte Frage hört sich fast wie meine erste Frage an. Ich bin dankbar für die bisherigen Tipps, aber so wirklich orientiert punkto "Einstieg in die ´tibetische Systematik´" bin ich noch nicht.


    Ich lese gerade in den berzinarchives über
    Klar erkennende und stabilisierende Meditationen (analytische and formelle Meditationen)
    Allgemeine Darstellung von Shamatha und Vipashyana
    um mich zu informieren


    Habe mittlerweile auch von der Vajrasattva Meditation als Einstieg gelesen.

  • Du kannst einfach mit irgendeiner der freien Methoden / Meditationen anfangen, um Erfahrungen zu sammeln. Wenn Du es systematisch und "verschult" willst mit klaren Anweisungen, wo anzufangen ist und wie man dann weitermachen kann und wie die Dinge aufeinander aufbauen können, bleibt Dir wirklich keine andere Wahl, als mit einer der Schulen in Kontakt zu treten.


    Jede vollständige traditionelle Meditation enthält alle Elemente, die man braucht. Man baut eine grundsätzliche Haltung auf, in der man auf den Atem achtet, und wo man einen Bruch zwischen dem Alltag und der Meditation erzeugt. Man richtet sich innerlich aus und macht sich klar, warum Meditation sinnvoll ist, um sich zu motivieren. Man erzeugt eine Buddhaform, deren Symbolik in Haltung, Mudra, Schmuck usw. bestimmte archaische Knöpfe im Unterbewusstsein drückt. Man richtet seine Bitte an den Buddha, z.B. den Geist zu reinigen oder einem zu helfen, Mitgefühl und Weisheit zu entfalten. Durch ein Mantra baut man die Verbindung mit dem Buddha auf einer zusätzlichen "Schwingungsebene" auf, die Mala dient nicht nur dem Zählen der Mantras sondern auch dafür, dass auch der Körper an der Übung beteiligt ist. Das Bewustsein kann man nun auf verschiedene Aspekte diese Energiefeldes wandern lassen, so dass man zwar beschäftigt ist und dem Geist immer wieder etwas Neues zeigt, aber trotzdem dabei das Energiefeld nicht verlassen muss. Natürlich tauchen trotzdem ständig Gedanken und Gefühle auf. Diese kann man einfach ignorieren - sie kommen und gehen, wie es ihre Natur ist. Stellt man fest, dass man komplett abgeschweift ist, bewertet man auch das nicht und kehrt einfach zur Übung zurück. In der nächsten Phase löst sich der Buddha in Licht auf, das in einen hinein fliesst und sich mit dem eigenen Körper und Geist vermischt. Damit signalisiert man dem Unterbewusstsein, dass die Form nicht getrennt von einem selbst ist und man sie nur nach Aussen projiziert hat, um besser darauf schauen zu können. Die ganze Welt löst sich in den Raum hinein auf, so dass man erkennt, dass nichts getrennt ist von der Essenz, aus der alles entsteht und besteht. Indem sich dann der eigene Körper auch noch in Licht auflöst und sich dann komplett in den Raum auflöst, wird man selbst auch mit der tiefsten Ebene der Existenz eins. Hier kommt eine Phase, wo man in der Leere verweilt. Das ist für die meisten leichter, nachdem man vorher Körper, Rede und Geist fokussiert beschäftigt hat, nun eine Phase der Geistesruhe einkehren zu lassen, als wenn man versucht, das direkt und ohne "Rahmenhandlung" zu üben. Dann entsteht die Welt neu, als die gewohnte Welt, die wir aber jetzt mit anderen Augen anschauen können. Diese Haltung aus allen Phasen der formellen Meditation versucht man so weit wie möglich in den Alltag hinein auszudehnen, bis man die formelle Übung wieder aufnimmt. Das gute Gefühl aus der Medation verschenkt man wieder zum Wohl der Wesen. So wird einerseits das Loslassen geübt und weiterhin wird der Geisteszustand, den man durch die Meditation in den Alltag mitnimmt, darauf ausgerichtet, sich nicht in einer "Wohlfühlblase" abzukapseln, sondern dies in die Welt hinein zu tragen.


    Natürlich hat jede Meditation zusätzlich noch andere Phasen und Elemente, die etwas mit der speziellen Form zu tun haben, oder es wird mal die eine und mal die andere Phase mehr betont und ausgedehnt, aber im Groben ist das der Aufbau einer typischen tantrischen Meditation.


    kilaya

  • Danke für die tolle Erklärung, kilaya!


    kilaya:

    aber im Groben ist das der Aufbau einer typischen tantrischen Meditation.


    Blöde Frage (vielleicht): Sind denn alle Meditationen im Vajrayana tantrisch? Oder gibt es auch nicht-tantrische Meditationen im Vajrayana?

  • Als Praxis innerhalb des Vajrayana gibt es Formen, wo man direkt mit der Sichtweise im Alltag arbeitet. Das kann man aber nicht unbedingt als "Meditation" bezeichnen, obwohl ich finde dass man es durchaus als "Praxis" bezeichnen kann. Zumindest Dzogchen hat mit Treckchöd und Thögal eigene Meditationsformen, die nicht zum Tantra gezählt werden. Dann könnte man bei Shine / Lagthong (Shamata / Vipassana) überlegen ob das Tantra ist, ich würde sagen wenn es in Reinform praktiziert wird, eigentlich nicht. Was Tantra auszeichnet, ist dass man von etwas nicht erleuchtetem ausgeht, das durch die Praxis in etwas erleuchtetes transformiert wird. Ja nach Tantra-Klasse kann das sehr direkt so gesehen werden, oder sehr subtil passieren. Direkt heisst: ich bin ein wütender Mensch und transformiere meine Wut unter Nutzung der ihr eigenen Energie in eine Weisheit oder positive Kraft. Dabei hilft mir ein Yidam oder Buddha. Subtil heisst: ich weiss, dass die Wut schon Aussdruck von Erleuchtung ist und ich nur meine illusorische Wahrnehmung klären muss, um das erleben und so ausdrücken zu können. Beim Klären dieser illusorischen Wahrnehmung hilft mir ein Yidam oder Buddha. Von da ist es bis zur nicht-tantrischen Ebene des Dzogchen nicht mehr weit: ich muss nichts klären und nichts transformieren, die Welt so wie sie ist ist Ausdruck von Erleuchtung. Da das sehr schwer zu handhaben ist und man gerade als Anfänger dazu neigt, sich da etwas vorzumachen während man weiter ein eher zerstörerisches Verhalten pflegt, wird normalerweise vorher ausgiebig Tantra praktiziert um erstmal die Basis zu klären. Zwar mag es sein, dass man den eigenen Wutausbruch als "erleuchtet" (bewusst in Anführungsstrichen) empfindet, oder so tut als ob, aber anderen Wesen die davon betroffen sind wird das nicht so gehen und wenn das die Regel ist, kann man schon recht sicher sein, dass man sich in die eigene Tasche lügt. Ein guter Anhaltspunkt ist, dass jemand der Dzogchen verwirklicht hat, ein Buddha ist und sich auch wie einer verhält. Nicht weil sie/er das müsste, sondern weil es das natürlichste im Universum ist, dass jede Handlung den Wesen nutzt ohne dass man sich dafür anstrenden müsste, ein "guter Bodhisattva" zu sein.


    kilaya

  • kilaya:

    Von da ist es bis zur nicht-tantrischen Ebene des Dzogchen nicht mehr weit: ich muss nichts klären und nichts transformieren, die Welt so wie sie ist ist Ausdruck von Erleuchtung. Da das sehr schwer zu handhaben ist und man gerade als Anfänger dazu neigt, sich da etwas vorzumachen während man weiter ein eher zerstörerisches Verhalten pflegt, wird normalerweise vorher ausgiebig Tantra praktiziert um erstmal die Basis zu klären.


    Ah ok, ich hatte bislang angenommen das die tantrischen Meditationen für "Fortgeschrittene" sind.

  • Thomas23:
    kilaya:

    Von da ist es bis zur nicht-tantrischen Ebene des Dzogchen nicht mehr weit: ich muss nichts klären und nichts transformieren, die Welt so wie sie ist ist Ausdruck von Erleuchtung. Da das sehr schwer zu handhaben ist und man gerade als Anfänger dazu neigt, sich da etwas vorzumachen während man weiter ein eher zerstörerisches Verhalten pflegt, wird normalerweise vorher ausgiebig Tantra praktiziert um erstmal die Basis zu klären.


    Ah ok, ich hatte bislang angenommen das die tantrischen Meditationen für "Fortgeschrittene" sind.


    In der Tradition wo ich zu Hause bin (Gelugpa), beginnt man mit dem Studium des Lamrim.
    Voraussetzungen für Tantra sind: Bodhicita und eine "gewisse Vorstellung" über Leerheit und die Bereitschaft, ein "Schüler Lehrer Verhältnis" einzugehen ;)

  • Thomas23:

    Sind denn alle Meditationen im Vajrayana tantrisch?


    kilaya:

    Zwar mag es sein, dass man den eigenen Wutausbruch als "erleuchtet" (bewusst in Anführungsstrichen) empfindet, oder so tut als ob, aber anderen Wesen die davon betroffen sind wird das nicht so gehen und wenn das die Regel ist, kann man schon recht sicher sein, dass man sich in die eigene Tasche lügt.


    Das habe ich auch beobachten können. Bei den vorbereitenden Übungen für Tantra gibt es wiederum die Gefahr, dass man in den Ritualen 'einschläft' und mit dieser Aursichtung dann zum Visualisieren übergeht. Das bedeutet, dass das Geschehen als ein Aneinandereihen von Objekten erlebt wird. Diese Divergenz lässt auf Parallelen mit dem Christentum schließen, wo ebenso zwei unterschiedliche Herangehensweisen zu beobachten sind. Die Erscheinungsformen der 'Helfer', der Heiligen und Engel im Christentum wurden von früheren Religionen übernommen, die in Europa durch den Einzug des Christentums einen gewaltsam bewirkten Niedergang erlebt haben. Ähnlicher Synkretismus fand in Mahayana anhand der Beeinlfussung des Buddhismus durch die Göttersagen des Hellenismus sowie der früheren Epochen, die ihn geprägt haben, statt. Deshalb kann man aber auch auf eine gemeinsame Wurzel dieser Religionen schließen, die vielleicht in ihrer reinsten Form im vorbuddhistischen Bön zu finden ist. Alle andere Methoden sind sicher aufgrund ihrer kulturellen Umgestaltung auf ihre Art wirksam und auch gleichberechtigt.

  • Um eine andere These daneben zu stellen - und historisch-kritische Wissenschaftler sehen das vermutlich nochmal ganz anders - dann muss man aus ähnlichen Entwicklungen bei den verschiedenen Religionen nicht unbedingt darauf schliessen, dass diese aus der gleichen Quelle stammen. Überall in der Wissenschaft kommt man von der Idee ab, dass die Dinge (Religionen, Kulturen, biologische Evolution usw.) aus einer gemeinsamen Quelle stammen (nicht im Einzelnen und erst recht nicht insgesamt) und sich dann immer weiter verästeln. Es wird immer deutlicher, dass es oft viele Quellen für ähnliche Ideen oder Entwicklungen gibt und diese sich dann immer wieder überlagern, berühren und beeinflussten, kreuzen und wieder auseinander laufen. Es ist also sehr viel komplexer als wir das gerne hätten.


    Ob es daher sowas wie eine "reine ursprüngliche Form" religiöser Ideen irgendwo gibt, wage ich zu bezweifeln. Gegenseitige Beeinflussung gibt es dagegen aber ziemlich sicher sehr viel früher und sehr viel weitreichender, als wir das gemeinhin vermuten. Übrigens sieht es wohl auch bei den buddhistischen Linien so aus, dass es nicht einen ursprünglichen Text gibt, der besonders authentisch "die Worte Buddhas" wiedergibt, sondern es zeigen sich immer mehr Funde von zeitlich früheren oder parallel auftauchenden Quellen in verschiedenen Sprachen, die sogar Zweifel daran aufkommen lassen, ob Mahayana wirklich sowas wie eine spätere "modernisierte" oder "erweiterte" Form eines "ursprünglichen" Buddhismus ist.


    kilaya

  • Auch wenn der Autor auf seinem Weg einige Sachen vermischt (laut "Über mich" Seite) halte ich doch die Infos über den tibetischen Buddhismus die Du direkt verlinkt hast für nicht nur korrekt sondern auch für recht präzise und sogar recht traditionell geprägt. Finde ich als Überblick gut geeignet...


    kilaya

  • Thomas23:

    Mit dem Lehrer-Schüler-Ideal ist das so ne Sache! Einen Lehrer überhaupt erstmal zu finden und dann ja auch noch die Frage ob man miteinander kann..


    Es kommt drauf an, wo man wohnt und ob man Geld hat mal in die nächst größere Stadt zu fahren. In die größeren Städte kommen die Lehrer und man kann sich einfach rein setzen. Das sind Vorträge, man muss sich nicht gleich entscheiden, ob man der persönliche Schüler eines Lehrers sein will.
    In der Gegenwart eines Rinpoche überhaupt mal zu sein, ist nicht grade das Falscheste wenn man Interesse am Vajrayana-Buddhismus hat.
    Du bekommst dort auch nicht gleich Vorgaben, was du lesen oder praktizieren sollst.