ZitatAlles anzeigenWir müssen das eigene Leiden, die eigene Erfahrung , gute und schlechte als Beispiel nehmen,
um das Leiden der anderen genau zu erkennen, und dann können und sollen wir dabei behilflich sein,
das Leiden der anderen zu beseitigen. Das ist der Bodhicitta Gedanke. Dies zu tun ist eine
Bodhisattva Handlung. Solange wir nicht wirklich Bodhicitta erlangt haben, sind alle unsere
heilsamen Handlungen ja keine 100% ig echten Bodhisattva Handlungen. Aber sie nähern sich immer
mehr den Bodhisattva Handlungen an. Das hängt von unserer geistigen Kraft ab. Wenn wir eine
tiefere Erkenntnis haben, dass wir anderen Menschen nicht nur keinen Schaden zufügen, sondern
ihnen Nutzen bringen wollen, wenn wir diese Gedanken sehr stark haben, dann sind diese
daraus abgeleiteten Handlungen mehr als annährende Bodhisattva Handlungen.
So werden aus unseren annährenden Bodhisattva Handlungen echte Bodhisattva Handlungen.
Das ist ein allmählicher Übergang. Man kann nicht sagen: "Bis gestern hatten all meine Handlungen
nichts mit Bodhisattva Handlungen zu tun, aber heute durchaus, weil ich heute früh um 8.00 Uhr
Bodhicitta erlangt habe. So kann man es nicht sehen. Das ist ein Prozess, der immer weiter
voranschreitet. Das ist höchst interessant. Fast möchte ich sagen vom wissenschaftlichen Standpunkt
aus gesehen ist es wirklich lohnenswert genau zu recherchieren: Wie wir unsere geistigen
Fähigkeiten entfalten können, wie diese geistigen Haltungen abhängig voneinander sind. Diese
Überlegungen helfen uns außerordentlich für ein gutes Verständnis der Leerheit
Bodhicitta und Leerheit kann man nicht trennen.
Bodhicitta und Leerheit entsteht aus dem großen
Mitgefühl. Beim Mitgefühl gibt es drei verschiedene Arten: Mitgefühl gegenüber den Lebewesen und
Mitgefühl, das sich auf alle Phänomene bezieht. Das dritte ist höchst interessant:
Alle Lebewesen leiden durch das Nichtwissen über den eigentlichen, den absoluten Zustand
der Phänomene. Damit ist Leerheit auch mit einbezogen. Kurz gefasst kann man vielleicht sagen,
diese armen Viecher haben keine Leerheit verstanden, deshalb leiden sie.
Wer den absoluten Zustand der Leerheit erkannt hat, der kann nicht mehr leiden, selbst
wenn er möchte. Damit sehen wir die ganz enge Verbindung von Leerheit und großem Mitgefühl.
Bodhicitta ist das Ergebnis davon. So gesehen kann man Bodhicitta und Leerheit nicht voneinander
trennen. Selbst wenn wir diese sogenannte Leerheit nicht mit einbeziehen wollen, dieses
abhängige Entstehen, die Güte der anderen Lebewesen, ihr Glück und Leiden, diese
Abhängigkeit ist sehr, sehr stark. Sehr, sehr offensichtlich. Wenn ich keine Leiden erfahren möchte ,
muss ich gerade deshalb andere Menschen unterstützen.
Dagyab Rinpoche zitiert aus dem Tibethaus Journal (Chökor) Ausgabe 12/2015