Gedanken zu Bodhicitta


  • Dagyab Rinpoche zitiert aus dem Tibethaus Journal (Chökor) Ausgabe 12/2015

  • Inspiriert dazu haben mich die Bemerkungen von Axel und Void im Thread zur Heiligsprechung von Mutter Theresa:


    Axel:

    Ich weiß allerdings nicht, ob ich den Satz richtig interpretiere. Ist damit gemeint, dass auch das Bodhisattva-Ideal die Rollen von Helfer und zu Helfendem in gewissem Sinne festschreibt?


    void:

    Ein wenig mulmig wird mir bei dem Gedanken, dass sich das nicht wirklich grundlegend vom buddhitischen Bodhisattva Ideal unterscheidet.


    Es ist wichtig, ein korrektes Verständnis von Bodhicita (Mitgefühl), Bodhisattva und Leerheit zu haben.
    Dann braucht man auch kein mulmiges Gefühl mehr beim Bodhisattva Ideal zu haben :)

  • Sherab Yönten:


    ... Bodhicita (Mitgefühl), Bodhisattva und Leerheit zu haben. ...


    Nur eine kleine Korrektur:
    im tibetischen Buddhismus neigen wir dazu, Bodhicitta für uns innerlich mit "Mitgefühl" gleichzusetzen. Es ist aber nicht die korrekte Übersetzung.
    Bodhicitta bedeutet: der Wunsch/Vorsatz Erleuchtung zu realisieren, geboren aus starkem Mitgefühl zu allen fühlenden Wesen. Der Wunsch, selbst Erleuchtung zu finden, um ihnen zu helfen. Das hängt mit der Erkenntnis zusammen, dass die Welt immer unbefriedigend und leidvoll bleiben wird - und dieses empfindet man nicht nur als unerträglich für sich selbst, sondern insbesondere tut es einem leid um alle anderen. Deshalb möchte man sie alle befreien. Dies geht ganz und gar nicht, solange man selbst geistig noch im Samsara herumkreist.
    Dies ist das sogenannte "konventionelle Bodhicitta".


    Die korrekte kurz gesagte Übersetzung für "Bodhicitta" ist also "Erleuchtungsgeist". Im Mahayana hängt dieser Erleuchtungsgeist untrennbar mit Mitgefühl zusammen. Erleuchtungsgeist wird aus Mitgefühl geboren und genährt, ist aber nicht das gleiche.


    Der Vollständigkeit halber:
    Bodhicitta teilt sich in zwei Arten: der konventionelle (oben beschrieben) und der absolute Erleuchtungsgeist. Der absolute Erleuchtungsgeist erkennt alle Phänomene (mich und andere) als leer, bar jeglicher selständiger Eigenexistenz. Diese Erkenntnis der Leerheit führt nicht zu interlektualisiertem Fatalismus (wie man es im Internet häufig liest), sondern löst gerade deshalb starkes Mitgefühl mit allen Umherwandernden aus. Sie werden von ihren Verblendungen in Verzweiflung gestürzt, was sehr wohl Anlass für Mitgefühl ergibt. Die Erkenntnis der Leerheit löst nicht das Interesse an der Welt auf, denn Leerheit und Koventionelle Erscheinung sind untrennbar und bedingen einander.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


    Einmal editiert, zuletzt von Lirum Larum ()

  • Losang Lamo:
    Sherab Yönten:


    ... Bodhicita (Mitgefühl), Bodhisattva und Leerheit zu haben. ...


    Nur eine kleine Korrektur:
    im tibetischen Buddhismus neigen wir dazu, Bodhicitta für uns innerlich mit "Mitgefühl" gleichzusetzen. Es ist aber nicht die korrekte Übersetzung.
    Bodhicitta bedeutet: der Wunsch/Vorsatz Erleuchtung zu realisieren, geboren aus starkem Mitgefühl zu allen fühlenden Wesen. Der Wunsch, selbst Erleuchtung zu finden, um ihnen zu helfen. Das hängt mit der Erkenntnis zusammen, dass die Welt immer unbefriedigend und leidvoll bleiben wird - und dieses empfindet man nicht nur als unerträglich für sich selbst, sondern insbesondere tut es einem leid um alle anderen. Deshalb möchte man sie alle befreien. Dies geht ganz und gar nicht, solange man selbst geistig noch im Samsara herumkreist.


    Die korrekte kurz gesagte Übersetzung für "Bodhicitta" ist also "Erleuchtungsgeist". Im Mahayana hängt dieser Erleuchtungsgeist untrennbar mit Mitgefühl zusammen. Erleuchtungsgeist wird aus Mitgefühl geboren und genährt, ist aber nicht das gleiche.


    Danke für die Korrektur. ;)
    Ich denke, wer das Zitat aufmerksam gelesen hat, der erkennt, dass Mitgefühl nicht identisch ist mit Bodhicitta, es aber trotzdem einen tieferen Zusammenhang gibt. Diesen Zusammenhang wollte ich bei meiner Ausdrucksweise Bodhicitta (Mitgefühl) verdeutlichen. Wenn ich es gleichgesetzt hätte, dann hätte ich Bodhicitta (= Mitgefühl) geschrieben.

  • Ja, hast Du doch sehr schön gemacht. :P


    Ich wollte es nur gern verdeutlichen - oben ist auch noch ein Edit eingefügt. Denn im Theravada ist das Wort Bodhicitta ja auch gebräuchlich, wird nur durch eine leicht andersfarbige Brille betrachtet, eben nicht im Mahayanazusammenhang. Deshalb wollte ich den Bodhicitta-Begriff im Mahayana deutlich erklären, um einen Aufschrei wegen der fälschlich wirkenden Übersetzung zu verhindern.


    Alles gut, gell?

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:

    Ja, hast Du doch sehr schön gemacht. :P


    Ich wollte es nur gern verdeutlichen - oben ist auch noch ein Edit eingefügt. Denn im Theravada ist das Wort Bodhicitta ja auch gebräuchlich, wird nur durch eine leicht andersfarbige Brille betrachtet, eben nich im Mahayanazusammenhang. Deshalb wollte ich den Bodhicittabegriff im Mahayana deutlich erklären, um einen Aufschrei ob der fälschlich wirkenden Übersetzung zu verhindern.


    Alles gut, gell?


    Ja, alles gut :lol:


    Ich hatte angenommen, im Tibetischen Bereich bräuchte man nicht eine extra Erklärung für Theravada Praktizierende :D

  • Losang Lamo:


    Der Vollständigkeit halber:
    Bodhicitta teilt sich in zwei Arten: der konventionelle (oben beschrieben) und der absolute Erleuchtungsgeist. Der absolute Erleuchtungsgeist erkennt alle Phänomene (mich und andere) als leer, bar jeglicher selständiger Eigenexistenz. Diese Erkenntnis der Leerheit führt nicht zu interlektualisiertem Fatalismus (wie man es im Internet häufig liest), sondern löst gerade deshalb starkes Mitgefühl mit allen Umherwandernden aus. Sie werden von ihren Verblendungen in Verzweiflung gestürzt, was sehr wohl Anlass für Mitgefühl ergibt. Die Erkenntnis der Leerheit löst nicht das Interesse an der Welt auf, denn Leerheit und Koventionelle Erscheinung sind untrennbar und bedingen einander.


    Das hast Du wundervoll ausgedrückt, LL. Es berührt mich sehr.
    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Sherab Yönten:


    Ich hatte angenommen, im Tibetischen Bereich bräuchte man nicht eine extra Erklärung für Theravada Praktizierende :D


    Ja, diesem Irrtum bin ich auch immer wieder erlegen. :lol:

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Das Zitat geht noch weiter:


  • Ergänzend zum schon Gesagten: "Bhodi" steht in der Tat in beiden Worten für "Erleuchtung" im Sinne der Buddhaschaft. Buddha und Bodhi haben ja auch die gleiche Wurzel. Ein Bodhisattva ist dann wörtl. ein "Erleuchtungswesen"


    Wikipedia:
    "Bodhisattva (Sanskrit, m., बोधिसत्त्व, bodhisattva; von Bodhi [„Erleuchtung“ oder „Erwachen“] und Sattva [„Wesen“]) bedeutet „Erleuchtungswesen“ (Pali: bodhisatta).
    Im Mahayana-Buddhismus werden Bodhisattvas als nach höchster Erkenntnis strebende Wesen angesehen, die auf dem Wege der „Tugendvollkommenheit“ (sanskrit: paramita) die „Buddhaschaft“ anstreben bzw. in sich selbst realisieren, um sie zum Heil aller lebenden Wesen einzusetzen. Diese Ausgangsmotivation wird „Erleuchtungsgeist“ (bodhicitta) genannt. "


    Kilaya